Hermann Riemann wrote:
> Am 26.01.22 um 18:32 schrieb Wendelin Uez:
>> Der Prof. Lesch hat neulich in einer Sendung behauptet, daß man selbst
>> mit Lichtgeschwindigkeit nicht das Ende des Universums erreichen könne,
>> weil sich dieses ständig ausdehne.
Das ist möglicherweise zu vereinfachend formuliert.
> theoretisches Beispiel:
>
> Der (scheinbare) Rand ist ca 14 giga Lichtjahre entfernt.
Nein.
Siehe auch:
Davis, Tamara M., and Charles H. Lineweaver. “Expanding Confusion: Common
Misconceptions of Cosmological Horizons and the Superluminal Expansion of
the Universe.” Publications of the Astronomical Society of Australia, vol.
21, no. 1, 2004, pp. 97–109., doi:10.1071/AS03040.
<
https://arxiv.org/abs/astro-ph/0310808>
<
https://doi.org/10.1071/AS03040>
> ( Zeit (heute-"Urknallzeit") * Lichtgeschwindigkeit. )
Nein, denn unser Universum hat sich zunächst offenbar exponentiell
ausgedehnt (Inflation), dann gleichförmig (normaler Big Bang), und
seit ca. 1 Ga dehnt es sich wieder beschleunigt aus (von Dunkler
Energie dominierte Expansion).
Siehe auch:
<
https://de.wikipedia.org/wiki/Urknall#/media/Datei:Expansion_des_Universums.png>
> Und wir sind im Ruhefall im Mittelpunkt.
Wir befinden uns *per Definition* im Mittelpunkt *unseres* *beobachtbaren*
Universums, also des winzigen Teils (ca. 1/500 oder weniger) unseres
gesamten Universums, von dem uns Licht/Information (heute und jemals)
erreichen kann. Dieses hat einen Radius von ca. 46.5 Gly.
Siehe auch:
<
https://de.wikipedia.org/wiki/Beobachtbares_Universum>
YouTube: Fermilab. Cosmology.
“How far is the edge of the universe?”
<
https://www.youtube.com/watch?v=u23vZsJbrjE&list=PLCfRa7MXBEsqcFACrIp4pVAVXqP2J20qn&index=4>
“What really happened at the Big Bang?”
<
https://www.youtube.com/watch?v=bZdvSJyHvUU&list=PLCfRa7MXBEsqcFACrIp4pVAVXqP2J20qn&index=3>
Da sich das gesamte Universum ausdehnt, und nicht nur von uns wegexpandiert,
existiert kein "Ruhefall". Allerdings spielt die Expansion auf kurzen
(astronomischen) Skalen keine Rolle, da die Gravitation die Objekte viel
schneller zusammenführt als dort die Expansion passiert (siehe unten). [Auf
noch kleineren Skalen spielt sie erst recht keine Rolle, weil die anderen 3
grundlegenden Wechselwirkungen da nur noch viel stärker als die Gravitation
und die Expansion sind.]
> Wenn Du also mit (fast) Lichtgeschwindigkeit
> 14 giga Lichtjahre weit fliegst und dann "stehen bleibst",
> sind im Ruhesystem 14 giga Jahre Vergangen
> und der "Rand" ( sichtbarer Ort "nahe" der Hintergrundstrahlung)
> ist dann in jeder Richtung 28 giga Lichtjahre entfernt.
Nein. Erstens ist die Rezessionsgeschwindigkeit v_rec eines Punktes vom
Beobachter von der (Eigen-)Entfernung D zu diesem Punkt abhängig. Das ist
die Aussage des Hubble–Lemaître-Gesetzes:
v_rec = H₀ D; Hubble-Konstante: H₀ ≈ 70 km/s/Mpc.
Da sich durch die Relativbewegung auf den Rand unseres beobachtbaren
Universums zu genau diese Entfernung gerade verkürzt, nähme die
Rezessionsgeschwindigkeit *des Randes* gerade *ab*.
Zweitens aber nimmt die Geschwindigkeit der Änderung des Skalenfaktors zu
(beschleunigte Expansion), möglicherweise sogar (erneut) exponentiell.
Ich hatte das hierzugruppe bereits ausführlich vorgerechnet.
*Deshalb* ist es wahrscheinlich nicht möglich, den Rand unseres
beobachtbaren Universums in endlicher Zeit zu erreichen. Dafür spricht,
dass es überhaupt eines solchen Rand gibt: Es gibt Licht, das so weit
entfernt ist, dass es uns aufgrund der Expansion nie erreichen kann; die
umgekehrte Richtung ist entsprechend noch schwieriger, vor allem mit
Unterlichtgeschwindigkeit.