Meine Frage an die Gro�seglerexperten:
Bei starkem Seegang mit betr�chtlichem Rollen und Nicken des
Schiffsrumpfes bewegt sich der Mast mit einer gewissen
Winkelgeschwindigkeit. Je h�her man einen Mast hinaufklettert desto
gr��er werden die linearen Geschwindigkeiten und entsprechend die
auftretenden Beschleunigungen die auf den Matrosen wirken.
In 40m H�he sind dann die Beschleunigungen die auf die Kletternden
wirken ziemlich heftig und das ganze ungesichert zu absolvieren
erscheint mir asu hobbykletterersicht Hobbykletterer alles andere als
einfach und sicher.
Werden ab einem bestimmten Seegang nur die unteren Segel gesetzt bzw
gerefft und ab welchem Seegang und Windgeschwindigkeit verzichtet man
denn bei so einem Gro�seglerschulschiff ganz auf das Segeln?
Und wenn man nun ein Schiff mit Profis hat (z.B. in den alten
Gro�seglerzeiten) bis zu welchem Seegang und Windgeschwindigkeit
werden dann welche Segel gesetzt? Ok, irgendwann wird dann nur wohl
nur noch der schleppanker gesetzt.
Wie sind die limits bei der Gorch Fock der Bundeswehr?
Gibt es irgendwo im Netz Infos �ber den Betrieb von Gro�seglern?
(Wann setze ich welche Segel? Ab welchen Bedingungen wird es kritisch?
ect.) ?
followup: de.etc.militaer
MS
Am Fri, 21 Jan 2011 19:05:00 +0100 schrieb Michael Schmidt:
> Werden ab einem bestimmten Seegang nur die unteren Segel gesetzt bzw
> gerefft und ab welchem Seegang und Windgeschwindigkeit verzichtet man
> denn bei so einem Großseglerschulschiff ganz auf das Segeln?
Die Hauptarbeitssegel sind die jeweils drei unteren Segel an einem Mast, die
werden eigentlich immer gesetzt - manche Vollschiffe haben am letzten
Mast kein Untersegel angeschlagen oder eins mit einem dreieckigen
Schnitt mit nur einem Schothorn in der Mitte (Bagien).
Die anderen Rahsegel (also Brahm, Royal und (wenn vorhanden Sky) werden
mit abnehmendem Wind zusätzlich gesetzt.
Die drei Untersegel können mit zunehmenden Wind auch noch weg genommen
werden, allerdings nie ganz - das macht keinen Sinn, das Schiff fängt
dann sehr unangenehm an zu schlingern, wenn der Winddruck weg ist.
Die Untermarsen (das sind die zweiten Segel von unten) sind die letzten
Segel, die man stehen läßt. Die Segel sind auch für unterschiedlichen
Wind gerechnet, die Marsen sind die dicksten Tücher auf einem Rahsegler.
Soweit, so pauschal. Je nach individuellem Schiff und Fahrtrichtung zum
Wind hat es sich bewährt, am Fockmast mehr Segel stehen zu lassen, oder
das Gaffelsegel am letzten Mast in einer bestimmten Art zu schoten und
irgendwas mit den unteren Stagsegeln zu tun oder auch nicht.
> Und wenn man nun ein Schiff mit Profis hat (z.B. in den alten
> Großseglerzeiten) bis zu welchem Seegang und Windgeschwindigkeit
> werden dann welche Segel gesetzt? Ok, irgendwann wird dann nur wohl
> nur noch der schleppanker gesetzt.
Kommerziell eingesetzte Segelschiffe aus Stahl (z.B. die P-Liner) sind
mit sehr kleinen Besatzungen gefahren. Dort war es üblich, nach der
Ausreise aus dem Kanal die Schothörner der Marsen fest an der
nächstunteren Rah einzuschäkeln. Diese Segel wurden nicht geborgen,
außer wenn man in einen Hafen wollte.
