Heute um 04:13 Uhr schrieb bastian <
argu...@web.de>:
>
http://www.tierschutzverein-lingen.de/subfiles-tierhaltung/hunde-kastration.html
Daß von dem Knallkopp so ein Werbelink zur Kastration kommt, war klar.
<Zitat>
VERHALTEN
Kastration ist kein Ersatz für Erziehung
Viele Halter lassen ihren Hund kastrieren, weil sie sich eine Verbesserung
von Verhaltensproblemen erhoffen. Doch leider ist noch wenig bekannt, dass
die Problematik sich dadurch noch verschärfen kann. Der Verhaltensbiologe
Dr. Udo Gansloßer erläuterte in einem Fachvortrag das Für und Wider der
Kastration. "Partner Hund" war vor Ort.
Die Kastration ist der am häufigsten durchgeführte chirurgische Eingriff in
deutschen rierarztpraxen. Der häufigste Grund dafür ist jedoch nicht in
medizinischen Ursachen zu suchen, sondern, wie eine Befragung von
Hundehaltern im Rahmen der "Bielefelder Kastrationsstudie" zeigte, in
unerwünschtem Verhalten (74%). Auch Argumente wie das Zusammenleben von
Rüde und Hündin in einem Haushalt (30%) spielten eine größere Rolle
als medizinische Gründe. Diese waren nur für 21% der Halter wichtig
(Mehrfachnennungen möglich). Doch das gewünschte Ziel wird nur selten
erreicht, wie neue Erkenntnisse der Verhaltensbiologie beweisen. "Wer
glaubt, durch Kastration Verhaltensprobleme einfach chirurgisch
wegschneiden zu können, liegt falsch. Ganz viele Leute müssen hinterher
feststellen, dass sich nichts geändert hat oder das Problem sogar schlimmer
geworden ist", erklärt Dr. Udo Gansloßer.
DAUER-STREUNER
werden durch die Kastration nicht automatisch häuslich. Aufgrund
hormoneller Einflüsse kann dieses Verhalten nämlich schon beim Embryo
festgelegt sein
HÄUFIGE VORURTEILE
Als häufiges Argument für die Pauschalkastration wird angeführt, dass es
für Hunde ein permanenter Stress ist, wenn sie sich nicht sexuell betätigen
dürfen. Wie Statistiken von verwilderten Straßenhunden zeigen, gibt es in
der Regel in einem Rudel fünf bis sechs Rüden und zwei bis drei Hündinnen,
trotzdem sind meist nur ein Rüde und höchstens ein bis zwei Hündinnen
sexuell aktiv. Es ist daher ein völlig normales Geschehen, dass 70 bis 80
Prozent der Rüden und gut zwei Drittel der Hündinnen nicht zur
Fortpflanzung kommen. Ein medizinischer Grund, der immer wieder für die
Kastration ins Feld geführt wird, sind Statistiken, die von einem um 80
Prozent niedrigeren Gesäugetumor-Risiko sprechen, wenn vor der ersten
Läufigkeit kastriert wird. "Betrachtet man jedoch Hündinnen aller
Altersklassen, liegt das Risiko für solche Tumore unter zwei Prozent",
erklärt Dr. Udo Gansloßer. "Eindeutig belegt ist jedoch, dass es ganz
andere Risikofaktoren gibt, die bei der Hündin wirklich den Gesäugetumor
auslösen, egal ob sie kastriert wurde oder nicht. Nämlich zu energie- und
proteinreiches Futter oder Fettleibigkeit im ersten Lebensjahr und das
mehrfache Wegspritzen der Läufigkeit."
Der Grund dafür ist, dass viele Verhaltensweisen, die scheinbar mit der
Fortpflanzung und der Pubertät des Hundes in Zusammenhang stehen, in
Wirklichkeit einen ganz anderen verhaltensbiologischen Hintergrund haben.
