hab mal eine Frage an die Pianisten/Keyboarder unter euch. Ich habe
früher im Klavierunterricht gelernt, das man möglichst wenig (heißt
eigentlich gar nicht) auf die Tasten schauen soll, beim nach Noten
spielen sowieso aber auch beim auswendig spielen. Klingt einleuchtend
schafft mehr Sicherheit und man kann sich besser aufs Ganze
konzentrieren. Was habe ich mir da gerade bei Sprüngen der linken hand
oft einen abgebrochen.
Jetzt wurde in der diskussion um Daumenübersatz ein Video von Martha
Argerich (phantastisch diese Frau) genannt, und dabei ist mir
aufgefallen, das sie sehr häufig auf ihre Finger schaut. Darf die das
weil sie Ausnahmekünstlerin ist?
Wie haltet ihr das mit dem blindspielen? (Klassik, Jazz, Rock, Pop und
was auch immer)
Entweder Du schaust auf die Finger, oder auf die Noten.
Da ich meistens keine Noten vor mir habe, erlaube ich es mir also, auch mal
auf die Finger zu schauen. Öfter mal, wenn es sein muß. ;-)
Wobei man u.U. ein Problem damit hat, daß man nicht genug sieht, wenn man
sich an den äußeren Enden vom Klavier befindet, mit jeweils einer Hand.
Oder womöglich mit mehreren Keyboards, die über's Eck stehen. Also schaden
tut es nicht, wenn man auch so trifft.
Grüße,
Niels
--
http://www.drni.de/niels/ <- Über mich so ganz allgemein.
http://www.drni.de/blog/ <- Bonsai-intellektuelles, pseudo-literarisches
und hobby-poetisches Gsallbahdr.
-Andreas
Kurt Schmitz schrieb:
> Wie haltet ihr das mit dem blindspielen? (Klassik, Jazz, Rock, Pop und
> was auch immer)
Das ist sehr erstrebenswert, denn als Musiker sollte man sich
natürlich hauptsächlich auf die Musik, also auf das klingende
Resultat konzentrieren können. Noten lesen oder Beobachtung der
eigenen Finger sollte langfristig nicht die Hauptbeschäftigung sein.
Klavierspielen lernt man, wie alle anderen Instrumente auch, über die
Sinne Sehen, Hören und Fühlen. Wenn man ein Stück lernt, lernt man es
zu sehen (die Noten/die Bewegungen der eigenen Hände+Füße),
es zu hören und die Bewegungen zu fühlen. Der erste Schritt beim
erlernen eines Stückes ist, alle Sinneseindrücke wahrzunehmen.
Mustererkennung spielt eine große Rolle, denn Muster (Akkordfolgen,
Melodielinien, Rhythmen) lernt man schneller als Einzelereignisse.
Dann kommt das Aneignen dieser Sinneseindrücke und Muster. Im
Ergebnis sollte der Spieler alle notwendigen Bewegungen ausführen,
um das Stück zu reproduzieren.
Wenn er dazu Noten braucht, okay, aber sie sollten ihn nicht behindern.
Wenn sie ihn behindern, sollte der Spieler entweder darauf verzichten,
oder (vorzugsweise) so gut Noten lesen & umsetzen lernen, daß sie ihn
nicht länger behindern. Als Gedächtnisstütze sind Noten okay.
Als Gedächtnisstütze ist auch ein kurzer Blick auf die Finger okay,
aber nur zur Kontrolle, nicht als Arbeitsgrundlage. Die Position der
Finger sollte man viel mehr erfühlen, nicht nachschauen. Deswegen
ist es auch wichtig, schon mit Anfängern die schwarzen Tasten zur
Orientierung auf der Tastatur durch Fühlen zu verwenden. Selbst wenn
Anfänger noch nicht mit schwarzen Tasten spielen, hilft ihnen die
unregelmäßige 3 - 2 - Anordnung, die Position der Finger zu
kontrollieren.
Harald
> Wie haltet ihr das mit dem blindspielen? (Klassik, Jazz, Rock, Pop und
> was auch immer)
Absolut erstrebenswert. Man hat den Blick dann frei für Noten, Leadsheets
und Mitmusiker, je nachdem, was gerade vorhanden und erforderlich ist - und
kann mehr für die Bühnenshow tun.
