P.S. Bei meiner "Wagner-Entdeckungsreise" werde ich immer fündiger.
Diese Szene ist wirklich sehr packend und ergreifend. Die "Musik" passt
wirklich genau;-)
>"Muss ich denn fallen,
>nicht fahr´ ich nach Walhall -
>Hella halte mich fest."
>Wer ist "Hella" - kam bisher noch nicht vor;-)
sie kommt auch persönlich nie vor...ich bin zwar kein Experte in der
gemanischen Mythologie, aber Hella (nicht von Sinnen) ist wohl die Göttin der
gewöhnlichen Unterwelt (und damit auch der Name für dieses Totenreich),
in die die Nicht-Helden kommen.
>P.S. Bei meiner "Wagner-Entdeckungsreise" werde ich immer fündiger.
>Diese Szene ist wirklich sehr packend und ergreifend. Die "Musik" passt
>wirklich genau;-)
Ist eine der besten Szenen überhaupt (Belohnung für den etwas trockenen
Mittelteil von Akt II)
JR
--
__________________________________________________________
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Hallo Johannes,
woher weiß man das?
Ich benutze den Text aus der SerieMusik Piper Schott. Auch im Beiheft
der Solti-Aufnahme finde ich nichts.
So bleibt mir nichts anderes übrig, als bei Fragen den jeweiligen Inhalt
kurz anzugeben und zu zitieren;-)
Viele Grüße
Dieter
> Hella halte mich fest."
> Wer ist "Hella" - kam bisher noch nicht vor;-)
Das ist Wagners Verballhornung der germanischen Todesgöttin "Hel". Singt
sich wahrscheinlich besser.
Eine Anrufung also, weil die Wahlküre ja die "Helden" nach Wahlhall
holt, also ins "Paradies". Siegmund will aber in die "Hölle", wenn
Sieglinde nicht mit kann. (Nein, aus der Edda ist das nicht.)
Gruß Beate
tja, das weiss ich auch nicht so genau; man weiss es eben...
>Ich benutze den Text aus der SerieMusik Piper Schott. Auch im Beiheft
>der Solti-Aufnahme finde ich nichts.
Ich glaube auch nicht, dass in der Partitur oder im Libretto
"Todesverkündigung" drüber steht. Viele Szenen oder Stellen haben eben
Namen, die wohl erst in den ersten Jahren der Rezeption entstanden sind,
genau wie die Bezeichnungen für die Leitmotive. Ich weiss bestimmt auch
längst nicht alle, aber z.B.: Wotans Abschied (Letzte Szene der Walküre),
Isoldes Liebestod etc.
>So bleibt mir nichts anderes übrig, als bei Fragen den jeweiligen Inhalt
>kurz anzugeben und zu zitieren;-)
ist ja nicht schlimm, nur wenn die Szene einen traditionellen Namen hat, kann
man sich das sparen und es geht schneller
> "Beate Goebel" <beate....@bigfoot.de> schrieb im Newsbeitrag
> news:Xns90ECA14843C5Db...@127.0.0.1...
Oops, was für eine MID. Sorry, da hat mich Xnews reingelegt.
> An dieser Stelle ist in meinem Text k e i n Leitmotiv angegeben,
> obwohl da ziemlich "zackige Töne" erklingen.
Was für einen merkwürdigen Text hast Du da? Leitmotive *hört* man: das
sind die "Melodiefetzen", die immer wieder an die merkwürdigsten Stellen
auftauchen. Sozusagen ein provozierter Ahaeffekt des Komponisten.
Das Leitmotiv für die Todesverkündigung ist die fahle Tonfolge der
Einleitung, d.h. wenn die wieder auftaucht (Götterdämmerung z.B.), dann
weißt Du....
> Worüber Brünnhilde ziemlich entsetzt ist "So wenig achtest du ewige
> Wonne?"
Grins. Siegmund will eben mit Sieglinde rumspielen und nicht mit
Wonnemaiden (=Walküren).
Wenn Du Dir die gewachsenen Bezeichnungen und Kommetare zu Wagner etwas
aneignen willst, bleibt Dir nur übrig, alte Kritiken zu lesen.
Böse: Nestroy, Hanslick, Spitzer.
Neutrale: Ihering, Slezak.
Gruß Beate
Am Sat, 28 Jul 2001 15:51:17 +0200 schrieb Beate Goebel
<beate....@bigfoot.de> :
>Dieter Göbel D-Go...@T-Online.de wrote
>
>> Hella halte mich fest."
>> Wer ist "Hella" - kam bisher noch nicht vor;-)
>
>Das ist Wagners Verballhornung der germanischen Todesgöttin "Hel". Singt
>sich wahrscheinlich besser.
Da hatte Grimm in seiner Deutschen Mythologie wohl auch eine
Verballhornung vor, denn er gibt zu Hel die Nebenform Halja (Deutsche
Mythologie, Cap XXVII. Tod, S. 799 f.), von der aus man durchaus zu
Hella kommen kann (im ahd. findet sich auch hella neben hellja, vgl.
Kluge, Artikel zu "Hoelle").
Es gruesst Peter
--
Vergesse man nie, dass jedes wirkliche Genie seine eigene Form finden
muss, niemand anderem gemaess als sich selbst.
(J. H. Kellgren. Vorwort zu Bellmans Epistlar, 1790)
Am Sat, 28 Jul 2001 20:12:26 +0200 schrieb Beate Goebel
<beate....@bigfoot.de> :
>Dieter Göbel D-Go...@T-Online.de wrote
>
>> "Beate Goebel" <beate....@bigfoot.de> schrieb im Newsbeitrag
>> news:Xns90ECA14843C5Db...@127.0.0.1...
>
>Oops, was für eine MID. Sorry, da hat mich Xnews reingelegt.
>
>> An dieser Stelle ist in meinem Text k e i n Leitmotiv angegeben,
>> obwohl da ziemlich "zackige Töne" erklingen.
>
>Was für einen merkwürdigen Text hast Du da?
Bei Piper-Schott gibt es ein Ausgabe des Librettos, bei der die Motive
am Seitenrand angegeben sind, ich nehme an, Dieter bezieht sich auf
diese Ausgabe.
>
>Grins. Siegmund will eben mit Sieglinde rumspielen und nicht mit
>Wonnemaiden (=Walküren).
>
?
Wer zu Hel(la) geht, spielt nicht "rum", mit den Walkueren verfaehrt
man auch nicht so.
>Wenn Du Dir die gewachsenen Bezeichnungen und Kommetare zu Wagner etwas
>aneignen willst, bleibt Dir nur übrig, alte Kritiken zu lesen.
Es gibt einiges an Literatur zur germanischen bzw. altdeutschen
Mythologie, dazu auch Einfuehrung in Wagners Anverwandlung der
germanischen Mythologie, da fuehren die genannten Kritiken eher ins
Irre (so wie Offenbachs Orphee aux enfers kaum die Lektuere von
Fachliteratur zur griechischen Mythologie ersetzt).
Empfehlenswert ist etwa Peter Wapnewski: Der Ring des Nibelungen.
Richard Wagners Weltdramen.
Bei Amazon habe ich noch "Robert Donington: Richard Wagners Ring des
Nibelungen. Musik und Mythos" gefunden. Der Titel liest sich, also
koenne einem auch hier geholfen werden. Weiteres steht etwa in der
Musikbibliothek in Koeln zu Hauf, wenn auch meist nicht mehr kaeuflich
zu erwerben.
Hallo Beate,
ich meinte genau die Tonfolge hinter "Hella halte mich fest". Da steht
bei mir nichts am Rand. Es könnte ein Motiv sein, aber es hat keinen
Namen.
Sobald Brünnhilde anfängt "So wenig achtest du..." ertönt das
Schicksal.-Motiv.
Vielleicht haben es die Piper - Schotts einfach vergessen;-)
Viele Grüße
Dieter
Am Sat, 28 Jul 2001 22:32:27 +0200 schrieb "Dieter Göbel"
<D-Go...@T-Online.de> :
>
>in E. Nack "Germanien" steht drin "... kommt in das der Hel, in die
>finstere freudlose Schattenwelt" - also nicht g a n z die Hölle(wie im
>Christentumt mit Fegefeuer usw.);-)
So kenne ich es auch. Grimm schreibt: "/Halja, Hel,/ die todesgoettin,
bringt nicht um, sie empfaengt den todten menschen in ihrem haus und
haelt ihn darin unerbittlich fest. toedten heisst ihr einen zusenden.
weder erscheint Hel die ihr verfallenen seelen abzuholen, noch
entsendet sie boten zu ihnen. die lange, // dunkle reise anzutreten
bleibt den todten selbst ueberlassen: schuh, schif[!], faehrgeld,
diener, pferde und ihre kleider nehmen sie aus ihrer heimath mit auf
den helweg. einige reiten, andere fahren, ganze haufen seelen rotten
sich zusammen, kein geleitsmann kommt ihnen entgegen." (a.a.O S. 799
ff.)
Eine beeindruckende Vorstellung ...
>Jedenfalls weiß ich es jetzt;-)
>P.S. Nun kommt der dritte Aufzug!
>Übrigens fühle ich mich bei Solti glänzend aufgehoben: hervorragender
>Klang, großartige Sänger, sehr gute Textverständlichkeit - über Solti
>kann ich nichts sagen, da mir Vergleiche fehlen. Aber die wären zur Zeit
>auch eine Nummer zu groß, wenn man sozusagen zm erstenmal "richtig"
>Wagner hört;-)
>
Wenn Dir Solti gefaellt, solltest Du auch bei ihm bleiben. Es gibt
viele Argumente fuer ihn. Es freut mich, dass Du einen solchen
Gefallen an diesen grossartigen Opern findest. Die Muehe, die man in
sie investieren muss, zahlt sich mE bald aus, und wer einmal den
Zugang gefunden hat, wird sich wohl auch immer wieder dort einfinden
:-)
(Die erste Gesamteinspielung, die mich ueberzeugte, war uebrigens die
von Boulez, die ich damals mit Partitur noch live aus Bayreuth
erlebte. Da kannte ich schon die von Furtwaengler, aber die brauchte
bei mir Zeit, "anzukommen".)
Es gruesst herzlich
> Am Sat, 28 Jul 2001 15:51:17 +0200 schrieb Beate Goebel
> <beate....@bigfoot.de> :
>
>> Dieter Göbel D-Go...@T-Online.de wrote
>>
>>> Hella halte mich fest."
>>> Wer ist "Hella" - kam bisher noch nicht vor;-)
>>
>> Das ist Wagners Verballhornung der germanischen Todesgöttin "Hel".
>> Singt sich wahrscheinlich besser.
>
> Da hatte Grimm in seiner Deutschen Mythologie wohl auch eine
> Verballhornung vor, denn er gibt zu Hel die Nebenform Halja
> (Deutsche Mythologie, Cap XXVII. Tod, S. 799 f.),
Grimms beziehen sich auf die Dt. Mythologie.
Die Edda als Konvolut Nord + Südgermanischer Mythologie kann ihm noch
nicht vollständig bekannt gewesen sein.
Dies ist aber ein Streit um des Kaisers Bart, da wir dann anfangen
können zu fragen, was Dietrich von Bern, aka Theoderich den Großen aka ?
in der Hunnenfahrt der Nibelungen mit der Drâp Niflunga bei Atli zu tun
hat.
Gruß Beate
Hallo,
>> Grins. Siegmund will eben mit Sieglinde rumspielen und nicht mit
>> Wonnemaiden (=Walküren).
>>
> ?
> Wer zu Hel(la) geht, spielt nicht "rum", mit den Walkueren
> verfaehrt man auch nicht so.
Bezüglich Hel meinte ich es genau so. Was die Rolle der Wonnemaiden =
Walküren bei der Betreuung der Helden in Walhall anbetrifft, so lassen
sich Wotan und Brünhilde im Text dazu ausreichend aus.
Mich erinnert das an die Huries im moslemischen Paradies.
> Es gibt einiges an Literatur zur germanischen bzw. altdeutschen
> Mythologie, dazu auch Einfuehrung in Wagners Anverwandlung der
> germanischen Mythologie,
Mir genügt dazu die Übertragung der (alten) Edda. Besonders spannend in
der (immer noch gebräuchlichen) Ausgabe von Karl Simrock, 1. Ausgabe
1851 - 10. Ausgabe 1896!
Man vergleiche die Erweckungsszene der Brünhilde bei Wagner mit dem
Siggrdrîfumâl.
Gruß Beate
> ich meinte genau die Tonfolge hinter "Hella halte mich fest".
Nein, da ist meines Wssens so nichts. Das ist einfach ein - motivisch
abgeleiteter - Ausruf.
Gruß Beate
um des Kaisers Bart geht es nicht, wenigstens mir geht es nicht darum
...
Am Sun, 29 Jul 2001 12:11:47 +0200 schrieb Beate Goebel
<beate....@bigfoot.de> :
>>> Das ist Wagners Verballhornung der germanischen Todesgöttin "Hel".
>>> Singt sich wahrscheinlich besser.
>>
Es ist eben keine Verballhornung.
>> Da hatte Grimm in seiner Deutschen Mythologie wohl auch eine
>> Verballhornung vor, denn er gibt zu Hel die Nebenform Halja
>> (Deutsche Mythologie, Cap XXVII. Tod, S. 799 f.),
>
>Grimms beziehen sich auf die Dt. Mythologie.
Es ist von Jacob Grimm und nicht von den Grimms.
>Die Edda als Konvolut Nord + Südgermanischer Mythologie kann ihm noch
>nicht vollständig bekannt gewesen sein.
>
So kann man die Edda sehen, bekannt ist aber, dass es ein Konvolut aus
unterschiedlichen Zeiten mit unterschiedlichen Einfluessen ist - als
Kompendium der Mythologie ist sie nicht gedacht (i.Ggs. zur Proda-Edda
von Snorri Sturluson). (BTW - wieso suedgermanischer Mythologie? Es
gibt suedgermanische Einfluesse, aber ...) Bei Jacob Grimm ist das
Bemuehen deutlich, der antiken Goetterwelt eine germanische
Entsprechung gegenueberzustellen. A.W. Schlegel hatte ausgehend vom
Nibelungenlied eine solche Rueckbesinnung gefordert, eben eine
Deutsche Mythologie, die an Stelle der griechischen auch zum
dramatischen Stoff dienen koenne. Einen solchen Versuch hatte Jacob
Grimm unternommen. Die von Dir angefuehrte Erweckung Bruennhildes
findet sich S. 395 bei Grimm mit Bezug auf die Quelle.
>Dies ist aber ein Streit um des Kaisers Bart, da wir dann anfangen
>können zu fragen, was Dietrich von Bern, aka Theoderich den Großen aka ?
>in der Hunnenfahrt der Nibelungen mit der Drâp Niflunga bei Atli zu tun
>hat.
>
Die Frage war (s.o.) inwieweit Wagners Aneignung eine Verballhornung
des eigentlichen Mythos ist. Jede dichterische Aneignung eines Stoffes
wird ihn benutzen wie veraendern. Dietrich von Bern kommt allerdings
bei Wagner nicht vor - wir unterhalten uns doch noch ueber den Ring
des Nibelungen und nicht ueber Der Nibelungen Not. Die Bezuege Wagners
zur germanischen Mythologie sind von einer eigenwilligen Aneignung
gepraegt, die Kapitalismuskritik ebenso bestimmt wie Schopenhauerscher
Pessimismus, beides wieder in der Edda nicht gerade aufzufinden.
Ueber das neckische Missverstaendnis einer "Wunschmaid" moechte ich
hinwegsehen, das Libretto gibt da tatsaechlich ausreichend Auskunft.
Am Sun, 29 Jul 2001 12:03:29 +0200 schrieb Beate Goebel
<beate....@bigfoot.de> :
>
>Bezüglich Hel meinte ich es genau so. Was die Rolle der Wonnemaiden =
>Walküren bei der Betreuung der Helden in Walhall anbetrifft, so lassen
>sich Wotan und Brünhilde im Text dazu ausreichend aus.
>Mich erinnert das an die Huries im moslemischen Paradies.
>
Deine Erinnerungen in allen Ehren, aber die Betreuung ist doch eher
eine gastronomische - abgesehen davon, dass sich die Walkueren
amuesiert die Prahlereien der Helden anhoeren. Da hat doch eine Huri
andere Aufgaben.
>> Es gibt einiges an Literatur zur germanischen bzw. altdeutschen
>> Mythologie, dazu auch Einfuehrung in Wagners Anverwandlung der
>> germanischen Mythologie,
>
>Mir genügt dazu die Übertragung der (alten) Edda. Besonders spannend in
>der (immer noch gebräuchlichen) Ausgabe von Karl Simrock, 1. Ausgabe
>1851 - 10. Ausgabe 1896!
>Man vergleiche die Erweckungsszene der Brünhilde bei Wagner mit dem
>Siggrdrîfumâl.
>
Wagner selbst nannte als Quellen neben Der Nibelungen Noth (Lachmann),
der Edda Grimms Mythologie und die Untersuchungen zur deutschen
Heldensage von Mone (Brief an Franz Mueller vom 9.1.1856). Die
Darstellung in Sigrdrífumál hat nicht zufaelligerweise deutliche
Aehnlichkeiten mit der Erweckungsszene in "Siegfried", aber es gibt
eben auch deutliche Unterschiede, so dass ich nicht ganz verstehe,
worauf Du hinaus willst.
Hallo Peter,
> um des Kaisers Bart geht es nicht, wenigstens mir geht es nicht
> darum ...
Analogien scheinen nicht Deine Sache.
>>>> Das ist Wagners Verballhornung der germanischen Todesgöttin
>>>> "Hel". Singt sich wahrscheinlich besser.
>>>
>
> Es ist eben keine Verballhornung.
Nenn es, wie Du es willst. Eines ist es nicht: eine überlieferte
Bezeichnung der nordgermanischen Göttin der Unterwelt - nicht mal in
neuhochdeutscher Übersetzung.
Im Übrigen ist der sehr freie Umgang Wagners mit den (zu seiner Zeit)
vorliegenden Quellen evident.
Weiteres Beispiel: "ein Greis im grauen Gewand" zur Bezeichnung des
Wanderers.
Nun, Odhin tritt in *blauem* Gewand auf, denn Blau als sehr teurer
Farbstoff ist bis ins Mittelalter den Königen (Stammesführern)
vorbehalten.
Ich empfinde das als Verballhornung zugunsten eines nicht besonders
orginellen "Stabreims"; abgesehen davon, daß die in Germanischen
Dichtung der Stabreim nicht nur durch gleichlautende Anfangsbuchstaben
ausgedrückt wurde. Das ästhetische Konzept der Ljodaháttr und
Fornyrdislag ist recht komplex.
>> Grimms beziehen sich auf die Dt. Mythologie.
>
> Es ist von Jacob Grimm und nicht von den Grimms.
Es sollte Dir bekannt sein, daß sowohl an der Sagen- wie auch der
Märchensammlung beide Brüder beteiligt waren. Beginn 1. Band: "Vorrede
der Gebrüder Grimm zum ersten Band".
Im 1. Band ist von einer Frau Holla die Rede. Die Umsetzung des
Wortstammes und die Präzisierung zur Frau Holle der Märchen überlasse
ich den Ethymologen (auch den Grimms).
Es gibt inzwischen von beiden Werken die (kommentierten) Urtextausgaben.
>> Die Edda als Konvolut Nord + Südgermanischer Mythologie kann ihm
>> noch nicht vollständig bekannt gewesen sein.
>>
> So kann man die Edda sehen, bekannt ist aber, dass es ein Konvolut
> aus unterschiedlichen Zeiten mit unterschiedlichen Einfluessen ist
> - als Kompendium der Mythologie ist sie nicht gedacht (i.Ggs. zur
> Proda-Edda von Snorri Sturluson).
Ich beziehe mich nicht auf die Snorri-Edda (das Skaldenlehrbuch),
sondern auf die "Ältere Edda" (Lieder-Edda), die von Simrock zu Wagners
Zeiten übertragen wurde und heute noch weitergehend Grundlage nordischer
Mythologieforschung ist. Die Völuspâ ist *das* Kompendium. Die Funktion
genealogischer und philosophischer Lehrgedichte und Sagas in
schriftloser Zeit (Altes Testament!) ist heute (!) gut erforscht.
> (BTW - wieso suedgermanischer
> Mythologie? Es gibt suedgermanische Einfluesse, aber ...)
Weil im Heldenteil süd- und ostgermanische Lieder gesammelt sind. Es ist
hier dezidiert auf Könige an der Küste der Ostsee (Hunding) und in
Franken (Gudrun) verwiesen (das Franken hier nicht Bayern ist, ist
klar?) S.a. Atlakvida, Hamdismál, Völundarkvida.
> Die Frage war (s.o.) inwieweit Wagners Aneignung eine
> Verballhornung des eigentlichen Mythos ist. Jede dichterische
> Aneignung eines Stoffes wird ihn benutzen wie veraendern.
Ich empfinde es als sehr unangenehm, mich mit Wagners Texten zu
befassen, weil sie (für mich) ein ziemlich unbekömmliche Vermischung
zusammengesuchter Versatzstücke ist.
