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Rund Nordholland, oder: Drachengras II

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Ignatios Souvatzis

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Jul 1, 2023, 1:00:09 PM7/1/23
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S. hatte dieses Jahr in den Schulferien anderweitig geplant und
ist außerhalb der Schulferien immer noch beruflich verpflichtet,
deshalb hatten D., N. und ich eine kleine Bavaria (Cruiser 33)
gechartert, um von Workum aus die Welt zu er... naja, ein paar Tage
uns auf dem Wasser auszutoben. Je nach Wetter Waddenzee, IJsselmeer
oder nach hinten 'raus durch die Schleuse und sieben Brücken auf
Kanäle und Heeger Meer.

Meine Nautin-Mitgliedschaft gab mir nicht nur Zugriff auf Quicktide;
auf deren Webseite sind auch die offiziell berechneten Gezeitentafeln
für die relevanten Häfen als PDF verlinkt. Ich hatte sie zur Vorbereitung
heruntergeladen und die Juni-Seiten ausgedruckt. Auch eine HP33
(zwar von 2020) nenne ich mein Eigen, deren Stromkarten - ausser
in sehr veränderlichen Ecken wie dem Molengat - zusammen mit den
aktuellen Hoch- und Niedrigwasserzeiten aber immer noch funktionieren.
Weitere Planungsgrundlage waren die Vertrektijden, Auszugsweise
auf der Webseite der Marina in Oudeschild, sonst bei Watersportalmanak.nl
zu finden.

Die Gezeiten waren uns günstig - zunächst kein mitternächtlches
Aufstehen nötig. Der Wind hatte sich im Frühjahr jedoch auf Nord
eingeblasen und sollte während unseres Törns auch so bleiben. Da
scheidet schonmal das Molengat aus, und auch nach Harlingen, um in
die östliche Waddenzee zu gelangen, müsste man ja erstmal zwar mit
Strom, aber gegen Wind, motoren...

D. frug aber in der Planungsphase, ob wir denn von Texel nicht nach
IJmuiden könnten. Hm, nur 40 Seemeilen, es gibt eine
Abfahrtszeitempfehlung für Anfänger (1/2 Stunde vor Hochwasser
Oudeschild) und Berichte, dass das durchaus gut innerhalb einer
Gezeitenstromwelle zu machen sei.

Also war der Plan, Dienstags (wir reisten Montags an) die
Lorentz-Schleuse (Kornwerderzand) mit dem lokalen Hochwasser zu
verlassen, also kurz vor 12 Uhr Mittags - oder jedenfalls maximal
2 Stunden später - und nach Oudeschild zu rutschen, wo weder N.
noch ich bisher waren; und am nächsten Tag 1/2 Stunde vor Hochwasser
dort, ebenfalls früher Mittag, nach IJmuiden aufzubrechen, von wo
aus wir dann über den Nordzeekanaal ein nettes Städtchen im Markermeer
aufsuchen und uns dann wieder dem IJsselmeer zuwenden wollten. N.
war das auch recht.

Zusätzlich ergab sich die Gelegenheit, S2 und J aus meinem und D.s
Verein mit ihrem Schiff zu treffen, die es zur Zeit in Lelystad
liegen haben, und N2, der sein H-Boot seit Jahren im Ketelhaven
beheimatet.

Soweit, sogut. Am Anreisetag kauften wir erst den Supermarkt in Ns
Wohnort halb- und den benachbarten Drogeriemarkt zu einem viertel
leer, dann ging's ab auf die Autobahn, mit einem Abstecher nach
Duisburg-Wedau, um einen Wanderpreis wieder beim SVNRW abzugeben.
Wir kamen relativ gut an Duisburg/Oberhausen vorbei, und ebenfalls
an den ersten niederländischen Städten. Ein Digitalfunkruf des
Büros des Vercharterers erreichte uns - ob wir früher kämen, sie
müßten nämlich kurz das Schiff an den Kran hängen, um eine Dichtung
auszutauschen, gegen 16 Uhr (die vertragliche Zeit) seien sie aber
auf jeden Fall fertig. Uns war das recht. Wir waren zwar eine Stunde
zu früh da, nutzten das aber für einen Kaffee und ein Eis und später
zum studieren des Unterwasserschiffs am anderen Ende des Hafens.
Geteilter Kiel, wie bei einer Etap 27, mit einer breiten Flosse
darunter, also nicht auflaufen, Krängung hilft da erstmal nicht.