Ich selbst glotze mir viel zu viel auf die Finger, es wird aber mit jedem
Jahr besser. Mit 70 hab' ich die Blindspielerei dann vielleicht endlich
halbwegs ordentlich drauf. ;-)
Gruß
Andi
Kurt Schmitz wrote:
> hab mal eine Frage an die Pianisten/Keyboarder unter euch. Ich habe
> früher im Klavierunterricht gelernt, das man möglichst wenig (heißt
> eigentlich gar nicht) auf die Tasten schauen soll, beim nach Noten
> spielen sowieso aber auch beim auswendig spielen. Klingt einleuchtend
> schafft mehr Sicherheit und man kann sich besser aufs Ganze
> konzentrieren.
> Wie haltet ihr das mit dem blindspielen? (Klassik, Jazz, Rock, Pop und
> was auch immer)
Natürlich immer besser, wenn's auch ohne geht. Auch schon, wenn man
nicht konzentriert draufschauen muss, sondern nur so periphaer sieht,
in welche Gegend man trifft. Denn man will ja auch gleichzeitig in
die Noten sehen und die Dirigentin verfolgen.
Ich selbst (Rock) dachte auch immer, das ich gar nicht so oft drauf
schaue, bis ich letztens bei der Photodurchsicht feststellte, das
eingentlich nur Bilder mit Blick nach unten existieren.
Es gibt auch ein schönes Bild, bei dem ich unter dem Keybord knie,
mit links die Noten, die weggeweht wurden, einsammle und die rechte
Hand weiterspielt.
Einen fröhlichen Tag wünschend
LOBI
> hilft ihnen die unregelmäßige 3 - 2 - Anordnung, die Position der
> Finger zu kontrollieren.
3 - 2 - 3 - 2 - 3 - 2 - 3 - 2 - 3 - 2 - 3 - 2 - 3 - 2 - 3 - 2 - 3
findest Du unregelmäßig? ;-)
vG
> Ich selbst glotze mir viel zu viel auf die Finger, es wird aber mit jedem
> Jahr besser. Mit 70 hab' ich die Blindspielerei dann vielleicht endlich
> halbwegs ordentlich drauf. ;-)
Und dann wirst du sie ob der Sehkraft auch brauchen ;)
Ich hatte eigentlich noch nie großartig darüber nachgedacht und
auch eher selten auf die Tasten geschaut (vielmehr ins Publikum,
vielleicht wird's ja doch irgendwann noch was mit dem
Musikkabarett ;), bis ich Ray (Charles) im Kino gesehen habe.
Der Mann war blind (tell news, jaja) und Eyecandy lenkt bekanntlich
schon beim Musikhören vom Klangeindruck ab (aka Visualization-Plugin).
Deshalb stülpe ich mir gelegentlich zum Üben ein Geschirrtuch über
den Kopf. Hilfreich ist auch, nachts zu spielen (ohne Beleuchtung
natürlich), das fahle Mondlicht fällt günstig auf die Tasten,
aber davon läßt man schnell ab und fängt an, die Töne zu hören.
Eine sehr schöne Übung, um sich a) zu orientieren und b) das Gehör
zu schulen. Wenn dabei etwas entsteht, das gut klingt (gern auch
versehentlich), dann macht es noch mehr Spaß, das Konstrukt zu
erhören: In welcher Tonart bin ich? Welche Option ist da mit drin?
Entspricht das der Fingerhaltung? Kann das sein? Müßte dann nicht
hier dieses und jenes Lied sein? Anspielen, hören, freuen...
--
mail: a...@thur.de http://adi.thur.de PGP: v2-key via keyserver
"Wir sind Frauen. Wir sagen nicht, was wir wollen, aber wir werden
verdammt ungemütlich, wenn wir es nicht bekommen" (Katja Krempler)
> Deshalb stülpe ich mir gelegentlich zum Üben ein Geschirrtuch über
> den Kopf.
*pruust*
[x] send pix!
Ich würde das auch live so machen. Dann ist vermutlich ganz egal was Du
spielst, das Publikum wird seinen Spaß haben ;-)
SCNR,
Frank
> Deshalb stülpe ich mir gelegentlich zum ben ein Geschirrtuch ber
> den Kopf.
Da war Ray Charles aber pragmatischer, der hatte ne schwarze Brille.
> Hilfreich ist auch, nachts zu spielen (ohne Beleuchtung
> natürlich), das fahle Mondlicht fällt günstig auf die Tasten,
> aber davon läßt man schnell ab und fängt an, die Töne zu hören.
Töne hören soll beim Musizieren überhaupt ungemein helfen.
Cornelia
--
Be out and be proud - today is the first day of the rest of your life
Support Transgenre Strasbourg : http://www.sts67.org
BoW : http://www.bownbend.com
GPG key ID 83FF7452, 659C 2B9F 7FD5 5C25 8C30 E723 4423 F8B8 83FF 7452
> [...]