Ich kann nicht beurteilen, inwieweit dies aus dichterischer Absicht,
falschverstander Quellen oder unzureichendem Material resultiert. Aber
da Wagner selbst mit seinen Kritikern nicht zimperlich war, wird er
Kritik ertragen müssen.
Besonders unbekömmlich erscheint mir das aus der Perspektive der
wagnerischen Ideologie, die er nicht nur aufgeschrieben, mit der er
Politik gemacht hat!
Das die Frauendarstellung in Wagners Werk weder aus den Quellen kommt
noch aus seinem persönlichen Umfeld (ich meine Cosima), ist wohl kein
divergierender Diskussionspunkt?!
> Dietrich
> von Bern kommt allerdings bei Wagner nicht vor - wir unterhalten
> uns doch noch ueber den Ring des Nibelungen und nicht ueber Der
> Nibelungen Not.
Ich spreche von den Quellen, und zu denen gehört auch die Volsunga Saga,
die Wagner u.a. im 1. Akt Walküre ver/bearbeitet.
[..]
> Die Bezuege Wagners
> zur germanischen Mythologie sind von einer eigenwilligen Aneignung
> gepraegt, die Kapitalismuskritik ebenso bestimmt
[..]
Lies mal Wagners Widmung zur Walküre.....
> Ueber das neckische Missverstaendnis einer "Wunschmaid" moechte ich
> hinwegsehen, das Libretto gibt da tatsaechlich ausreichend
> Auskunft.
Lies noch mal Wotans Streit mit Frikka.. und die Erzählung der
Waltraute.
Ethymologische Analogien sind nicht deine Sache? (Aber das eine Huri nix
mit dem zu tun hat, wonach es im Deutschen klingt, weißt Du!)
Grüße Beate
Hallo,
> Am Sun, 29 Jul 2001 12:03:29 +0200 schrieb Beate Goebel
>> Bezüglich Hel meinte ich es genau so. Was die Rolle der Wonnemaiden
>> = Walküren bei der Betreuung der Helden in Walhall anbetrifft, so
>> lassen sich Wotan und Brünhilde im Text dazu ausreichend aus.
>> Mich erinnert das an die Huries im moslemischen Paradies.
>>
> Deine Erinnerungen in allen Ehren, aber die Betreuung ist doch eher
> eine gastronomische - abgesehen davon, dass sich die Walkueren
> amuesiert die Prahlereien der Helden anhoeren.
Genau so meinte ich es. In der der Edda ist noch nicht einmal davon die
Rede. Abgesehen davon, daß in der Edda die Walküren ganz normale
menschliche Frauen sind usw.
> Da hat doch eine Huri andere Aufgaben.
Vorsicht! Bei Deinen Gedanken;-) sei der Koran vor!
> Wagner selbst nannte als Quellen neben Der Nibelungen Noth
> (Lachmann),
? Autor Lachmann? Oder das mittelhochdeutsche Nibelungenlied?
> der Edda
Da Meint er dann sicher Simrock. Muß damals ein Bestseller gewesen sein
und Gespächsthema in allen Salons.
> Grimms Mythologie
Ich habe übrigens nicht diese Mythologie, sondern die Urtextausgaben der
Deutschen Sagen (die Sammlung), so daß wir in dem Punkt wohl aneinander
vorbei reden. In dieser Sammlung sind alle möglichen Sagen, aber kein
Wort über die Nibelungen.
> und die Untersuchungen zur deutschen Heldensage von Mone
Mir unbekannt.
> Die Darstellung in Sigrdrífumál hat nicht
> zufaelligerweise deutliche Aehnlichkeiten mit der Erweckungsszene
> in "Siegfried",
Sicher.
> aber es gibt eben auch deutliche Unterschiede,
Ja. Nicht zur Vorteil des dichterischen Ausdrucks.
> so dass ich nicht ganz verstehe, worauf Du hinaus willst.
Unser Dissenz entzündete sich am Stichwort "Verballhornung".
Wobei mir klar ist, daß der (sängerische) Vortrag der Edda für uns eher
ein Psalmodieren wäre und einiges an Wagners Text dem sanglichen
Ausdruck geschuldet ist - hoffentlich.
Gute Nacht
Beate
Am Mon, 30 Jul 2001 01:10:25 +0200 schrieb Beate Goebel
<beate....@bigfoot.de> :
>> Wagner selbst nannte als Quellen neben Der Nibelungen Noth
>> (Lachmann),
>
>? Autor Lachmann? Oder das mittelhochdeutsche Nibelungenlied?
>
Es gibt vom Nibelungenlied verschiedene Fassungen, die auch durch den
Herausgeber gekennzeichnet werden, hier also Handschrift A, Hrsg.
Lachmann
>> der Edda
>
>Da Meint er dann sicher Simrock. Muß damals ein Bestseller gewesen sein
>und Gespächsthema in allen Salons.
>
>> Grimms Mythologie
>
>Ich habe übrigens nicht diese Mythologie, sondern die Urtextausgaben der
>Deutschen Sagen (die Sammlung), so daß wir in dem Punkt wohl aneinander
>vorbei reden. In dieser Sammlung sind alle möglichen Sagen, aber kein
>Wort über die Nibelungen.
>
Grimm: Die Deutschen Sagen (1816-18, 2 Bd.), Wagner bezieht sich
allerdings auf die von mir zitierte Dt. Mythologie.
>> und die Untersuchungen zur deutschen Heldensage von Mone
>
>Mir unbekannt.
>
>> Die Darstellung in Sigrdrífumál hat nicht
>> zufaelligerweise deutliche Aehnlichkeiten mit der Erweckungsszene
>> in "Siegfried",
>
>Sicher.
>
>> aber es gibt eben auch deutliche Unterschiede,
>
>Ja. Nicht zur Vorteil des dichterischen Ausdrucks.
>
>> so dass ich nicht ganz verstehe, worauf Du hinaus willst.
>
>Unser Dissenz entzündete sich am Stichwort "Verballhornung".
>
genau ...
>Wobei mir klar ist, daß der (sängerische) Vortrag der Edda für uns eher
>ein Psalmodieren wäre und einiges an Wagners Text dem sanglichen
>Ausdruck geschuldet ist - hoffentlich.
>
Du meinst, er haette besser den altnordischen Text vertont? :-)
so langsam wird mir deutlich, worum es Dir geht - da sind wir
tatsaechlich unterschiedlicher Meinung. "Der Ring des Nibelungen" ist
*keine* Nachdichtung der Edda, wenn auch Vergleiche stoffgeschichtlich
fuer Germanisten/Nordisten so ihre interessanten Aspekte haben
koennen. Den Parsifal an Wolframs Parzeval zu messen, waere ein
vergleichbares (analoges :-)) Vorgehen, das mE ebenso daneben griffe,
die Intentionen der Autoren bei aehnlichem Stoff sind doch sehr
unterschiedlich.
Am Mon, 30 Jul 2001 00:25:06 +0200 schrieb Beate Goebel
<beate....@bigfoot.de> :
>Peter Brixius Peter....@Koeln.Netsurf.de wrote
>
>Hallo Peter,
>
>> um des Kaisers Bart geht es nicht, wenigstens mir geht es nicht
>> darum ...
>
>Analogien scheinen nicht Deine Sache.
stimmt, die fuehren haeufig ins Irre, indem sie Gleichungen von Dingen
herstellen, die in sehr unterschiedlichen Kontexten und Strukturen
stehen.
>
>>>>> Das ist Wagners Verballhornung der germanischen Todesgöttin
>>>>> "Hel". Singt sich wahrscheinlich besser.
>>>>
>>
>> Es ist eben keine Verballhornung.
>
>Nenn es, wie Du es willst. Eines ist es nicht: eine überlieferte
>Bezeichnung der nordgermanischen Göttin der Unterwelt - nicht mal in
>neuhochdeutscher Übersetzung.
>
... in der Edda, aber nicht in anderen zugaenglichen Quellen. Jacob
Grimm benutzt die ganze Breite der Ueberlieferung, die zu seiner Zeit
bekannt war, da gibt es eben auch an. Halja, ahd. Hella usw.
Da waere nun auch Siegfried eine Verballhornung des an. Sigurd.
>Im Übrigen ist der sehr freie Umgang Wagners mit den (zu seiner Zeit)
>vorliegenden Quellen evident.
Wagner war eben kein Philologe, sondern verstand sich als Dichter, der
seinen eigenen Mythos schuf - unter Benutzung von den genannten
Elementen.
>Weiteres Beispiel: "ein Greis im grauen Gewand" zur Bezeichnung des
>Wanderers.
>Nun, Odhin tritt in *blauem* Gewand auf, denn Blau als sehr teurer
>Farbstoff ist bis ins Mittelalter den Königen (Stammesführern)
>vorbehalten.
>Ich empfinde das als Verballhornung zugunsten eines nicht besonders
>orginellen "Stabreims"; abgesehen davon, daß die in Germanischen
>Dichtung der Stabreim nicht nur durch gleichlautende Anfangsbuchstaben
>ausgedrückt wurde. Das ästhetische Konzept der Ljodaháttr und
>Fornyrdislag ist recht komplex.
>
s.o.
>>> Grimms beziehen sich auf die Dt. Mythologie.
>>
>> Es ist von Jacob Grimm und nicht von den Grimms.
>
>Es sollte Dir bekannt sein, daß sowohl an der Sagen- wie auch der
>Märchensammlung beide Brüder beteiligt waren. Beginn 1. Band: "Vorrede
>der Gebrüder Grimm zum ersten Band".
Das ist ein anderes Werk, auf das sich Wagner nicht explizit berief.
Er wird es sicher gekannt haben. Sein Bezug ist aber die Dt.
Mythologie Jacob Grimms, nicht die Deutschen Sagen oder gar die
Kinder- und Hausmaerchen der Gebrueder Grimm.
>Im 1. Band ist von einer Frau Holla die Rede. Die Umsetzung des
>Wortstammes und die Präzisierung zur Frau Holle der Märchen überlasse
>ich den Ethymologen (auch den Grimms).
>
Helfe ich doch gerne aus :-) alle genannten Wortformen gehen auf ide.
*kel- "bergen, verhuellen" zurueck (wenn man nicht Szadrowski folgt,
der von an. hella "flacher Stein" ableitet).
>Es gibt inzwischen von beiden Werken die (kommentierten) Urtextausgaben.
>
Vielen Dank fuer den Hinweis, beides schon benutzt :-)
>>> Die Edda als Konvolut Nord + Südgermanischer Mythologie kann ihm
>>> noch nicht vollständig bekannt gewesen sein.
>>>
>> So kann man die Edda sehen, bekannt ist aber, dass es ein Konvolut
>> aus unterschiedlichen Zeiten mit unterschiedlichen Einfluessen ist
>> - als Kompendium der Mythologie ist sie nicht gedacht (i.Ggs. zur
>> Proda-Edda von Snorri Sturluson).
>
>Ich beziehe mich nicht auf die Snorri-Edda (das Skaldenlehrbuch),
>sondern auf die "Ältere Edda" (Lieder-Edda), die von Simrock zu Wagners
>Zeiten übertragen wurde und heute noch weitergehend Grundlage nordischer
>Mythologieforschung ist. Die Völuspâ ist *das* Kompendium. Die Funktion
>genealogischer und philosophischer Lehrgedichte und Sagas in
>schriftloser Zeit (Altes Testament!) ist heute (!) gut erforscht.
>
Es waere aber mE falsch, von einer geschlossenen germanischen
Mythologie auszugehen, schon die Edda zeigt Widersprueche (gerade wenn
man sie mit dem AT vergleicht). Auch J. Grimm ging von einer komplexen
Quellenlage aus, die man heute als besser erforscht bezeichnen kann.
Vergleichbar in mE da eher die griechischen Mythologie, die sich nun
auch nicht auf die Homerischen Epen beschraenken laesst, sondern
hoechst komplexes (und widerspruechliches) Material umfasst (nicht bei
Schwab, das weiss ich).
>
>> Die Frage war (s.o.) inwieweit Wagners Aneignung eine
>> Verballhornung des eigentlichen Mythos ist. Jede dichterische
>> Aneignung eines Stoffes wird ihn benutzen wie veraendern.
>
>Ich empfinde es als sehr unangenehm, mich mit Wagners Texten zu
>befassen, weil sie (für mich) ein ziemlich unbekömmliche Vermischung
>zusammengesuchter Versatzstücke ist.
Es wuerde Dir sicher angenehmer, wenn Du Wagners Dichtung aus eigenem
Recht leben liessest. Sie versteht sich als eigene Schoepfung, nicht
als Wiedergabe einer vorhandenen Mythologie.
>Ich kann nicht beurteilen, inwieweit dies aus dichterischer Absicht,
>falschverstander Quellen oder unzureichendem Material resultiert.
Es trifft dies alles zu, wie bei jeder anderen Dichtung (auch Goethes
Iphigenie wird man wohl kaum an einer von wem auch immer
rekonstruierten Griechischen Mythologie messen oder an den heutigen
Erkenntnissen zum Trojanischen Krieg).
>Aber
>da Wagner selbst mit seinen Kritikern nicht zimperlich war, wird er
>Kritik ertragen müssen.
Die macht ihm nichts mehr aus :-)
>Besonders unbekömmlich erscheint mir das aus der Perspektive der
>wagnerischen Ideologie, die er nicht nur aufgeschrieben, mit der er
>Politik gemacht hat!
>
Auch hier gibt es kaum *die* wagnerische Ideologie ...
>Das die Frauendarstellung in Wagners Werk weder aus den Quellen kommt
>noch aus seinem persönlichen Umfeld (ich meine Cosima), ist wohl kein
>divergierender Diskussionspunkt?!
>
Nun, wenn Du ihn nicht magst, dann wird er es Dir nicht Recht machen
koennen, das steht fest. Aber gerade wenn man ihn nicht mag, dann
sollte man sich ihn in Sachen Polemik nicht als Vorbild nehmen :-) Die
Darstellung der Frau(en) bei Wagner ist sicher ein interessantes
Gebiet, zu Hella wird man da wenig sagen koennen, sie wird nur zweimal
erwaehnt AFAIK - und nicht charakterisiert.
>> Dietrich
>> von Bern kommt allerdings bei Wagner nicht vor - wir unterhalten
>> uns doch noch ueber den Ring des Nibelungen und nicht ueber Der
>> Nibelungen Not.
>
>Ich spreche von den Quellen, und zu denen gehört auch die Volsunga Saga,
>die Wagner u.a. im 1. Akt Walküre ver/bearbeitet.
>
Jetzt wirst Du Wagner noch sicherlich vorwerfen, dass Balder nicht
auftritt :-)
>[..]
>> Die Bezuege Wagners
>> zur germanischen Mythologie sind von einer eigenwilligen Aneignung
>> gepraegt, die Kapitalismuskritik ebenso bestimmt
>[..]
>
>Lies mal Wagners Widmung zur Walküre.....
>
Solchen Aufforderungen zu meiner persoenlichen Weiterbildung komme ich
doch gerne nach :-) (Da ich leider gerade meine Partitur der Walkuere
ausgeliehen habe, wirst Du mir sicher freundlicherweise einmal
zitieren. Im Laufe der Woche hoffe ich das gute Stueck
zurueckzubekommen ...)
>> Ueber das neckische Missverstaendnis einer "Wunschmaid" moechte ich
>> hinwegsehen, das Libretto gibt da tatsaechlich ausreichend
>> Auskunft.
>
>Lies noch mal Wotans Streit mit Frikka.. und die Erzählung der
>Waltraute.
Da finde ich, dass sie in wilder Minne gezeugt nicht Fricka
unterstellt sind, bzw. das Knie Wotans umschlingen - da musst Du schon
deutlicher werden ...
>Ethymologische Analogien sind nicht deine Sache? (Aber das eine Huri nix
>mit dem zu tun hat, wonach es im Deutschen klingt, weißt Du!)
>
Etymologie finde ich ein hoechst interessantes Fach, es hat mich lange
genug beschaeftigt, wenn es nun auch schon Jahre zurueckliegt und ich
inzwischen mehr nachschlagen muss, als mir lieb ist, so tue ich das
immer noch gerne. Meine Kenntnisse des Korans sind da etwas
oberflaechlicher, reichen aber fuer obige Erkenntnis aus :-)
Hallo Peter,
jetzt weiß ich wieder, warum ich mich hier nur bedingt auf Diskussionen
einlasse: 200 Zeilen sind am PC recht mühsam (wenn Du etwas mehr Quoten
könntest?).
Trotzdem vielem Dank für die Diskussion, ich wollte mich zur Erholung in
den Ferien mit Kultur beschäftigen und das ist vollauf gelungen :-))
> so langsam wird mir deutlich, worum es Dir geht - da sind wir
> tatsaechlich unterschiedlicher Meinung. "Der Ring des Nibelungen"
> ist *keine* Nachdichtung der Edda, wenn auch Vergleiche
> stoffgeschichtlich fuer Germanisten/Nordisten so ihre interessanten
> Aspekte haben koennen.
Ich bin weder Germanist noch Ähnliches, aber meine Kindermärchen waren
die Sagen (und meine Wiegenlieder Wagner ;-).
Dieses Mißverhältnis gerade beim Ring stößt mir seit meinem 10.
Lebensjahr auf und stört mich gerade deshalb, weil Wagner vorgibt, durch
altertümelnde Sprache die Sagen(stücke) zu verarbeiten. Aus meiner
Perspektive benutzt er sie nur. Und dies auf dem Hintergrund einer sehr
kruden eigenen Ideologie, die natürlich bei solchen Stoffen besonders
deutlich hervortritt (Freud läßt grüßen;-).
Und die Sprache als solches würde *ich* nicht als hohe Dichtung bezeichnen,
eher als gute Propaganda.
> Den Parsifal an Wolframs Parzeval zu messen,
> waere ein vergleichbares (analoges :-)) Vorgehen, das mE ebenso
> daneben griffe, die Intentionen der Autoren bei aehnlichem Stoff
> sind doch sehr unterschiedlich.
Der Gralssage ist er wesentlich näher, auch wenn mit der Kundry das
Motiv des ewigen Juden (Golem, Ashver) dazugemixt wird.
>> Analogien scheinen nicht Deine Sache.
>
> stimmt, die fuehren haeufig ins Irre, indem sie Gleichungen von
> Dingen herstellen, die in sehr unterschiedlichen Kontexten und
> Strukturen stehen.
In der Mythographie sind sie wichtig! Diese Stories finden sich schon im
Gilgamesch.
>> Im Übrigen ist der sehr freie Umgang Wagners mit den (zu seiner
>> Zeit) vorliegenden Quellen evident.
Gnagnagna. Eben;-)
> Helfe ich doch gerne aus :-) alle genannten Wortformen gehen auf
> ide. *kel- "bergen, verhuellen" zurueck (wenn man nicht Szadrowski
> folgt, der von an. hella "flacher Stein" ableitet).
Darf ich Dich provozieren? Du kennst Ranke-Graves?
> Es waere aber mE falsch, von einer geschlossenen germanischen
> Mythologie auszugehen, schon die Edda zeigt Widersprueche (gerade
Sicher. Das auf uns Gekommene sind Bruchstücke. Da hat die Kirche gut
gearbeitet. Glücklicher Weise ist die Ältere Edda nach dem Auffinden
einige Jahrhunderte im Museum verschwunden, sonst hätten wir garnichts
mehr (oder nur die Griechen).
> Vergleichbar in mE da eher die griechischen Mythologie, die sich
> nun auch nicht auf die Homerischen Epen beschraenken laesst,
> sondern hoechst komplexes (und widerspruechliches) Material umfasst
> (nicht bei Schwab, das weiss ich).
Lass mir meine Kinderbücher;-) Wer allerdings jenseits der 20 noch
Schwab (oder Dahn) liest... Es ist allerdings wichtig zu wissen, daß
diese Autoren alle aus der Zeit Wagners stammen. Möglicherweise hat er
sie gekannt.
> Es wuerde Dir sicher angenehmer, wenn Du Wagners Dichtung aus
> eigenem Recht leben liessest. Sie versteht sich als eigene
> Schoepfung, nicht als Wiedergabe einer vorhandenen Mythologie.
Das fällt mir schwer, dann stosse ich mich an den Inhalten. (Wenn
Brünhilde doch nur konsequent wäre usw.)
> Jetzt wirst Du Wagner noch sicherlich vorwerfen, dass Balder nicht
> auftritt :-)
Das ist ein guter Einwurf. - Aber Baldur gehört ins Rheingold.
>> Lies mal Wagners Widmung zur Walküre.....
>>
> Solchen Aufforderungen zu meiner persoenlichen Weiterbildung komme
> ich doch gerne nach :-) (Da ich leider gerade meine Partitur der
> Walkuere ausgeliehen habe, wirst Du mir sicher freundlicherweise
> einmal zitieren. Im Laufe der Woche hoffe ich das gute Stueck
> zurueckzubekommen ...)
Aber gerne:
Dem königlichen Freunde
O, König! holder Schirmherr meines Lebens!
