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Galaxien entfernen sich verschieden schnell von uns!?

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Louis Noser

unread,
Feb 18, 2022, 1:21:55 PM2/18/22
to
Hallo

Ich habe gestern eine populärwissenschaftlich Astronomiesendung gesehen.

Da hiess es u.v.a., dass sich die Galaxien verschieden schnell von uns
entfernen. Je weiter weg sie sind, desto schneller entfernen sie sich.

Dazu wurde die Analogie eines Gewebes aus Gummi herangezogen. Die Erde
in der Mitte. Die Galaxien um sie gruppiert. Zieht man das Gewebe
auseinander und bewegt sich eine Galaxie, die zuerst 10 cm von der Erde
weg war, um den Faktor 2 weg (=20 cm Entfernung), dann bewegt sich eine
andere Galaxie, die zB. 40 cm weg war, auch um den Faktor 2 (=80 cm).
Die eine Galaxie hätte sich also in dieser Analogie um 10 cm fortbewegt,
die andere jedoch um 40 cm.

Habe ich richtig verstanden: Galaxien entfernen sich unterschiedlich
schnell von uns, je weiter weg, desto schneller?

Hinkt die Analogie mit dem Gewebe aus Gummi nicht? Die aufgezeichneten
"Galaxien" müssten sich imho doch *absolut* alle gleich weit wegbewegen,
nicht *prozentual*.

Dazu eine Folgefrage: In der Sendung hiess es, dass sich die Galaxien
mit Überlichtgeschwindigkeit fortbewegen. Das widerspräche der
Relativitätstheorie nicht, weil diese sich auf Materie bezieht, nicht
auf den Raum.

Wäre es in der extrem theoretischen, abstrakten Gedankenwelt der Physik
nicht denkbar, dass sich also doch irgendwie Überlichtgeschwindigkeit
und also Zeitreisen realisieren liesse? (Indem man vielleicht im Raum
"mitreitet"?)

Vielen Dank.

Grüsse
Louis

Takvorian

unread,
Feb 19, 2022, 9:45:48 AM2/19/22
to
Louis Noser schrieb:

> Habe ich richtig verstanden: Galaxien entfernen sich unterschiedlich
> schnell von uns, je weiter weg, desto schneller?

Ja, so wird das immer vermittelt, dummerweise ist es zu sehr vereinfacht,
weil sie sich auch gegenseitig anziehen und annähern, je nach Standort.

> Hinkt die Analogie mit dem Gewebe aus Gummi nicht?

Natürlich hinkt das gewaltig, denn das Universum ist nun mal kein
Gummi-Ballon.

> Die aufgezeichneten
> "Galaxien" müssten sich imho doch *absolut* alle gleich weit wegbewegen,
> nicht *prozentual*.

Die Andromeda-Galaxis bewegt sich auf unsere Galaxis zu und beide werden
schließlich kollidieren. Auch alle Galaxien unserer lokalen Gruppe bewegen
sich aufeinander zu und werden in ferner Zukunft zu einer Supergalaxis
verschmelzen. Hier ist die Gravitation stärker als die auseinandertreibende
Kraft.

> Dazu eine Folgefrage: In der Sendung hiess es, dass sich die Galaxien
> mit Überlichtgeschwindigkeit fortbewegen. Das widerspräche der
> Relativitätstheorie nicht, weil diese sich auf Materie bezieht, nicht
> auf den Raum.

Lichtgeschwindigkeit ist die Grenze innerhalb des Universums und gilt nicht
für das Universum selbst.

> Wäre es in der extrem theoretischen, abstrakten Gedankenwelt der Physik
> nicht denkbar, dass sich also doch irgendwie Überlichtgeschwindigkeit
> und also Zeitreisen re alisieren liesse? (Indem man vielleicht im Raum
> "mitreitet"?)

Zeitreisen in die Zukunft sind völlig normal und finden in der Praxis
ständig statt, ganz ohne gedankliche Verrenkungen. Das bekannte Experiment
mit den Zwillingen: Beide 20 Jahre alt, einer bleibt auf der Erde, der
andere entfernt sich im Raumschiff z.B. mit annähernd Lichtgeschwindigkeit
und kehrt dann nach einem Jahr zur Erde zurück. Der Zwilling auf der Erde
ist nun ein 70 Jahre alter Opa, der andere ist gerade mal 21 Jahre alt. Er
hat also in einem Jahr eine Zeitreise um 50 Jahre in die Zukunft der Erde
gemacht. Je nachdem, wie sehr man sich c annähert, wird der Sprung in die
Zukunft kleiner oder größer. Wer also viel und schnell unterwegs ist, bleibt
länger jung, was sich bei den auf der Erde üblichen Geschwindigkeiten
allerdings nicht spürbar und sichtbar bemerkbar macht. Die Zeit vergeht in
bewegten Objekten langsamer als in ruhenden. Weiterhin vergeht die Zeit in
starker Gravitation ebenfalls langsamer als in schwacher. Man könnte also
auch die Nähe eines schwarzen Loches als Zeitmaschine nutzen.
Diesen Effekt kann man schon bei relativ geringen Geschwindigkeiten messen,
wenn man z.B. den Gang einer bewegten Atomuhr mit dem einer ruhenden Atomuhr
vergleicht oder einer Uhr in schwacher und einer in starker Gravitation. Die
bewegte Uhr geht dann nach, ebenso die Uhr in starker Gravitation.