> Töne hören soll beim Musizieren überhaupt ungemein helfen.
Ach, das wird aber auch gern kräftig überbewertet. <gg>
Gruß Paddy
--
Mailreplys an pgr...@gmx.de nicht einfach Reply;
ist wegen Wurmmails, sorry
Wie das wohl kommt, wenn man ein neues Klavier kaufen möchte und im Laden
erst mal so eine Verbrechermütze aufsetzt, nur daß die Augen halt nicht
rauskucken?
"Hände runter, dies ist kein Überfall!"
>
> "Hände runter, dies ist kein Überfall!"
So ein Klavierhändler hat für gewöhnlich wenig Probleme mit
Ladendiebstahl ;-)
Grüße
Achim
Ja, Du hast wohl recht. Auch die Kasse dürfte nicht viel hergeben. Wer
bezahlt den Steinway oder Bechstein schon in bar?
Endlich jemand, der mich versteht.
mawa
jaja, bei einem Gig hatte ich durch Zufall ein Klavier neben dem Keyboard
stehen. Das stand links vom Keyboard, den Klavierpart des Keyboards musste ich
aber mit Rechts spielen --> soll komisch ausgesehen haben, wie ich überlreuz
spiele, zumal das Keyboard und das Klavier nicht auf der selben Höhe standen...
Zum richtigen Gig ist das Klavier leider der Umzugsfirma zum Opfer gefallen.
Vale RF
--
Salve: lateinisch für: "Sei gegrüßt!
Vale: lateinisch für: "Lebe Wohl!"
>>Wie haltet ihr das mit dem blindspielen? (Klassik, Jazz, Rock, Pop und
>>was auch immer)
> Absolut erstrebenswert. Man hat den Blick dann frei für Noten, Leadsheets
> und Mitmusiker, je nachdem, was gerade vorhanden und erforderlich ist - und
> kann mehr für die Bühnenshow tun.
ACK. Ohne wird man praktisch nie vom Blatt spielen können.
> Ich selbst glotze mir viel zu viel auf die Finger, es wird aber mit jedem
> Jahr besser. Mit 70 hab' ich die Blindspielerei dann vielleicht endlich
> halbwegs ordentlich drauf. ;-)
Naja, wir Akkordeonisten spielen ja eigentlich grundsätzlich blind, und
das ist auch mit das Erste, was die Schüler lernen müssen - notfalls mit
einem Stück Karton, das waagerecht über der Klaviatur angebracht wird
(unter Balgverschlußriemchen schieben oder mit Tesa festkleben). Schon
weil das Senken des Kopfes nach unten die Sitzhaltung versaut (krummer
Buckel, verspannte Schulter).
Die Erfahrung zeigt, daß praktisch kein Schüler damit wirkliche Probleme
hat. Viele spielen ganz automatisch blind, ohne daß sie das überhaupt
merken - bis eine Stelle kommt, wo sie sich mental unsicher sind, dann
schauen sie nach unten und fliegen prompt raus. So gut wie jeder kann
sehr schnell blind spielen lernen, die Sperre ist viel mehr eine mentale
als eine mechanische oder Präzisionsbedingte.
Beim Klavier ist natürlich der zu greifende Bereich etwas größer, aber
das Grundproblem bleibt auch hier: man kann nicht gleichzeitig auf
Noten, Tasten und Dirigent oder Mitmusiker schauen. Schon Noten und
Dirigent sind schwierig genug-
--
Erhard Schwenk
Akkordeonjugend Baden-Württemberg - http://www.akkordeonjugend.de/
APAYA running System - http://www.apaya.net/
Naja, als ich so ungefähr 14 oder 15 war und meinte, unbedingt nachts
gegen 1:30 Uhr noch ein Stündchen das Solostück fürs Kirchenkonzert
trainieren zu müssen, wollte die Frau Mama irgendwann gerne schlafen.
Der Versuch mit dem Abschalten der Zimmerbeleuchtung verpuffte dereinst
völlig ohne erkennbare Wirkung.
Naja, sie hat es dann aber auch gleich eingesehen und stattdessen doch
lieber die Schlafzimmertüre zugemacht ;)
> Naja, wir Akkordeonisten spielen ja eigentlich grundsätzlich blind,
> und das ist auch mit das Erste, was die Schüler lernen müssen -
> notfalls mit einem Stück Karton, das waagerecht über der Klaviatur
> angebracht wird (unter Balgverschlußriemchen schieben oder mit Tesa
> festkleben). Schon weil das Senken des Kopfes nach unten die
> Sitzhaltung versaut (krummer Buckel, verspannte Schulter).