Das trifft zum Beispiel für unerwünschte Verhaltensweisen wie
Revierverteidigung, Bellanfälle oder Eifersucht zu. Auch bei Aufreit- und
Paarungsverhalten, das nicht sexuell bedingt ist, sondern aus einem
fehlgeleiteten Besitzanspruch oder einer Bewegungsstereotopie zum
Stressabbau resultiert, führt Kastration nicht zum Erfolg. Eine oft
genannte Begründung für die Kastration ist aggressives Verhalten.
Aggression ist jedoch nicht gleich Aggression. Bei der häufig vorkommenden
Angstaggression kann das Verhalten sogar noch verstärkt werden, weil die
Sexualhormone im Gehirn eine positive Nebenwirkung auslösen und die Angst
vermindern.
Um die weitreichenden Folgen der Kastration auf das Verhalten zu verstehen,
ist es daher wichtig, ein paar Informationen über die wichtigsten Hormone
und ihre Wirkungsweise zu haben.
SO WIRKEN HORMONE
Hormone sind Botenstoffe, die über den Blutkreislauf verschickt werden. Das
heißt, sie kommen überall im Körper an. Damit sie trotzdem an einer
bestimmten Stelle wirksam werden, haben die meisten Hormone sogenannte
Rezeptoren, Bindungsstellen, mit denen sie sich verknüpfen und dadurch die
erwünschten Wirkungen auslösen. An anderen Stellen können sie jedoch zu
Nebenwirkungen führen, die nicht geplant waren. So ist eine Stressreaktion
zum Beispiel biologisch sinnvoll, weil sie den Körper auf bestehende oder
zu erwartende Gefahren vorbereitet. Dauert der Stress aber zu lang, können
sich die vom Körper selbst produzierten Hormone negativ auswirken. Schuld
daran ist ein kompliziertes Regelkreissystem im Hormonhaushalt. Weil sie
mit dem Blut verschickt werden, kommen die Hormone dort wieder an, wo sie
losgeschickt wurden, und dämpfen dann ihre eigene Wirkung. Diese
Rückkoppelungsschleifen können sich so aufschaukeln, dass sie das System zum Absturz
bringen und dem Körper schaden. Je nachdem, ob ein Hormon wasser- oder
fettlöslich ist, beeinflusst das die Wirkungsweise. Wasserlöslich ist zum
Beispiel Adrenalin, eines der Haupthormone im Stressbereich. Das sogenannte
Fluchthormon wirkt ziemlich schnell, genauso schnell lässt die Wirkung aber
nach, wenn die Gefahr vorbei ist. Sexualhormone sind fettlöslich, ihre
Wirkung tritt zeitlich verzögert ein. Es dauert vier oder fünf Minuten, bis
man die erste Wirkung erkennt, der Höhepunkt liegt dann meist nach etwa
zwanzig Minuten. Eine große Rolle spielt neben der direkten Wirkung von
Hormonen die sogenannte bahnende Wirkung. Aufgrund hormoneller Einflüsse,
die teilweise bereits im Mutterleib passieren, reicht später der visuelle
Reiz aus, um dieses Verhalten zu aktivieren. So wird durch die bahnende
Wirkung von Testosteron im Gehirn des Embryos unter anderem schon die
Pinkelposition oder das Revierverhalten festgelegt. Später ist dann eine
Stange oder ein Baum der Auslöser für dieses Verhalten. Ein Hund, der
generell streunt, wird durch Kastration daher auch nicht plötzlich
häuslich. Aufgrund solcher bahnenden Verbindungen können Rüden auch Jahre
nach der Kastration Paarungsverhalten bis hin zum Aufreiten zeigen, wenn
ihnen eine läufige Hündin begegnet. Denn dieser Bewegungsablauf wurde durch
die Verknüpfung im Gehirn so fixiert, dass es fast keine
Testosteronproduktion mehr braucht, um ihn auszulösen. Es reichen die
geringen Mengen aus der Nebenniere.