Dann Checkliste durchgehen: (wo sind die Laufleinen? In der
Backskiste? ... ach die Dinger. Montiert.) Ankerkette einmal
komplett inspiziert, Zweitanker inspiziert, so wieder eingepackt,
dass der nicht direkt wegfliegt, wenn der erste 'rausgeht. Die
Pyrosignale waren offenbar abgelaufen, wurden anstandslos getauscht.
Die Zweifarbenlaterne schielte etwas viel, aber zur für's ausweichen
ungefährlichen Seite.

Dann die Checkliste mit dem Vercharterer durchgehen.

Die zusätzlichen Nordseeküsten-Karten konnte ich direkt vom Büro
des Vercharterers mitnehmen, die Rettungsinsel brachte er uns
vorbei. Wo unterbringen? Backskiste? Hm, wie bekommt man sie im
Ernstfall 'raus ohne 'reinzusteigen? Wir haben eine Leine an den
Griff und den Backskistendeckel geknotet... Bedienung des Rollgross...
Bedienung des Batterie- und Wasserstandpanels (Frisch- und Abwasser)
und ganz wichtig - wo kontrolliert man das Saildrive-Getriebeöl,
denn dessen Dichtung und das öl waren nachmittags am Kran getauscht
worden, weil Wasser eingedrungen und das Getriebe Mayonaise gerührt
hatte.

Wir fuhren nach Workum zum weiteren Einkauf und Abendessen. Das
chnesische Restaurant schien nicht mehr da zu sein, beim betreten
des italienischen erwischten wir die Nebentür - jenes Lokal war
aber auch lecker. Wir stießen eingedenk des Reiseplans mit Texels
an.

Und es ward Abend, und es ward Morgen.



Dienstags: Frühstück, Stullen schmieren, Wasserfläschchen
individualisieren, kennt man ja. Sicherheitseinweisung nach der
Checkliste in Skippercharlys Logbuchvordruck, soweit nicht schon
am Vorabend bei der Übernahme erledigt. Wo sind die Notstopfen? Wo
ist die Badeleiter? (An der Badeplattform, fest montiert,
herunterklappbar.)

Den aktuellen Marifoonbericht aus dem Nautin-Onlinelink notiert,
keine bösen Überraschungen. Dann Vor-auslaufcheck: Bilge ist trocken,
Motoröl und Keilriemen vorhanden, Motor an, Kühlwasser läuft, Fender
hoch, langsam aus der Box, mit etwas Radeffekt gedreht, 'raus aus
der Gasse, 'raus aus dem Hafenkanal, 'raus aus der engen Hafenzufahrt
vor Workum, langsam entspannte ich mich. Groß 'rausdrehen, Genua
'rausdrehen (puh, geht das schwer), hoch an den Wind... reicht
nicht ganz, gut, zwischendurch einen Holeschlag in Richtung
Windradfeld.

Segel 'runter an der VF12, Motor an, im Schleusenvorhafen langsam
Kreisen und Achten ziehen - am Wartesteg hatte sich ein Mitbewerber
etwas sehr mittig platziert - dann ging's durch die Schleuse, etwas
warten, dann durch die Brücke, Segel 'raus, und vor dem Vorhafen
links abbiegen und gleich wieder links. Der Texelstrom führte uns
erst halbwinds, dann raumschots, dann wieder halb, dann am Wind
dann wieder halb. Robben waren leider nicht in Sichtweite. Etwas
stark kam uns der mitlaufende Strom rechnerisch vor, aber darüber
dachten wir noch nicht viel nach. Navigiert haben wir durch abzählen
der Tonnen. Richtig spannend wurde es im Hafen Oudeschild - die
Durchfahrt zum Wassersportverein und der Gästemarina ist gut
versteckt und durch viele benachbarte Masten samt Schiffe aus der
Ferne gar nicht auszumachen gewesen.