Thomas 'PointedEars' Lahn

unread,
Mar 6, 2022, 9:46:56 PM3/6/22
to
Louis Noser wrote:

> Ich habe gestern eine populärwissenschaftlich Astronomiesendung gesehen.

Welche?

> Da hiess es u.v.a., dass sich die Galaxien verschieden schnell von uns
> entfernen. Je weiter weg sie sind, desto schneller entfernen sie sich.

Richtig. Dieser Zusammenhang wird durch das Hubble–Lemaître-Gesetz
beschrieben, welches vereinfacht

v_rec(t) = H(t) D(t)

lautet, wobei H(t) der Hubble-Parameter und D(t) die Eigendistanz des
Raumpunkts bzw. des Objekts zu einem Bezugspunkt (z. B. einem Beobachter) zu
einem Zeitpunkt t sind.

> Dazu wurde die Analogie eines Gewebes aus Gummi herangezogen. Die Erde
> in der Mitte. Die Galaxien um sie gruppiert. Zieht man das Gewebe
> auseinander und bewegt sich eine Galaxie, die zuerst 10 cm von der Erde
> weg war, um den Faktor 2 weg (=20 cm Entfernung), dann bewegt sich eine
> andere Galaxie, die zB. 40 cm weg war, auch um den Faktor 2 (=80 cm).
> Die eine Galaxie hätte sich also in dieser Analogie um 10 cm fortbewegt,
> die andere jedoch um 40 cm.

Die Galaxien entfernen sich voneinander (wenn sie weit genug entfernt sind),
*ohne* sich dafür im Raum bewegen zu müssen. Denn es ist der Raum/unser
Universum, der/das sich ausdehnt, und die Galaxien sind ein Teil davon.

> Habe ich richtig verstanden: Galaxien entfernen sich unterschiedlich
> schnell von uns, je weiter weg, desto schneller?

Ja. Und noch mehr: Die Expansion ist zusätzlich beschleunigt.

Siehe dazu auch die Diskussionen der vergangenen drei Monate, vor allem die
beginnend mit

<news:hqd2rgpc22b1op2m8...@4ax.com>

> Hinkt die Analogie mit dem Gewebe aus Gummi nicht? Die aufgezeichneten
> "Galaxien" müssten sich imho doch *absolut* alle gleich weit wegbewegen,
> nicht *prozentual*.

Nein und nein. Wenn Du das Experiment zum Beispiel mit einem Luftballon
durchführst, wirst Du merken, dass das Gesetz stimmt.

> Dazu eine Folgefrage: In der Sendung hiess es, dass sich die Galaxien
> mit Überlichtgeschwindigkeit fortbewegen. Das widerspräche der
> Relativitätstheorie nicht, weil diese sich auf Materie bezieht, nicht
> auf den Raum.

Richtig.

> Wäre es in der extrem theoretischen, abstrakten Gedankenwelt der Physik
> nicht denkbar, dass sich also doch irgendwie Überlichtgeschwindigkeit
> und also Zeitreisen realisieren liesse? (Indem man vielleicht im Raum
> "mitreitet"?)

Das wäre eine Konsequenz des Einsatzes eines Warpantriebs, der genau darauf
basiert. Eine Zeitreise wäre das aber nur bedingt.

--
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Twitter: @PointedEars2
Please do not cc me. /Bitte keine Kopien per E-Mail.

Louis Noser

unread,
Mar 7, 2022, 8:01:29 AM3/7/22
to
Also sprach Thomas 'PointedEars' Lahn am 07.03.2022 um 03:46:
> Louis Noser wrote:
>
>> Ich habe gestern eine populärwissenschaftlich Astronomiesendung gesehen.
>
> Welche?

Das weiss ich heute leider nicht mehr. Ich glaube, es war eine
übersetzte amerikanische Wissenschaftssendung, die allgemein für meinen
Geschmack viel Nullinformationen beinhalten.


>> Da hiess es u.v.a., dass sich die Galaxien verschieden schnell von uns
>> entfernen. Je weiter weg sie sind, desto schneller entfernen sie sich.
>
> Richtig. Dieser Zusammenhang wird durch das Hubble–Lemaître-Gesetz
> beschrieben, welches vereinfacht
>
> v_rec(t) = H(t) D(t)
>
> lautet, wobei H(t) der Hubble-Parameter und D(t) die Eigendistanz des
> Raumpunkts bzw. des Objekts zu einem Bezugspunkt (z. B. einem Beobachter) zu
> einem Zeitpunkt t sind.