Nun, ich bin mit dem Instrument ein relativer Frischling. Ich finde
es relativ bemerkenswert, daß ich zumindest momentan "blind" erheblich
besser mit Noten spielen kann. Dann weiß ich nämlich, wo die Halbtöne
liegen. Spiele ich hingegen Melodien ohne Noten nach, kommt es
deutlich häufiger zu schwarz/weiß-Verwechslungen, die mir beim
Klavier, wo ich hingucken kann, nicht unterlaufen. Die Noten ersetzen
mir also zu einem guten Teil den Blick auf die Klaviatur. Habe ich
weder/noch, gerate ich leichter ins Schwimmen.
--
David Kastrup, Kriemhildstr. 15, 44793 Bochum
>>Naja, wir Akkordeonisten spielen ja eigentlich grundsätzlich blind,
>>und das ist auch mit das Erste, was die Schüler lernen müssen -
>>notfalls mit einem Stück Karton, das waagerecht über der Klaviatur
>>angebracht wird (unter Balgverschlußriemchen schieben oder mit Tesa
>>festkleben). Schon weil das Senken des Kopfes nach unten die
>>Sitzhaltung versaut (krummer Buckel, verspannte Schulter).
> Nun, ich bin mit dem Instrument ein relativer Frischling. Ich finde
> es relativ bemerkenswert, daß ich zumindest momentan "blind" erheblich
> besser mit Noten spielen kann. Dann weiß ich nämlich, wo die Halbtöne
> liegen.
Das kann durchaus sein.
> Spiele ich hingegen Melodien ohne Noten nach, kommt es
> deutlich häufiger zu schwarz/weiß-Verwechslungen, die mir beim
> Klavier, wo ich hingucken kann, nicht unterlaufen. Die Noten ersetzen
> mir also zu einem guten Teil den Blick auf die Klaviatur. Habe ich
> weder/noch, gerate ich leichter ins Schwimmen.
Versuch mal, Dir beim Auswendig spielen Deine Finger auf der Klaviatur
vorzustellen, ohne wirklich hinzuschauen.
> David Kastrup wrote:
>
>> Spiele ich hingegen Melodien ohne Noten nach, kommt es deutlich
>> häufiger zu schwarz/weiß-Verwechslungen, die mir beim Klavier, wo
>> ich hingucken kann, nicht unterlaufen. Die Noten ersetzen mir also
>> zu einem guten Teil den Blick auf die Klaviatur. Habe ich
>> weder/noch, gerate ich leichter ins Schwimmen.
>
> Versuch mal, Dir beim Auswendig spielen Deine Finger auf der
> Klaviatur vorzustellen, ohne wirklich hinzuschauen.
So komplizierte Dinge will ich eigentlich nicht mit dem Kopf
anstellen, während ich musiziere. Der hat auch so genug zu tun.
Irgendwann habe ich die Skalen statt der Einzeltöne im
Fingergedächtnis, und das Problem löst sich von selbst auf.
> David Kastrup wrote:
>
>> Spiele ich hingegen Melodien ohne Noten nach, kommt es deutlich
>> häufiger zu schwarz/weiß-Verwechslungen, die mir beim Klavier, wo
>> ich hingucken kann, nicht unterlaufen. Die Noten ersetzen mir also
>> zu einem guten Teil den Blick auf die Klaviatur. Habe ich
>> weder/noch, gerate ich leichter ins Schwimmen.
>
> Versuch mal, Dir beim Auswendig spielen Deine Finger auf der
> Klaviatur vorzustellen, ohne wirklich hinzuschauen.
So komplizierte Dinge will ich eigentlich nicht mit dem Kopf
anstellen, während ich musiziere. Der hat auch so genug zu tun.
Irgendwann habe ich die Skalen statt der Einzeltöne im
Fingergedächtnis, und das Problem löst sich von selbst auf.
Tatsächlich habe ich festgestellt, daß ich erheblich schlechter
spiele, wenn ich dabei in den Spiegel schaue. Die Beschäftigung mit
der _Optik_ des Spiels lenkt zuviel ab.
> Tatsächlich habe ich festgestellt, daß ich erheblich schlechter
> spiele, wenn ich dabei in den Spiegel schaue. Die Beschäftigung mit
> der _Optik_ des Spiels lenkt zuviel ab.
