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Beobachtungsbericht mit Bildern vom 27.07.2003

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Frank Stefani

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Jul 28, 2003, 5:53:17 PM7/28/03
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Hallo liebe Leute,

seit langem mal wieder ein Beobachtungsbericht von mir.

Dieser Bericht beschreibt den 27.09.2003 in der Zeit
von 01:00 MESZ bis 04:30 MESZ. Zum Ende hin kamen immer
mehr Wolken, danach der Wetterumschwung und Regen. Da
ich einige Fotos gemacht habe, flechte ich einige davon
ein - sie befinden sich auf meiner Fotografenseite in
der FotoCommunity. Die Texte darunter sind vor allem
auch für völlige astronomisch Unbewanderte gedacht,
also innerhalb des d.s.a.-Publikums leicht bis banal
zu lesen ;-)

Die Bilder bitte im abgedunkelten Raum, jedenfalls ohne
Sonne oder helle Lichtquelle betrachten, sonst gehen
Details und die Stimmung verloren!

Ausrüstung: 8" Dobson f/6, 1200 mm Brennweite mit
32/15/7.5/5.2 mm Okularen (Vergrößerungen entsprechend:
37.5x/40x/80x/240x), ein 10x50 Fernglas, meine Canon G2
Digitalkamera, Fotostativ, gepolsterter Drehhocker,
Karkoschka Himmelsatlas, Rotlicht, eine "Prinzenrolle"
vom Aldi.

Und los geht's ...

Die Nachtbevor der Regen kam
----------------------------
Nachdem die Indianer unseres Kindergeburtstags endlich
gegen 1:00 Uhr des neuen Tages in ihren Tipis sind,
packe ich in dieser Fast-Neumond-Nacht mein Zeug und
fahre aus unserem Tal hinauf zu einer höher gelegenen
dunklen Almwiese ...

Schon beim Aussteigen erkennen die immer noch von den
eigenen Fahrzeugcheinwerfern geblendeten Augen die
gute Transparenz des Himmels: Die Milchstraße mit dem
Schwan im Zenit schimmert wundervoll und ich kann sie
beinahe von Horizont zu Horizont verfolgen - von
Adler (Aql) und Schild (Sct) im Südwesten bis zur
Cassiopeia (Cas) und Giraffe (Cam) im Nordosten.


Sternbild Große Bärin (Ursa Major, UMa)
M101 Glx
---------------------------------------
Gerade noch so eben über den Bergwäldern kann ich den
Großen Wagen sehen, so, als wolle er zur Landung auf
seinen Rädern ansetzen. Ich halte die nette Szene
mit einem Foto meiner DigiCam fest:

http://www.fotocommunity.de/pc/pc/display/631303

Danach richte ich meinen 8" Dobson auf M101, die
Spiralgalaxie, die die Spitze eines Dreiecks über
den ersten beiden Deichselsternen des Großen Wagens
bildet. Schnell ist sie gefunden - dicht über dem
von mir aus sichtbaren Horizont kreiselt sie in der
flimmernden Luft. Nur der hellere Kernbereich ist
zu erkennen. Mit dem 10x50 sage ich dem Doppelstern
Mizar und seinem Begleiter Alcor Hallo, bevor ich
mich dem Schwan zuwende.


Sternbild Schwan (Cygnus, Cyg)
NGC7000
------------------------------
Die inzwischen angepassten Augen haben ihre Freude! Wäre
da nicht das Halsverrenken zum Zenit, ich würde da oben
mit dem Fernglas stundenlang spazierensehen. Was für
eine Pracht! Zum ersten Mal in meinem Leben kann ich
den Nordamerikanebel NGC 7000 mit dem bloßen Auge (!)
sehen. Ich bin total aus dem Häuschen und kann mich
nicht sattsehen. Dieser riesige ausgedehnte Gasnebel
hat eine sehr geringe Flächenhelligkeit, aber ich kann
beim indirekten Sehen - knapp rechts vorbei - ganz
eindeutig die "Bucht von Mexiko" erkennen. Es ist ein
ganz eigenartiges und schönes Schimmern.