Du, höchster Güte wonnereicher Hort!
Wie ring ich nun, am Ziele meines Strebens,
Nach jenem Deiner Huld gerechten Wort!
usw. ;-))
Da gingen Plinius und Goethe mit ihren "Vorgesetzten" doch etwas
souveräner um.
>> Lies noch mal Wotans Streit mit Frikka.. und die Erzählung der
>> Waltraute.
>
> Da finde ich, dass sie in wilder Minne gezeugt nicht Fricka
> unterstellt sind, bzw. das Knie Wotans umschlingen - da musst Du
> schon deutlicher werden ...
Da findest Du eine präzise Schilderung des "Lebens" in Walhall.
Umgangston, -sitten, Arbeitsverteilung etc., vorher - nachher sozusagen.
Soziologen wären glücklich über solch präzise Beschreibung des
"Familienmilieus".
Seufz - ich liebe Wagner, aber den Ring hätte ich gerne in Japanisch.
(Obwohl mir das nix nutzt, kenne ihn auswendig.)
Gruß Beate
Hallo,
>> ? Autor Lachmann? Oder das mittelhochdeutsche Nibelungenlied?
>>
> Es gibt vom Nibelungenlied verschiedene Fassungen, die auch durch
> den Herausgeber gekennzeichnet werden, hier also Handschrift A,
> Hrsg. Lachmann
ich habe auch da die Simrock-Übertragung, vor allem aber wegen der
'Zweisprachigkeit'. Urtext ist eben unschlagbar.
>> dem Punkt wohl aneinander vorbei reden. In dieser Sammlung sind
>> alle möglichen Sagen, aber kein Wort über die Nibelungen.
>>
> Grimm: Die Deutschen Sagen (1816-18, 2 Bd.), Wagner bezieht sich
> allerdings auf die von mir zitierte Dt. Mythologie.
Inzwischen aus dem Nachlass 3 Bände. Aber lass es, lohnt nicht.
Die Dt. My kenne ich nicht, und über der Grimms "wissenschaftliche"
Methodik (aus heutiger Sicht) brauchen wir uns sicher nicht unterhalten.
>> Wobei mir klar ist, daß der (sängerische) Vortrag der Edda für uns
>> eher ein Psalmodieren wäre und einiges an Wagners Text dem
>> sanglichen Ausdruck geschuldet ist - hoffentlich.
>>
> Du meinst, er haette besser den altnordischen Text vertont? :-)
Ein inbrünstiges JA - selbst wenn es von Simrock ist.
Noch besser wäre allerdings das Isländisch des 11. Jh. - obwohl ich
bezweifle, daß man das im Sinne Wagners cantabel vortonen kann ;-))
Gruß Beate
Hallo Beate,
ich dachte, ich würde mich gut mit den germanischen Sagen auskennen. Als
ich den Ring - Text von Wagner zuerst las, war ich richtig sauer, was
der damit gemacht hat. Das waren für mich auf einmal so richtig schön
"durcheinandergebrachte" Sagen.
>
> Und die Sprache als solches würde *ich* nicht als hohe Dichtung
bezeichnen,
> eher als gute Propaganda.
Ne, ne;-)
Das sehen die Literaturwissenschaftler schon anders. Ich hatte bereits
schon einmal auf die 6-bändige Geschichte der deutschen Literatur
hingewiesen(Salzer/von Tunk).
Die sehen Wagners Operntexte durchaus als "gehobene" Literatur an -
nicht wie Karl May;-).
Auf "Propaganda" wäre ich allerdings nicht gekommen;-)
Für wen?
Viele Grüße
Dieter
die Vorlagen und Sagen in Ehren, ich denke, man kann nicht jede
Abweichung Wagner entgegenhalten.....
Beate Goebel wrote:
> Im Übrigen ist der sehr freie Umgang Wagners mit den (zu seiner Zeit)
> vorliegenden Quellen evident.
> Weiteres Beispiel: "ein Greis im grauen Gewand" zur Bezeichnung des
> Wanderers.
> Nun, Odhin tritt in *blauem* Gewand auf, denn Blau als sehr teurer
> Farbstoff ist bis ins Mittelalter den Königen (Stammesführern)
> vorbehalten.
> Ich empfinde das als Verballhornung zugunsten eines nicht besonders
> orginellen "Stabreims";
Meine ich nicht. Die Bezeichnung "im grauen Gewand" hat viel mehr auch
erheblichen Aussagewert in Bezug auf Wotan (resp. den Wanderer, aber
wenn ich mich nicht irre, tauch "Ein Greis im grauen Gewand" im ersten
Walküre-Akt auf [Sieglindes und wie sie erzählt, wie das verflixte
Schwert in den Stamm kam], oder täusche ich mich da?). Es geht nicht um
"blau" oder "grau", und auch nicht darin, was Odin in den Sagen
ansonsten so trägt. Ich denke, das soll man nicht überbewerten, es geht
Wagner auch und vor allem um die Erschaffung einer eigenen Welt für den
Ring, auch wenn er sich dabei nicht unerheblich von den Sagen
inspirieren lies. Einen Strick würde ich daraus aber nicht drehen, und
eine Verballhornung - das Wort kommt bei mir recht negativ an - meine
ich auch nicht zu sehen....
> Ich empfinde es als sehr unangenehm, mich mit Wagners Texten zu
> befassen, weil sie (für mich) ein ziemlich unbekömmliche Vermischung
> zusammengesuchter Versatzstücke ist.
Da will ich vorsichtig, aber doch energisch Widerspruch anmelden. Aber
das ahnte man ja schon, nach dem oben Geschriebenen.
> Besonders unbekömmlich erscheint mir das aus der Perspektive der
> wagnerischen Ideologie, die er nicht nur aufgeschrieben, mit der er
> Politik gemacht hat!
Diese Ideologiefrage bei Wagner halte ich für ein recht komplexes Thema,
dem man auf jeden Fall in Schlagworten nicht beikommen wird (und ich
denke, darunter krankt auch die "Wagner-in Israel"-Diskussion derzeit).
Vor allem in den Werken muss man da schon sehr genau vorgehen, und in
der Musik ist das vielleicht manchmal wirklich nicht festzumachen.....
> Das die Frauendarstellung in Wagners Werk weder aus den Quellen kommt
> noch aus seinem persönlichen Umfeld (ich meine Cosima), ist wohl kein
> divergierender Diskussionspunkt?!
Die Darstellung jetzt speziell welcher Frau? Fricka? Freia? Brünnhilde?
Senta? Elisabeth? Ortrud? Venus? Elsa? Kundry?
>
> [..]
> > Die Bezuege Wagners
> > zur germanischen Mythologie sind von einer eigenwilligen Aneignung
> > gepraegt, die Kapitalismuskritik ebenso bestimmt
> [..]
>
> Lies mal Wagners Widmung zur Walküre.....
...und beachte dabei, wie abhängig Wagner von Ludwig war und wie sehr er
es verstand, den wohl eicht Wahnsinnigen (ich liebe Untertreibungen ;-))
für seine Zwecke zu gebrauchen....
Beste Grüsse
Claus
Hallo,
> die Vorlagen und Sagen in Ehren, ich denke, man kann nicht jede
> Abweichung Wagner entgegenhalten.....
Mich graust es einfach, was er aus der Überlieferung zurechtgebogen hat.
Dabei haben die Orginale genügend Stil und Dramatik.
>> Nun, Odhin tritt in *blauem* Gewand auf, denn Blau als sehr teurer
>> Farbstoff ist bis ins Mittelalter den Königen (Stammesführern)
>> vorbehalten.
>> Ich empfinde das als Verballhornung zugunsten eines nicht
>> besonders orginellen "Stabreims";
> da?). Es geht nicht um "blau" oder "grau", und auch nicht darin,
> was Odin in den Sagen ansonsten so trägt.
Wenn ich den zeitgenössischen Kritiken glauben darf, stand in W.s
Ersttext noch blau. Er hat es zugunsten des "Stabreimes" geändert. (Über
seine Produktoinsbedingungen hat er ja immer ausführlich Auskunft
gegeben.)
Im germanischen Orginal ist die Farbe ein entscheidendes soziologisches
Merkmal und zwingend für das weitere Verständnis der Zuhörer.
>> Besonders unbekömmlich erscheint mir das aus der Perspektive der
>> wagnerischen Ideologie, die er nicht nur aufgeschrieben, mit der
>> er Politik gemacht hat!
>
> Diese Ideologiefrage bei Wagner halte ich für ein recht komplexes
> Thema, dem man auf jeden Fall in Schlagworten nicht beikommen wird
Deshalb deute ich das auch nur an. Leider ist seine "Ideologie" aus den
Werken nicht zu destilieren, sie schimmert immer durch.
> (und ich denke, darunter krankt auch die "Wagner-in
> Israel"-Diskussion derzeit).
Das ist eine andere Baustelle. Da halte ich mich ganz raus (wenn die
Verwandten unter Wagnerklängen in die Gaskammer geschoben wurden..).
> Vor allem in den Werken muss man da
> schon sehr genau vorgehen, und in der Musik ist das vielleicht
> manchmal wirklich nicht festzumachen.....
Nicht an der Musik! An manchen Texten. An seinen Themen. Am
Zusammenhang. An der Aufführungspraxis bis Wieland ganz sicher.
> Die Darstellung jetzt speziell welcher Frau? Fricka? Freia?
> Brünnhilde? Senta? Elisabeth? Ortrud? Venus? Elsa? Kundry?
Jeder dieser. Geh sie doch mal durch:
Kundry: "Dienen, dienen".
Elsa: Das zitiere ich mal Slezak: "Was für eine dumme Kuh."
Senta/Venus: Männerfantasien(?).
Aus dem Ring:
Weder Frikka noch Freia haben diese Charakterdarstellung verdient. In
der Edda sind es Göttinnen, d.h. selbstbewußte, bestimmende Frauen mit
gesellschaftsrelevanten Aufgaben.
Usw.
Der Witz ist ja, daß Cosima auch eine selbstbewußte, bestimmende Frau
war!
>> Lies mal Wagners Widmung zur Walküre.....
>
> ...und beachte dabei, wie abhängig Wagner von Ludwig war und wie
> sehr er es verstand, den wohl eicht Wahnsinnigen (ich liebe
> Untertreibungen ;-)) für seine Zwecke zu gebrauchen....
Es gibt bessere Vorbilder in der Geschichte. Und so holprich-schmierig
musste es wirklich nicht sein. Kein Wunder, daß der Bay. Landtag Sturm
lief, das klingt schon nach Spott.
Gruß Beate
>> stört mich gerade deshalb, weil Wagner vorgibt,
>> durch altertümelnde Sprache die Sagen(stücke) zu verarbeiten.
> ich dachte, ich würde mich gut mit den germanischen Sagen
> auskennen. Als ich den Ring - Text von Wagner zuerst las, war ich
> richtig sauer, was der damit gemacht hat. Das waren für mich auf
> einmal so richtig schön "durcheinandergebrachte" Sagen.
Ja. Genau so. Irgendwie 'pietätlos'.
>> Und die Sprache als solches würde *ich* nicht als hohe Dichtung
>> bezeichnen, eher als gute Propaganda.
>
> Ne, ne;-)
> Das sehen die Literaturwissenschaftler schon anders. Ich hatte
> bereits schon einmal auf die 6-bändige Geschichte der deutschen
> Literatur hingewiesen(Salzer/von Tunk).
> Die sehen Wagners Operntexte durchaus als "gehobene" Literatur an -
Von Literaturkritik etc. hab ich nun wirklich wenig Ahnung.
Aber ein Stabreim ist wesentlich mehr als das Aneinanderreihen von
Worten mit gleichen Anfangsbuchstaben. Da geht mir oft Effekt über den
Inhalt (bzw. die Präzisierung des Gehaltes) und W.s Metrik holpert ganz
schön.
Dazu kommen Stilwidrigkeiten, die mir mein Deutschlehrer nie hätte
durchgehen lassen;-))
Z.B. die (musikalisch und psychologisch) herrliche Stelle:
"Winterwinde wichen dem Wonnemond".
Kann ich nur sagen: gemischte Metapher.
> nicht wie Karl May;-).
Also *den* Vergleich hätte ich nun nicht gewagt;-)
Eher Hoffmann v. Fallersleben.
> Auf "Propaganda" wäre ich allerdings nicht gekommen;-)
> Für wen?
Für sich und seine Konzepte. Er hat/te volle staatliche Unterstützung,
er ist in aller Munde - immer noch.
Habe auch noch nicht gelesen, daß hier so über Verdis/Puccinis Libretti
diskutiert wurde;-)
Gruß Beate
> Eher Hoffmann v. Fallersleben.
Sorry, meinte natürlich v. Hofmannsthal.
Gruß Beate
Am Mon, 30 Jul 2001 11:39:21 +0200 schrieb Beate Goebel
<beate....@bigfoot.de> :
>
>ich habe auch da die Simrock-Übertragung, vor allem aber wegen der
>'Zweisprachigkeit'. Urtext ist eben unschlagbar.
>
Das freut mich als "Bonner", dass Simrock bei Dir noch in so hohem
Ansehen steht, obwohl es inzwischen zweifellos bessere Ausgaben (und
Uebertragungen) gibt. Wenn Dich das Nibelungenlied interessiert,
solltest Du Dir auf jeden Fall einmal die anderen Hss. zugaenglich
machen - im Originaltext ist es natuerlich am besten, die Frage des
Urtextes ist recht kompliziert (damit verbrachte ich einen nicht
unerheblichen Teil eines OS bei Moser), im Unterschied zur Zeit
Simrocks, versucht man keine Konkordanz zwischen den Fassungen mehr
herzustellen, sondern gibt die jeweiligen Hss. in ihrem eigenen Recht
heraus.
>> Grimm: Die Deutschen Sagen (1816-18, 2 Bd.), Wagner bezieht sich
>> allerdings auf die von mir zitierte Dt. Mythologie.
>
>Inzwischen aus dem Nachlass 3 Bände. Aber lass es, lohnt nicht.
Was lohnt sich nicht?
>Die Dt. My kenne ich nicht, und über der Grimms "wissenschaftliche"
>Methodik (aus heutiger Sicht) brauchen wir uns sicher nicht unterhalten.
>
Gegen die philologische Genauigkeit ist wenig einzuwenden, auch wenn
man heute mehr weiss und vieles anders deutet, ist die Dt. Mythologie
durchaus nicht vernachlaessigbar. Die Methodik sagt wenig ueber den
Wert, wird genau zitiert und die Quellen benannt, ist das Werk mehr
als diskutabel.
>>>
>> Du meinst, er haette besser den altnordischen Text vertont? :-)
>
>Ein inbrünstiges JA - selbst wenn es von Simrock ist.
>Noch besser wäre allerdings das Isländisch des 11. Jh. - obwohl ich
>bezweifle, daß man das im Sinne Wagners cantabel vortonen kann ;-))
>
Von Simrock ist eine "altfraenkische" Uebertragung. Den an. Text
koenntest Du ja mal einem unserer Gegenwartskomponisten antragen. Er
haette die Popularitaet wie Orffs Prometheus in Altgriechisch :-)
Es gruesst Peter
--
Keine Untersuchung muss fuer zu schwer gehalten werden, und
keine Sache fuer zu sehr ausgemacht.
(Lichtenberg, K 305)
Am Mon, 30 Jul 2001 12:19:12 +0200 schrieb Beate Goebel
<beate....@bigfoot.de> :
>
>jetzt weiß ich wieder, warum ich mich hier nur bedingt auf Diskussionen
>einlasse: 200 Zeilen sind am PC recht mühsam (wenn Du etwas mehr Quoten
>könntest?).
Sie sind auch muehsam zu schreiben :-) (Wenn ich noch mehr quote,
packen mich die Netcops bei der Nase und die Postings werden noch
laenger. Aber ich kann ja die Antwort auf mehrere Postings verteilen,
wenn es Dir so besser gefaellt)-
>Trotzdem vielem Dank für die Diskussion, ich wollte mich zur Erholung in
>den Ferien mit Kultur beschäftigen und das ist vollauf gelungen :-))
>
Das freut mich zu lesen ...
[Sprache Wagners]
>
>Ich bin weder Germanist noch Ähnliches, aber meine Kindermärchen waren
>die Sagen (und meine Wiegenlieder Wagner ;-).
>Dieses Mißverhältnis gerade beim Ring stößt mir seit meinem 10.
>Lebensjahr auf und stört mich gerade deshalb, weil Wagner vorgibt, durch
>altertümelnde Sprache die Sagen(stücke) zu verarbeiten. Aus meiner
>Perspektive benutzt er sie nur. Und dies auf dem Hintergrund einer sehr
>kruden eigenen Ideologie, die natürlich bei solchen Stoffen besonders
>deutlich hervortritt (Freud läßt grüßen;-).
>
Du gibst mir einmal wieder Raetsel auf :-) Wagners Verse haben schon
etwas mit der Musik zu tun, sie antizipieren sie (auch wenn die Texte
durchaus auch fuer sich bestehen koennen, es auch Varianten zwischen
den Texten und der spaeteren Vertonung gibt). Die an altertuemliche
Formen und Lexik angelehnte Sprache findest Du in der
zeitgenoessischen Literatur zu Hauf (und bei Wagner-Adepten in
wesentlich kruderer Art), es zeichnet die Epoche der Romantik aus,
dass man neuen Ausdruck vermittelst aelterer Sprachformen sucht.
Wagner will auch nicht einfach alte Sagen verarbeiten, er formt sie zu
neuen Mythen, die mit den alten wenig zu tun haben - es sind im
eigentlichen eben keine Mythen, sondern Explorationen in die
menschliche Seele, die Gier (Das Libretto. Theorie und Geschichte
einer musikoliterarischen Gattung, Darmstadt 1998) mit Proust
vergleicht (S. 171). Bei Gier findet man auch (S. 163-171) eine
ueberezeugende Analyse Wagners als Librettist, die Wagners
unzweifelhafte Sprachkraft hervorhebt.
Wenn ich nun ein Stueck "Pyramus und Thisbe" schriebe, so wuerde ich
den antiken Stoff auch benutzen, was sonst? Ich werde ihn nicht
reproduzieren, ich werde ihn aus meiner Zeit und meinen Ideen
umformen. Denn ich schreibe da nicht als Philologe, sondern als
Kuenstler. Nichts anderes hat Wagner getan, dafuer kann man ihn nun
wahrlich nicht schelten. Und sollte er sich wirklich der doch schon
weitgehend christianisierten Ueberformung der Edda-Texte bedienen?
Auch daher kann man den Stoff dramatisch behandeln wie etwa Hebbel.
Aber Wagner hatte eben auch seine eigenen Ideen.
Wenn Du meinst, diese Ideen seien Ausdruck einer "kruden" Ideologie,
so mag das Deine Meinung sein. Das sehen allerdings selbst Kritiker
Wagners wie Hartmut Zelinsky differenzierter. Um die Spannweite zu
beschreiben, hier ein Zitat aus Schreibers "Kunst der Oper":
"Aber das Nebeneinander von nebuloesen Sozialismus und unterwuerfigen
Royalismus, von Vegeratismus, Regenerationslehre und Antisemitismus,
seine Reformierung der Oper zur paradoxalen Einheit aus Zukunftsmusik
und einer in den Urzustand zurueckgesetzten Sprache, seine
persoenliche Entwicklung vom Parteigaenger eines aufsaessigen
Aufklaerertums im Umkreis der Bewegung des "Jungen Deutschlands" zu
einer Symbolfigur der gruenderzeitlichen Kulturindustrie: das alles
zusammen liess Wagner zum Jahrhundertkuenstler werden." (II, S. 453)
... und aus dem o.a. Gier:
"Nun haben wir die diskontinuierliche Zeit der Oper als Zeit des
inneren Erlebens definiert; von daher waere zu fragen, ob sich die
Zeitstruktur, und damit der Sinngehalt, von Wagners Libretti nicht von
der Parallele zu Proust her erhellen liesse. Friedrich Nietzsches
Auffassung, dass Richard Wagner 'ein capitales Faktum in der
Geschichte des europaeischen Geistes, der modernen Seele' war, faende
sich dadurch eindrucksvoll bestaetigt." (a.a.O. D. 171)
>Und die Sprache als solches würde *ich* nicht als hohe Dichtung bezeichnen,
>eher als gute Propaganda.
>
Da liegst Du mE daneben. Waere es Propaganda, waere es nicht gut, doch
das ist es. Zur Propaganda fehlen diesen Texten wesentliche Merkmale.
Den Rest Deiner Bitte folgend in einem anderen Posting.
zum Weiteren
>
[Pasifal]
>> Den Parsifal an Wolframs Parzeval zu messen,
>> waere ein vergleichbares (analoges :-)) Vorgehen, das mE ebenso
>> daneben griffe, die Intentionen der Autoren bei aehnlichem Stoff
>> sind doch sehr unterschiedlich.
>
>Der Gralssage ist er wesentlich näher, auch wenn mit der Kundry das
>Motiv des ewigen Juden (Golem, Ashver) dazugemixt wird.