Auf so großen Schiffen wurde kaum gelenzt (also vor Top&Takel, also ohne
Segel) ein Sturm abgewettert. Es macht viel mehr Sinn, in einem Sturm
beizudrehen, und durch eine entsprechende Segeltrimmung der letzten
Segel eine möglichst stabile Lage einzunehmen, in der man zwar keine
Fahrt voraus machte, aber auch nicht weit abtrieb.
> Wie sind die limits bei der Gorch Fock der Bundeswehr?
Keine Ahnung. Problematisch ist nicht so sehr viel Wind oder Seegang,
sondern für einen Wind/Seegang unangemessene Besegelung (bei sich
schnell ändernden Wetter) oder in einem stark auffrischenden
Wind eine sstarke Winddrehung zu haben.
> Gibt es irgendwo im Netz Infos über den Betrieb von Großseglern?
> (Wann setze ich welche Segel? Ab welchen Bedingungen wird es kritisch?
> ect.) ?
Es gibt z.B das ganz brauchbare Bordbuch der Roald Amundsen als pdf
unter http://sailtraining.de/literatur.html
Michael Schmidt schrieb:
> Und wenn man nun ein Schiff mit Profis hat (z.B. in den alten
> Großseglerzeiten) bis zu welchem Seegang und Windgeschwindigkeit
> werden dann welche Segel gesetzt? Ok, irgendwann wird dann nur wohl
> nur noch der schleppanker gesetzt.
Hallo,
in den alten Großseglerzeiten ohne Maschine und ohne Schleppperhilfe
hatte man keine Wahl, wenn es die Sicherheit des Schiffes erforderte
mußte die Mannschaft aufentern. Ein guter Kapitän lies bei aufkommenden
Sturm rechtzeitig reffen, die Sturmsegel wurden schon vorher nach
Jahreszeit und Seegebiet gesetzt. Die Rahsegler konnten nicht gegen den
Wind aufkreuzen, vor einer langen Küste mit auflandigen Wind war man
verloren wenn ankern nicht möglich war.
Bye
> Werden ab einem bestimmten Seegang nur die unteren Segel gesetzt bzw
> gerefft und ab welchem Seegang und Windgeschwindigkeit verzichtet man
> denn bei so einem Gro�seglerschulschiff ganz auf das Segeln?
Die Windgeschwindigkeit d�rfte relativ hoch sein. W�hrend meines
Aufenthalts auf der russischen Sedov wurde mir gesagt, da� das Schiff
bei Bf 8 und Vollzeug (d.h. inkl. Royal) mal 18 kn gelaufen ist (was
einer Maschinenleistung von 6.000 PS entsprach). Demnach kann man bei Bf
8 also durchaus noch Vollzeug fahren mit dem einen oder anderen
Gro�segler. Den dabei gefahrenen Kurs hab ich da allerdings nicht
hinterfragt. Wobei ich davon ausgehe, da� das kein Vorwindkurs war, weil
man sich dann n�mlich vermutlich alle Segel vorlicher des Kreuzmastes
sparen kann.
W�hrend meines Aufenthalts hatten wir mal 6+ afair und da waren nicht
mehr alle Segel gesetzt.
Manfred
> On 21.01.2011 19:05, Michael Schmidt wrote:
>
>> Werden ab einem bestimmten Seegang nur die unteren Segel gesetzt bzw
>> gerefft und ab welchem Seegang und Windgeschwindigkeit verzichtet man
>> denn bei so einem Gro�seglerschulschiff ganz auf das Segeln?
>
> Die Windgeschwindigkeit d�rfte relativ hoch sein. W�hrend meines
> Aufenthalts auf der russischen Sedov wurde mir gesagt, da� das Schiff
> bei Bf 8 und Vollzeug (d.h. inkl. Royal) mal 18 kn gelaufen ist (was
> einer Maschinenleistung von 6.000 PS entsprach).
Wenn man Bruch riskieren kann, darf und will mag das angehen.
Bft. 4 heisst nicht ohne Grund Vollzeugbrise, danach darf (sic/g!) man
reffen.
