Google Groups no longer supports new Usenet posts or subscriptions. Historical content remains viewable.
Dismiss

Copeland Septett (Beobachtungsbericht 19.05.2004)

1 view
Skip to first unread message

Frank Stefani

unread,
May 22, 2004, 6:04:29 PM5/22/04
to
============================================================
Copeland Septett (Beobachtungsbericht 19.05.2004)
------------------------------------------------------------
Datum/Zeit: 19.05.2004, 22:30 bis 23:30 MEZ
Optiken: Augen (immer dabei), 250 mm Dobson, Ferngläser
Okulare 1.25" Durchmesser: 32 / 15 / 7.5 / 5.2 mm / 3.5 mm
Vergrößerungen dazu etwa: 40 / 80 / 160 / 240 / 360-fach

Hinweise:
* Alle Beobachtungen/Beschreibungen beziehen sich auf meine
Wahrnehmung und müssen nicht der Realität entsprechen.
* Richtungen im Gesichtsfeld (GF) anhand Uhren-Zifferblatt.
* Anmerkungen in eckigen Klammern kommentieren oder
korrigieren den Beobachtungseindruck nachträglich.
* Ich verwende manchmal ASCII-Grafik, bitte Zeichensatz mit
fester Breite (Courier) verwenden! Folgende beiden Zeilen
dienen als Test und müssen gleich breit erscheinen!
!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!
MMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMM
============================================================

Am Nachmittag gab es etliche Quellwolken, es war ja auch
ziemlich warm - dazwischen immer wieder leichter, hoher
Dunst, fast Cirren, aber nicht so auffällig.

Nun ist der Abend da und mir fällt auf, wie lange es noch
hell ist. Immer wieder hatte ich an den vergangenen Abenden
den Kometen C/2001 Q4 (NEAT) gesucht und beobachtet, aber
entgegen allen hoffnungsvollen Voraussagen hat er sich nicht
annähernd so prächtig entwickelt, wie man es erwarten durfte.
Auch heute Abend ist er nur als matter Fleck mit etwas Korona
und lediglich einer ganz dezenten Andeutung eines Schweifes
zu sehen ... unspektakulär, enttäuschend!

Jupiter steht noch im Löwen und so probiere ich schnell noch
etwas aus: Mit meiner "alten" Digitalkamera Canon G2 will ich
kurze Videosequenzen aufnehmen, um diese später in Einzelbilder
zu zerlegen und vielleicht doch noch zu Jupiterbildern mit
mehr Details zu kommen, als es mir bisher vergönnt war. Die
Videoclips werden mit 320x200 Pixeln gespeichert, aber ihre
Qualität reicht - obwohl sie in der Kameravorschau interessant
aussehen - nicht für einen merklichen Qualitätsvorsprung gegen-
über den Einzelfotos, die ich bisher gemacht hatte.

Nun ist es dunkel genug und ich möchte mich endlich an mein
schon länger vorbereitetes Projekt "Copeland Septett" machen.
Dieses Septett besteht aus den Galaxien NGC3745, NGC3746,
NGC3748, NGC3750, NGC3751, NGC3753 und NGC3754. Diese enge
Galaxiengruppe ist auch unter dem Namen "Arp 320" bekannt
und residiert auf Hickson's Liste von Galaxiengruppen auf
Platz 57 (HCG57). Alle Galaxien vom Copeland Septett sind
klein und lichtschwach, so bin ich darauf gefasst, dass es
keine leichte Übung wird, sondern womöglich ausdauernde
Arbeit erfordert.

Hier zur Übersicht die Hellgkeiten und Größen der Galaxien,
die erste Helligkeitsangabe ist die photografische laut
XEphmem, die zweite Angabe ist eine (unbestätigte) visuelle
Helligkeit.

NGC-Name Hickson-Name Helligkeit Größe
-------- ------------ ---------- -----
NGC3745 HCG57g 16m1/15m2 24"
NGC3746 HCG57b 14m8/14m2 1.1'
NGC3748 HCG57e 15m7/14m8 42"
NGC3750 HCG57c 14m9/13m9 48"
NGC3751 HCG57f 15m3/13m9 48"
NGC3753 HCG57a 14m5/13m6 1.7'
NGC3754 HCG57d 14m7/14m3 24"

Naja, nach dem nochmaligen Blick auf diese von mir vorbereiteten
Daten und Unterlagen finde ich das vorhaben für einen 250 mm
Spiegel doch etwas verwegen ... aber ich will es wenigstens
versuchen!