KÖRPERLICHE FOLGEN DER KASTRATION
Kastration bedeutet beim Rüden und der Hündin die Entfernung der
Geschlechtsorgane, also der Hoden beziehungsweise der Eierstöcke. Da dies
die wichtigsten Drüsen für die Produktion von Sexualhormonen sind, ändert
sich damit auch das Verhalten, der Stoffwechsel und andere Eigenschaften
des Hundes. "Ist eine Kastration aus medizinischen oder
verhaltenstherapeutischen Gründen sinnvoll oder hat man den Hund kastriert
übernommen, muss daher eine informierte Nachsorge durch den Besitzer
erfolgen", erklärt Dr. Udo Gansloßer.
MASSNAHMEN NACH DER KASTRATION
Durch die Kastration wird ein Hund schlagartig zum Senior. Die Bemuskelung
der Knochen geht zurück, das Bindegewebe wird schlaffer, das Fell verändert
sich. Er braucht weniger Kohlenhydrate, weil sich der Stoffwechsel
reduziert, und hat einen erhöhten Bedarf an leicht verdaulichen biologisch
hochwertigen Proteinen, um den Muskelaufbau anzukurbeln. So wie der Mensch
in den Wechseljahren etwas gegen Osteoporose tun muss, sollte man vor allem
bei der Hündin frühzeitig auf den erhöhten Mineralbedarf zur Vorbeugung
achten. Ist der Hund stressanfällig, verschärft die muskelabbauende Wirkung
von Cortisol die Problematik noch. Wichtig ist daher Muskelaufbau durch
gezielte Physiotherapie wie Schwimmen, Unterwasserlaufband oder Wackelbrett
vor allem bei großen, schweren und erblich vorbelasteten Rassen sowie
Individuen, die ohnehin Gelenkprobleme haben. Auch Sportarten wie
Zielobjektsuche in schwierigem Gelände fördern den Muskelaufbau.
DER KLEINE UNTERSCHIED
Was ist Sterilisation, was Kastration?
Sterilisation bedeutet das Abbinden oder Durchtrennen des Samenleiters beim
Rüden oder des Eileiters bei der Hündin. Wird der Eingriff korrekt
ausgeführt, ist der Hund anschließend zuverlässig fortpflanzungsunfähig.
Die Geschlechtsorgane bleiben aber intakt, und die Geschlechtshormone
werden weiter produziert. Der Hormonhaushalt bleibt im Gleichgewicht und
hat keine negativen Auswirkungen auf die körperliche Verfassung und das
Verhalten des Hundes.
Bei der Kastration werden die Geschlechtsorgane operativ entfernt. Beim
Rüden sind das die Hoden, bei der Hündin die Eierstöcke und die
Gebärmutter. Es wird also ein massiver Eingriff in den Hormonhaushalt
vorgenommen.
Beim Verhaltenstraining kommt es auf den Typ an.
"Handelt es sich um einen Hund, der von Cortisol geprägt ist, muss vor
allem Persönlichkeitsaufbau betrieben werden. Solche Hunde müssen durch
Teamarbeit über soziale Unterstützung Selbstbewusstsein aufbauen. Dem
hyperaktiven, eher adrenalingesteuerten Typ müssen hingegen sehr konsequent
Grenzen gesetzt und Sozialkompetenz aufgebaut werden. Denn nur durch die
Kastration allein wird sich das Verhalten, das er sich über Monate oder
Jahre angewöhnt hat, nicht ändern. In dem Fall ist die Kastration zwar eine
hilfreiche Voraussetzung, aber keine Garantie für die Verhaltensänderung",
führt Dr. Gansloßer aus.
FRÜHKASTRATION UND IHRE FOLGEN
Besonders problematisch ist es, wenn die Kastration vor dem Höhepunkt der
Pubertät durchgeführt wird. "Frühkastrationen führen nach allen
einschlägigen Erfahrungen zu chaotisch-unsicheren, meist lebenslang
kindsköpfischen Hunden, die auch in Bezug auf ihre geistige
Leistungsfähigkeit nicht voll ausgereift sind. Das hat mit der Entwicklung
des Gehirns zu tun. Denn unter dem Einfluss des Sexualhormonanstiegs in der
Pubertät werden nochmals Nervenverknüpfungen und Zellverbindungen
hergestellt und überflüssige Zellareale abgebaut", erklärt der Experte.
