Google Groups no longer supports new Usenet posts or subscriptions. Historical content remains viewable.
Dismiss

Mit angezogener Handbremse (Beobachtungsbericht 13.01.2005)

1 view
Skip to first unread message

Fr@nk Stef@ni

unread,
Jan 14, 2005, 2:28:47 PM1/14/05
to
============================================================
Mit angezogener Handbremse (Beobachtungsbericht 13.01.2005)
------------------------------------------------------------
Datum/Zeit: 13.01.2005, 21:30 bis 02:00 MEZ
Optiken: 250 mm Dobson mit f/5 und 1250 mm Brennweite
Okulare 1.25" Durchmesser: 32 / 15 / 7.5 / 5.2 / 3.5 mm
Vergrößerungen dazu etwa: 40 / 80 / 160 / 240 / 360-fach
Okular 2" Durchmesser: TeleVue/Nagler Okular 2"/35 mm

Hinweise:
* Alle Beobachtungen/Beschreibungen beziehen sich auf meine
Wahrnehmung und müssen nicht der Realität entsprechen.
* Richtungen im Gesichtsfeld (GF) anhand Uhren-Zifferblatt.
* Anmerkungen in eckigen Klammern kommentieren oder
korrigieren den Beobachtungseindruck nachträglich.
* Ich verwende manchmal ASCII-Grafik, bitte Zeichensatz mit
fester Breite (Courier) verwenden! Folgende beiden Zeilen
dienen als Test und müssen gleich breit erscheinen!
!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!
MMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMM
============================================================

Nach einer Nacht mit etwas Neuschnee auf den Bergen, klart
es nur zögernd auf. Trotz leichten Dunstes ist der Himmel
nach Sonnenuntergang praktisch wolkenlos und ich erwarte
eine klare Nacht. Gegen 20 Uhr stelle ich den Dobson raus
zum Auskühlen. ...

Ohne noch einmal raus zu schauen koche ich mir eine große
Kanne Tee, ziehe die Daunenklamotten und warme Stiefel an
und begebe mich ins Freie. Schreck! Der Himmel ist fast
völlig bewölkt. Lediglich ein kleines Loch in südlicher
Richtung ist frei: Orion ab Gürtel abwärts, den Hasen und
etwas weiter links (östl.) kommt allmählich der Große Hund
hinter den Bergen hervor.

Völlig baff gehe ich erstmal im Garten herum und überzeuge
mich von der Lage. Mir wird bewusst, dass ich voll und ganz
mit einer guten Nacht gerechnet hatte und bin nun etwas
geknickt. Die Alternative, gleich in Richtung Bett zu wandern,
reizt mich nicht sonderlich, also beschließe ich, aus der
Not eine Tugend zu machen und zu nehmen, was gerade angeboten
wird. Etwas zögernd, wie mit angezogener Handbremse, kommt
doch noch eine Beobachtungsnacht zustande ....


M41 (Großer Hund, Canis Major, CMa)
-----------------------------------
Natürlich muss ich erstmal zu M41 schauen. Diesen hellen,
offenen Sternhaufen kann ich im weiteren Verlauf der Nacht
einige Male indirekt mit bloßen Augen erkennen (5m0).


NGC2362 (Großer Hund, Canis Major, CMa)
---------------------------------------
Nordöstlich von Delta CMi finde ich mit NGC2362 ein weiteres
schönes Objekt. Bei 40x Vergrößerung ein hellerer Stern (4m4),
der bei genauem Hinsehen von einem schwachen Nebelchen umgeben
ist. Mit zunehmender Vergrößerung zeigt sich ein kleines
Schmuckkästchen aus mehreren Sternen, die in den besagten
Nebel eingebettet sind. Die äußere Form entspricht etwa einem
gedrungenen gleichseitigen Dreieck. Wirklich sehenswert - vor
allem bei hoher Vergrößerung!


Doppelstern n Puppis (Achterschiff, Puppis, Pup)
------------------------------------------------
Etwas weiter in östlicher Richtung befindet sich der Doppel-
stern n Puppis. Beide Komponenten sind etwa gleich hell (5m8
bzw. 5m9) und von reinweißer Farbe. Die Trennung der 9.8"
voneinander entfernten Komponenten gelingt mit 240x, wobei
die unruhige Luft etwas hinderlich ist. Mit 360x ist es auch
nicht besser. Ab 80x kann ich eine längliche Form erkennen.