>
Wesentliche Dinge sind anders als bei Wolfram gesehen. Wolfram
schreibt mit ungeheuerer Sprachkraft den ersten modernen Roman, der
weit ueber die Gralsage hinweggreift. Aber trotz all meiner
Bewunderung und Liebe das Parzival goenne ich Wagners Darstellung
ihren eigenen Rang (BTW was hat Golem, die aus Lehm geschaffene
Gestalt mit der Schriftrolle, mit Ahasver zu tun? Wieder eine
Analogie, der ich nicht folgen konnte?)
>>> Analogien scheinen nicht Deine Sache.
>
>In der Mythographie sind sie wichtig! Diese Stories finden sich schon im
>Gilgamesch.
>
Gelobt sei Fraenzel, die Stoff- und Motivgeschichte explorierten. Aber
gerade wenn man ihren verschlungenen Pfaden folgt, so sieht man, dass
man mit Analogien nicht weit kommt, dass die Unterschiede im
Aehnlichen wichtiger sind als das Aehnliche. (Auch Jahnn benutzt sehr
einfallsreich Bezuege des Gilgamesch und deutet dadurch auch das
Gilgamesch-Epos fuer seine Zeit neu - beides hat seine Berechtigung
IMHO)
>
>Darf ich Dich provozieren? Du kennst Ranke-Graves?
>
Kenne ich und einiges mehr aus dem Bereich von wissenschaftlicher
Beschaeftigung mit griechischer Mythologie (wobei Ranke-Graves
umstritten genug ist, da halte ich mich doch eher an
Verlaesslicheres).
>> Es waere aber mE falsch, von einer geschlossenen germanischen
>> Mythologie auszugehen, schon die Edda zeigt Widersprueche (gerade
>
>Sicher. Das auf uns Gekommene sind Bruchstücke. Da hat die Kirche gut
>gearbeitet.
... und sie hat eben auch an den Texten gearbeitet, wie leicht
ersichtlich, wenn man sie mit germanischen Texten aus frueherer Zeit
vergleicht)
>Glücklicher Weise ist die Ältere Edda nach dem Auffinden
>einige Jahrhunderte im Museum verschwunden, sonst hätten wir garnichts
>mehr (oder nur die Griechen).
nun ja, ein wenig mehr gibt es schon bis hin zum Kalevala :-)
>
>> Vergleichbar in mE da eher die griechischen Mythologie, die sich
>> nun auch nicht auf die Homerischen Epen beschraenken laesst,
>> sondern hoechst komplexes (und widerspruechliches) Material umfasst
>> (nicht bei Schwab, das weiss ich).
>
>Lass mir meine Kinderbücher;-) Wer allerdings jenseits der 20 noch
>Schwab (oder Dahn) liest... Es ist allerdings wichtig zu wissen, daß
>diese Autoren alle aus der Zeit Wagners stammen. Möglicherweise hat er
>sie gekannt.
>
Warum nicht? In Folge der Romantik war das Interesse an
vaterlaendischen Geschichten recht gross - und auch der Schwab ist
eine kindgerechte Aneignung im Sinne der damaligen Ideologie (da
liegen Welten zwischen Schwab und Grimm BTW). Es gibt auch fuer Leute,
die aelter als 20 sind, gute Gruende, sich mit Schwab oder Dahn zu
beschaeftigen - heute sind sie wohl doch eher unbekannt, selbst
Freytags monumentale Werke "Die Ahnen" oder "Bilder aus deutscher
Vergangenheit" sind vergessen, die sprachlich auf einer anderen Stufe
stehen.
>> Es wuerde Dir sicher angenehmer, wenn Du Wagners Dichtung aus
>> eigenem Recht leben liessest. Sie versteht sich als eigene
>> Schoepfung, nicht als Wiedergabe einer vorhandenen Mythologie.
>
>Das fällt mir schwer, dann stosse ich mich an den Inhalten. (Wenn
>Brünhilde doch nur konsequent wäre usw.)
>
Da fand ich einen recht interessanten Aufsatz einer feministisch
gepraegten Autorin in einem Sammelband, die sich sehr gut mit
Bruennhilde identifizieren konnte ...
>> Jetzt wirst Du Wagner noch sicherlich vorwerfen, dass Balder nicht
>> auftritt :-)
>
>Das ist ein guter Einwurf. - Aber Baldur gehört ins Rheingold.
>
(gehoert das Rheingold nicht auch zum "Ring"?)
>>> Lies mal Wagners Widmung zur Walküre.....
>>>
>> Solchen Aufforderungen zu meiner persoenlichen Weiterbildung komme
>> ich doch gerne nach :-) (Da ich leider gerade meine Partitur der
>> Walkuere ausgeliehen habe, wirst Du mir sicher freundlicherweise
>> einmal zitieren. Im Laufe der Woche hoffe ich das gute Stueck
>> zurueckzubekommen ...)
>
>Aber gerne:
>Dem königlichen Freunde
>
>O, König! holder Schirmherr meines Lebens!
>Du, höchster Güte wonnereicher Hort!
>Wie ring ich nun, am Ziele meines Strebens,
>Nach jenem Deiner Huld gerechten Wort!
>usw. ;-))
>
Interessanterweise weder in der Partiturausgabe noch in mehreren
Textausgaben, die ich befragte. Aber: "Wes Geld ich will ..."
(und ohne den Ludewig waere es Wagner nun wahrhaftig dreckig gegangen,
das muss man auch bemerken)
>Da gingen Plinius und Goethe mit ihren "Vorgesetzten" doch etwas
>souveräner um.
>
Na, na. Plinius war eine andere Zeit, aber Elogen gab es auch da die
Menge (war auch eine Art von Lebensversicherung, wie man bei Seneca
sehen kann), aber Goethe, das ist ein eigenes Kapitel, wobei man nicht
vergessen darf, dass Goethe finanziell unabhaengig war, was immer eine
Unabhaengigkeit erleichtert, da ging es seinem "Freund" Schiller doch
schon deutlich schlechter.
>>> Lies noch mal Wotans Streit mit Frikka.. und die Erzählung der
>>> Waltraute.
>>
>
>Da findest Du eine präzise Schilderung des "Lebens" in Walhall.
>Umgangston, -sitten, Arbeitsverteilung etc., vorher - nachher sozusagen.
>Soziologen wären glücklich über solch präzise Beschreibung des
>"Familienmilieus".
>
>Seufz - ich liebe Wagner, aber den Ring hätte ich gerne in Japanisch.
>(Obwohl mir das nix nutzt, kenne ihn auswendig.)
>
Wie schon gesagt, wenn man die Voraussetzungen im Diltheyschen Sinne
historisierend betrachtet, hat man damit weniger Muehe. Sonst geht es
einem wie dem anderen Wagner:
"Verzeiht! es ist ein gross' Ergetzen
Sich in den Geist der Zeiten zu versetzen,
Zu schauen wie vor uns ein weiser Mann gedacht,
Und wie wir's dann zuletzt so herrlich weit gebracht."
Die Antwort ist so aktuell wie zum Zeitpunkt, da sie geschrieben
wurde:
"O ja, bis an die Sterne weit!
Mein Freund, die Zeiten der Vergangenheit
Sind uns ein Buch mit sieben Siegeln;
Was ihr den Geist der Zeiten heisst,
Das ist im Grund der Herren eigner Geist,
In dem die Zeiten sich bespiegeln."
(Fuer solche Zeilen kann ich dem ollen Johann Wolfgang all seine
Suenden vergeben!)
> "Dieter Göbel" <D-Go...@T-Online.de> wrote:
> >Hallo,
> >im 2. Aufzug gegen Ende übermittelt Brünnhilde Siegmund, dass er nach
> >Wallhall müsste. Er aber will nicht, weil Sieglinde nicht mitkommen
> >darf. Deswegen will er gegen Hunding kämpfen.
> Die Szene heisst "Todesverkündigung" (nur damit in Zukunft das Zitieren leichter
> fällt)
Ich sehe im übrigen eine frappante Ähnlichkeit zwischen dem
Todesverkündigungsmotiv und einem Motiv aus Tristan, Ende zweiter Akt,
nach dem Satz "Wohin nun Tristan scheidet, willst du, Isold', ihm
folgen?" bei der Stelle "Dem Land, das Tristan meint" - diese
Ähnlichkeit beschränkt sich nicht nur auf das Motiv, sondern erstreckt
sich auch auf die Instrumentation (tiefes Blech), und auch das Motiv der
Schicksalsfrage (oder wie auch immer man das nennen will) taucht im
zweiten Takt auf (Tuba, Kb).
Und auch der Text legt nah, daß diese Ähnlichkeit kein Zufall ist, denn
beide Male findet eine Todesankündigung statt.
> >P.S. Bei meiner "Wagner-Entdeckungsreise" werde ich immer fündiger.
> >Diese Szene ist wirklich sehr packend und ergreifend. Die "Musik" passt
> >wirklich genau;-)
>
>
> Ist eine der besten Szenen überhaupt (Belohnung für den etwas trockenen
> Mittelteil von Akt II)
Er scheint nur trocken. Ich finde diesen Teil hochspannend. Z.B. in
psychologischer Hinsicht. Gerade auch in der Musik.
Manfred
Hallo,
> Am Mon, 30 Jul 2001 11:39:21 +0200 schrieb Beate Goebel
> <beate....@bigfoot.de> :
>
>>
>> ich habe auch da die Simrock-Übertragung, vor allem aber wegen der
>> 'Zweisprachigkeit'. Urtext ist eben unschlagbar.
>>
> Das freut mich als "Bonner", dass Simrock bei Dir noch in so hohem
> Ansehen steht, obwohl es inzwischen zweifellos bessere Ausgaben
> (und Uebertragungen) gibt.
Sicher. Ich mag das Buch deshalb, weil auf der einen Seite das Orginal
und auf der anderen die "Übersetzung" steht. Liest sich gut.
Daß Simrock heute nicht mehr das Gelbe vom Ei ist, ist mir klar. Ist
aber nicht so tümlich wie Wagner;-) und zumindest fast wörtlich präzise.
Auch versucht er die Metrik zu berücksichtigen, obwohl er nicht so gut
ist wie J.H. Voss.
> im Unterschied zur Zeit Simrocks, versucht man keine Konkordanz
> zwischen den Fassungen mehr herzustellen, sondern gibt die
> jeweiligen Hss. in ihrem eigenen Recht heraus.
Als Krücke ist das sehr brauchbar.
>>> Grimm: Die Deutschen Sagen (1816-18, 2 Bd.), Wagner bezieht sich
>>> allerdings auf die von mir zitierte Dt. Mythologie.
>>
>> Inzwischen aus dem Nachlass 3 Bände. Aber lass es, lohnt nicht.
>
> Was lohnt sich nicht?
Der 3. Band der Sagen aus Grimms Nachlass/Zettelkästen.
> Die Methodik sagt
> wenig ueber den Wert, wird genau zitiert und die Quellen benannt,
> ist das Werk mehr als diskutabel.
Grimms zitieren eben nicht genau und daß deren Sagen aus Oral-History
stammen, ist auch Legende.
Wie gesagt, man darf endlich an den Nachlaß und schaut sich die
Zeitungsausschnitte (!) des 18. Jh durch, aus denen G. die Sagen
"kompiliert" haben.
>> Noch besser wäre allerdings das Isländisch des 11. Jh. - obwohl ich
>> bezweifle, daß man das im Sinne Wagners cantabel vortonen kann ;-))
>>
> Von Simrock ist eine "altfraenkische" Uebertragung.
Wie verstehe ich das jetzt? Er sprich modernes Neuhochdeutsch?
Eine Wort zu Wort - Übertragung klingt natürlich immer etwas merkwürdig,
gerade bei Autoren des 19. JH. Er schreibt sozusagen Fraktur. Wagners
Neuschöpfungen einer Sprache und Ausdrucksweise, die es nie gab, finde
ich aber "merkwürdiger" (mir liegen andere Klassifizierungen auf der
Tastatur;-))
> Den an. Text
> koenntest Du ja mal einem unserer Gegenwartskomponisten antragen.
> Er haette die Popularitaet wie Orffs Prometheus in Altgriechisch
> :-)
<EG> Gibt es isländische Klassik?
Gruß Beate
> "Beate Goebel" <beate....@bigfoot.de>
>>
>>> Eher Hoffmann v. Fallersleben.
>>
>> Sorry, meinte natürlich v. Hofmannsthal.
>>
> dacht ich mir schon;-)
> Die "Jedermann-Sprache" ist halt nicht jedermanns Geschmack, auch
Das sicherlich. Dachte allerdings eher an die Zusammenarbeit eines
Komponisten mit einem "wirklichen" Dichter.
Das es da auch richtig krachte, liegt wohl in der Natur der Natur;-))
Gruß Beate
> Am Mon, 30 Jul 2001 12:19:12 +0200 schrieb Beate Goebel
> <beate....@bigfoot.de> :
>
>>
>> jetzt weiß ich wieder, warum ich mich hier nur bedingt auf
>> Diskussionen einlasse: 200 Zeilen sind am PC recht mühsam (wenn Du
>> etwas mehr Quoten könntest?).
>
> Sie sind auch muehsam zu schreiben :-) (Wenn ich noch mehr quote,
<G> Wenn man 2 Sachen gleichzeitig macht...
Ich meinte natürlich weniger;-)
> laenger. Aber ich kann ja die Antwort auf mehrere Postings
> verteilen, wenn es Dir so besser gefaellt)-
Werden wir nicht mit diesen Spezialitäten etwas OT? Die Anderen sind
merkwürdig still.
>> stört mich gerade deshalb, weil Wagner vorgibt,
>> durch altertümelnde Sprache die Sagen(stücke) zu verarbeiten. Aus
>> meiner Perspektive benutzt er sie nur. Und dies auf dem Hintergrund
>> einer sehr kruden eigenen Ideologie, die natürlich bei solchen
>> Stoffen besonders deutlich hervortritt (Freud läßt grüßen;-).
>>
> Du gibst mir einmal wieder Raetsel auf :-)
Wo? Ich argumentiere ganz subjektiv. Das sind meine Bauchschmerzen, die
ich beim Ring (!) immer wieder bekomme.
> Wagners Verse haben
> schon etwas mit der Musik zu tun, sie antizipieren sie
Das ist unbestritten.
> (auch wenn
> die Texte durchaus auch fuer sich bestehen koennen,
Das bestreite ich. Wenn, dann IMHO nur im Genre der Schauerliteratur.
(Nein, nicht ganz das Niveau von Karl May;-)
> Varianten zwischen den Texten und der spaeteren Vertonung gibt).
> Die an altertuemliche Formen und Lexik angelehnte Sprache findest
> Du in der zeitgenoessischen Literatur zu Hauf
Davon wird mir der Ton nicht angenehmer.
> es zeichnet die Epoche
> der Romantik aus, dass man neuen Ausdruck vermittelst aelterer
> Sprachformen sucht.
Flasch, krumm, mißverstandener Sprachformen.
Ich weiß nicht genug, um zu sehen, wo man es damals nicht besser wissen
konnte. Aber daraus eine solche Melange zu erarbeiten, hat nicht nur
musikalische Gründe, sondern auch - tümelnde.
Und da sind wir natürlich bei der deutschnationalen Haltung dieser Zeit.
> Wenn ich nun ein Stueck "Pyramus und Thisbe" schriebe, so wuerde
> ich den antiken Stoff auch benutzen, was sonst? Ich werde ihn nicht
> reproduzieren, ich werde ihn aus meiner Zeit und meinen Ideen
> umformen.
Du nanntest als Beispiel die Iphigenie. Das kommt über, ist sehr nah an
der Überlieferung und tümelt in keiner Weise.
Es gibt deren Beispiele viele.
> Und sollte er sich wirklich der doch schon
> weitgehend christianisierten Ueberformung der Edda-Texte bedienen?
Die ältere Edda (10. Jh.) ist vom Christlichen inhaltlich weitgehend
unberührt (IMHO), das macht ihre Besonderheit aus. und der text lag W.
sicher vor.
> Auch daher kann man den Stoff dramatisch behandeln wie etwa Hebbel.
Ein weiteres Beispiel. Sprachlich ohne fsalehc Vorspiegelung und
literarisch in etwa gleichwertig.
Du stützt mit diesen Beispielen mein Unbehagen. (Doch kein Rätsel;-)
> die Spannweite zu beschreiben, hier ein Zitat aus Schreibers "Kunst
> der Oper":
Da steht aber noch mehr;-) Lies es ganz, dahinter kann ich mich (wie
immer bei meinem Lieblingskritiker) vollständig stellen.
Vielen Dank - besser kann ich es nicht darlegen.
Grüße Beate
Beate Goebel wrote:
> Mich graust es einfach, was er aus der Überlieferung zurechtgebogen hat.
> Dabei haben die Orginale genügend Stil und Dramatik.
Ich kann das ja verstehen, aber bei Wagner geht es eben nicht darum, die
Originale "nachzuerzählen", sondern um die Schaffung einer eigenen Welt,
eines eigenen Mythos - nicht mehr, aber auch nicht weniger. Ich glaube
deshalb wirklich nicht, dass man Wagner ernstlich vorhalten kann, wo er
von den Vorlagen abweicht (wobei "Vorlagen" hier ja dann auch das
falsche Wort ist, allein, mir fällt kein besseres ein)
> > da?). Es geht nicht um "blau" oder "grau", und auch nicht darin,
> > was Odin in den Sagen ansonsten so trägt.
>
> Wenn ich den zeitgenössischen Kritiken glauben darf, stand in W.s
> Ersttext noch blau. Er hat es zugunsten des "Stabreimes" geändert. (Über
> seine Produktoinsbedingungen hat er ja immer ausführlich Auskunft
> gegeben.)
>
> Im germanischen Orginal ist die Farbe ein entscheidendes soziologisches
> Merkmal und zwingend für das weitere Verständnis der Zuhörer.
Das mag sein, und ich weiss auch nicht, wann da "grau" hineinkam. So,
wie es jetzt da steht, verstehe ich es auch als Charakteristikum Wotans.
Der erscheint wohl schon hier nicht mehr als der strahlende Herrscher,
der er gerne wäre, sondern versucht schon mit dem Schwert im Stamm Dinge
zurechtzubiegen, die er eigentlich nicht zurechtbiegen kann und darf -
und kratzt damit an seiner (vertraglich gedingten) Macht....
> > Diese Ideologiefrage bei Wagner halte ich für ein recht komplexes
> > Thema, dem man auf jeden Fall in Schlagworten nicht beikommen wird
>
> Deshalb deute ich das auch nur an. Leider ist seine "Ideologie" aus den
> Werken nicht zu destilieren, sie schimmert immer durch.
Wie gesagt, das ist eine eigene Diskussion wert, die ich gerne führen
möchte, aber nicht in dieser Kürze. Ich habe gestern den Anfang
"Lohengin" gehört, und ja, mir fällt das schwer. Aber trotzdem mag es
sein, dass das noch nicht einmal so wahnsinnig ideologisch intendiert
ist, sondern einfach die Grundlagen der Welt darstellt, in die Lohengrin
da gerät. Nun ja. Wie gesagt: Ein langes Thema.....
> Das ist eine andere Baustelle. Da halte ich mich ganz raus (wenn die
> Verwandten unter Wagnerklängen in die Gaskammer geschoben wurden..).
Ich halte mich eben deshalb auch da weitestgehend raus, auch wenn ich
meine, dass man das auch nicht Wagner so anrechnen kann, wie man geneigt
ist, das zu tun....
> > Die Darstellung jetzt speziell welcher Frau? Fricka? Freia?
> > Brünnhilde? Senta? Elisabeth? Ortrud? Venus? Elsa? Kundry?
>
> Jeder dieser. Geh sie doch mal durch:
> Kundry: "Dienen, dienen".
> Elsa: Das zitiere ich mal Slezak: "Was für eine dumme Kuh."
> Senta/Venus: Männerfantasien(?).
Nun, ich meine hier auch, dass man sich mit pointiert-schlagwortartigen
Aussagen eigentlich nicht weiterhilft. Kundrys "Dienen, dienen" zum
Beispiel liest sich schom amüsant, für sich alleine genommen, in
Zusammenhang mit der ganzen Rolle und dem auf Kundry lastenden Fluch
offenbart es aber auch die ganze Tragik der Figur. Das hat nichts damit
zu tun, dass sie die Frau ist in dem Stück. Slezaks Aussagen (wie seine
meisten) lesen sich amüsant, sind aber auch nicht so tiefgängig, wie sie
scheinen: Was soll Elsa denn im ersten Akt anderes tun als dem Ritter
vertrauen? Und am Ende ist es Elsa, die sich dazu durchringt, die Frage
zu stellen, das zeugt ja auch nicht unbedingt von einem schwachen
Charakter. Venus ist wohl eine Männerphantasie, mag sein, aber keine,
die spezifisch Wagner erfunden hätte, nicht? Zumal Venus im Tannhäuser
ja sozusagen das korrespondierende Prinzip zu Elisabeth ist, wenn ich
das richtig sehe, was natürlich beide Charaktere in ihrer Extremheit
auch beschränkt. Aber anders funktioniert die Handlung ja nicht. Fricka
im "Rheingold" wie in der "Walküre" ist wohl doch mehr als eine zickige
Gattin. Ich denke da nur an das, was sie gleich in ihrer ersten Szene im
Rheingold formuliert (die Vorwürfe gegen das abgekartete Spiel der
Männer), das scheint mir durchaus bedeutend für die Rolle. Fricka ist
nämlich durchaus gewillt, sich in der Männerwelt durchzusetzen, und als
sie Gelegenheit dazu bekommt (nämlich durch Hundings Anrufung), dann tut
sie das auch (und hat zu allem Überfluss auch noch die besseren
Argumente in der Hand). Da sehe ich nichts übermässig negatives. Aber
ich antworte auch in Schalgworten, merke ich. Man müsste mal die
Charaktere einzeln sich vorknöpfen....