Gerade bei großen Rassen birgt die Frühkastration ein weiteres Problem. Das
Schließen der Wachstumsfugen erfolgt in der Pubertät durch einen
Sexualhormonschub. Entfällt dieser, schießen die Hunde in die Höhe und
entwickeln eine ungünstige Biomechanik. Verschärft wird das Problem noch
durch ein schwaches Bindegewebe und Muskulatur.
"PROBELAUF" MIT CHEMISCHER KASTRATION
Um ein genaues Bild davon zu bekommen, wie sich der Rüde nach der
Kastration aus verhaltenstherapeutischer Sicht entwickelt, empfiehlt Dr.
Gansloßer vorher eine Art "Probelauf" mit chemischer Kastration. Dabei
pflanzt der Tierarzt ein kleines Implantat unter die Haut, dessen Wirkstoff
die Ausschüttung von Sexualhormonen über mehrere Monate verhindert.
Allerdings ist die sogenannte GnRH-Down-Regulation bisher nur beim Rüden
möglich. Obwohl sie bei Wildcaniden schon lange problemlos eingesetzt wird,
gibt es für Haushündinnen derzeit noch keine Zulassung. Sie ist aber zu
erwarten. Da in den ersten Wochen nach der Implantation die
Testosteronproduktion sehr stark angekurbelt wird, kann der Rüde in dieser
Zeit etwas verrückt spielen und braucht daher einen souveränen Führer an
seiner Seite. Danach zeigt sich aber genau das Verhalten, das auch nach
einer echten Kastration eintreten würde.
AMPUTATIONSVERBOT LAUT GESETZ
Nicht vergessen darf man auch, dass eine Kastration ohne
veterinärmedizinische oder verhaltenstherapeutische Indikation gegen das
Tierschutzgesetz verstößt. Der Paragraph 6, das sogenannte
Amputationsverbot, verbietet, einem Tier Organe einfach wegzuschneiden.
Gemäß dem Tierschutzbericht der Bundesregierung von 1999 können in
ordentlichen Familienverhältnissen lebende Hunde auch mit anderen, weniger
invasiven Methoden an der Fortpflanzung gehindert werden. Daher sind auch
Verträge (zum Beispiel Übernahmeverträge von Tierschutzvereinen), in denen
die Kastration gefordert wird, rechtswidrig und damit nichtig.
WEDER PRO NOCH CONTRA
Die Entscheidung, ob man seinen Hund kastrieren lässt, sollte auf jeden
Fall gründlich überdacht werden. "Es gibt kein generelles Ja oder Nein,
sondern nur ein ganz entschiedenes Vielleicht", meint Dr. Udo Gansloßer.
"Meiner Erfahrung nach sollte sowohl aus tiermedizinischer als auch aus
Trainersicht eine ganz differenzierte Einzelfallabschätzung erfolgen, die
den individuellen Hund und das individuelle Mensch-Hund-Team mit
berücksichtigt, bevor man etwas rausschneidet, was man dann nicht mehr
einbauen kann."
Saskia Brixner
DIE WICHTIGSTEN HORMONE UND IHRE AUSWIRKUNGEN
Testosteron
Rüde: Testosteron ist das wichtigste Sexualhormon des Rüden. Es sorgt für
männliches Aussehen und bestimmt das männliche Sexualverhalten. Es wird vor
allem in den Hoden produziert, in kleinen Mengen auch in der
Nebennierenrinde. Daneben beeinflusst Testosteron den Knochen- und
Muskelaufbau. In der Pubertät ist es verantwortlich für die Schließung der
Wachstumsfugen in den Röhrenknochen. Außerdem spielt Testosteron eine
wichtige Rolle bei der geruchlichen Kommunikation.