Nach dem Setzen der Genua hatte der Klemmhebel der Bergeleine...
geklemmt und liess sich nur mit viel Druck zum klemmen bringen;
zum Bergen ging er nur zur falschen Seite 'raus; belegt haben wir
dann mit einem zusätzlichen halben Schlag. Im Hafen stellte sich
'raus, dass das -komplett verformte- Röllchen eingenietet war und
losschrauben also nicht half, aber immerhin konnte ich es soweit
drehen, dass der Hebel sich wieder auf die richtige Seite legen
ließ, und dann durch festschrauben der Klemme festklemmen, so dass
es in der Folge als Gleit... naja, Reiblager funktionierte. Kam
auf die Liste für Reparaturtipps bei der Abgabe.

Etwas unerfreulich - im Laufe des Tages hatte sich die Toilettenschüssel
wieder etwas gefüllt. reines Seewasser schien's nicht zu sein, das
Seeventil hatte ich auch immer geschlossen angetroffen. der Hebel...
nicht ganz arretiert vielleicht? Naja, drei Pumpschläge vor Benutzung
zusätzlich...

Aber wir waren auf Texel!

Das Abendessen an Bord war schon halb fertig, als ich von der
Hafenmeisterin wiederkam. Danach vertraten wir uns etwas die Beine.
Vor dem Marinagebäude gibt es einen Trinknapf mit bereitliegendem
Wasserhahn für See- und Hunde.
In einer Hafengastronomie konnten wir Nachtisch ergattern; etwas
später erschienene bekamen nur noch Getränke, die Küche hatte
geschlossen.
Beeindruckend übrigens die offene Panzertür im Erdgeschoss des
Marinagebäudes - den Gedenktäfelchen nach steht das unterste,
nämlich Sanitärstockwerk ab und zu halb unter Wasser. Das Dorf ist
durch einen Damm gegen den Hafen abgeschottet.

6 Std. unterwegs, fast die Hälfte der Motor an, 1 Stunde im IJsselmeer
und zwei auf der Waddenzee gesegelt, 28,5 sm über Grund, 18,5 laut
Logge (so wenig?), davon 3,9 unter Motorkraft.


Mittwoch: Frühstück, Zähne putzen, Bilge- und Motorkontrolle und los.

Das Ausfädeln aus dem Gästebereich der Marina gestaltete sich
etwas einfacher, wir kannten den Weg ja schon. Zunächst hatten
wir noch minimal Strom gegen uns, dann kippte er. Kitzlig war
nur die Vorbeifahrt am Texeler Fährhafen, wo wir die Erkundung
des Fährkapitäns bei der Verkeerscentrale nach mehr Booten hinter
den dreien, die in etwas Abstand vor uns segelten, am Rande mitbekamen
(Funk nur unter Deck). Dann entschloss sich die Fähre doch, direkt
hinter ihnen auszulaufen und ging weit vor uns durch.

Der nächste Wegpunkt war der Leuchtturm Den Helder, erreicht gegen
13 Uhr. Der berechnete Strom war über 3 Knoten - deutlich mehr als
erwartet - seltsam. Wir kamen jedenfalls gut voran, konnten aber
bald absehen, dass wir mglw. in der letzten Stunde etwas Gegenstrom
haben würden. Leider ist der HP33 an der Nordholländischen Küste
nicht allzu fein aufgelöst. Ein versuchter Schlenker mit Halse
querab Petten nach etwas weiter von der Küste weg führte zu nichts
wesentlichem, mit der nächsten Halse gingen wir wieder zurück.

Schliesslich waren wir gegen 19 Uhr etwas vor Beginn der Backbordmole
von IJmuiden und bargen das Groß, fuhren under Genua in den Vorhafen
und bargen sie dort. Unter Motor ging's in die Marina, wo wir
gegen 20 Uhr endlich zufrieden mit den Leinen waren.

10 Stunden unterwegs, 47 Minuten unter Motor, 40,5 Seemeilen über Grund,
davon 2 unter Motor. Angeblich der Logge 27,3 durchs Wasser.



Donnerstag. Wir hatten des Abends zuvor beschlossen, früh aufzubrechen
und auf dem Kanal zu frühstücken; ich hatte eindringlich vor der Gefahr
der Berufsverkehrschließung (16-18 Uhr) der Schellingswoudebrug in
Amsterdam gewarnt, die ich schon einmal je Richtung genossen hatte, also
100% meiner Passagen bisher.
D. stoppte hinter der Schleuse die Kilometersteine - auch auf dem
Rhein ein geliebter Zeitvertreib von ihm: 2km/10 Minuten, also 12
km/h; GPS: 11,5 km/h, passt also. Logge: 4,68 Knoten == 8.67 km/h
- also nur 75% ! In der Brückenkladde und später im Logbuch notiert.