Mit dem 10x50 Fernglas tue ich mich schwerer, finde kaum
Strukturen und den Dobson kann ich erstmal stehen lassen.
Zu blöd, dass ich keine Isomatte mit habe - den Anblick
würde ich gerne noch auf mich wirken lassen - die Wiese ist taunass ..


Sternbild Leier (Lyra, Lyr)
M57 PN
---------------------------
Ich schwenke rüber zur Leier und besuche den berühmten
Ringnebel M57. In allen Vergrößerungen sehr kontrastreich
und schön. Bei 240x kann ich sogar bei direkter Beobachtung
die Kringelform mit dem Loch in der Mitte erkennen. Dieser
planetarische Nebel schimmert grünlich und zeigt sich mir
heute so schön wie nie.


Sternbild Herkules (Herkules, Her)
M13 KS
----------------------------------
Bei diesem größten uns wohl schönsten Kugelsternhaufen
des Nordhimmels habe ich es zum ersten Mal bereut, dass
ich mir damals nur einen 8" Dobson und keinen 10-Zöller
oder mehr gekauft hatte: Zu gerne hätte ich mehrere
Sterne im Randbereich aufgelöst gesehen - es war mir
aber nie vergönnt. Auch diesmal zeigt mein 8-Zöller seine
Grenze, aber ich kann doch bei 240x und indirektem Sehen
unzählige Sterne als kleine Pünktchen aufblitzen sehen.

Verwegen und euphorisch wie ich bin, schraube ich meine
Canon G2 an das 32 mm Okular und mache im Blindflug
einige Fotos - ohne Nachführung, ohne Laptop - von
jeweils einer halben Sekunde Belichtungszeit. Auf dem
Display der Kamera ist absolut nichts zu sehen, so muss
ich immer wieder die Kamera vom Okular lösen, neu nachführen
und schnell wieder anschrauben, natürlich ohne zu wackeln.

Das Ergebnis? Das gibt's hier:

http://www.fotocommunity.de/pc/pc/display/626310

He Leute - nicht lachen!!! Das ist M13 am 8" Dobson
ohne Nachführung ;-)))


Sternbild Schild (Scutum, Sct)
M11 OS
------------------------------
In Verlängerung von Adlers Schwanz, dort wo er eine kleine
Krümmung nach rechts (Westen) macht, liegt das kleine
Sternbild Schild. Dort hatte ich kürzlich einige Objekte
entdeckt, die meine Aufmerksamkeit lockten. Eines davon
war der offene Sternhaufen M11.

Mit dem Fernglas hatte ich ihn entdeckt, ein nebliger
Flecknur. Also rückte ich mit dem Dobson an und staunte
über die große Zahl an Sternen. Auch heute tauche ich
wieder in das Sternenmeer ein und genieße das gleichmäßige
Funkeln bis hin zur Maximalvergrößerung von 240x.


Sternbild Schlangenträger (Ophiuchus, Oph)
NGC6633 OS
M14 KS
------------------------------------------
Im Westen meines Standorts schwingt sich das Tal bis zu
einer weiten Einsattelung zwischen zwei Bergketten auf.
Genau über dieser Einsattelung steht inzwischen der
Schlangenträger und tut, was er soll: Die Schlange halten.
Zur Hälfte ist er schon hinter dem Sattel und den Bergen
untergegangen, aber ich besuche noch schnell den wunder-
schönen offenen Sternhaufen NGC6633. Schon mit dem 10x50
ist er wunderschön und mit kleiner Vergrößerung am Teleskop
wird er strahlend und prächtig. Im Zenit wäre der Genuß
mit dem Fernglas wohl vollkommen, aber auch so ist es
ein interessantes Objekt mit ziemlich ungleichmäßiger
Struktur.