Ich finde es auch grauenhaft, beim Tanzen/Sport o.ä. in den Spiegel zu
schauen. Das ist wohl eher Psychologie ;-)
Marc
Das kann man auch beim Chorsingen immer wieder schön beobachten.
ObQuote(Chorleiter): "Ihr müsst da gar nicht in die Noten schauen.
Glaubt mir, das könnt ihr längst auswendig."
(Und das dumme ist, er hat auch noch recht.)
--
He's not the kind you have to wind up on Sundays.
>>Versuch mal, Dir beim Auswendig spielen Deine Finger auf der
>>Klaviatur vorzustellen, ohne wirklich hinzuschauen.
> So komplizierte Dinge will ich eigentlich nicht mit dem Kopf
> anstellen, während ich musiziere.
Ist gar nicht kompliziert. Im Grunde mußt Du Dir nur die Anordnung
schwarzen Tasten vorstellen und den Fingersatz "draufdenken". Auf die
Art kann man übrigens sogar autogen üben - z.B. während einer Zugfahrt.
Ja, das funktioniert innerhalb gewisser grenzen wirklich. Natürlich darf
man dabei nicht in Einzeltönen denken, sondern in Griffen oder
sinnvollen Gruppen (je nach Stück 3er, 4er, Tonleitern, Akkorde, ...).
Und nicht zu bewußt an Namen kleben, mehr die bildhafte und fühlende
Vorstellung als die genaue Bezeichnung der Tasten suchen.
Wenn Du ein Stück im Kopf mit so einer Bildvorstellung wirklich
"durchdenken" kannst, klappt das hinterher nahezu vom Blatt - die Finger
zu automatisieren ist dann insbesondere wenn Du Klaviererfahrung hast
(und damit die Fingersätze der rechten Hand ja eh kennst) eigentlich
trivial.
Woran Du natürlich trotzdem üben und arbeiten mußt, sind die richtig
schwierigen Sachen: Tonformung, Balgführung/-technik, Anschlag usw.
Das alles geht nur mit richtiger Haltung. Speziell beim Anschlag wirst
Du Dich gegenüber dem Klavier umgewöhnen müssen: mit möglichst wenig
Kraftaufwand ganz locker spielen ("Tasten streicheln") bringt z.B. Tempo
- beim Klavier käme da gar kein Ton mehr. Schnelle Staccatopassagen
funktionieren z.B. sehr gut so, daß man Handgelenk und Fingerknöchel
möglichst völlig entspannt (also weich und mit wenig Kraft anschlägt)
und dafür die vorderen Glieder ganz leicht und kontrolliert anspannt.
Und manche Dinge (z.B. Non-Legato) macht man, indem man sich nicht aufs
Anschlagen der Taste konzentriert, sondern aufs Loslassen. Das dürfte es
so beim Klavier auch nicht geben.
> Der hat auch so genug zu tun.
> Irgendwann habe ich die Skalen statt der Einzeltöne im
> Fingergedächtnis, und das Problem löst sich von selbst auf.
Müßtest Du Skalen nicht eh vom Klavier kennen? Jaja, der gemeine Schüler
übt viel zu selten gezielt Tonleitern <g>.
Ich mach das z.B. gerne zum Warmspielen vor der Orchesterprobe oder
Auftritten: jede Woche ne andere Tonart über 2 Oktaven kontinuierlich
rauf und runter spielen. Dabei langsam anfangen und zunächst auf
Gleichmäßigkeit und enges Legato achten. Tempo steigern. Wenn das
gewünschte Zieltempo in Legato erreicht ist und gleichmäßig durchläuft
(d.H. man hört nicht mehr, wo der Daumenuntersatz kommt), mit dem Tempo
leicht zurück gehen und mit einem möglichst leichten Staccato beginnen,
das dann auch wieder langsam gesteigert wird. Gleichmäßigkeit ist dabei
wichtiger als Tempo.
Auf die Art kriegt man in weniger als 5 Minuten die rechte Hand ziemlich
locker. Anschließend mach ich dann noch ein paar Bellow-Shakes mit
locker aus dem Handgelenk angeschlagenen Akkorden (3er- und 4er-Gruppen
mit Balggleichem und Balgwechselndem Anschlag) - das sorgt sozusagen
automatisch für richtige Sitzhaltung (mit falscher Sitzhaltung sind
Bellow-Shakes extrem anstrengend, das korrigiert man da automatisch <g>)
und ein gelockertes Handgelenk.
Zum Schluß noch ein paar einfache Arpeggios, Pralltriller, Triller -
mehr zur Kontrolle der Lockerheit. Der ganze Vorgang dauert keine 8
Minuten und geht bequem während die anderen noch auspacken oder mit dem
Dirigenten plauschen. Und wenn man das 2x die Woche macht baut man die
Finger damit sehr gut auf.