Hündin: In geringen Mengen entsteht Testosteron in den Eierstöcken und der
Nebennierenrinde auch bei der Hündin. Kommt es in größeren Mengen vor,
wirken diese Hündinnen in Knochenbau und Bemuskelung sehr männlich.
Östrogene
Rüde: In niedriger Konzentration vorhanden. Es ist jedoch unklar, ob sie im
Hoden oder Fettgewebe gebildet werden.
Hündin: Sie sind die wichtigsten weiblichen Sexualhormone und werden je
nach Zyklusstand in unterschiedlicher Konzentration vor allem in den
Eierstöcken produziert, in geringer Menge auch in der Nebennierenrinde.
Besonders viele Östrogene werden im sogenannten Östrus ausgeschüttet, also
der Phase, in der die Hündin paarungsbereit ist. Sie dauert in der Regel
ein bis zwei Tage, kann aber je nach Rasse und Individuum bis zu zehn Tagen
gehen. Die Östrogene lösen weibliches Werbeverhalten aus. Die Hündin sucht
gezielt den Kontakt zu Rüden, spielt mit ihnen und präsentiert ihr
Hinterteil.
Progesteron
Rüde: wird nicht produziert
Hündin: Nach der Läufigkeit kommt jede Hündin durch das Schwangerschafts-
hormon Progesteron in den Zustand der Scheinträchtigkeit, egal ob sie
gedeckt wurde oder nicht. Das ist ganz normal und soll sie darauf
vorbereiten, sich um ihre Welpen zu kümmern oder in Hunderudeln auch um die
der anderen Rudelgenossinnen. Die Progesteronphase dauert etwa zwei Monate
und geht fließend in die Prolaktinphase über. Die meisten Hündinnen werden
in dieser Zeit lediglich etwas ruhiger, anlehnungs- und nähebedürftiger.
Treten jedoch massive Stimmungsstörungen auf, die sich in regelrechter
Depression oder überzogener Aggression äußern, sollte man eine Kastration
erwägen.
Prolaktin
Rüde: Auch als "Elternhormon" bezeichnet. Es ist für die Entwicklung
elterlicher Gefühle und die Verteidigung der Jungtiere bei Hündinnen und
Rüden verantwortlich. Beim Rüden wird die Produktion durch die Läufigkeit
der Hündin angeregt.
Hündin: Nach der Scheinträchtigkeit wird durch das Prolaktin die Phase der
Scheinmutterschaft ausgelöst. Das Gesäuge vergrößert sich bis hin zur
Milchproduktion. Die Hündin hütet Quietschtiere oder gräbt Wurfhöhlen. Da
Prolaktin in der Hirnanhangdrüse (Hypophyse) gebildet wird, hat die
Kastration keine Auswirkung auf dieses Hormon. Auch kastrierte Hündinnen
können in diesen Zustand kommen, zum Beispiel, weil die Besitzerin
schwanger ist oder ein neuer Welpe ins Haus kommt.
Oxytocin und Vasopressin
Rüde: Das sogenannte Bindungshormon Oxytocin sorgt bei Rüde und Hündin für
das liebevolle Umgehen zwischen den Geschlechtspartnern
Hündin: Bei der Hündin löst es außerdem die Wehen aus und leitet die Geburt
ein. Außerdem sorgt es dafür, dass die Milch einschießt und die Hündin eine
Bindung zu den Welpen entwickelt. Oxytocin steht in enger Verbindung mit
dem Partnerschutz- und Eifersuchtshormon Vasopressin. Dieses Hormon ist für
einige unerwünschte Verhaltensweisen verantwortlich, zum Beispiel, dass der
Bindungspartner gegen vermeintliche oder wirkliche Bedrohungen verteidigt
wird. Da kein Zusammenhang mit den Sexualhormonen besteht, bringt
Kastration keinen Erfolg.