Edgar
X-Post entfernt
--
Einfach ist genial
> Bft. 4 heisst nicht ohne Grund Vollzeugbrise, danach darf (sic/g!) man
> reffen.
Was eine Slup angeht, gebe ich Dir recht. Ich könnte mir aber
vorstellen, daß es zwischen einer Slup und einem Großsegler da
Unterschiede gibt.
Manfred
Nutze google oder wiki. Der Begriff Vollzeugbrise ist durch die
Grosschiffahrt belegt.
Edgar
--
Einfach ist genial
Von wegen, man kann damit sehr wohl kreuzen, aber man braucht etwas mehr
Platz dafür.
Das macht aber keinen Sinn und klingt deshalb nach einer typischen
Seeungeheuergeschichte.
Brahm und Royals sind Leichtwindsegel und auch aus entsprechend
leichterem Tuch, daß bei viel Wind eben sehr viel schneller karpott
geht.
Gerade der Iwan ist mit seinem Material eher vorsichtig.
Naja, ein Kurs hoch am Wind wird mit Rahtakelung schon sehr ineffizient,
das hat man wenn man den von Google findbaren Quellen glauben darf
wohl tunlichst vermieden.
Aber mal zurück zum Aufentern: gabs da eigentlich schonmal technische
Ansätze, das kletternde Personal irgendwie gegen Abstürze zu sichern?
Ich denke da irgendwie an ein ähnliches System wie bei Klettersteigen,
also vielleicht parallel zu den Wanten verlaufende Sicherungsseile, die
alle paar Meter fest an der entsprechenden Want fixiert sind und in die
man dann nen "mitgeschleppten" Karabiner einhängt. Wird natürlich durch
das Umhängen beim Klettern ein bißchen bremsen und Stürze nicht komplett
verhindern, aber z.B. bei einer Fixierung alle 5m könnte man die
maximale Sturzhöhe doch deutlich beschränken. Und bei Militärschiffen
könnte man so im Ernstfall wirklich mal Eile geboten ist die Sicherung
immer noch weglassen. Oder birgt sowas dann wieder andere Unfallgefahren?
--
Erhard Schwenk
Akkordeonjugend Baden-Württemberg - http://www.akkordeonjugend.de/
APAYA running System - http://www.apaya.net/
Erhard Schwenk schrieb:
>> Ich denke da irgendwie an ein ähnliches System wie bei Klettersteigen,
> also vielleicht parallel zu den Wanten verlaufende Sicherungsseile, die
> alle paar Meter fest an der entsprechenden Want fixiert sind und in die
> man dann nen "mitgeschleppten" Karabiner einhängt. Wird natürlich durch
> das Umhängen beim Klettern ein bißchen bremsen und Stürze nicht komplett
> verhindern, aber z.B. bei einer Fixierung alle 5m könnte man die
> maximale Sturzhöhe doch deutlich beschränken. Und bei Militärschiffen
> könnte man so im Ernstfall wirklich mal Eile geboten ist die Sicherung
> immer noch weglassen. Oder birgt sowas dann wieder andere Unfallgefahren?
Hallo,
da gibt es beim Bergsteigen etwas Besseres, die Steigklemmen:
http://de.wikipedia.org/wiki/Steigklemme
Die könnte man an einem von unten bis oben durchgehenden Seil einhängen,
beim Aufsteigen kann man sie mitziehen, beim einem Sturz würden sie
blockieren. Beim Absteigen müsste man allerdings einen Hebel betätigen
damit sie nach unten rutschen können. Man muß sie aber nicht alle paar
Meter Umhängen wie bei obiger Karabinersicherung, weder beim Aufsteigen
noch beim Absteigen. Das Sicherungsseil darf dazu aber nur ganz oben und
ganz unten befestigt werden, aber nicht dazwischen, sonst müsste man an
solchen Stellen wieder umhängen.
Bye
Damit kann man dann nicht mehr sicher abwärts klettern. Zum Kletten in
einem sich bewegenden Rigg braucht man beide Hände.