http://www.fotocommunity.de/pc/pc/display/633230


Sternbild Andromeda (Andromea, And)
M31 Glx
M32 Glx
M110 Glx
-----------------------------------
Ein schwungvoller Dreh auf meinem Drehhocker läßt mich
zur gegenüber liegenden Himmelsseite schauen. Cassiopeia
steht hoch und auch - viel höher und vor allem auch
kontrastreicher als im Frühjahr - Andromeda. Wenn ein
Amateurastronom über Andromeda stolpert, dann nicht,
ohne an die große Spiralgalaxie M31 erinnert zu werden.
Mit dem Fernglas 10x50 ist sie schnell gefunden und
ploppt kontrastreich ins Gesichtsfeld.

Schöner noch als das: Im Dobson kann ich auch ihre beiden
Begleitgalaxien M32 und M110 im gleichen Gesichtsfeld
beobachten. Das war bisher noch nie der Fall! Im Winter-
halbjahr steht Andromeda ja im Westen meines Wohnortes
und da muss ich über die Ortschaft hinweg schauen.
Diesmal steht Andromeda im Norosten und noch dazu recht
hoch am Himmel und ich bin weg vom Tal auf einer höher
gelegenen Almwiese. So einen deutlichen Unterschied
hätte ich nicht erwartet :-)


Sternbild Dreieck (Triangulum, Tri)
M33 Glx
-----------------------------------
Derart gestärkt wage ich nun auch einen Versuch an der
immer verborgen gebliebenen - zumindest aber nie sicher
von mir gesichteten - Spiralgalaxie M33, der Triangulum-
Galaxie: Mit der kleinsten Vergrößerung im Dobson und
einer guten Telrad-Peilung ist sie bald gefunden.
Tatsächlich! Ich sehe sie in Draufsicht, erkenne eine
blasse, aber große Scheibe und bin begeistert, dass
ich wieder einmal etwas neues, schon fast für immer
unsichtbar geglaubtes Objekt für mich entdecken konnte.

Die sternarme Gegend dort und der schiere Durchmesser
sind wirklich beeindruckend. Bisher kannte ich sie nur
aus Abbildungen in Büchern, z.B. Timothy Ferris "Galaxien",
aber ich muss bekennen, dass keines der schönsten Bilder
an das heran kommt, was meine Augen in diesem Moment als
schwaches Glimmen entdeckt haben: Es sind Photonen, die
Millionen von Lichtjahren durch's All gesaust sind, nur
um genau in diesem Augenblick auf meiner Netzhaut zu
landen :-)


Sternbild Fische (Pisces, Psc)
M74 Glx
------------------------------
Mit glänzenden Augen, die die Nacht allmählich zum Tage
machen (vielleicht liegt's aber auch an der allmählichen
Morgendämmerung) riskiere ich nun einen Blick auf eines
der schwierigsten Messier-Objekte, M74. Im Winterhalbjahr
war es völlig aussichtslos, aber nun habe ich freien Blick
nach Osten und Südosten und das Streulicht des Tales
liegt unter mir. Das Mini-Sternbild Widder sehe ich gut
und rechts davon, schwach aber anwesend, das große Sternbild
Fische. Von Gamma Ari hangele ich mich mit dem Telrad rüber
zu Eta Psc und nach kurzem Suchen huscht ein Lichtschatten
(paradox, nicht wahr?) durch das Gesichtsfeld. Ich Voll-
bremsung und Rückwärtsgang ... war da was? ... ja, jaaa!
Da war was - ich habe M74 gefunden!! Jene lichtschwache,
nur 9m5 helle Galaxie, die obendrein eine geringe Flächen-
helligkeit von lediglich 14m0 hat. Nun weiß ich endlich,
dass sie da ist, dass es sie wirklich gibt :-)


Sternbild Stier (Taurus, Tau)
M45 OS 10x50
-----------------------------
Der Himmel verfärbt sich von hellschwarz zu dunkelblau
und im Nordosten ist das Zodiakallicht zu sehen - der
Morgen naht. Im Südwesten und Westen tauchen immer mehr
Wolken auf, der Nordosten und Osten ist noch frei.