Wir kamen so gut durch, dass wir die Option Hoorn weiterverfolgen
wollten. Ab der Tonne P4 vor Amsterdam konnten wir segeln, zunächst
nach OSO; in Landnähe wendeten wir auf das Pferd von Marken zu,
und eine halbe Seemeile davor wieder einen Holeschlag zu machen.
Nach der letzten Wende, so dachten wir, segelten wir direkt
auf Hoorn zu.

Etwa eine Stunde später, ich studierte unter Deck gerade den KüG
und dessen Fortsetzung auf einem Tablet, hörte ich von oben eine
Diskussion über das Vermeiden von Vegetation. Was? Wir sind doch
meilenweit vom Ufer entfernt? Die Diskussion driftete zum Kurs ab
- nicht zu halten. "Geh doch erstmal richtig hoch an den Wind, 10
Grad mehr sollte mindestens gehen." - "Ich komm nicht höher, das
Rad ist schon am Anschlag." ??? Nach Beratschlagung prüfte ich den
Ruderqua... naja, den Ausleger, der das Ende einer Schubstange mit
der Ruderachse verbindet. War aber festgeschraubt. D. kam zum
selben Schluss. Und nun? Die Segel standen eigentlich perfekt für
einen milden Amwindkurs, Fahrt machten wir... nicht allzuviel, aber
genug.

Segel eingerollt, vorsichtig unter Motor getestet. Wir schienen unter
Motor manövrierfähig zu sein, fuhren also so weiter. Alle 10 Minuten
sank die Fahrt so weit ab, dass wir mit 2 Minuten rückwärts Achten
fahren ... teilweise sogar sichtbar ... Kraut wieder von der Schraube
wickelten. Für eine geplante Segelstrecke von etwas über einer Stunde
brauchten wir drei.

In Hoorn machten wir zunächst am Meldesteiger fest, später am Gästesteg
ziemlich weit hinten durch, der ist so niedrig, dass es vielleicht eine
Chance gab, mit einer langen Stange das Ruder zu befreien. Der Hafenmeister
versprach, uns einen langen Stab zu leihen, oder einen Taucher zu
besorgen - gar nicht mal teuer - wenn wir morgens nicht selbst
zurecht kämen. Und zeigte mir eine Prospektkarte für App und Webseite
waterplanten.nu - hätten sie mal in IJmuiden ausgelegen! Zwei
Bläßhühner knabberten einzelnen hochgetriebenen Stengeln die Blätter
ab, aber das reichte nicht...

Wir ließen uns von J. und S2. , die schon in der Marina lagen, die
Innenstadt von Hoorn und speziell eine Kneipe zeigen.


11:41 Stunden unterwegs, davon viereinhalb unter Motor. 46,4 Seemeilen
über Grund, davon 14 unter Motor. Trinkwasser: 75%: F-Tank: immer noch
0% ??? Nein, das große Seeventil ist nach wie vor zu. Zwischendurch
pumpen mussten wir auch.


Freitag. Der Hafenmeister konnte seinen Taucher nicht erreichen, meinte
aber, er habe ein paar Jungs im Telefonbuch, die das auch gut könnten.
Ok. Der eine war gerade im Zug Richtung Hoorn, sollte gegen 11 Uhr
eintreffen. Den Preis müsste ich aber mit ihm selbst aushandeln.

Der Mann war Gold wert. Er brachte in drei Tauchgängen (nur mit
Schwimmbrille) einen halben Kubikmeter Fonteinkroud heraus, 1/4
vom Ruder, 3/4 vom Kiel, unwesentlich vom Saildrive. Dass da die
Strömung nicht mehr so anliegt wie geplant, wundert nicht...

Kurz nach eins konnten wir auslaufen, eine halbe Stunde später
waren wir am Ende des Tonnenstrichs und wagten, nach einer rückwärtigen
Sicherheitsacht, zu segeln. Mit einer Handvoll Wenden bewegten wir
uns Richtung Enkhuizen, wo wir uns mit J. und S2. verabredet hatten.
Kurz vor 18 Uhr waren wir im Fahrwasser Krabbersgat, eine gute
Stunde später geschleust und in der telefonisch angewiesenen Box
im Buyshaven.