> Aus dem Ring:
> Weder Frikka noch Freia haben diese Charakterdarstellung verdient. In
> der Edda sind es Göttinnen, d.h. selbstbewußte, bestimmende Frauen mit
> gesellschaftsrelevanten Aufgaben.
Gewiss. Ist Fricka keine selbstbewusste und bestimmende Frau? Und als
Hüterin der Ehe hat sie (selbst nach dem Verständnis der Wagner-Zeit)
eine äusserst gesellschaftsrelevante Aufgabe inne, wenn ich mich nicht
täusche.
Beste Grüsse!
Claus
Hallo Claus,
>>> Die Darstellung jetzt speziell welcher Frau? Fricka? Freia?
>>> Brünnhilde? Senta? Elisabeth? Ortrud? Venus? Elsa? Kundry?
>>
>> Jeder dieser. Geh sie doch mal durch:
>> Kundry: "Dienen, dienen".
>> Elsa: Das zitiere ich mal Slezak: "Was für eine dumme Kuh."
>> Senta/Venus: Männerfantasien(?).
>
> Nun, ich meine hier auch, dass man sich mit
> pointiert-schlagwortartigen Aussagen eigentlich nicht weiterhilft.
> Kundrys "Dienen, dienen" zum Beispiel liest sich schom amüsant,
Amüsant ist für mich nicht das richtige Wort.
> für
> sich alleine genommen, in Zusammenhang mit der ganzen Rolle und dem
Eben: der Zusammenhang der Rolle. Erst rätselhaft, dann Verführerin,
dann demütig, aber immer gedemütigt.
> auf Kundry lastenden Fluch offenbart es aber auch die ganze Tragik
> der Figur. Das hat nichts damit zu tun, dass sie die Frau ist in
> dem Stück.
Sie ist die einzige Frau in diesem Stück!
[...]
Nein, mit der Entwicklung der Gestalt in der Rolle ist nichts zu
erklären. Es handelt sich hier nicht um die psychologischen Winkel einer
realen Person. Es handelt sich um eine Kunstfigur, die, so wie sie ist
erfunden wurde.
Sollten wir das nicht besser mit den Frauengestalten anderer Komponisten
vergleichen: Salome, Elektra, Toska, Turandot z.B.?
> Hand). Da sehe ich nichts übermässig negatives. Aber ich antworte
> auch in Schalgworten, merke ich. Man müsste mal die Charaktere
> einzeln sich vorknöpfen....
Das ist Usenet:-(
Gruß Beate
<abseits>
> Fricka ist
> nämlich durchaus gewillt, sich in der Männerwelt durchzusetzen, und als
> sie Gelegenheit dazu bekommt (nämlich durch Hundings Anrufung), dann tut
> sie das auch (und hat zu allem Überfluss auch noch die besseren
> Argumente in der Hand)
Das Problem (für Wotan) ist ja nicht, daß sie die besseren Argumente
hat, sondern daß sie ihm gnadenlos aufzweigt, wie es um die Güte seiner
Strategie steht: bedenklich schlecht. Er hat durch eigenes Handeln keine
Chance, wieder in den Besitz des Ringes zu gelangen (und sei es auch
nur, um ihn den Rheintöchtern zurückzugeben).
</abseits>
Manfred
Am Tue, 31 Jul 2001 19:56:45 +0200 schrieb Beate Goebel
<beate....@bigfoot.de> :
>> Das freut mich als "Bonner", dass Simrock bei Dir noch in so hohem
>> Ansehen steht, obwohl es inzwischen zweifellos bessere Ausgaben
>> (und Uebertragungen) gibt.
>
>Sicher. Ich mag das Buch deshalb, weil auf der einen Seite das Orginal
>und auf der anderen die "Übersetzung" steht. Liest sich gut.
>
>Daß Simrock heute nicht mehr das Gelbe vom Ei ist, ist mir klar. Ist
>aber nicht so tümlich wie Wagner;-) und zumindest fast wörtlich präzise.
>Auch versucht er die Metrik zu berücksichtigen, obwohl er nicht so gut
>ist wie J.H. Voss.
>
Nun ja, J. H. Voss ist auch nicht gerade empfehlenswert, wer eine
zweisprachige Ausgabe braucht, waere sicherlich mit Brackert gut
beraten (und wer sich fuer die verschiedenen Fassungen interessiert,
kann sich in den Bumke versenken, fuer Leute mit einem schmaleren
Beutel: die Reclam-Ausgabe [Hs. B] ist kommentiert und diskutiert auch
die Fassungen).
Ansonsten ist Wagners Dichtung eben eigenstaendig - und tuemelt mE
durchaus nicht, sie widersteht im Gegenteil solchen tuemelnden
Vereinnahmungen recht robust.
>
>Als Krücke ist das sehr brauchbar.
>
:-)
>
>> Die Methodik sagt
>> wenig ueber den Wert, wird genau zitiert und die Quellen benannt,
>> ist das Werk mehr als diskutabel.
>
>Grimms zitieren eben nicht genau und daß deren Sagen aus Oral-History
>stammen, ist auch Legende.
>Wie gesagt, man darf endlich an den Nachlaß und schaut sich die
>Zeitungsausschnitte (!) des 18. Jh durch, aus denen G. die Sagen
>"kompiliert" haben.
>
Ich spreche von der Dt. Mythologie, nicht von den Dt. Sagen, die ein
anderes Publikum im Auge haben.
>>> Noch besser wäre allerdings das Isländisch des 11. Jh. - obwohl ich
>>> bezweifle, daß man das im Sinne Wagners cantabel vortonen kann ;-))
>>>
>> Von Simrock ist eine "altfraenkische" Uebertragung.
>
>Wie verstehe ich das jetzt? Er sprich modernes Neuhochdeutsch?
>
"Altfraenkisch" ist eine zu dieser Zeit uebliche Bezeichnung fuer
etwas ganz anderes :-) Zitat aus dem Dt. Woerterbuch der Gebrueder
Grimm (nun sind sie es beide!):
"sowol im guten sinn des altvaeterlich, als auch fuer veraltet, den
forderungen der gegenwart unentsprechend. kerlingisch oder
franzoesisch ist darunter nicht gemeint, sondern alterthuemlich, nach
weise der fraenkischen vorfahren" (Band I, S. 271)
Belegt wird das Wort u.a. mit Goethe, J.E. Schlegel und mit meinem
geliebten Wieland ("die etwas altfraenkische Sprache" 4,20), der es so
verwendet, wie ich es meinte).
>Eine Wort zu Wort - Übertragung klingt natürlich immer etwas merkwürdig,
>gerade bei Autoren des 19. JH. Er schreibt sozusagen Fraktur.
Mit einer Wort-fuer-Wort-Uebertragung kommt man auch nicht gerade
weit, viele Begriffe muessen umschrieben werden (oder kommentiert), um
verstaendlich zu werden. Das faengt schoen mit "arebeit" an ...
>Wagners
>Neuschöpfungen einer Sprache und Ausdrucksweise, die es nie gab, finde
>ich aber "merkwürdiger" (mir liegen andere Klassifizierungen auf der
>Tastatur;-))
>
Gegen Dein Vorurteil kannst Du eben nicht :-) Es finden sich
eigentlich nur wenige Neuschoepfung (meist eher nun der musikalischen
Realisation geschuldet), eher Archaismen, doch so viele nicht, wie man
meinen koennte. Der Text ist ungeheuer buehnenwirksam, auch heute noch
(es gab auch schon mal eine Auffuehrung ohne Musik, die zum Erstaunen
der auch nicht voruteilsfreien Kritiker nicht zu einer Parodie ihrer
selbst wurde, sondern packte, nachdem man sich erst einmal an das
Ungewohnte gewoehnte.
>> Den an. Text
>> koenntest Du ja mal einem unserer Gegenwartskomponisten antragen.
>> Er haette die Popularitaet wie Orffs Prometheus in Altgriechisch
>> :-)
>
><EG> Gibt es isländische Klassik?
>
Oh, aber ja doch, Jon Liefs gehoert mE dazu, der koennte Dir das
sicher mundgerecht bereiten :-)
Hallo,
>>> Die Methodik sagt
>>> wenig ueber den Wert, wird genau zitiert und die Quellen benannt,
>>> ist das Werk mehr als diskutabel.
>>
>> Grimms zitieren eben nicht genau und daß deren Sagen aus
>> Oral-History stammen, ist auch Legende.
>> Wie gesagt, man darf endlich an den Nachlaß und schaut sich die
>> Zeitungsausschnitte (!) des 18. Jh durch, aus denen G. die Sagen
>> "kompiliert" haben.
>>
> Ich spreche von der Dt. Mythologie, nicht von den Dt. Sagen, die
> ein anderes Publikum im Auge haben.
Wer die Quellen nicht wissenschaftlich behandelt, dessen theoretischer
Überbau ist höchstens als Konstrukt brauchbar.
>> Wagners
>> Neuschöpfungen einer Sprache und Ausdrucksweise, die es nie gab,
>> finde ich aber "merkwürdiger" (mir liegen andere Klassifizierungen
>> auf der Tastatur;-))
>>
> Gegen Dein Vorurteil kannst Du eben nicht :-)
Lieber Peter, auf der Ebene erübrigt sich dann unsere Diskussion.
Grüße Beate
Am Tue, 31 Jul 2001 12:53:26 +0200 schrieb Beate Goebel
<beate....@bigfoot.de> :
>> Ne, ne;-)
>> Das sehen die Literaturwissenschaftler schon anders. Ich hatte
>> bereits schon einmal auf die 6-bändige Geschichte der deutschen
>> Literatur hingewiesen(Salzer/von Tunk).
>> Die sehen Wagners Operntexte durchaus als "gehobene" Literatur an -
>
Stimmt - wobei man auch nicht vergessen sollte: Es sind Libretti - und
fuer die gelten eine Reihe eigener Gesetze, die Wagner in einer
hoechst schoepferischen Weise fuer seine Zeit vollendet.
>Von Literaturkritik etc. hab ich nun wirklich wenig Ahnung.
>Aber ein Stabreim ist wesentlich mehr als das Aneinanderreihen von
>Worten mit gleichen Anfangsbuchstaben.
Wenn man keinen Endreim benutzt (wie in den romanischen Sprachen, wo
er auch leicht faellt) und keine strophenmaessig vorgegebenen Schemata
(wie in der Antike), ist die Alliteration - und das ist erst einmal
nicht mehr als das Aneinanderreihen von gleichlautenden Anlauten
betonter Stammsilben beim Stabreim - doch ein moegliches Prinzip. Es
gibt eine Reihe von Strophenformen, in einem dramatischen Werk waere
aber eine geschlossene Strophenform wie in der Epik oder der Lyrik
fehl am Platz.
>Da geht mir oft Effekt über den
>Inhalt (bzw. die Präzisierung des Gehaltes)
eine Versform hat erst einmal nichts mit der Praezisierung des
Gehaltes (!?) zu tun, die geschieht in einer Oper ohnedies eher ueber
die Musik als ueber die rein textliche Ebene.
>und W.s Metrik holpert ganz
>schön.
>
Man kann sie ins Stolpern bringen, das schafft man uebrigens auch bei
Rilke, wenn man ihm uebel will - aber spaetestens gesungen erfuellt
sie voll und ganz ihre Funktion.
>Dazu kommen Stilwidrigkeiten, die mir mein Deutschlehrer nie hätte
>durchgehen lassen;-))
>Z.B. die (musikalisch und psychologisch) herrliche Stelle:
>"Winterwinde wichen dem Wonnemond".
>Kann ich nur sagen: gemischte Metapher.
>
Wonnemond ist keine Metapher sondern die Bezeichung eines Monates
(=Mond) - ein herrlich sangbarer Text, das ist doch das Mindeste, was
man sagen kann, oder?
>> nicht wie Karl May;-).
>
Warte mal ab, lieber Dieter, da tut sich einiges an Rehabilitation bei
Karl May, so einfach sollte man den nicht abtun, den letzten
Grossmystiker deutscher Sprache (Arno Schmidt).
>Also *den* Vergleich hätte ich nun nicht gewagt;-)
>Eher Hoffmann v. Fallersleben.
>
>> Auf "Propaganda" wäre ich allerdings nicht gekommen;-)
>> Für wen?
>
>Für sich und seine Konzepte. Er hat/te volle staatliche Unterstützung,
>er ist in aller Munde - immer noch.
Nun, volle staatliche Unterstuetzung hatte er nicht, die eher
ungesicherte des Maezens Ludwig kann man als eine solche nicht
bezeichnen - er war fuer den Staat eher ein Skandalon. Und Werbung
fuer sich und seine Konzepte - die kann man weder jemanden vorwerfen,
nach sie als Propaganda diffamieren IMHO (da wuesste ich ein kraeftig
Stuecklein von Baermann/Weber). Staatstragend wurde er erst nach
seinem Tode (und mit groesstem Bedenken, sieht man seinen unsittlichen
Tristan etwa). Dass er das Unglueck eines fanatischen Anhaengers
hatte, duerfte man ihm nicht vorwerfen (ebenso wenig wie etwa
Bruckner). Wenn er in aller Munde ist, so verdankt er es seiner
genialen Opernkunst, nicht aber seiner Schriften oder jener seiner
Anhaenger.
>Habe auch noch nicht gelesen, daß hier so über Verdis/Puccinis Libretti
>diskutiert wurde;-)
>
Irgendwann werde ich mir mal diesen Sadisten Puccini (ich denke da
etwa an die Folterszenen in Tosca oder in Turandot) vornehmen :-) Aber
ueber einige Beitraege zum Libretto allgemein denke ich schon nach ...
Am Wed, 01 Aug 2001 22:42:27 +0200 schrieb Beate Goebel
<beate....@bigfoot.de> :
>
>Wer die Quellen nicht wissenschaftlich behandelt, dessen theoretischer
>Überbau ist höchstens als Konstrukt brauchbar.
>
Wie kommst Du darauf, dass Jacob Grimm das in der Dt. Mythologie nicht
tut? Er zitiert sauber und nachvollziehbar, man kann deutlich
unterscheiden zwischen Textbestand und Deutung, was willst Du mehr?
>>> Wagners
>>> Neuschöpfungen einer Sprache und Ausdrucksweise, die es nie gab,
>>> finde ich aber "merkwürdiger" (mir liegen andere Klassifizierungen
>>> auf der Tastatur;-))
>>>
>> Gegen Dein Vorurteil kannst Du eben nicht :-)
>
>Lieber Peter, auf der Ebene erübrigt sich dann unsere Diskussion.
>
Wenn ich schon so lieb angesprochen werde: Smileys brauche ich gar
nicht so haeufig, wenn ich sie anwende, dann meine ich sie. De
gustibus non disputantur war in dieser Gruppe bislang akzeptiertes
Prinzip, es geht doch darum, wie man seine Urteile und Vor-Urteile
begruendet, nicht dass man welche hat (und evt. sogar bereit ist, von
ihnen abzugehen). Ich habe BTW meine Meinung begruendet: es gibt
relativ wenige sprachliche Neuschoepfungen bei Wagner (vergleich ihn
einmal mit Rueckert), es gibt eine Anzahl von Archaismen, die es aber
in der deutschen Literatur dieser Zeit haeufig gibt (vgl. etwa Arnim,
Brentano oder andere), Wagner versucht nicht etwa eine alte Sprache
neu zu erfinden oder nachzuahmen, er schreibt schon seine eigene. Ich
finde seine Sprache so gewoehnungswuerdig und zum Aufmerken zwingend
wie eben auch die Rilkes oder Hofmannthals, den Du in anderem
Zusammenhang angesprochen hast.
Ich kann nicht recht nachvollziehen, was dieses "auf dieser Ebene
eruebrigt sich dann unsere Diskussion" meinen soll, ich gebe mir weiss
Gott viel Muehe, meine Meinung darzulegen und zu begruenden.
Am Tue, 31 Jul 2001 21:40:41 +0200 schrieb Beate Goebel
<beate....@bigfoot.de> :
>>> jetzt weiß ich wieder, warum ich mich hier nur bedingt auf
>>> Diskussionen einlasse: 200 Zeilen sind am PC recht mühsam (wenn Du
>>> etwas mehr Quoten könntest?).
>>
>> Sie sind auch muehsam zu schreiben :-) (Wenn ich noch mehr quote,
>
><G> Wenn man 2 Sachen gleichzeitig macht...
>Ich meinte natürlich weniger;-)
>
Mir liegt halt das Argumentieren mehr als das Behaupten, da werden die
Postings schon einmal laenger, wenn ich auch immer das Gefuehl habe,
ich koennte noch etwas an Belegen dazu tun ...
>
>Werden wir nicht mit diesen Spezialitäten etwas OT? Die Anderen sind
>merkwürdig still.
>
Das ist doch in dieser Gruppe nicht OT, auch wenn sich nicht so viele
daran beteiligen (Wenn Werner nicht im Urlaub waere, so naehme er
sicher mit Freuden teil, im Uebrigen hat sich ja auch schon Claus
gemeldet).
Ich finde die Diskussion als Ausgangspunkt einer Ueberlegung ueber die
Rolle des Librettos schon sehr interessant. Du vertrittst dabei sicher
einen etwas extremen Standpunkt, wenn Du dem Autor vorschreiben
moechtest, wie er seinen Stoff formen, welche Sprache er benutzen
sollte, aber solche extremen Meinungen bringen natuerlich erst Farbe
in eine solche Diskussion.
>
>Wo? Ich argumentiere ganz subjektiv.
Und ich versuche, wie immer, das Subjektive zu objektivieren :-) Und
dann polemisierst Du gegen den Begriff "Vor-Urteil"? Das ist doch eben
das Kennzeichen des "Ganz Subjektiven", dass es ein Vor-Urteil
enthaelt, wobei es eben bei der Kunst nicht ohne ein solches geht.
>Das sind meine Bauchschmerzen, die
>ich beim Ring (!) immer wieder bekomme.
>
>> Wagners Verse haben
>> schon etwas mit der Musik zu tun, sie antizipieren sie
>
>Das ist unbestritten.
>
>> (auch wenn
>> die Texte durchaus auch fuer sich bestehen koennen,
>
>Das bestreite ich. Wenn, dann IMHO nur im Genre der Schauerliteratur.
>(Nein, nicht ganz das Niveau von Karl May;-)
>
Zu Karl May habe ich schon hingewiesen, dass er in der Germanistik
inzwischen durchaus differenziert bewertet wird (und Schauerliteratur
schreibt er BTW nicht). Es gibt tatsaechlich eine gewisse Aehnlichkeit
von May und Wagner, gerade in ihrem Besten. Wagners Rang als Autor ist
uebrigens ebenso wenig bestritten (auch wenn er - reduziert man ihn
auf das rein Sprachliche - nicht in die Klasse von Hebbel gehoert).
>> Varianten zwischen den Texten und der spaeteren Vertonung gibt).
>> Die an altertuemliche Formen und Lexik angelehnte Sprache findest
>> Du in der zeitgenoessischen Literatur zu Hauf
>
>Davon wird mir der Ton nicht angenehmer.
>
Das ist natuerlich Einfuehlungssache. Du hast mein volles
Verstaendnis, wenn er Dir nicht gefaellt. Ich habe eben auch mit der
einen oder anderen Epoche, bzw. deren kuenstlerischen Exponenten meine
Muehe (wie etwa Maeterlinck, Huysman, Balasz, um mal einige zu
nennen). Aber ich mache das den genannten Herren nicht zum Vorwurf,
sondern packe mich an meiner eigenen Nase, es sagt eben mehr ueber
mich als ueber diese Autoren aus.
>> es zeichnet die Epoche
>> der Romantik aus, dass man neuen Ausdruck vermittelst aelterer
>> Sprachformen sucht.
>
>Flasch, krumm, mißverstandener Sprachformen.
>Ich weiß nicht genug, um zu sehen, wo man es damals nicht besser wissen
>konnte. Aber daraus eine solche Melange zu erarbeiten, hat nicht nur
>musikalische Gründe, sondern auch - tümelnde.
>Und da sind wir natürlich bei der deutschnationalen Haltung dieser Zeit.