> Tatsächlich habe ich festgestellt, daß ich erheblich schlechter
> spiele, wenn ich dabei in den Spiegel schaue. Die Beschäftigung mit
> der _Optik_ des Spiels lenkt zuviel ab.
Auch das ist ein bekanntes Phänomen.
> David Kastrup wrote:
>
>>>Versuch mal, Dir beim Auswendig spielen Deine Finger auf der
>>>Klaviatur vorzustellen, ohne wirklich hinzuschauen.
>
>> So komplizierte Dinge will ich eigentlich nicht mit dem Kopf
>> anstellen, während ich musiziere.
>
> Ist gar nicht kompliziert. Im Grunde mußt Du Dir nur die Anordnung
> schwarzen Tasten vorstellen und den Fingersatz "draufdenken".
Eben, das ist mir zu kompliziert. Da muß die ganze Bildverarbeitung
in Betrieb genommen werden.
> Wenn Du ein Stück im Kopf mit so einer Bildvorstellung wirklich
> "durchdenken" kannst, klappt das hinterher nahezu vom Blatt - die
> Finger zu automatisieren ist dann insbesondere wenn Du
> Klaviererfahrung hast (und damit die Fingersätze der rechten Hand ja
> eh kennst) eigentlich trivial.
Ich habe keine "Klaviererfahrung", die darüber hinausginge, daß so ein
Teil in meinem Elternhaus stand.
>> Der hat auch so genug zu tun. Irgendwann habe ich die Skalen statt
>> der Einzeltöne im Fingergedächtnis, und das Problem löst sich von
>> selbst auf.
>
> Müßtest Du Skalen nicht eh vom Klavier kennen? Jaja, der gemeine
> Schüler übt viel zu selten gezielt Tonleitern <g>.
Speziell, wenn er nie Schüler gewesen ist.
> Ich mach das z.B. gerne zum Warmspielen vor der Orchesterprobe oder
> Auftritten: jede Woche ne andere Tonart über 2 Oktaven kontinuierlich
> rauf und runter spielen.
Aha ;)
Gut ist auch, an den Oktave zu eine doppelt lange Note
zu spielen und Rhythmus und Taktart variieren.
Aber, ich glaub' ich les' nicht richtig! Eine Tonleiter in
moderat raschem Tempo über zwei Oktaven rauf und runter dauert
um die fünf Sekunden, folglich dauern alle 11 Tonleitern auf
allen diatonischen Halbtonschritten etwa eine Minute.
Äh, und das dauert also nicht etwa eine Woche ;)
<scnr>
Aber im ernst, natürlich soll man auf jedem Instrument (Harfe weiß
ich nicht genau) täglich vor dem Beginnen alle Durtonleitern
rauf und runter spielen (und am besten auch gleich noch harmonisch
moll).
fG
--
> Eben, das ist mir zu kompliziert. Da muß die ganze Bildverarbeitung
> in Betrieb genommen werden.
So geht das ja auch nicht, das lehren uns z.B. auch die Savants.
Es gibt ja, ganz grob gesehen, z.B. visuell, auditiv und taktil (?)
dominierte Typen, das ist ein gigantischer Unterschied, ob man
innerlich lieber am Notenbild, dem Tastenbild, oder dem Klang 'klebt'.
Man soll zwar alles man versuchen, aber am Ende wird ein z.B.
Rechtshänder mit Rechts den Violinbogen führen... Und wer sich
Musik klanglich mühelos einprägen kann, der muß sich nicht auf
Dauer damit aufhalten optisch-innerlich Fingersätze zu visualisieren.
Auf der anderen Seite gibt es auch noch, hmm, sagen wir mal
logisch-mathematisch dominant-strukturierte Leute, wie möglicherweise
J.S. Bach (der vielleicht zuerst die wenigen Unterschiede eines Themas
zu allen anderen ihm bekannten 'überblickt' hat, um dann diese Besonderheit
auf musikalische Weise darzustellen, das heißt 'vorwiegend' kontrapunktisch
(also stimmlich-unabhängig, i.e. melodisch), und damit 'natürlich'
untrennbar zusammenhängend harmonisch-rhythmisch.
Erlaubt ist, was gefällt, aber erst *nachdem* der Lehrer einen
'gezwungen' hat, wirklich alles mal auszuprobieren... So erklärt
sich auch, daß es nach Erreichen der Reife natürlich erlaubt ist,
sich z.B. auch am Anblick seiner Fingersätzen zu erfreuen, wie
vielleicht manchmal Glenn Gould, der das aber 'technisch' nicht
nötig hat, und das gilt natürlich gleich für unsere Martha Argerich...