Auch N2 war nach Enkhuizen gekommen, lag aber an seinem Stammplatz
im Stadthafen. S2. fuhr ihn mit zwei Leihfahrrädern der Marina (im
Liegegeld inbegriffen) abholen, so dass wir alle zusammen grillen
konnten.

5:25 Stunden unterwegs, davon 1:42 unter Motor. 22,1 Seemeilen
(korrigiert), davon 4,6 unter Motor. Trinkwasser 75%, F. 0%. Hm.
Der Tank ist hinter einer Luke im Badezimmer sichtbar und aus
durchscheinendem Kunststoff; sah nicht sehr voll aus, aber auch
nicht ganz leer.



Samstag.

Wir hatten uns verabretet, N2 vor dem Stadthafen abzuholen und aus dem
Enkhuizener Fahrwasser zu schleppen, da der Wind immer noch aus NO kam
und er mit seinem leichten E-Außenborder nicht gut gegenan kam. Während
wir uns noch aus dem Buyshafen ausfädelten, kam jedoch sein Telefonanruf,
dass er schon hinausgekreuzt war. Mit S2. hatten wir verabredet, von deren
Schiff ein paar Fotos auf dem Wasser zu schießen, aber wir hatten sie aus
den Augen verloren, waren sie vor oder hinter uns? Ein Telefonanruf
klärte., dass sie relativ dicht am Damm fuhren, bei ET-39, während wir
etwas vor ihnen weiter nördlich waren. In relativer Nähe von Urk gingen
wir grob auf Gegenkurs und hatten sie bald in Sicht, konnten dann eine
Reihe von Fotos machen. Dann klärten wir den Verbleib von N2's H-Boot
ebenfalls telefonisch und fotografierten, inzwischen unter Motor, ihn
westlich der Hafenzufahrt, während S2. und J. schon hineinfuhren.

Noch ein Telefonat - "Wo seid ihr?" - "Fahr ganz durch, dann links,
und direkt wieder links." - Aber da gings doch gar nicht durch, das
war alles schon zu mit lauter Booten... ah, ein etwas größeres kam
uns entgegen - als es sich an uns vorbeigefädelt hatte, löste sich
der Propf vor uns halbwegs auf. Ganz durch, ok. Links in den Westhafen
und dann direkt wieder links in die Boxengasse... S2. rief uns schon
rüber, wir sollten uns direkt ans Ende vor die Mauer legen, das habe
er mit dem Hafenmeister abgesprochen. Links (bugseitig) von uns parkten
wir S2 und J zu, an unserem Heck lag die Badeplattform eines
Motorkajütboots, dass wohl längere Zeit nicht bewegt worden war
und auch nicht bewegt werden würde, denn dort brütete ein Bläßhuhnpaar,
das zum Nestbau auch moderne Kunststoffstreifen statt bloss Holzzweige
benutzt hatte.

S2, J. und N2, die sich alle in Urk auskannten, führten uns ins
Städtchen zu einem Snack und einen Supermarkt für's abendliche
Grillen. Später gingen wir schwimmen, denn auf der Außenseite der
Westhafenmole liegt der Strand. Das Wasser war auch relativ mild,
wenn man's erstmal geschafft hatte, hineinzukommen (sehr flach!)
ohne vorher zu erfrieren.

4:29 Stunden unterwegs, davon 54 Minuten unter Motor. 19,6 sm, davon 3,6
unter Motor. W 75%, F 0%.


Sonntag. Ich hatte schon des Nachmittags gegrübelt, wir wir aus dem
engen Liegeplatz, unbeweglich, also ohne Ruderwirkung, herauskommen
sollten, ohne mit dem Heck unsere, und mit dem Bug das Dinghy von
S2.s Nachbarn zu erwischen. Ein Fall für eine Heckleine auf die äußere
Heckklampe. Es funktionierte tatsächlich wunderbar, wie in einem Youtube-
Video: mit etwas Steuerbordruder und Vorwärtsgas das Schiff (und besonders das
Heck) fast parallel 2-3 Handbreit vom Kai absetzen, dann war auch Platz,
um mit kurz Rück besagtes Dinghy zu retten, nachdem mit BB-Ruder die
Drehung eingeleitet war, dann wieder minimal vor und zugucken, wie wir
an der Leine drehten. Leerlauf, Leine einholen, und vorwärts 'raus.
Steht das eigentlich in aktuellen Ausgaben der Seemannschaft? In meiner
noch nicht. Aber im Bolle/Andrews "Hafenmanöver".