>
Die politische Einschaetzung einer deutschnationalen Haltung ist nicht
eben einfach, der Missbrauch Wagners sicher eklatant. Aber
Nationalismus ist eben nicht einfach etwas Negatives, vor allem nicht
dann, wenn ein nationales Selbstbewusstsein nicht zu einer Abwertung
anderer Nationen fuehrt. Und da muss man halt im 19. Jahrhundert schon
genau unterscheiden. Die demokratische Bewegung etwa von 1848 war
durchaus national orientiert.
Aber in Wagners Werk (wenn man vielleicht von dem fruehen Lohengrin
absieht) ist das Deutschnationale ueberhaupt nicht vorrangig, auch
nicht im "Ring", eher im Gegenteil, die Helden (Siegmund, Siegfried)
treten nicht als Vertreter oder Einiger eines Volkes aus, beide sind
Aussenseiter, die sich gegen die Gemeinschaft auflehnen, wenn sie sich
auf die einlassen, sind sie auch schon gefaehrdet.
>
>Du nanntest als Beispiel die Iphigenie. Das kommt über, ist sehr nah an
>der Überlieferung und tümelt in keiner Weise.
>Es gibt deren Beispiele viele.
>
Die Iphigenie Goethes ist eine humane Wiedergabe aus dem Reich des
Edelmenschen (vor allem die Versfassung) IMHO, ich habe da eher das
Verstaendnis der Antike, wie es Jahnn hatte, da ist mir vieles zu
abgehoben (und trotzdem hat es eine wunderschoene Sprache und
ueberzeugt auf seine Weise - ich mag die Behandlung des antiken
Stoffes nicht, aber lasse mich eben Goethe zu Liebe darauf ein).
>> Und sollte er sich wirklich der doch schon
>> weitgehend christianisierten Ueberformung der Edda-Texte bedienen?
>
>Die ältere Edda (10. Jh.) ist vom Christlichen inhaltlich weitgehend
>unberührt (IMHO), das macht ihre Besonderheit aus. und der text lag W.
>sicher vor.
>
Alle Kommentare, die ich in den letzten Tagen in der Hand hatte,
meinten anderes ...
>> Auch daher kann man den Stoff dramatisch behandeln wie etwa Hebbel.
>
>Ein weiteres Beispiel. Sprachlich ohne fsalehc Vorspiegelung und
>literarisch in etwa gleichwertig.
>
:-)
>Du stützt mit diesen Beispielen mein Unbehagen. (Doch kein Rätsel;-)
>
Na siehst Du :-) Dieses Unbehagen hat mE allerdings weniger seinen
Grund in dem Text Wagners als in Deinen persoenlichen Vorlieben und
Vorstellungen, die man aber auch nicht teilen muss.
(BTW wer kennt heute noch Hebbels Nibelungen-Adaption ausser den
Germanisten?)
>> die Spannweite zu beschreiben, hier ein Zitat aus Schreibers "Kunst
>> der Oper":
>
>Da steht aber noch mehr;-) Lies es ganz, dahinter kann ich mich (wie
>immer bei meinem Lieblingskritiker) vollständig stellen.
>Vielen Dank - besser kann ich es nicht darlegen.
>
Ich habe auch das "viel mehr" gelesen, das meinte ich eben damit, dass
ich die Spannweite beschreiben wollte. Wenn Du den vorzueglichen
Altgermanisten Peter Wapnewski (der sich in seinem Gebiet besser
auskennt als Ulrich Schreiber) liest, findest Du eine eher
enthusiastische Einschaetzung Wagners.
BTW: die enorme Wirkung Wagners auf das zeitgenoessische Frankreich
verdankte sich nicht nur seiner Musik, sondern auch seinen Texten (und
ploetzlich gibt es in der franzoesischen Oper germanische Sujets),
auch das zeigt, dass er nicht als national borniert verstanden wurde.
Manfred Russ wrote:
> Das Problem (für Wotan) ist ja nicht, daß sie die besseren Argumente
> hat, sondern daß sie ihm gnadenlos aufzweigt, wie es um die Güte seiner
> Strategie steht: bedenklich schlecht. Er hat durch eigenes Handeln keine
> Chance, wieder in den Besitz des Ringes zu gelangen (und sei es auch
> nur, um ihn den Rheintöchtern zurückzugeben).
Das ist völlig richtig, keine Frage. Aber das wirft eigentlich kein
schlechtes Licht auf diese Frau, eher auf Wotan, nicht?
Beste Grüsse
Claus
Beate Goebel wrote:
> Habe auch noch nicht gelesen, daß hier so über Verdis/Puccinis Libretti
> diskutiert wurde;-)
Was nicht ist, kann ja noch werden ;-) Derzeit ist es halt Wagner, und
wenn sich die Gelegenheit ergibt, werden es eben Verdi und Puccini sein.
Ansonsten hätten wir ja noch Zauberflöte, Finta giardiniera, Fidelio und
Freischütz dann und wann im Programm ;-)
Beste Grüsse!
Claus
da wird es jetzt etwas schwierig...
Beate Goebel wrote:
> Nein, mit der Entwicklung der Gestalt in der Rolle ist nichts zu
> erklären. Es handelt sich hier nicht um die psychologischen Winkel einer
> realen Person. Es handelt sich um eine Kunstfigur, die, so wie sie ist
> erfunden wurde.
Natürlich, und so wie sie handelt, handelt sie wie eine reale Figur,
oder? Ich meine, man sollte da nicht unterscheiden, und erst recht nicht
die Opernfiguren vom Leben abschneiden, weil es ja ohnehin Kunstfiguren
sind, die mit dem Leben nichts zu tun hätten. Dem ist nicht so. Fricka,
beispielsweise, hat mE bis heute eine ganze Menge mit dem Leben zu tun,
und ich kann die Figur wohl auch nur dann verstehen, wenn ich mir ihre
BEweggründe verdeutliche. Das geht leider nur, wenn ich mir mehr Zeit
für die Figur nehme, als beim letzten Mal. Und die Tatsache, dass es
sich bei Opernfiguren um Kunstfiguren handelt, rechtfertigt auch wohl
kaum, dass man sie in einem Schlagwort abfertigt, dass einen in seiner
Sicht unterstützt, will ich meinen.
Und damit noch einmal auf Kundry zurückkommen, weil ich mir da auch am
wenigsten sicher bin. Kundry erwähnt mehrfach zu Beginn des zweiten
Aktes den Fluch, der auf ihr lastet, und schon deswegen fällt es mir
schwer, da von vorne herein ein negatives Frauenbild drin zu sehen.
Kundry harrt - wie in anderen Opern Wagners die Männergestalten - der
Erlösung aus dem Fluch (man denke da an den Holländer, oder an
Tannhäuser), ich meine nicht, dass Wagner hier ein "Idealbild" seiner
Frauenvorstellung auf die Bübhne gestellt hat. Das hat er vielleicht mit
Isolde, aber selbst da wäre ich mir nicht sicher (und die ist bisher
wohl nicht zufällig aus der Diskussion aussen vor geblieben, oder?).
Aber ich weiss es nicht wirklich, und da habe ich gerne ein offenes Ohr,
wenn mir jemand darlagt, dass und vor allem warum ich mich auf dem
Holzpfade befände.....
> Sollten wir das nicht besser mit den Frauengestalten anderer Komponisten
> vergleichen: Salome, Elektra, Toska, Turandot z.B.?
Das können wir gerne auch, ich denke insbesondere Turandot wird auch oft
falsch verstanden....
Andererseits ist das Thema der Frauengestalten bei Wagner mE durchaus
diskussionswürdig, wie gesagt, wenn man sich etwas Zeit für die
einzelnen Figuren nimmt....
Beste Grüsse!
Claus
Peter Brixius wrote:
>
> Das ist doch in dieser Gruppe nicht OT, auch wenn sich nicht so viele
> daran beteiligen
Das sehe ich ganz bestimmt auch so....
> Ich finde die Diskussion als Ausgangspunkt einer Ueberlegung ueber die
> Rolle des Librettos schon sehr interessant. Du vertrittst dabei sicher
> einen etwas extremen Standpunkt, wenn Du dem Autor vorschreiben
> moechtest, wie er seinen Stoff formen, welche Sprache er benutzen
> sollte, aber solche extremen Meinungen bringen natuerlich erst Farbe
> in eine solche Diskussion.
Dito.
> Wagners Rang als Autor ist
> uebrigens ebenso wenig bestritten (auch wenn er - reduziert man ihn
> auf das rein Sprachliche - nicht in die Klasse von Hebbel gehoert).
Da hat Wagner ja auch einen anderen Anspruch als Hebbel, wagner schreibt
eben Libretti, während Hebbel in seinen Nibelungen eben Sprechtheater
schreibt. Da sind die Voraussetzungen schon anders. Und ich denke, dass
Wagner es ganz hervorragend beherrschte, Texte zu schreiben, die
erstaunlich gut sangbar sind, und wenn man es richtig macht, sind sie
über weite Abschnitte entgegen dem verbreiteten Vorurteil sogar gut zu
vertehen...
> Die politische Einschaetzung einer deutschnationalen Haltung ist nicht
> eben einfach, der Missbrauch Wagners sicher eklatant.
Eklatant und unbestreitbar, gewiss.
> Aber in Wagners Werk (wenn man vielleicht von dem fruehen Lohengrin
> absieht) ist das Deutschnationale ueberhaupt nicht vorrangig,
Und selbst im Lohengrin, wo es ausgesprochen deutlich wird, meine ich,
ist es nicht vorrangig. Die militärische Ebene bildet quasi die
dramatische Umgebung für die andere Geschichte. Ich meine schon (auch
wenn es *heute*, nach den Erfahrungen, was aus solchen Sätzen, wie sie
der Chor im Lohengrin dauernd singt, auch für mich nicht immer
unbedenklich erscheint), dass man dem Stück Unrecht antut, wenn man es
allzu sehr in eine deutschnationale Ecke stellt und das als Negativum
ansieht. Aber als heutige Realisierung gefällt mir mittlerweile die hier
die Idee von Konwitschny gut, die Naivität, die hinter den Phrasen
steckt, mal zu verdeutlichen (der ominöse Schulklassen-Lohengrin)....
> BTW: die enorme Wirkung Wagners auf das zeitgenoessische Frankreich
> verdankte sich nicht nur seiner Musik, sondern auch seinen Texten (und
> ploetzlich gibt es in der franzoesischen Oper germanische Sujets),
Der "Wagnerisme" ist ja dann noch einmal ein höchst eigenes Thema, das
ich im übrigen auch sehr spannend und interessant finde - aber das ist
ein anderes Blatt.
Beste Grüsse!
Claus
Am Thu, 02 Aug 2001 07:10:04 +0200 schrieb Claus Huth
<clhu...@stud.uni-saarland.de> :
>> Habe auch noch nicht gelesen, daß hier so über Verdis/Puccinis Libretti
>> diskutiert wurde;-)
>
>Was nicht ist, kann ja noch werden ;-) Derzeit ist es halt Wagner, und
>wenn sich die Gelegenheit ergibt, werden es eben Verdi und Puccini sein.
>Ansonsten hätten wir ja noch Zauberflöte, Finta giardiniera, Fidelio und
>Freischütz dann und wann im Programm ;-)
>
Da find ich doch gerade bei U. Schreiber zur Zauberfloete: "Kann denn
die Namensaehnlichkeit zwischen Sarastro und Cagliostro ein Zufall
sein?" (I,493)
Hella, halte mich fest ...
Es gruesst herzlich
vielleicht sollten wir uns wirklich einmal die Frage des Libretto als
Kunstform vornehmen. Diese Texte werden ja so leicht als laestiges
Uebel genommen, verdraengt, gar verschwiegen ("Ring ohne Worte" -
welch eine Barbarei!) - dabei wird vergessen, dass die grossen
Entwicklungen und Unbrueche in der Oper ohne die Metastasio,
Calzabigi, Da Ponte, Kind und eben auch Wagner als Autoren nicht
stattgefunden haetten. Wie viel gut gemeinte Opernmusik steht in den
Museen, weil ein gutes Libretto fehlte (auch Weber hatte nur einmal
das Glueck ...)
Wie oft werden hier in der NG Fragen nach wesentlich unwichtigeren
Texten gestellt und dann werden die gelungensten Operntexte
bezweifelt, doch die Genialitaet von Wagners Opern verdankt sich eben
auch seinen Libretti.
Am Thu, 02 Aug 2001 07:08:17 +0200 schrieb Claus Huth
<clhu...@stud.uni-saarland.de> :
>
>Da hat Wagner ja auch einen anderen Anspruch als Hebbel, wagner schreibt
>eben Libretti, während Hebbel in seinen Nibelungen eben Sprechtheater
>schreibt. Da sind die Voraussetzungen schon anders. Und ich denke, dass
>Wagner es ganz hervorragend beherrschte, Texte zu schreiben, die
>erstaunlich gut sangbar sind, und wenn man es richtig macht, sind sie
>über weite Abschnitte entgegen dem verbreiteten Vorurteil sogar gut zu
>vertehen...
>
Gier bringt es sarkastisch auf den Punkt: "Oder soll man annehmen,
dass ein schlechtes Libretto eine Oper verderben kann, ein gutes aber
um so besser ist, je weniger es vom Publikum wahrgenommen wird - was
bedeuten wuerde, dass ein absolut nichtssagendes Libretto das beste
waere?"
Wagners Texte sind - wie Du sagst - gut sangbar, sie bieten die
starken Gegensaetze, der eine Oper bedarf, aber auch die komplexen
Gefuehle und Beziehungen, die Wagner musikalisch unuebertroffen zu
deuten weiss. Eine solche psychologische Ausdeutung ohne das Objekt,
das bedeutet wird, die Sprache, die durchleuchtet wird?
Wie immer bei der Kunst, man muss sich auf das Sprach-Spiel einlassen,
sonst verdirbt man sich selbst das Spiel, manchmal gibt sich einem das
Verstaendnis leicht, manchmal muss man sich schon gut in der
zeitgenoessischen Sprache und dem Denken, das ihr unterliegt
auskennen. Das gilt fuer Texte des 20. Jahrhunderts so gut wie fuer
welche des 17. Jahrhunderts (und die Kunstsprache der italienischen
Oper ist ein Kapitel fuer sich).
>> Die politische Einschaetzung einer deutschnationalen Haltung ist nicht
>> eben einfach, der Missbrauch Wagners sicher eklatant.
>
>Eklatant und unbestreitbar, gewiss.
>
Man darf eben nicht vergessen, dass sich der Nationalismus gegen den
uebernationalen Feudalismus mit seiner Unterdrueckung der
Selbstbestimmung einer Nation wandte, ob nun die Fremdherrschaft durch
die Habsburger geschah (zB. Tschechen, Ungarn und Italiener) oder
durch die Russen (etwa im Falle Polen). Diese nationalen Bestrebungen
waren gerade bei Demokraten beliebt (und bei der roemischen Kirche als
Stuetzerin des Feudalismus unbeliebt). Nicht zu vergessen die
Popularitaet, die der Kampf der Griechen gegen ihre Unterdruecker in
Europa hatte. Ein anderer Aspekt war eben aus der Kleinstaaterei mit
der Willkuer der Duodezfuersten (man denke nur an den Fall Schubarth)
ein gemeinsames demokratisches Deutschland zu gewinnen, wie es die
48er (und mit ihnen Wagner) wollte. Diese Bestrebungen richteten sich
nicht gegen eine andere Nation, verkuendeten kein "Volk ohne Raum",
sie richteten sich gegen die feudal(-miltaristisch)e Klasse. Deshalb
darf man eben den Nationalismus eines Smetana nicht in den gleichen
Topf werden wie den eines Pfitzners.
>> Aber in Wagners Werk (wenn man vielleicht von dem fruehen Lohengrin
>> absieht) ist das Deutschnationale ueberhaupt nicht vorrangig,
>
>Und selbst im Lohengrin, wo es ausgesprochen deutlich wird, meine ich,
>ist es nicht vorrangig.
So sehe ich es auch.
>Die militärische Ebene bildet quasi die
>dramatische Umgebung für die andere Geschichte. Ich meine schon (auch
>wenn es *heute*, nach den Erfahrungen, was aus solchen Sätzen, wie sie
>der Chor im Lohengrin dauernd singt, auch für mich nicht immer
>unbedenklich erscheint), dass man dem Stück Unrecht antut, wenn man es
>allzu sehr in eine deutschnationale Ecke stellt und das als Negativum
>ansieht. Aber als heutige Realisierung gefällt mir mittlerweile die hier
>die Idee von Konwitschny gut, die Naivität, die hinter den Phrasen
>steckt, mal zu verdeutlichen (der ominöse Schulklassen-Lohengrin)....
>
Ganz Deiner Meinung
>> BTW: die enorme Wirkung Wagners auf das zeitgenoessische Frankreich
>> verdankte sich nicht nur seiner Musik, sondern auch seinen Texten (und
>> ploetzlich gibt es in der franzoesischen Oper germanische Sujets),
>
>Der "Wagnerisme" ist ja dann noch einmal ein höchst eigenes Thema, das
>ich im übrigen auch sehr spannend und interessant finde - aber das ist
>ein anderes Blatt.
>
Auch dieses lohnte sich mal aufzuschlagen (an die kleine militante
frankophone/-phile Fraktion) :-)
Es gruesst herzlich
Hallo Peter,
z.B. der Text zu Beethovens "Die Ruinen von Athen"(den ich mal
erfragte);-)
Das Libretto ist wirklich köstlich(man lacht sich teilweise halbtot),
mir ist es völlig schleierhaft, dass Beethoven diesen Text überhaupt
genommen hat und dazu noch relativ so gute Musik komponiert hat.
Viele Grüße
Dieter
Am Thu, 2 Aug 2001 16:52:46 +0200 schrieb "Dieter Göbel"
<D-Go...@T-Online.de> :
>> Wie oft werden hier in der NG Fragen nach wesentlich unwichtigeren
>> Texten gestellt
>
>z.B. der Text zu Beethovens "Die Ruinen von Athen"(den ich mal
>erfragte);-)
>Das Libretto ist wirklich köstlich(man lacht sich teilweise halbtot),
>mir ist es völlig schleierhaft, dass Beethoven diesen Text überhaupt
>genommen hat und dazu noch relativ so gute Musik komponiert hat.
Es ist in sehr interessantes Phaenomen, das Du da ansprichst: Fuer uns
wirken die Texte hoffnungslos veraltert, ja gar laecherlich, in der
Zeit, in der sie entstanden, was sie a la mode.
Es war naemlich kein geringerer als der Erfolgsdichter August von
Kotzebue (heute vielleicht noch durch das eine oder andere seiner
Lustspiele bekannt und durch sein gewaltsames Ende), der die beiden
Festspiele zu der Eroeffnung des Theaters in Pest schrieb. Und
Kotzebue versah diese repraesentativen Stuecke, zu denen Beethoven die
Ehre hatte, die Musik zu schreiben, mit den modernsten Gedanken: die
humanisierende Kraft der Musik - und mit dem Hinweis auf den
Befreiungskampf der Griechen (hinter dem sich der Bezug auf den
Freiheitskampf der Ungarn verbarg) - alles zeitgenoessische
Einstellungen, die Beethovens volle Sympathie hatten. So geraet die
pflichtschuldige Huldigung des Hauses Habsburg (der Unterdruecker der
Ungarn) relativ kuehl, mitreissend der Bezug auf das ungarische Idiom,
vermittelt durch die Volksmusik.
Es waren also nicht nur einfach Schau-Stuecke, sondern eben auch von
Kotzebue vorbereitete Sympathiekundgebungen fuer den Freiheitskampf.
Da uns heute das historische Bewusstsein fehlt, was die Feier einer
Theaterneueroeffnung fuer die Zeit und das Publikum bedeuteten, kommt
uns das ganze allzu leicht laecherlich vor, wir sehen halt nur die
Oberflaeche, erkennen nicht die Tiefendimensionen, die sich hinter dem
modischen Geschmack folgenden Text verbergen (und Kotzebue war ein
geschickter Autor).
Hallo,
> da wird es jetzt etwas schwierig...
-v
> Beate Goebel wrote:
>
>> Nein, mit der Entwicklung der Gestalt in der Rolle ist nichts zu
>> erklären. Es handelt sich hier nicht um die psychologischen Winkel
>> einer realen Person. Es handelt sich um eine Kunstfigur, die, so
>> wie sie ist erfunden wurde.
>
> Natürlich, und so wie sie handelt, handelt sie wie eine reale
> Figur, oder? Ich meine, man sollte da nicht unterscheiden, und erst
> recht nicht die Opernfiguren vom Leben abschneiden, weil es ja
> ohnehin Kunstfiguren sind, die mit dem Leben nichts zu tun hätten.
Da kann ich Dir nicht folgen. Kundry (oder andere) haben nicht gelebt.
Sie entstammen alle der Fantasie des Autors.
> Dem ist nicht so. Fricka, beispielsweise, hat mE bis heute eine
> ganze Menge mit dem Leben zu tun, und ich kann die Figur wohl auch
> nur dann verstehen, wenn ich mir ihre BEweggründe verdeutliche.