(just my 2 ct)
fG
--
Harald Schollmeyer schrieb:
>
> Hallo,
>
> Kurt Schmitz schrieb:
> > Wie haltet ihr das mit dem blindspielen? (Klassik, Jazz, Rock, Pop und
> > was auch immer)
>
> Das ist sehr erstrebenswert, denn als Musiker sollte man sich
> natürlich hauptsächlich auf die Musik, also auf das klingende
> Resultat konzentrieren können. Noten lesen oder Beobachtung der
> eigenen Finger sollte langfristig nicht die Hauptbeschäftigung sein.
>
Das drucke ich jetzt aus und nehme es der Posaune zur nächsten Probe mit ;-)
Bei mir ist es nicht die Taste, sondern die Klarinette und seit wenigen
Wochen das Saxophon aber hier geht es ja eher um Methodik als um das
Klavier, ein kurzer Beitrag von mir:
Ich habe erst mit 50 Jahren Noten lesen gelernt. Im Deutschunterricht
würde man sagen, ich kann lautieren, fließend lesen ist was anderes, das
wird wohl nichts mehr. Das aus der Musikschule war nie richtig fest und
hatte sich über 30 Jahre verflüchtigt.
Jetzt spiele ich in einer 7Mann Formation in der auch 3 Profis sind,
Posaune,Bass, Piano. Die lesen alle fließend vom Blatt. Bei Bläsersätzen
lese ich auch von Blatt da diese meißt keine sehr schnelle Notenfolge
haben. Aber jetzt kommt das Interessante. Ich kann diese recht einfachen
Folgen dann NUR vom Blatt. Sprich, beim Blattspiel habe ich keinen
Lerneffekt sozusagen
Jetzt geht es andersrum. Ich habe solistische Parts oder überhaupt
Solotitel , Wild Cat Blues, Fly Me To The Moon u.ä. und da geht es so
zügig zur Sache, daß ich gar nicht erst versuche was zu lesen. Ich lerne
das auswendig, natürlich gucke ich in der Lernphase in die Noten aber
nur ganz kurz.
Harald sagt was von Abschnitten die sich als Muster einprägen. Bei mir
geht das wohl noch einen Schritt weiter, ich sehe Bilderfolgen. Darum
habe ich auch immer die Augen geschlossen. Ich sehe dann meine Finger,
die sich auf dem Instrument bewegen in einer Reihenfolge wie der Ablauf
eines Films, das heißt, es gibt nur diese Reihenfolge. Schlimm wird es,
wenn ich rausfliege, der Film also ins stocken kommt weil ein störendes
Ereignis auftritt, das können sogar die eigenen abwandernden Gedanken
sein. Man kann es ganz sicher und dieses "ganz sicher" entschärft die
Konzentration.
Untermauert wurde meine Hypothese durch das Hinzunehmen eines neuen
Instruments, Saxophon. Ich hatte von diesem Ding noch keine Bilder im
Kopf. Entsprechend wollte sich in den ersten Wochen kein Lerneffekt
einstellen. Meine Finger "kannte ich ja schon" aber sie griffen in ein
diffuses Etwas. Es entstanden also keine Muster. Das geht jetzt aber
auch schon besser. Jetzt würde ich ja gern einen Thread über das
Improvisieren aufmachen aber das ist nun wieder eine andere Sache. Mich
würde nämlich interessieren, wie hier die verschiedenen persönlichen
Methoden sind.
Günni
>Naja, wir Akkordeonisten spielen ja eigentlich grundsätzlich blind, und
>das ist auch mit das Erste, was die Schüler lernen müssen - notfalls mit
>einem Stück Karton, das waagerecht über der Klaviatur angebracht wird
>(unter Balgverschlußriemchen schieben oder mit Tesa festkleben). Schon
>weil das Senken des Kopfes nach unten die Sitzhaltung versaut (krummer
>Buckel, verspannte Schulter).
Die "neuen" (sprich: noch nicht allzu lange fertigstudierten)
Akkordeonlehrer sehen das offensichtlich nicht mehr so eng. Mein
Lehrer (einer der o.g. Art) gab mir (bei gemeinen Sprüngen) schon das
eine oder andere Mal den Tipp, "dann schau doch, wo du hinmusst",
korrigierte sich aber dann schnell wieder "ach so, geht bei dir ja
nicht" (weil, wenn ich während des Spielens auf die Tasten sehen
wollte, mein Hals mindestens 5 cm länger sein müsste).