Die Windvorhersage hatte 3-4 Bft aus Ost gemeldet. Unser Wind fing mit 2Bft
an und senkte sich auf unter 1, während zum Hohn jede Durchsage
vom Centrale Meldpost IJsselmeergebiet für den aktuellen Wind am Rotterdamse
Hoek (fast in unserer Wurfweite) O3, gegen Mittag dann O-SO3,
meldete. Aber so, wie die vorgelagerten Windräder schlichen, konnte
das eigentlich gar nicht sein, was maßen die da? Lokale Thermik?
Den Büroventilator bei offenem Fenster? Warm war's nämlich auch
bald.

Wir beschlossen schliesslich, zu motoren, und den Autopiloten zu
testen. Ich machte lebensmittelchemische Experimente; Kaffe Frappe
lässt sich auch in einer ehemaligen Halbliterwasserflasche mit D.E.
Rood statt des im Griechenland meiner Jugend üblichen Schweizer
Konkurrenten mit N herstellen.

Hinter Stavoren konnten wir wieder Segel setzen und noch eine knappe
Stunde den Motor schweigen lassen. Schließlich waren wir zwar kurz
vor 17 Uhr am Tanksteiger in Workum, bis wir den etwas fest sitzenden
Tankstöpsel aber los hatten - ich hatte Angst, den sich biegenden
Plastikdrehknebel abzubrechen - war aber die Hafenmeisterin vom
Dienst schon zu Hause. Leider ist das Telefon zwar dorthin
umgeleitet, nicht aber die Tanksäulenfreiscdhaltung und die
Registrierkasse.

Immerhin konnten wir Trinkwasser bunkern und die immer noch 0% aus dem
Schwarzwassertank absaugen.

Später in der Box haben wir etwas vm Gepäck schon abgeladen.
Dann ging's zum Essen nach Workum - diesmal wirklich zum Italiener,
betrieben von einer Familie aus dem mittleren Osten.

7:15 Stunden unterwegs, davon 3:49 unter Motor. 23,7 sm, davon 17,2
unter Motor. Wieder 100% Wasser, 0% F-Tank.


Montag: früh zurück an den Tanksteg. Während der Hafenmeister oder sein
Techie verzweifelt versuchten, die Tanksäule in Gang zu setzen - es wurde
immer nur ein Fehlercode angezeigt - entluden wir schonmal. Schliesslich
konnten wir doch noch tanken und mussten an die Box zurück - diesmal an
die richtige. Mangels Seitensteg und wegen unserer alten Knochen zur
Abwechslung mit dem Heck voran.

15 Minuten unterwegs - unter Motor, 0,2 Seemeilen. Für den gesamten
Törn hatte ich 29l Diesel geschätzt, 31l hatten wir dann getankt.

Der Vercharterer fand ein paar Krümel weiches Holz an der Bordwand,
die er aber wegpolieren könne. Unsere Mängelliste nahm er interessiert
zur Kenntnis.

Dann fuhren wir los, zunächst hinterm Deich nach Hindeloopen - D.
und ich hatten den Imbißwagen am Hafen angepriesen - später setzten
D. und N. mich auf ihrem Heimweg in Koudum ab, wo ich als Bootsführer
für einen Polyvalken bei einer Schüler-Segelwoche angeheuert hatte.
Aber das ist eine andere Geschichte und soll ein andermal erzählt
werden.


*) Mein letztjähriger Sommertörnbericht hieß "Drachengras, oder
Bodensee II", unter Bezugnahme auf einen fiktiven Expeditionsbericht
aus einem SF-Roman von Robert Silverberg.