Nun genieße ich etwas leichte Kost und erfreue mich an
der intuitiven Bedienung meines 10x50 Fernglases. Wie
strahlende Diamanten auf dunklem Samt sehe ich die
Plejaden im Osten auf der gegenüberliegenden Talseite
über die Berge steigen:

http://www.fotocommunity.de/pc/pc/display/633367

Schon vor wenigen Tagen gab es eine schöne Begegnung
zwischen den Plejaden und der schmalen Mondsichel, die
allerdings im folgenden Bild aufnahmetechnisch überstrahlt
ist:

http://www.fotocommunity.de/pc/pc/display/627436

Die Plejaden sind eines der wenigen Deep Sky Objekte,
die ich mit meiner DigiCam eingiermaßen vernünftig
ablichten kann.


Sternbild Perseus (Perseus, Per)
NGC884 + NGC869 OS 10x50
--------------------------------
Logisch, dass ich zwischendrin immer wieder mal den
Perseus und seine beiden ebenso bekannten wie schönen
offenen Sternhaufen besuche:

http://www.fotocommunity.de/pc/pc/display/620708

Werfe auch immer mal einen Blick durch den Dobson dorhin,
aber richtig schön sind sie vor allen Dingen zu weit im
gemeinsamen Gesichtfeld.


Mars
----
Natürlich habe ich auch Mars im Visier, diese Nacht. Immer
wieder schwenke ich hinüber, aber es ist nicht sein Tag:
Das Seeing ist miserabel - alles blubbert und schwimmt.
Für Sekundenbruchteile blitzt eine dunkle Albedostruktur
auf, während seine Umrisse heftig zucken. Nein, nein, den
Frust spare ich mir! Noch sind vier Wochen Zeit bis zur
Opposition und ich hatte bisher schon bessere Marstage:

http://www.fotocommunity.de/pc/pc/display/627062

Gerne möchte ich mich nochmal mit meinen maximal 240x
Vergrößerung und der DigiCam annähern, aber da braucht
es bessere Verhältnisse - also ein andermal!


Mondsichel kurz vor Neumond
---------------------------
Die Wolkenfront bedeckt den Himmel außer an einigen Stellen
im Nordosten. Zwischen lichten Bäumen auf einer Hügelkuppe
sehe ich ein schwaches Leuchten: Der Mond geht auf! Ich
bereite alles vor, um eine fantastische Mondsichel hell
und brilliant gerade noch mit einem Ende hinter den
Baumwipfeln zu fotografieren, ... aber es kommt nicht dazu.
In tiefem Dunst und grausamen Seeing wabert sich die dünne
Sichel langsam nach oben, wird überhaupt nicht hell und
an eine Aufnahme mit Bäumen ist nicht zu denken. So warte
ich die wenigen Minuten, bis die Sichel über den Kronen
steht und drücke ab:

http://www.fotocommunity.de/pc/pc/display/630894

Das Bild ist übrigens vollkommen unbearbeitet, nur verkleinert
und geschnitten, damit der Mond nicht einfach in der Mitte sitzt.

Es dauert keine zwei Minuten da rauben die Wolken auch noch
dieses letzte Licht von meinem Nachthimmel. Ich verstaue
alles im Auto und fahre gemütlich nach Hause, wo ich doch
noch einmal den Weg unter die Bettdecke finde, bevor mich
drei Stunden später eine Horde ausgeschlafener Indianer
an den Frühstückstisch trommelt.

Viele Grüße aus den Alpen,
Frank Stefani
--
My Home: 47°31'29" N / 11°06'51" E

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