Selbstverständlich hat er die Figuren in sich folgerichtig angelegt,
aber deshalb werden sie keine Menschen.
Frikka mag der Prototyp einer Zicke, einer Hausfrau, einer ? sein, aber
sie ist ausgedacht. Und ob der Autor eine keifende Frau oder eine
verhandelnde Politikerin auf die Bühne bringt, ist seine Entscheidung.
> Und damit noch einmal auf Kundry zurückkommen, weil ich mir da auch
> am wenigsten sicher bin. Kundry erwähnt mehrfach zu Beginn des
> zweiten Aktes den Fluch, der auf ihr lastet, und schon deswegen
> fällt es mir schwer, da von vorne herein ein negatives Frauenbild
> drin zu sehen.
Wagner stattet seine Figur so aus. In allen Erzählungen, die ich über
Ahasver kenne, ist diese Gestalt männlich.
> Kundry harrt - wie in anderen Opern Wagners die
> Männergestalten - der Erlösung aus dem Fluch (man denke da an den
> Holländer, oder an Tannhäuser),
Kundry wird geopfert (die tödliche Taufe), die zu erlösenden Männer
bekommen ein Opfer (Senta, Elisabeth).
>> Sollten wir das nicht besser mit den Frauengestalten anderer
>> Komponisten vergleichen: Salome, Elektra, Toska, Turandot z.B.?
>
> Das können wir gerne auch, ich denke insbesondere Turandot wird
> auch oft falsch verstanden....
Mich fasziniert gerade die Anlage der Frauencharaktere in Berlioz'
Trojanern - es geht also auch ganz anders. Obwohl auch dort eine Frau
nur sich selbst treu bleiben kann, wenn sie Selbstmord begeht, sind dies
doch Wesen, die Handlungsalternativen haben.
> Andererseits ist das Thema der Frauengestalten bei Wagner mE
> durchaus diskussionswürdig, wie gesagt, wenn man sich etwas Zeit
> für die einzelnen Figuren nimmt....
Wobei das Weltbild des 19. Jh. zu beachten ist - und andererseits die
Praxis: siehe Cosima;-)
Gruß Beate
Hallo Peter,
> Am Tue, 31 Jul 2001 21:40:41 +0200 schrieb Beate Goebel
> Ich finde die Diskussion als Ausgangspunkt einer Ueberlegung ueber
> die Rolle des Librettos schon sehr interessant. Du vertrittst dabei
> sicher einen etwas extremen Standpunkt, wenn Du dem Autor
> vorschreiben moechtest, wie er seinen Stoff formen, welche Sprache
> er benutzen sollte, aber solche extremen Meinungen bringen
> natuerlich erst Farbe in eine solche Diskussion.
Ich wüßte nicht, in wie weit ich einem Autor etwas *vorschreiben*
sollte. Vielleicht liest Du noch mal etwas genauer.
Meine Anmerkungen betreffen ausschließlich die "Sprache" im Ring. Es
wird mir dort eine vorgeschichtliche Atmosphäre vorgespielt, die mir
schlecht konstruiert erscheint.
Die Verse sind fragwürdig, die Alliterationen sind plump, die Wortwahl
imitiert Altgermanisches (?), das so nie verwendet wurde.
Dazu kommt, daß die überlieferten Mythen (Historien?) ziemlich wild
gewürfelt werden.
Mir stellen sich daraus die Fragen, inwieweit Wagner welche
Vorlagen/Informationen hatte und/oder wieviel davon der Dramatik und der
musikalischen Textur geschuldet ist oder wo Wagner damit ein besonderes
Konstrukt schaffen wollte. Und welches.
Daß er damit eine in sich geschlossene Welt, ein Weltbild bauen wollte,
ist aus seinen Äußerungen zu entnehmen.
Daß ihm alte germanische Quellen in ausreichend präziser Übertragung
vorlagen, ist wahrscheinlich (Sigrdrîfumâl).
Außerhalb der musikalischen Gebäudes sehe ich irgendwie keine
Veranlassung zu solcher Diktion und m.E. hätte eine "normale" Sprache
den Ring in seiner Wirkung nicht geschmälert, wohl aber vermieden, ihn
idoelogisch auszuschlachten. (Ich lerne gerade bei Berlioz, daß es
Komponisten gab, die sich dieser Gefahr bewußt waren.)
Es ist mir wenig hilfreich, sich späteren Interpretationen zu
überlassen. Mich interessiert ausschließlich die damalige Situation und
die damalige Quellenlage, die Wagners Haltung erklären könnten.
> Und dann polemisierst Du gegen den Begriff "Vor-Urteil"? Das ist
> doch eben das Kennzeichen des "Ganz Subjektiven", dass es ein
> Vor-Urteil enthaelt, wobei es eben bei der Kunst nicht ohne ein
> solches geht.
Mir ist schleierhaft, woher Du das "Vor" nimmst. "Polemik" weise ich
zurück. de.comp.security.* ist woanders.
>> Das sind meine Bauchschmerzen, die
>> ich beim Ring (!) immer wieder bekomme.
>>
>>> Wagners Verse haben
>>> schon etwas mit der Musik zu tun, sie antizipieren sie
Lies noch mal: Ich spreche vom Ring.
In anderen Werken benutzte er einen anderen Stil.
> Wagners Rang als Autor ist uebrigens ebenso wenig bestritten (auch
> wenn er - reduziert man ihn auf das rein Sprachliche - nicht in die
> Klasse von Hebbel gehoert).
Wir hatten noch nicht: Nietzsche, Th. Mann, Adorno..... Und Du solltest
auch noch Wolzogen und Bloch anführen. (Bei Dahlhaus streike ich.)
> Wenn Du den
> vorzueglichen Altgermanisten Peter Wapnewski (der sich in seinem
> Gebiet besser auskennt als Ulrich Schreiber) liest, findest Du eine
> eher enthusiastische Einschaetzung Wagners.
Mir geht es nicht um die Einschätzungen und Wertungen irgendwelcher
"Autoritäten". Mir geht es um eine (meine) Analyse in der Spannung von
Ästhetik, Sachzwang und Manierismus.
Gruß Beate <selbst denkend>
[Fricka]
> Das ist völlig richtig, keine Frage. Aber das wirft eigentlich kein
> schlechtes Licht auf diese Frau, eher auf Wotan, nicht?
Nichts anderes wollte ich sagen.
Jetzt einfach mal frei von der Leber weg:
Ich habe den Eindruck, daß der Hörer, der sich noch nicht allzu sehr mit
der Materie beschäftigt hat, dazu neigt, sich mit dem Protagonisten
Wotan zu identifizieren. Oder anders: ihm Sympathien entgegenzubringen.
Das liegt nicht zuletzt an der (zumindest äußerlich) unsympathischen
Erscheiniung des Antagonisten Alberich.
Wotan steckt tief im Schlamassel und muß schauen, wie er da heraus
kommt. Da kommt ihm Fricka in die Quere. Mißmutig und keifend, wie die
Weiber nun mal sind. Augenscheinlich. Wotans Sympathiewerte beim
Publikum dürften erstmal steigen. Wotan muß nachgeben. Zumindest der
männliche Teil des Publikums leidet mit ihm.
Dann besieht der geneigte Zuschauer sich die Sache etwas genauer. Und
ihm wird vielleicht etwas mulmig, denn es ist alles nicht so, wie es
scheint.
Fricka hat in allen Punkten recht und Wotan muß sich eingestehen, daß er
sich die ganze Zeit was vorgemacht hat. (Eigentlich auch typisch Mann.)
Könnte das hinkommen? Ich weiß, ist alles sehr spekulativ und - wie
gesagt - etwas unreflektiert aus dem hohlen Bauch...
Auch deshalb hab' ich das geschrieben, was ich hier nicht gequotet habe.
Manfred
--
How come wrong numbers are never busy?
Manfred Russ wrote:
>
> Ich habe den Eindruck, daß der Hörer, der sich noch nicht allzu sehr mit
> der Materie beschäftigt hat, dazu neigt, sich mit dem Protagonisten
> Wotan zu identifizieren. Oder anders: ihm Sympathien entgegenzubringen.
Das ist gewiss wahr.
> Das liegt nicht zuletzt an der (zumindest äußerlich) unsympathischen
> Erscheiniung des Antagonisten Alberich.
Ja, und es liegt vielleicht auch daran, dass man schnell auf Wotan
"hereinfällt", und sein - darf ich das so sagen? - vordergründiges
Pathos für bare Münze nimmt. Ein Bauherr, der aufsteht, und erstmal die
Gattin Gattin sein lässt, um den "hehren herrlichen Bau" zu grüssen, das
scheint Eindruck zu machen. Allerdings ist das ja nicht so zu verstehen,
dass deshalb Fricka in der Rolle der dummen, keifenden Hausfrau landet,
ganz im Gegenteil. Wotan drängt sie dahin - und da widersetzt sie sich
vehement.
> Wotan steckt tief im Schlamassel und muß schauen, wie er da heraus
> kommt. Da kommt ihm Fricka in die Quere. Mißmutig und keifend, wie die
> Weiber nun mal sind. Augenscheinlich.
Ich glaube noch nicht einmal, dass Fricka von vornherein als keifend
angelegt ist. Das viele Sänerginnen als Fricka keifen, heisst ja nicht
viel. Man höre da etwa einmal, wie das Christa Ludwig unter Levine
macht, oder auch Hanna Schwarz unter Boulez. Da keift Fricka nicht....
> Wotans Sympathiewerte beim
> Publikum dürften erstmal steigen. Wotan muß nachgeben. Zumindest der
> männliche Teil des Publikums leidet mit ihm.
> Dann besieht der geneigte Zuschauer sich die Sache etwas genauer. Und
> ihm wird vielleicht etwas mulmig, denn es ist alles nicht so, wie es
> scheint.
Das ist wohl der Trick, ja.
> Fricka hat in allen Punkten recht und Wotan muß sich eingestehen, daß er
> sich die ganze Zeit was vorgemacht hat. (Eigentlich auch typisch Mann.)
Stimmt schon ;-)
Beste Grüsse!
Claus
Beate Goebel wrote:
> Ich wüßte nicht, in wie weit ich einem Autor etwas *vorschreiben*
> sollte. Vielleicht liest Du noch mal etwas genauer.
Naja, Wagner hätte es auf jeden Fall besser machen sollen, so vertehe
ich Deine Bemerkungen zur Ring-Sprache. Ich habe mir gestern anhand
einer exponierten Stelle im Rheingold ("Sanft schloss Schlaf Dein Aug'")
noch einmal durch den Kopf gehen lassen. Ich kann mir nicht helfen, der
Text ist gut.....
> Meine Anmerkungen betreffen ausschließlich die "Sprache" im Ring. Es
> wird mir dort eine vorgeschichtliche Atmosphäre vorgespielt, die mir
> schlecht konstruiert erscheint.
> Die Verse sind fragwürdig, die Alliterationen sind plump, die Wortwahl
> imitiert Altgermanisches (?), das so nie verwendet wurde.
> Dazu kommt, daß die überlieferten Mythen (Historien?) ziemlich wild
> gewürfelt werden.
Wie gesagt, es geht um einen neuen Mythos, und noch nicht einmal das, es
geht um bestimmte Konstellationen, die Wagner eben auch aus alten Mythen
herausbaut und -umbaut. Wagner hatte sicher nicht im Sinn, die Mythen zu
veropern, das scheint mir in jedem Moment im Ring eigentlich
offenkundig.
> Daß er damit eine in sich geschlossene Welt, ein Weltbild bauen wollte,
> ist aus seinen Äußerungen zu entnehmen.
Eben.
> Daß ihm alte germanische Quellen in ausreichend präziser Übertragung
> vorlagen, ist wahrscheinlich (Sigrdrîfumâl).
Das sehe ich den Zusammenhang zum vorhergehenden Satz nicht, sorry.
> Außerhalb der musikalischen Gebäudes sehe ich irgendwie keine
> Veranlassung zu solcher Diktion und m.E. hätte eine "normale" Sprache
> den Ring in seiner Wirkung nicht geschmälert, wohl aber vermieden, ihn
> idoelogisch auszuschlachten.
Was wäre denn eine angemessene Sprache, Deiner Meinung nach?
> Es ist mir wenig hilfreich, sich späteren Interpretationen zu
> überlassen. Mich interessiert ausschließlich die damalige Situation und
> die damalige Quellenlage, die Wagners Haltung erklären könnten.
Gleichwohl wurde auf die Rezeption verwiesen. Die müssten wir da aber
ausklammern, oder?
> > Und dann polemisierst Du gegen den Begriff "Vor-Urteil"? Das ist
> > doch eben das Kennzeichen des "Ganz Subjektiven", dass es ein
> > Vor-Urteil enthaelt, wobei es eben bei der Kunst nicht ohne ein
> > solches geht.
>
> Mir ist schleierhaft, woher Du das "Vor" nimmst. "Polemik" weise ich
> zurück. de.comp.security.* ist woanders.
Polemik ist BTW nichts Schlechtes. Im Gegenteil. In Diskussionen ist sie
sogar unumgänglich.
> Lies noch mal: Ich spreche vom Ring.
> In anderen Werken benutzte er einen anderen Stil.
Vielleicht liegt in diesem Satz ja auch eine Antwort auf Dein Problem.
Die Sprache, die im Ring verwandt wird, ist nämlich mE ein ganz
essentieller Teil der Welt, die Wagner da aufbauen will, und sie dient
(möglicherweise, ich bewege mich auf dem dünnen Eis der Spekulation)
vielleicht auch der Distanzierung des Publikums vom Geschehen, damit
dieses erst wieder die Möglichkeit hat, die Parallelen zum eigenen Leben
zu sehen. Denkbar, oder?
Beste Grüsse und einen schönen Sonntag!
Claus
bleiben wir vorerst doch einmal bei Fricka, da hat sich ja an anderer
Stelle auch so einiges ergeben.....
Beate Goebel wrote:
> > Natürlich, und so wie sie handelt, handelt sie wie eine reale
> > Figur, oder? Ich meine, man sollte da nicht unterscheiden, und erst
> > recht nicht die Opernfiguren vom Leben abschneiden, weil es ja
> > ohnehin Kunstfiguren sind, die mit dem Leben nichts zu tun hätten.
>
> Da kann ich Dir nicht folgen. Kundry (oder andere) haben nicht gelebt.
> Sie entstammen alle der Fantasie des Autors.
Natürlich - und doch sind es Figuren, deren Handeln man durchleuchten
kann und deren Beweggründe nicht nur im Wollen des Autors liegen (sonst
wäre es wohl ein schlechter solcher, und die Figur ziemlich
unglaubwürdig)....
> Selbstverständlich hat er die Figuren in sich folgerichtig angelegt,
> aber deshalb werden sie keine Menschen.
Wie gesagt, ich finde Fricka ganz ausgesprochen menschlich in ihrer
Handlungsweise.
> Frikka mag der Prototyp einer Zicke, einer Hausfrau, einer ? sein, aber
> sie ist ausgedacht. Und ob der Autor eine keifende Frau oder eine
> verhandelnde Politikerin auf die Bühne bringt, ist seine Entscheidung.
Was tut denn Wagner Deiner Meinung nach - sprich: Wie siehst Du die
Figur denn??
Beste Grüsse
Claus
Hallo Claus,
> Beate Goebel wrote:
>
>> Ich wüßte nicht, in wie weit ich einem Autor etwas *vorschreiben*
>> sollte. Vielleicht liest Du noch mal etwas genauer.
>
> Naja, Wagner hätte es auf jeden Fall besser machen sollen, so
> vertehe ich Deine Bemerkungen zur Ring-Sprache.
Besser? Es gefällt mir nicht und ich frage mich anhand der Wagner zur
Verfügung stehenden Quellen, wie er ausgerechnet auf diese Idee gekommen
ist.
> Ich habe mir
> gestern anhand einer exponierten Stelle im Rheingold ("Sanft
> schloss Schlaf Dein Aug'") noch einmal durch den Kopf gehen lassen.
> Ich kann mir nicht helfen, der Text ist gut.....
Stell Dich doch mal mit den Textbuch mitten in den Raum und lies Dir
laut 2-3 Seiten vor..... Aber nicht singen!
Und dann lies mal so Goethe oder Hölderlin oder ......
> Wie gesagt, es geht um einen neuen Mythos, und noch nicht einmal
> das, es geht um bestimmte Konstellationen, die Wagner eben auch aus
> alten Mythen herausbaut und -umbaut.
Und ich frage mich, warum das gerade in dieser Weise einer wilden
Melange mit (IMHO) Tendenz zur Verfälschung sein musste. Allerdings bin
ich der Antwort schon etwas näher gekommen. Es muss damals Mode gewesen
sein. Wagner rekuriert auf einen Text von Simrock: "Die Amelungen", der
ein ähnlicher Verschnitt aus Überlieferungsbruchstücken sein soll.
Wo bekomme ich jetzt diesen Text her ohne ihn kaufen zu müssen?
> Wagner hatte sicher nicht im
> Sinn, die Mythen zu veropern, das scheint mir in jedem Moment im
> Ring eigentlich offenkundig.
Ich weiß nicht, was Du mit veropern meinst - aber genau das hat er
gemacht: Aus falsch/quer/? verstandener Überlieferung eine Oper.
>> Daß er damit eine in sich geschlossene Welt, ein Weltbild bauen
>> wollte, ist aus seinen Äußerungen zu entnehmen.
>
> Eben.
Dieses Weltbild, welches er ausführlich beschreibt, macht es dann aber
noch unbekömmlicher. Hier halte ich mich nur am Text fest. Wenn wir
jetzt noch die - von Wagner gewollte - ideologische Komponente erörtern,
wird es sehr unbekömmlich. Und ich beziehe mich *nur* auf das von W dazu
Geäußerte.
>> Daß ihm alte germanische Quellen in ausreichend präziser
>> Übertragung vorlagen, ist wahrscheinlich (Sigrdrîfumâl).
>
> Das sehe ich den Zusammenhang zum vorhergehenden Satz nicht, sorry.
Er kannte die Sprache, Versmaß etc. der Orginale - in welcher
Übertragung auch immer. In diesem Vergleich kann jede Nachempfindung nur
schräg wirken. (Wenn ich jetzt lächerlich oder Parodie sage, hängt sich
hier wieder jeder an *einem* Wort auf, statt auf den Kontext zu sehen;-)
>> Außerhalb der musikalischen Gebäudes sehe ich irgendwie keine
>> Veranlassung zu solcher Diktion und m.E. hätte eine "normale"
>> Sprache den Ring in seiner Wirkung nicht geschmälert, wohl aber
>> vermieden, ihn idoelogisch auszuschlachten.
>
> Was wäre denn eine angemessene Sprache, Deiner Meinung nach?
Ein Libretto verlangte nach damaliger Konvention nach einer "gehobenen"
Sprache. Komponisten haben im allgemeinen richtige(TM) Dichter genommen.
Wagner hat zwar "Unterricht" in Stabreim und Metrik genommen, aber
<vielleicht hätte er doch jemanden nehmen sollen, der sich damit
auskennt>.
>> Es ist mir wenig hilfreich, sich späteren Interpretationen zu
>> überlassen. Mich interessiert ausschließlich die damalige
>> Situation und die damalige Quellenlage, die Wagners Haltung
>> erklären könnten.
>
> Gleichwohl wurde auf die Rezeption verwiesen. Die müssten wir da
> aber ausklammern, oder?
Ich bin schon eine Weile davon ab, die Interpretationen Anderer für
*meine* Meinungbildung zu benutzen. Ich hole mir lieber selbst die
Quellen. Allerdings ist das für die Musik nicht mein Job, daher bleibe
ich leider im Fragment hängen.
Allerdings habe ich mir in den letzten Tagen zum Thema einiges an
Rezeptionsliteratur durchgesehen, so dass ich jetzt schon aufpassen
muss, nicht die Meinung von XXX für meine zu halten, nur weil sie mir
sympatisch ist.
>> Mir ist schleierhaft, woher Du das "Vor" nimmst. "Polemik" weise
>> ich zurück. de.comp.security.* ist woanders.
>
> Polemik ist BTW nichts Schlechtes. Im Gegenteil. In Diskussionen
> ist sie sogar unumgänglich.
Lass mal;-) Das ist nicht mein erster Strauss mit PB, das soll er selbst
ausfechten;-) (Und es wohl nicht nur um Wagner;-)
>> Lies noch mal: Ich spreche vom Ring.
>> In anderen Werken benutzte er einen anderen Stil.
>
> Vielleicht liegt in diesem Satz ja auch eine Antwort auf Dein
> Problem. Die Sprache, die im Ring verwandt wird, ist nämlich mE ein
> ganz essentieller Teil der Welt, die Wagner da aufbauen will,
Ja, aber wenn wir über diese seine Weltsicht diskutieren (mit Orginal-
Zitaten bitte), dann kommt hier manch Übles auf den Tisch.
> und
> sie dient (möglicherweise, ich bewege mich auf dem dünnen Eis der
> Spekulation) vielleicht auch der Distanzierung des Publikums vom
> Geschehen, damit dieses erst wieder die Möglichkeit hat, die
> Parallelen zum eigenen Leben zu sehen. Denkbar, oder?