Wolfgang Allinger

unread,
Jul 2, 2023, 6:06:20 AM7/2/23
to

On 01 Jul 23 at group /de/rec/sport/segeln in article slrnua0ljb....@eva.bnhb484.de
<u50...@bnhb484.de> (Ignatios Souvatzis) wrote:

> S. hatte dieses Jahr in den Schulferien anderweitig geplant und
> ist außerhalb der Schulferien immer noch beruflich verpflichtet,
> deshalb hatten D., N. und ich eine kleine Bavaria (Cruiser 33)
> gechartert, um von Workum aus die Welt zu er... naja, ein paar Tage
[...]
Schöner Bericht, Danke.

Für das viel gesammelte Kraut müsstest Du als aktueller Kraut eigentlich
und vorsorglich noch ein paar Kraut-Rezepte lernen :]


und immer ne Handvoll Kraut unterm Kiel... oder so :)



Saludos (an alle Vernünftigen, Rest sh. sig)
Wolfgang

--
Ich bin in Paraguay lebender Trollallergiker :) reply Adresse gesetzt!
Ich diskutiere zukünftig weniger mit Idioten, denn sie ziehen mich auf
ihr Niveau herunter und schlagen mich dort mit ihrer Erfahrung! :p
(lt. alter usenet Weisheit) iPod, iPhone, iPad, iTunes, iRak, iDiot

Ulrich G. Kliegis

unread,
Jul 23, 2023, 7:27:42 AM7/23/23
to
On 1 Jul 2023 16:38:03 GMT, Ignatios Souvatzis <u50...@bnhb484.de>
wrote:

>In relativer Nähe von Urk

Spätestens hier hätte früher ein damaliger regular mit seiner
notorischen Einschätzung der dortigen Bevölkerung eingehakt.

Gibt es den physisch überhaupt noch?

Ansonsten die immer wieder gern gelesene Berichtsquälität, dafür Dank!
Erklär aber bitte mal für die Oooostseesegler, die untenrum am
liebsten blank segeln, was es mit diesem ominösen Fonteinkraut auf
sich hat. Ist das so eine Art Bewuchs, sowas wie Trimmpocken?

Und erklärt das ggf. die vorerwähnte Differenz zwischen gefühltem und
echtem Etmal?

Gruß,
U.

Ulrich G. Kliegis

unread,
Jul 23, 2023, 12:13:42 PM7/23/23
to
On Sun, 23 Jul 2023 13:27:38 +0200, Ulrich G. Kliegis
<diesemailadressevonUlliistzwaret...@diesedomainexistiertnicht.de>
wrote:

>Berichtsquälität,
Ein vollkommen unbeabsichtigter Fehlgriff auf der Tastatur, meint
Ingrid auch. Im Gegentum!

Gruß,
U.

Ignatios Souvatzis

unread,
Jul 24, 2023, 10:30:08 AM7/24/23
to
Ulrich G Kliegis wrote:

> Erklär aber bitte mal für die Oooostseesegler, die untenrum am
> liebsten blank segeln, was es mit diesem ominösen Fonteinkraut auf
> sich hat. Ist das so eine Art Bewuchs, sowas wie Trimmpocken?

Nein, eine dickstielige Wasserpflanze, die im Markermeer halt auf
grossen Flaechen bis nah an die Oberflaeche reicht.

https://nl.wikipedia.org/wiki/Fonteinkruid
https://de.wikipedia.org/wiki/Krauses_Laichkraut

> Und erklärt das ggf. die vorerwähnte Differenz zwischen gefühltem und
> echtem Etmal?

Nein, das ist wohl eine Fehlkalibrierung zwischen Geber und Elektronik.

Das Rädchen drehte frei, das haben wir ja unterm Kran noch vor
Törnantritt prüfen können.

-is

Ulrich G. Kliegis

unread,
Jul 26, 2023, 7:20:13 AM7/26/23
to
On 24 Jul 2023 14:13:24 GMT, Ignatios Souvatzis <u50...@bnhb484.de>
wrote:

>Nein, das ist wohl eine Fehlkalibrierung zwischen Geber und Elektronik.
>
>Das Rädchen drehte frei, das haben wir ja unterm Kran noch vor
>Törnantritt prüfen können.

Dann kommt nur eine lokale Variation der Lorentz-Transformation in
Frage. https://de.wikipedia.org/wiki/Lorentz-Transformation

Du bist da an etwas ziemlich Großem dran! Dranbleiben! :)

Gruß,
U.
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