Cortisol
Rüde: Das als Stresshormon bekannte Cortisol entsteht in der
Nebennierenrinde und ist für eine Reihe unangenehmer Verhaltenszustände
verantwortlich wie Panik, Angstaggression und Depression. Ein Hund, der
sich in einem gewissen Stress befindet, aktiviert über die Nebenniere
außerdem das Sexualhormon Testosteron. Da dieses die Ausschüttung von
Cortisol hemmt, sind angstgesteuerte Hunde, wenn sie unkastriert sind,
weniger stressanfällig. Fällt nach der Kastration die angstlösende Wirkung
des Testosteron weg, werden sie noch unsicherer, und das gezeigte
ängstliche Verhalten wird verschlimmert.
Hündin: Da sie sowohl Cortisol als auch in geringem Umfang Testosteron
produziert, gilt dasselbe wie beim Rüden.
Bild: ANGSTBEISSER - Bei Hunden, die aus Angst zubeißen, verschlimmert sich das Verhalten
Bild: SCHEINMUTTERSCHAFT - In dieser Phase dienen Stofftiere der Hündin als Welpenersatz
DER EXPERTE
Dr. Udo Gansloßer
Ist Privatdozent am Zoologischen Institut der Universität Greifswald. In
seinen Seminaren und Vorträgen setzt sich der Verhaltensbiologe auch mit
den Auswirkungen von Kastrationen auseinander. Zusammen mit Tierärztin
Sophie Strodtbeck bietet er Einzelfallberatungen aus tiermedizinischer und
verhaltensbiologischer Sicht an. Kontakt:
u...@ganslosser.de,
www.einzelfelle.de
VERHALTEN UND AUSWIRKUNGEN DER KASTRATION
Verhalten: zu erwartendes Verhalten nach der Kastration
Jagdverhalten: keine Besserung, in manchen Fällen sogar Ansteigen
Streunen gezeigt nur während der Läufigkeit: Besserung möglich
generelles Streunen: keine Änderung
Aggression je nach Geschlecht, Gehirn-und Hormonzusammenhängen
unterschiedlich. Einzelanalyse nötig
Rüde:
Futteraggression = cortisolgesteuert, daher Verstärkung des Verhaltens
Angstaggression = cortisolgesteuert, daher Verschärfung der Problematik
Eifersucht (Partnerschutz etc.) = vasopressinabhängig: wahrscheinlich keine
Änderung
Jungtierverteidigung etc. = Prolactin & Testosteron abhängig: keine
Verbesserung oder Verschlimmerung
Statusaggression (inklusive Territorialaggression): kann sich je nach
Rassezugehörigkeit verbessern, wenn das Verhalten nicht schon als erfolg-
reiche Strategie im Gehirn abgespeichert ist. Erziehungskorrekturen sind
unerlässlich
Angst, Panik = übermäßige Cortisol-Produktion: Verschärfung der
Problematik
Aufreiten etc. bei echtem Sexualverhalten: Besserung, wenn das Verhalten
als vollständiges Bewegungsmuster noch nicht gespeichert ist
Aufreiten etc. als Bewegungsstereotypie: je nach Stresstyp keine Änderung
oder Verstärkung
Aufreiten etc. als Dominanzverhalten: keine oder wenig Änderung
Hündin:
Jungtierverteidigung: = prolaktinabhängig, tritt es im Zyklus auf:
Verbesserung möglich; durch äußere Anlässe ausgelöst (schwangere Besitzerin
etc.): kaum Änderung
Eifersucht (nicht sexuell): keine Änderung
Ständige Wettbewerbsaggression mit Hündinnen, Rüpelhaftigkeit: keine
Änderung oder Ansteigend, je nachdem, ob testosterongesteuert oder nicht
Zickigkeit in der Läufigkeit: Verbesserung
Futteraggression: Verschlimmerung des Verhaltens
Angst, Panik, Stressanfälligkeit, Angstaggression: = cortisolgesteuert, je
nach Zyklusstand Verbesserung möglich oder gleichbleibend
</Zitat>
Partner Hund Nr.3, März 2011
Seite 30 bis 35