M93 (Achterschiff, Puppis, Pup)
-------------------------------
Nicht weit von Xi Pup entfernt - und vom erwähnten Doppelstern
n Pup genau östlich gelegen - befindet sich der offene
Sternhaufen M93. Mit 6m5 ist er hell genug, um bereits in
kleinen Optiken gesehen zu werden. Er ist nicht besonders
auffällig, lediglich eine Verdichtung einiger hellerer Sterne.
Bei höherer Vergrößerung lösen sich die vermeintlichen, zarten
Nebel allerdings in viele kleine Sterne auf.


NGC2359 (Großer Hund, Canis Major, CMa)
---------------------------------------
Ein ganz großer Fund für meine Augen ist NGC2359. Ich bin
immer wieder überrascht, wieviel ich schon zu kennen meine,
nur um dann zu entdecken, was ich alles noch *nicht* gesehen
habe.

Dieser kleine, offene Sternhaufen ist relativ schwierig zu
finden, da er nicht so den großartigen Haufencharakter hat.
Was ihn auszeichnet, sind die Gasnebel in der Gegend dort.
Damit hat er sich auch bei mir verraten und ich beginne,
höhere Vergrößerungen mit und ohne UHC-Filter einzusetzen.

Ein ganz fantastisches Objekt, muss ich sagen! Sternlein
blitzen aus den Nebeln hervor, die eher turbulent und wild
strukturiert aussehen. Ohne Probleme erkenne ich (mit UHC)
dichtere und blasse Fasern im Nebelgespinst.

[Anm: Inzwischen habe ich nachgelesen, dass die Gasnebel
insgesamt 10' Durchmesser haben. Auf Fotos erscheint
der Nebel auch als Wikingerhelm mit zwei Hörnern und
hat deshalb den Beinamen "Thor's Helm" bekommen.]

Absolut lohnend und unbedingt wieder zu besuchen :-)


Teepause
--------
Zum Aufwärmen gehe ich kurz nach drinnen. Der Himmel
sieht insgesamt etwas besser aus und mein Beobachtungs-
bereich dehnt sich aus: Die Wasserschlange und der Löwe
sind über den Bergen aufgegangen und die Bewölkung dort
hält sich in Grenzen. Ich gehe wieder hinaus ...


M48 und NGC3242 (Wasserschlange, Hydra, Hya)
NGC3115 (Sextant, Sextans, Sex)
--------------------------------------------
Im Einhorn, dessen Hauptsterne nur mit Mühe zu sehen
sind, besuche ich kurz den offenen Sternhaufen M48 und
vor allem den planetarischen Nebel NGC3242 aka "Jupiter's
Geist". Bei kleiner Vergrößerung ein milchiges Sternlein,
strahlt er bei hoher Vergrößerung wie ein Mini-Vollmond.

Dass ich mich mit der Hydra beschäftige, hat aber einen
anderen Grund: Ich benutze ihre Sterne als Wegweiser zu
der im Sextant beheimateten "Spindelgalaxie" NGC3115.
Über Alpha Hya und Gamma Sex ist sie in Verlängerung
dieser Linie leicht zu finden. Das große Gesichtsfeld
des 32 mm Okulares zeigt einen kleinen, schwachen Strich,
der sich bei höheren Vergrößerungen schnell und eindrucks-
voll zu der namensgebenden Spindelform verwandelt.

NGC3115 ist eine Galaxie in Kantenlage, die 9m5 hell
ist, bei einer Flächenhelligkeit von 11m0. Für meinen
250 mm Spiegel also keine schwere Übung. Trotzdem kann
ich keine weiteren Details erkennen. Schön ist in jedem
Falle ihre schlanke Form mit der Verdickung in der Mitte
und zwei sehr feinen "Strahlen" aus dieser heraus, die
dem Objekt seinen Namen gaben.


M95 + M96 + M105 + NGC3384 + NGC 3389 (Löwe, Leo, Leo)
------------------------------------------------------
Da sich der Löwe nun schon über den Bergen befindet und
eine Fundgrube für unzählige Galaxien darstellt, kann ich
der Versuchung nicht wiederstehen, ein paar alte Bekannte
zu besuchen.