Gruß,
INge
>>Ich mach das z.B. gerne zum Warmspielen vor der Orchesterprobe oder
>>Auftritten: jede Woche ne andere Tonart über 2 Oktaven kontinuierlich
>>rauf und runter spielen.
> Aha ;)
> Gut ist auch, an den Oktave zu eine doppelt lange Note
> zu spielen und Rhythmus und Taktart variieren.
Das wäre gut fürs Timing, ja.
> Aber im ernst, natürlich soll man auf jedem Instrument (Harfe weiß
> ich nicht genau) täglich vor dem Beginnen alle Durtonleitern
> rauf und runter spielen (und am besten auch gleich noch harmonisch
> moll).
Das wäre der Idealfall, ja. Frißt aber doch ein bißchen Zeit. Der
Kompromiß "ich nehm jede Woche ne andere und wiederhole die dafür in
dieser Woche zigmal" hat sich hier eigentlich gut bewährt. Ok, die ganz
exotischen laufen noch nicht so schnell, aber die muß man dann halt mal
vorziehen.
> Rudi Menter wrote:
>> Es schrieb Erhard Schwenk:
>
>>> Ich mach das z.B. gerne zum Warmspielen vor der Orchesterprobe oder
>>> Auftritten: jede Woche ne andere Tonart über 2 Oktaven
>>> kontinuierlich rauf und runter spielen.
>
>> Aha ;) Gut ist auch, an den Oktave zu eine doppelt lange Note zu
>> spielen und Rhythmus und Taktart variieren.
>
> Das wäre gut fürs Timing, ja.
Da ihr beiden offensichtlich Zugriff zu einem Geheimduden habt, der
bei mir nicht im Schrank steht, könnte einer von euch so freundlich
sein, den obigen Satz für mich zu übersetzen?
Kommt ein bißchen drauf an, aus welcher Schule die kommen. Und natürlich
wird über das Niveau einiger Schulen gerne und heftig debattiert.
> Mein
> Lehrer (einer der o.g. Art) gab mir (bei gemeinen Sprüngen) schon das
> eine oder andere Mal den Tipp, "dann schau doch, wo du hinmusst",
> korrigierte sich aber dann schnell wieder "ach so, geht bei dir ja
> nicht" (weil, wenn ich während des Spielens auf die Tasten sehen
> wollte, mein Hals mindestens 5 cm länger sein müsste).
Bei großen Sprüngen kann man es wenn man die Zeit dazu hat mit einem
kurzen Blick versuchen, meine persönliche Erfahrung zeigt allerdings,
daß das für Trefferquote bzw. -sicherheit eher nicht förderlich ist.
Erst Recht natürlich, wenn man Passagen mit komplexer Balgtechnik hat,
wo ohnehin die Verkrampfungsgefahr schon relativ groß ist.
>> Die "neuen" (sprich: noch nicht allzu lange fertigstudierten)
>> Akkordeonlehrer sehen das offensichtlich nicht mehr so eng.
>
>Kommt ein bißchen drauf an, aus welcher Schule die kommen.
H.-G. Kölz
>Und natürlich
>wird über das Niveau einiger Schulen gerne und heftig debattiert.
;-)
>>>> Ich mach das z.B. gerne zum Warmspielen vor der Orchesterprobe oder
>>>> Auftritten: jede Woche ne andere Tonart über 2 Oktaven
>>>> kontinuierlich rauf und runter spielen.
>>
>>> Aha ;) Gut ist auch, an den Oktave zu eine doppelt lange Note zu
>>> spielen und Rhythmus und Taktart variieren.
>>
>> Das wäre gut fürs Timing, ja.
>
> Da ihr beiden offensichtlich Zugriff zu einem Geheimduden habt, der
> bei mir nicht im Schrank steht, könnte einer von euch so freundlich
> sein, den obigen Satz für mich zu übersetzen?
;) Grund- und Oktavtöne der Leiter doppelt lange spielen, vorwiegend,
damit der Schüler weiß, wo er sich im Tonraum befindet, also,
daa-didel-didel-didel - daa-didel-didel-didel - und zurück ;)
Wegen Rhytmus ist's ja klar, also z.B. punkierte Noten und auch
3/4-Unterteilungen spielen (nach und nach alles, was es so gibt).
fG
--
Zum Üben - ja. Aber nicht wie von mir skizziert zum Warmmachen vor der
Probe. Da will man in 5 Minuten fertig werden.