Zunächst pirsche ich mich in die Umgebung des Septett's,
was sich in Theorie und Praxis überraschend einfach
gestaltet: Die beiden oberen Sterne am Ende des Rückens
des Löwen (Leo) verbinde ich mit einer Geraden und
erhalte so die Basis/Hypothenuse eines rechtwinkeligen
Dreiecks. "Zozca" und "Denebola", beides Mehrfachsterne
übrigens, bilden also diese Basis. Nordöstlich über ihnen,
ungefähr dort, wo die beiden von ihnen kommenden Geraden
sich fast rechtwinkelig treffen, liegt der Stern Leo 92.
Er ist immerhin 5m3 hell und ich kann ihn gerade so eben
noch mit dem Telrad-Finder anpeilen.

Mit dem eingesteckten 32 mm Plössl schiebe ich nun Leo 92
so weit an den rechten Rand des Gesichtsfeldes (GF), dass
links unten eine markante Reihe aus drei Sternen sichtbar
wird. Zwei von ihnen sind 8m1 hell, der dritte 8m9, sodass
sie relativ gleich gut zu sehen sind:


* --- 5m3
. --- 9m0
* --- Leo 92, 5m3


° --- 8m9

° --- 8m1


° --- 8m1

Die Dreiergruppe hat eine Ausdehnung von 12' und ich gehe
sofort zu höherer Vergrößerung über, da die gesuchte Gruppe
von Galaxien nicht weit von dieser Sternlinie entfernt sein
muss.

Über 80x und 160x erreiche ich sehr schnell 240x und erst
jetzt wird links (knapp westlich) ein äußerst schwaches
Glimmen sichtbar, das nur Sekundenbruchteile dauert
und dann wieder im Dunkel verschwindet. Mit keiner der
kleineren Vergrößerungen habe ich an dieser Stelle etwas
wahrnehmen können!

Ich nehme meine hoch vergrößerten XEphem-Karten zur Hand
und versuche, die Position des Glimmens zu lokalisieren:

O --- 8m9

O --- 8m1


o --- 10m1

O --- 8m1

~ --- NGC3751

An der Achse der erwähnten Dreiergruppe mit Hilfe eines
weiteren 10m1 hellen Sternes gespiegelt, identifiziere
ich das schwache, pulsierende Glimmen als NGC3751. Eine
gute dreiviertel Bogenminute (48") groß, ist diese 15m3
helle Galaxie. Würde sie in dem von mir beobachtbaren
Maximum der Helligkeit verbleiben, könnte ich sie eigentlich
ziemlich gut, will heißen: direkt, betrachten. So muss
ich stark indirekt schauen und dabei das Auge sehr ruhig
halten, damit ich sie erkennen kann. Immerhin kann ich
ihre Sichtung hundertprozentig und zweifelsfrei bestätigen.

Der Einsatz meines 3.5 mm Pentax XW Okulares macht sich
jettz auf jeden Fall bezahlt, da durch die nun 360x
Vergrößerung der Kontrast verstärkt wird, indem der
Himmelhintergrund abdunkelt und gleichzeitig die kleine
Fläche der Galaxie immerhin um die Hälfte größer wirkt.

Ein Elend ist allerdings, dass mir die Galaxie mehr als
einmal aus dem GF entfleucht, weil ich beim indirekten
Beobachten nicht auch noch den Rand des Gesichtsfeldes
beachten kann. "Flupp ...", macht es und weg ist sie!
Das Wiederfinden ist nicht leicht. Mehrmal muss ich ein
geringer vergrößerndes Okular einstecken und mich wieder
an der oben erwähnten Dreiergruppe von Sternen orientieren.
Mit einer gescheiten Nachführung ist sowas natürlich ein
Kinderspiel ... als Dobsonaut hat man dagegen richtig
was zu tun ... ;-)

Mit Zuversicht mache ich mich nun an die Dreiergruppe
NGC3750/3753/3754, die sich nur etwa 2' norwestlich von
NGC3751 befinden soll.

Abgesehen von dem Problem der manuellen Nachführung bei
360x am Dobson ist dieses Galaxien-Triplett schnell
gefunden, denn es lag nur wenig außerhalb des GF's.
Das Nachführen ist jetzt wirklich nicht mehr halbherzig
möglich, denn im näheren Umkreis des GF's gibt es nun
auch keine hellen oder markanten Sterngruppen, an denen
man sich schnell orientieren und eine fehlerhafte
Nachführung korrigieren kann. So muss ich tatsächlich
noch mehrmals bei der schon mehrfach zu diesem zweck
verwendeten Sternreihe zurückkehren und ein schwächer
vergrößerndes Okular einstecken.