Besonders hat es mir die Dreiergruppe M105 + NGC3384 +
NGC3389 angetan. Letztere ist mit einer integrierten
Helligkeit von 12m5 nicht mehr leicht zu sehen. Mit einem
längsten Durchmesser von 2.9' ist sie deutlich kleiner als
die beiden anderen Vertreter und deshalb nicht sofort zu
sehen. Mit hoher Vergrößerung taucht sie auf und schickt
mir langsam blinkende Morsezeichen: "Hi ... schön, dass
du ... mal .... wieder vorbeischaust ...."

M95 und M96, die in einigem Abstand etwa südwestlich von
dieser Dreiergruppe stehen, sind deutlich heller und im
Vergleich sehr einfach zu sehen.


M65 + M66 + NGC3628 + NGC3593
-----------------------------
Das bekannte Leo-Triplet ist natürlich auch immer wieder
fein. Es erinnert mich durch seine Anordnung mit NGC3628
unter den beiden Messierobjekten immer an ein freundliches
Gesicht - mit einem 6m9 hellen Stern in der Mitte, als Nase.

Etwas westlich des Triplet leuchten drei Sterne in einer
kurzen Reihe und wiederum westlich des mittleren Sternes
befindet sich eine weitere Galaxie, NGC3593. Mit 11m9 ist
sie lichtschwächer als NGC3628, daher muss man schon genau
hinsehen. Außerdem hat sie nur gut ein Drittel der Größe
von NGC3628. Bei 240x blinkt sie mich dennoch deutlich
genug an.


NGC3605 + NGC3607 + NGC3608
---------------------------
Zwischen Zosma (Delta Leo) und Chertan (Theta Leo), etwas
links der Mitte, befindet sich eine weitere Galaxiengruppe.
Die größte und hellste Galaxie ist NGC3607, die mit 10m9
integrierter Helligkeit bei einem längsten Durchmesser von
4.6' leuchtet. Mit 80x ist sie schnell lokalisiert, sofern
man auf das schwache Blinken achtet. Bei hohen Vergrößerungen
von 240x und 360x ist der Hintergrund des GF's so abgedunkelt,
dass sie besser beobachtet werden können. Die benachbarten
Galaxien NGC3608 (11m7, knapp nördlich) und NGC3605 (direkt
südwestlich) tauchen auf. Letztere ist schon sehr klein
und man kann froh sein, wenn sie ab und zu Blinksignale
gibt: NGC3605 hat bei einer bescheidenen Helligkeit von
13m1 eine Größe von 1.3 Bogenminuten. Sie ist bei 40x
oder 80x definitiv nicht zu sehen.


HCG57 (Hickson 57) aka "Copeland's Septett"
-------------------------------------------
Wie schon vor zwei Tagen besuche ich auch diesmal wieder
das schwierige Copeland Septett. Von Leo 92 über Leo 93
finde ich die markante Dreierkette Durch die schlechtere
Transparenz kann ich jedoch nur zwei oder drei Galaxien
definitiv aufblinken sehen. Wenn ich davon ausgehe, dass
es die drei hellsten Galaxien dieser Gruppe waren, dann
müssten es

NGC3750 (14m9, 48")
NGC3753 (14m5, 1.7') und
NGC3746 (14m8, 1.1')

gewesen sein. Der Löwe wird ja erst im Frühjahr richtig
hoch am Himmel stehen und wenn es dann noch Neumond hat,
werde ich vielleicht wieder einmal alle 7 Galaxien sehen.

[Anm: Siehe mein Bericht vom 19.05.04]


Fazit
-----
Wenn ich bedenke, wie die Nacht angefangen und was sich
daraus noch entwickelt hat, bin ich sehr zufrieden. Das
Wolkenloch in Richtung Südost bis Süd hat ausgereicht,
um mir einige Stunden spannender Observation zu ermögli-
chen. Im Grunde bin ich ganz froh, dass mein Himmel so
beschränkt war und ich mich darum intensiver mit einem
kleineren Ausschnitt beschäftigen musste.

Viele Grüße aus den Alpen,
Fr@nk

0 new messages