> damit sie nach unten rutschen können. Man muß sie aber nicht alle paar
> Meter Umhängen wie bei obiger Karabinersicherung, weder beim Aufsteigen
> noch beim Absteigen. Das Sicherungsseil darf dazu aber nur ganz oben und
> ganz unten befestigt werden, aber nicht dazwischen, sonst müsste man an
> solchen Stellen wieder umhängen.
Auch das ist unrealistisch. Die freien Strecken (z.B. von der Schanz bis
unter die Marssaling, von der Marssaling bis an die Brahmsaling, usw)
sind ziemlich lang, und laufen oben zu. D.h., das gemeinsame Aufentern,
so wie es auf der Gorch Fock praktiziert wird, ist damit nicht möglich,
und außerdem muß man sich genau an den kritischen Stellen (eben an den
Püttingen der Salinge) umpicken, wogegen man auf den unkritschen Stellen
gesichert ist.
Man fällt nicht aus den Webeleinen, sondern wenn, dann beim Umsteigen
auf eine Rah oder beim Umsteigen der Saling. Zumindest beim Umsteigen
auf die Rah gibt es gute Sicherungsmöglichkeiten, beim Umsteigen der
Saling haben viele Rahsegler entsprechende Sicherheitsstander geriggt,
die aber aus Zeitgründen (anhalten beim Klettern, Karabiner vom Gurt
fummeln, dabei eine Hand weniger haben, einpicken, den Überhang
überwinden, auspicken, Karabiner wieder an den Gurt hängen) und
Stabilitätsgründen(!) ungern benutzt werden.
Ein Rigg eines traditionellen Großseglers ist per se nicht gefährlich,
wenn man gut eingewiesen ist, seine Fähigkeiten realistisch einschätzen
gelernt hat und keinen Druck bekommt, etwas schneller zu machen, als man
es sicher kann.
Das ist das Problem, nicht die mangelnde Sicherung.
Alexander Stielau schrieb:
> Damit kann man dann nicht mehr sicher abw�rts klettern. Zum Kletten in
> einem sich bewegenden Rigg braucht man beide H�nde.
Hallo,
mit einer etwas anderen Konstruktion w�re es sicher auch m�glich das man
damit auf- und absteigen kann und die Sicherung erst beim Sturz greift,
�hnlich wie bei Automatik-Sicherheitsgurten im Auto wo beim schnellen
Ziehen blockiert wird.
>
>
> Ein Rigg eines traditionellen Gro�seglers ist per se nicht gef�hrlich,
> wenn man gut eingewiesen ist, seine F�higkeiten realistisch einsch�tzen
> gelernt hat und keinen Druck bekommt, etwas schneller zu machen, als man
> es sicher kann.
> Das ist das Problem, nicht die mangelnde Sicherung.
In einem Fernsehbericht wurde aber eine Sequenz gezeigt wo quasi im
Laufschritt aufgeentert wurde, also nicht in der langsameren aber
sicheren "Gangart" wo immer nur ein Arm oder Bein bewegt wird und die
restlichen drei Extremit�ten fest auf den Sprossen ruhen.
Bye
Das wär natürlich auch ne Möglichkeit. Oder eine Art "Bremsklemme", die
oberhalb einer bestimmten Gleitgeschwindigkeit blockiert. Ist dann nur
die Frage wie das aussieht wenn gleich hinter dem Stürzenden der nächste
Kletterer kommt.
> Uwe Hercksen schrieb:
>> da gibt es beim Bergsteigen etwas Besseres, die Steigklemmen:
>> http://de.wikipedia.org/wiki/Steigklemme
> Das wär natürlich auch ne Möglichkeit. Oder eine Art "Bremsklemme", die
> oberhalb einer bestimmten Gleitgeschwindigkeit blockiert. Ist dann nur
> die Frage wie das aussieht wenn gleich hinter dem Stürzenden der nächste
> Kletterer kommt.
Selbstbremsende Lawine auf See...., interessante Vorstellung.
Wieviele Kopfschmerztabletten haben die an Bord?
Nee, nee, wenn man das ein biiiisschen sutje angeht muss da nix passieren.