~ NGC3750

~.~ NGC3753

~ NGC3754


° Stern 11m7


Die nun gefundenen drei NGC-Objekte blinken in fröhlichem
Wechsel zu mir herüber - allesamt sehr schwach - sodass
ich auch ihre Sichtung zweifelsfrei bestätigen kann. In
diesem Helligkeitsbereich zwischen 14m5 und 14m9 ist es
schon erstaunlich, dass ich überhaupt soviel zu sehen
bekomme. Immerhin ist der Himmel nicht ganz dunkel und
es gab immer wieder feinstes Eisgewölk in großer Höhe.
Gegenwärtig ziehen sogar schon mehrere Wolken auf, die
demnächst auch den Löwen verbergen werden, sodass sich
das Ende dieser Beobachtungsnacht schon ankündigt.

4 von 7 ... ich bin überrascht, dass ich trotz aller
Konzentration und durchaus anstrengenden Beobachtung
doch relativ schnell vier der sieben Galaxien des Sep-
tetts gefunden habe. Die fehlenden drei Galaxien NGC3745,
NGC3746 und NGC3748 liegen nach meinen Unterlagen nur
ein klein wenig (3') weiter norwestlich als die gerade
besuchte Gruppe. Lediglich ein einzelner 11m7 Stern,
der in diesem Umfeld absolut dominant strahlt, gibt mir
einen Hinweis auf die Richtung: Ich weiß, dass ich auf
jeden Fall in die richtige Gegend gelangen muss, wenn
ich mich rechtwinkelig zu der Achse NGC3750-Stern(11m7)
nach links in die Schwärze außerhalb des GF's taste.

Nach mehreren Ansätzen und allmählich vom ständigen
indirekten Sehen schon völlig ermüdeten Augen finde
ich doch ein ganz schwaches Glimmen eines winzigen
Fleckchens, dass sich alle paar Sekunden von der
Dunkelheit des Himmelshintergrundes abhebt.

Gefunden! Aber was? Drei Galaxien stehen hier zur Auswahl,
allerdings sind ihre Helligkeiten für meine Optik unter
diesen Bedingungen schon jenseits von Gut und Böse:
14m8 bis 16m1 gibt es hier nur zu sehen. Ich habe an
unterschiedlichen Positionen etwas ganz schwach aufglimmen
sehen, kann aber nicht sagen, welche Galaxie es jeweils
war. Umgebungssterne fehlen und so nehme ich nicht
einmal das Weiterrotieren des Nachthimmels war ... es
ist einfach nur Dunkel.

Ich taste die Umgebung weiter ab und finde schließlich
noch eine markante, aber schwache Sternreihe, unterhalb
derer ich dieses schwache Aufglimmen mehrfach beobachten
konnte. Vermutlich habe ich NGC3746 gefunden!

[Anm: Es wird wohl tatsächlich NGC3746 gewesen
sein, denn erstens ist sie die hellste der drei
fehlenden Galaxien und zweitens liegt sie am
dichtesten unterhalb der schwachen Sternreihe,
die ich hier ausmachen konnte.]

5 von 7 Galaxien die dem Copeland Septett ihren Namen
gaben, habe ich tatsächlich gefunden. Da die astronomischen
Verhältnisse bestenfalls durchschnittlich waren, bin ich
voller Zuversicht, eines Tages auch noch die fehlenden
zwei Galaxien entdecken zu können.

Man muss sich mal vor Augen führen, dass hier (mindestens)
sechs Galaxien innerhalb einer Distanz von nur 3' liegen.
Der bekannte Kugelsternhaufen M3 in den Jagdhunden hat
stolze 16' Durchmesser, ist also mehr als fünfmal so groß,
als das Copeland Septett. M13 im Herkules hat 20', die kleine
Begleitgalaxie M32 (neben der Andromedagalaxie) hat 7.6' x 5.8'
Durchmesser. Die prächte Galaxie in Kantenlage M82 in der
großen Bärin ist bei einer Länge von 11.2' immerhin noch
4.6' dick und somit allein in der Dicke etwa ein Drittel
weiter als das Copeland Septett im Durchmesser.

Ganz sicher ist dieser persönliche Beobachtungserfolg auf
den Einsatz höchstmöglicher Vergrößerung zurück zu führen!
Bis einschließlich 160x war hier absolute Dunkelheit, sodaß
ich gerade bei kleinen, flächigen Objekten - wie eben diese
Galaxien oder auch planetarische Nebel - unbedingt dazu
raten möchte, hoch zu vergrößern, auch und gerade dann, wenn
im langbrennweitigen Okular nichts zu sehen ist.

Es ist definitiv ein Irrglaube, wenn man meint, höhere
Vergrößerung lohne sich nicht, wenn bereits im Übersichts-
okular nichts zu erkennen ist.

Viele Grüße aus den Alpen,
Frank
--
My Home: 47°31'29" N / 11°06'51" E

0 new messages