Danke. Du scheinst ein gescheites Haus zu sein.

> Die Galaxien entfernen sich voneinander (wenn sie weit genug entfernt sind),
> *ohne* sich dafür im Raum bewegen zu müssen. Denn es ist der Raum/unser
> Universum, der/das sich ausdehnt, und die Galaxien sind ein Teil davon.

Aha, danke. Interessant.

>> Habe ich richtig verstanden: Galaxien entfernen sich unterschiedlich
>> schnell von uns, je weiter weg, desto schneller?
>
> Ja. Und noch mehr: Die Expansion ist zusätzlich beschleunigt.

Auch hier wird es wohl der Raum sein, der beschleunigt expandiert.

>> Hinkt die Analogie mit dem Gewebe aus Gummi nicht? Die aufgezeichneten
>> "Galaxien" müssten sich imho doch *absolut* alle gleich weit wegbewegen,
>> nicht *prozentual*.
>
> Nein und nein. Wenn Du das Experiment zum Beispiel mit einem Luftballon
> durchführst, wirst Du merken, dass das Gesetz stimmt.
>
>> Dazu eine Folgefrage: In der Sendung hiess es, dass sich die Galaxien
>> mit Überlichtgeschwindigkeit fortbewegen. Das widerspräche der
>> Relativitätstheorie nicht, weil diese sich auf Materie bezieht, nicht
>> auf den Raum.
>
> Richtig.
>
>> Wäre es in der extrem theoretischen, abstrakten Gedankenwelt der Physik
>> nicht denkbar, dass sich also doch irgendwie Überlichtgeschwindigkeit
>> und also Zeitreisen realisieren liesse? (Indem man vielleicht im Raum
>> "mitreitet"?)
>
> Das wäre eine Konsequenz des Einsatzes eines Warpantriebs, der genau darauf
> basiert. Eine Zeitreise wäre das aber nur bedingt.

Kein Zeitsprung wohl. Aber durch die Zeitdehnung unterschiedlich rasche
Alterung (Zeit vergeht für den Überlicht-Reisenden langsamer als für den
auf der Erde Zurückbleibenden).

Thomas 'PointedEars' Lahn

unread,
Mar 7, 2022, 8:59:43 AM3/7/22
to
Louis Noser wrote:

> Also sprach Thomas 'PointedEars' Lahn am 07.03.2022 um 03:46:
>> Louis Noser wrote:
>>> Habe ich richtig verstanden: Galaxien entfernen sich unterschiedlich
>>> schnell von uns, je weiter weg, desto schneller?
>> Ja. Und noch mehr: Die Expansion ist zusätzlich beschleunigt.
>
> Auch hier wird es wohl der Raum sein, der beschleunigt expandiert.

Ja, was bedeutet (wie Du in meiner Herleitung von vor ca. einem Monat
nachlesen kannst), dass der Skalenfaktor mit der Zeit nicht linear, sondern
exponentiell, wächst.

>>> Wäre es in der extrem theoretischen, abstrakten Gedankenwelt der Physik
>>> nicht denkbar, dass sich also doch irgendwie Überlichtgeschwindigkeit
>>> und also Zeitreisen realisieren liesse? (Indem man vielleicht im Raum
>>> "mitreitet"?)
>>
>> Das wäre eine Konsequenz des Einsatzes eines Warpantriebs, der genau
>> darauf basiert. Eine Zeitreise wäre das aber nur bedingt.
>
> Kein Zeitsprung wohl. Aber durch die Zeitdehnung unterschiedlich rasche
> Alterung (Zeit vergeht für den Überlicht-Reisenden langsamer als für den
> auf der Erde Zurückbleibenden).

Nein, ein Warpantrieb würde gerade den Effekt der Zeitdilatation vermeiden,
da sich das Raumschiff nicht im Raum bewegt, sondern mit einem Raum (der von
ihm geschaffenen „Warp-Blase“) mitbewegt.

Es wäre nur insofern eine Zeitreise, als dass die Crew des Warpschiffs
Kenntnis von entfernten Ereignissen erlangen kann, die Nicht-Mitreisende
erst sehr viel später beobachten könnten. Bewegte sich ein Warpschiff zum
Beispiel auf ein Objekt, dessen Zustand sich sichtbar mit der Zeit
verändert, zu, würde die Crew eine extreme Variante dessen beobachten
können, was bei jeder solchen Bewegung zu beobachten wäre: die Zeit in
Bewegungsrichtung schiene schneller vorwärts zu laufen, da das jeweils
beobachtete Licht immer das wäre, was später ausgesendet worden wäre.
Umgekehrt würde es erscheinen, als liefe die Zeit entgegen der
Bewegungsrichtung rückwärts, da das jeweils beobachtete Licht das wäre, was
früher ausgesendet worden wäre.
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