Leider nein. Er *hat* sich geäußert und dieses Weltbild ist ein sehr
autokratisches - um nicht zu sagen: größenwahnsinniges. Stichwort:
Lohengrin. (Sehr polemisch verkürzt: Wer nicht folgt ohne zu fragen, der
stirbt.) Weiteres Stichwort: Parzival! (Polemik: die perfekte Republik.)
> Beste Grüsse und einen schönen Sonntag!
Danke.
Der Don Govanni war wunderschön - und das Salminen (SP?) noch singt!
Kann mir jemand etwas zur Inszenierung sagen? Oder sonst ein paar
erklärende Besonderheiten? Kenne mich mit Mozart nicht so aus.
Grüße Beate
Hallo Claus,
> bleiben wir vorerst doch einmal bei Fricka, da hat sich ja an
> anderer Stelle auch so einiges ergeben.....
Gerne, wenn Du möchtest. Ich möchte nur anmerken, dass es hier um eine
Nebenfigur handelt, die fragmentarischer gezeichnet ist, als wenn Du Dir
Senta, Isolde etc. ansiehst.
>> Da kann ich Dir nicht folgen. Kundry (oder andere) haben nicht
>> gelebt. Sie entstammen alle der Fantasie des Autors.
>
> Natürlich - und doch sind es Figuren, deren Handeln man
> durchleuchten kann und deren Beweggründe nicht nur im Wollen des
> Autors liegen (sonst wäre es wohl ein schlechter solcher, und die
> Figur ziemlich unglaubwürdig)....
Nun, ich weiß nicht viel über den Produktionsprozess eines Autors, aber
ich denke schon, dass er die volle Verfügungsgewalt über seine Figuren
hat. Er ist der Meister ihres "Lebens". Die Figuren selbst haben keine
"Handlungsfreiheit". Und Wagner hat sich dezidierte Konzepte
zurechtgelegt, auch wenn er thoeretisch einiges geäußert hat, dass er
dann praktisch nicht so umgesetzte.
>> Selbstverständlich hat er die Figuren in sich folgerichtig
>> angelegt, aber deshalb werden sie keine Menschen.
>
> Wie gesagt, ich finde Fricka ganz ausgesprochen menschlich in ihrer
> Handlungsweise.
Ihre "psychologische Disposition" verdankt sie ihrem Autor. Die Frage
ist nicht, ob sie nachvollziehbar menschlich wirkt, sondern welches
Schicksal diese Figur im Vergleich zu anderen (Frauen-) Figuren Dank der
Inspiration des Autors "durchlebt".
Und dass Wagner ein festgeprägtes Bild von der Funktion seiner Frauen
auf der Bühne hatte, hat er ja oft und laut geäußert.
>> Frikka mag der Prototyp einer Zicke, einer Hausfrau, einer ? sein,
>> aber sie ist ausgedacht. Und ob der Autor eine keifende Frau oder
>> eine verhandelnde Politikerin auf die Bühne bringt, ist seine
>> Entscheidung.
>
> Was tut denn Wagner Deiner Meinung nach - sprich: Wie siehst Du die
> Figur denn??
Nun, Fricka ist eines nicht: die von mir oben angesprochene Politikerin.
Sie ist, obwohl Göttin, nicht einmal Souveränin.
Sie wird im Rheingold als hilflos Ratlose und in der Walküre als
zwanghaft handelnde Neidische gezeichnet - und das ist nicht das, was
diese Figur auch sein könnte: z.B. eine Wotan unterstützende (Ehe-,
Geschäfts-) Partnerin.
Ja, ja, im 19 Jh. ist dieser Frauencharakter auf der Bühne schlecht
vorstellbar. Aber sieh Dir doch mal nebeneinander die Zeichnung der
Norma (Bellini) und der Brünhilde an.
Meiner Erinnerung nach qualifiziert W. Fricka auch durch die ihr
zugegebene Musik in sicherer Weise als quälend/nörgelnd - dazu muß ich
die Stellen aber noch mal hören/lesen.
Spontan fällt mir das Attribut des Schafwagens ein: Wotan + Brühnhilde
kommt zu Pferd, Fricka im Wagen (!) gezogen durch Widder.
Mal abgesehen von der Tierquälerei ist das schon für ein Offiziers-,
Adels-, Großbürgerpublikum ein eindeutiges Signal (= eine
gesellschaftliche Unmöglichkeit).
(Der Wagen gehört in der Edda eigentlich zu Freia und dort ist es der
Sonnenwagen, den sie als Ersatz für Baldur lenkt.)
Allerdings erleidet Fricka den Kollektivtod in der Götterdämmerung und
wird nicht zur Erlösung eines Mannes geopfert. Insofern unterscheidet
sie sich von der weiblichen Hauptfiguren sehr.
Wie gesagt, ich werde mir das noch mal vorführen und kann dann sicher
präziser darlegen. Heute war Don Govanni dran:-))
Gruß Beate
Hallo Claus,
ich schalte mich jetzt mal ganz laienhaft ein - und dazu musst du noch
wissen, dass ich erst jetzt(nach 40-jährigen Hören der "anderen"
Klassik)mich mit Wagners Ring beschäftige(die anderen Opern kenne ich so
gut wie gar nicht).
Ich schreibe dir mal diese Sprachgebilde aus dem Anfang des 3. Aufzugs
auf, die mir mehr oder weniger fremd sind:
"Wer hängt dir im Sattel?"
"Ortlinde´s Mähre trägt Wittig den Irming!"
"Wo säumst du so lang?"
"Alvater gäb´ uns grimmigen Gruß"
"In brünstigem Ritt jagt Brünnhilde her".
"So jach(weiß der Teufel, was das heißt) sah ich nie Walküren jagen."
usw.usw.
Was ist das für eine Sprache?
Von R. Wagners schriftstellerischen Zeitgenossen unterscheidet sich die
Sprache ziemlich. Ich kann sie nicht einordnen. Sie liest
"altertümlich", kann aber auch neu geschaffen sein. Das macht mir neben
der Musik leider zusätzlich zu schaffen.
R. Wagner scheint seine Werke nicht gut zu verkaufen;-)
Beim Hören von Opern und sonstigen Vokalwerken hat man ohnehin schon
Probleme, den Text zu verstehen. Bei Wagner ist das stellenweise so, daß
man seinen Text mit Hilfe des Librettos versteht, aber dann d i e s e
Sprache nicht versteht.
Wie besagt, ich beziehe meine Eindrücke nur auf das "Rheingold" und die
"Walküre".
Ich fürchte aber, es wird bei "Siegfried" und "Götterdämmerung" genau so
weitergehen;-)
Also heißt das für den "Wagner - Entdecker" doppelte Nüsse zu knacken:
Sprache
u n d Musik;-)
Viele Grüße
Dieter
>ich schalte mich jetzt mal ganz laienhaft ein - und dazu musst du noch
>wissen, dass ich erst jetzt(nach 40-jährigen Hören der "anderen"
>Klassik)mich mit Wagners Ring beschäftige(die anderen Opern kenne ich so
>gut wie gar nicht).
>Ich schreibe dir mal diese Sprachgebilde aus dem Anfang des 3. Aufzugs
>auf, die mir mehr oder weniger fremd sind:
>"Wer hängt dir im Sattel?"
>"Ortlinde´s Mähre trägt Wittig den Irming!"
>"Wo säumst du so lang?"
"säumen" ist nun wirklich kein so ungewöhnliches Wort (nein, nicht mit der
Nähmaschine), was ein Mähre ist, weiss man auch und "Wittig" und "Irming"
sind Eigennamen.
>"Alvater gäb´ uns grimmigen Gruß"
"Walvater" (später auch Heervater), das ist natürlich Wotan (der Vater der
Walküren)
wäre nicht erbaut, wenn die Walküren zu spät und auch noch ohne Brünnhilde
eintreffen.
>"In brünstigem Ritt jagt Brünnhilde her".
"brünstig" ist bei Wagner wohl auch von "Brennen" abgeleitet (weiss nicht, ob
das etymologisch stimmt)
>"So jach(weiß der Teufel, was das heißt) sah ich nie Walküren jagen."
"jach" heisst sowas wie schnell, atemlos, "jäh"
>usw.usw.
>Was ist das für eine Sprache?
Du hast aber sicher doch völlig problemslos verstanden, um was es geht, oder?
Selbstverständlich ist das keine Alltagssprache, die gibts aber in fast keiner
Oper, oder? Manchmal finde ich die Sprache ja auch unfreiwillig
komisch, aber oft auch sehr poetisch, einfach irgendwie passend.
>Von R. Wagners schriftstellerischen Zeitgenossen unterscheidet sich die
>Sprache ziemlich. Ich kann sie nicht einordnen. Sie liest
>"altertümlich", kann aber auch neu geschaffen sein. Das macht mir neben
>der Musik leider zusätzlich zu schaffen.
>R. Wagner scheint seine Werke nicht gut zu verkaufen;-)
scheint ihnen in den letzten 140 Jahren aber nicht viel geschadet zu haben...
>Beim Hören von Opern und sonstigen Vokalwerken hat man ohnehin schon
>Probleme, den Text zu verstehen. Bei Wagner ist das stellenweise so, daß
>man seinen Text mit Hilfe des Librettos versteht, aber dann d i e s e
>Sprache nicht versteht.
>Wie besagt, ich beziehe meine Eindrücke nur auf das "Rheingold" und die
>"Walküre".
>Ich fürchte aber, es wird bei "Siegfried" und "Götterdämmerung" genau so
>weitergehen;-)
>Also heißt das für den "Wagner - Entdecker" doppelte Nüsse zu knacken:
>Sprache u n d Musik;-)
Na und, das hält geistig rege...
viel Spass
Johannes
--
__________________________________________________________
News suchen, lesen, schreiben mit http://newsgroups.web.de
in diesem zusammenhang sei erwaehnt, dass das russische, wie wir es in
opern von mussorgski und tschaikowski finden, weit von der modernen,
heute gesprochenen russischen sprache entfernt ist und mehr der
sprache puschkins, gogols und dostojewskis aehnelt.
nur wundert das in dieser ng niemanden so recht.
w.
Am Sun, 05 Aug 2001 21:44:29 +0200 schrieb wl...@iworld.de (Werner
Lamm) :
>
>in diesem zusammenhang sei erwaehnt, dass das russische, wie wir es in
>opern von mussorgski und tschaikowski finden, weit von der modernen,
>heute gesprochenen russischen sprache entfernt ist und mehr der
>sprache puschkins, gogols und dostojewskis aehnelt.
>nur wundert das in dieser ng niemanden so recht.
>
Das Gleiche gilt - wie erwaehnt - auch von der Kunstsprache, in der
die Opern Bellinis und Verdis verfasst sind, auch eine Sprache, die
man weder damals noch heute so sprach.
meine erste Antwort auf Dein Posting ist in den Orkus gespuelt worden,
da ich mich so ungern wiederhole, wird es nun in Deinem Sinne kuerzer.
Am Thu, 02 Aug 2001 23:29:55 +0200 schrieb Beate Goebel >
>Ich wüßte nicht, in wie weit ich einem Autor etwas *vorschreiben*
>sollte. Vielleicht liest Du noch mal etwas genauer.
>
Eben den Ratschlag wollte ich auch geben :-) (Zitat zum Beleg war in
meinem urspruenglichen Posting, aber das findest Du sicher auch in
Deinen Beitraegen). Aber wenn Du Dich nun explizit zu dieser Meinung
durchgerungen hast, bin ich's zufrieden.
>Meine Anmerkungen betreffen ausschließlich die "Sprache" im Ring. Es
>wird mir dort eine vorgeschichtliche Atmosphäre vorgespielt, die mir
>schlecht konstruiert erscheint.
Mir eben nicht.
>Die Verse sind fragwürdig, die Alliterationen sind plump, die Wortwahl
>imitiert Altgermanisches (?), das so nie verwendet wurde.
Das Fragezeichen steht zu Recht, es mag der eine oder andere
Archaismus im Text stehen, aber nichts, was auch nur bis ins
Mittelhochdeutsche zurueckreichte. Die Woerter findest Du in der
zeitgenoessischen Literatur, Belege reiche ich gerne zu ausgewaehlten
Woertern im Rahmen meiner Moeglichkeiten nach. Du kannst allenfalls
eine hoehere Frequenz als bei der Hochliteratur ausmachen, aber viel
Neues wirst Du nicht ausmachen. Die Alliterationen sind mE gelungen,
da sie sich auch in den musikalischen Motiven wiederfinden, die sich
durch Praegnanz und Kuerze ausweisen. Das spricht auch fuer die Verse,
die die Tonsprache mitbestimmen.
>Dazu kommt, daß die überlieferten Mythen (Historien?) ziemlich wild
>gewürfelt werden.
>
Das macht Goethe in seinem Faust auch :-) Wagner geht es uebrigens
nicht um eine Rekonstruktion von Mythen, sondern mE um eine
Destruktion.
>Mir stellen sich daraus die Fragen, inwieweit Wagner welche
>Vorlagen/Informationen hatte und/oder wieviel davon der Dramatik und der
>musikalischen Textur geschuldet ist oder wo Wagner damit ein besonderes
>Konstrukt schaffen wollte. Und welches.
>
Die Fragen stellen sich mir auch, die Antworten habe ich z.T. schon zu
geben versucht, etwa durch den Hinweis auf Wagners eigene
Aeusserungen. Chereaus Einsicht, dass der Ring Wagners
ueberwaeltigende Vision ueber modernen Staat sei, ueber politische
Macht und die schrecklichen Perversionen von Gesellschaftsformen, die
sich auf die Erhaltung dieser Macht gruenden, leuchtet mir ein.
>Daß er damit eine in sich geschlossene Welt, ein Weltbild bauen wollte,
>ist aus seinen Äußerungen zu entnehmen.
>Daß ihm alte germanische Quellen in ausreichend präziser Übertragung
>vorlagen, ist wahrscheinlich (Sigrdrîfumâl).
>
Wagner war der Philologe unter den Librettisten (Dahlhaus), er kannte
sich in der Mythologie recht gut aus, dass er sich zu einer Umformung
in Hinsicht entschloss, hat mE dam Stoff eine moderne Deutung
ermoeglicht.
>Außerhalb der musikalischen Gebäudes sehe ich irgendwie keine
>Veranlassung zu solcher Diktion und m.E. hätte eine "normale" Sprache
>den Ring in seiner Wirkung nicht geschmälert, wohl aber vermieden, ihn
>idoelogisch auszuschlachten. (Ich lerne gerade bei Berlioz, daß es
>Komponisten gab, die sich dieser Gefahr bewußt waren.)
>
(Hier hatte ich ein laengeres Zitat aus Tristan und Isolde, das auch
so vor sich hin stabte, aber das findest Du auch allein).
>Es ist mir wenig hilfreich, sich späteren Interpretationen zu
>überlassen. Mich interessiert ausschließlich die damalige Situation und
>die damalige Quellenlage, die Wagners Haltung erklären könnten.
>
Das ist ein wuerdiges literaturhistorisches Beginnen, braucht
allerdings auch ein kritisches Instrumentarium. Mich interessiert
mehr, welche Wirkung der Ring auf uns heute hat - und warum.
>> Und dann polemisierst Du gegen den Begriff "Vor-Urteil"? Das ist
>> doch eben das Kennzeichen des "Ganz Subjektiven", dass es ein
>> Vor-Urteil enthaelt, wobei es eben bei der Kunst nicht ohne ein
>> solches geht.
>
>Mir ist schleierhaft, woher Du das "Vor" nimmst.
Du selbst weist darauf hin, dass Du subjektiv argumentierst. Ein
Urteil bedarf der kritischen Reflexion. Ich habe schon einmal
hingewiesen, dass ich dieses Vor-Urteil im aesthischen Raum durchaus
als berechtigt ansehe, es war also keine Kritik an Dir. Ich moechte
nur gerne aus dieser Subjektivitaet ein wenig weiter zu intersubjektiv
Vermittelbaren kommen, Ueberpruefbaren, eben objektivieren.
>"Polemik" weise ich
>zurück.
Plumpe Polemik mag auch nicht.
>de.comp.security.* ist woanders.
>
Habe ich nicht abonniert, da kannst Du mich gerne aufklaeren.
>>> Das sind meine Bauchschmerzen, die
>>> ich beim Ring (!) immer wieder bekomme.
>>>
>>>> Wagners Verse haben
>>>> schon etwas mit der Musik zu tun, sie antizipieren sie
>
>Lies noch mal: Ich spreche vom Ring.
>In anderen Werken benutzte er einen anderen Stil.
>
In den anderen Werken schrieb er auch eine andere Musik.
>> Wagners Rang als Autor ist uebrigens ebenso wenig bestritten (auch
>> wenn er - reduziert man ihn auf das rein Sprachliche - nicht in die
>> Klasse von Hebbel gehoert).
>
>Wir hatten noch nicht: Nietzsche, Th. Mann, Adorno..... Und Du solltest
>auch noch Wolzogen und Bloch anführen. (Bei Dahlhaus streike ich.)
>
Warum?
>> Wenn Du den
>> vorzueglichen Altgermanisten Peter Wapnewski (der sich in seinem
>> Gebiet besser auskennt als Ulrich Schreiber) liest, findest Du eine
>> eher enthusiastische Einschaetzung Wagners.
>
>Mir geht es nicht um die Einschätzungen und Wertungen irgendwelcher
>"Autoritäten".
Wapnewski ist eine ohne Anfuehrungsstriche. BTW ist Literatur- und
Sachkenntnis mE immer von Vorteil. Es geht nicht darum, mit einer
Autoritaet die Diskussion niederzuschlagen, sondern sie auf eine
sachliche Ebene zu bringen. Man braucht ja nicht jeden Irrtum noch
einmal zu machen, der in der Literatur schon hinreichend abgehandelt
wurde.
>Mir geht es um eine (meine) Analyse in der Spannung von
>Ästhetik, Sachzwang und Manierismus.
>
Die sei Dir unbenommen, aber sie bedient sich doch auch eines Wissens.
Ich nenne gerne die Quellen, auf denen mein Wissen beruht. Lies einmal
nach, was Du mir schon alles weitere an Lektuere empfohlen hast - da
scheinen wir uns doch von den Voraussetzungen nicht zu unterscheiden.
>Gruß Beate <selbst denkend>
- wie so bar jeder Polemik ... :-)
<kopfschuettelnd> gruesst Peter <sein Weiter-Denken immer wieder
kritisch an der Literatur ueberpruefend>
Beate Goebel wrote:
> Stell Dich doch mal mit den Textbuch mitten in den Raum und lies Dir
> laut 2-3 Seiten vor..... Aber nicht singen!
> Und dann lies mal so Goethe oder Hölderlin oder ......
Ja, und? Das funktioniert schon, wenn ich mir nicht boshaft vornehme,
den Text zum holpern zu bringen (ich bin beim "Sanft schloss Schlaf Dein
Aug'" geblieben, auch weil es mE eine ganz entscheidende Stelle im
"Rheingold" ist). Und holpern lassen kann ich Dir auch Goethes "Faust".
Aber den Versuch müsstest Du jetzt auch fairerweise noch umgekehrt
machen: Versuch mal, einen Text wie den "Faust" zu vertonen. Und zwar in
Gänze. Brauchst Du eigentlich nicht zu versuchen, denn Schumann hat es
in Szenen ja schon gemacht. Und man bemerkt (bei allem Respekt vor dem
Werk), dass das nicht ohne grössere Anstrengungen geht, meine ich. Da
ist ein ganz grundlegender Unterschied zwischen einem Libretto als
Theaterdichtung und einem Schauspiel, und man sollte mE nicht Wagners
letztlich als Libretto konzipierten Text als Schauspieltext
beurteilen....
> Und ich frage mich, warum das gerade in dieser Weise einer wilden
> Melange mit (IMHO) Tendenz zur Verfälschung sein musste.
Ja, aber die von Dir so genannte "Tendenz zur Verfälschung" ist ja nur
dann da, wenn ich von vornherein davon ausgehe, dass es Wagner um die
Vertonung der Vorlagen ging. Bloss - darum ging's eben nicht. Und wie
Wagner sich selbst verfälscht hätte, sollte man mir zeigen ;-)
> Wo bekomme ich jetzt diesen Text her ohne ihn kaufen zu müssen?
Gutenberg hat ihn nicht....
> Dieses Weltbild, welches er ausführlich beschreibt, macht es dann aber
> noch unbekömmlicher. Hier halte ich mich nur am Text fest. Wenn wir
> jetzt noch die - von Wagner gewollte - ideologische Komponente erörtern,
> wird es sehr unbekömmlich. Und ich beziehe mich *nur* auf das von W dazu
> Geäußerte.
Gut, ehe ich jetzt dazu was schreibe, wüsste ich ganz gerne, was mE
diese ideologische Komponente im Ring ist. Darüber kann man reden, wenn
man es konkretisiert.....
> Er kannte die Sprache, Versmaß etc. der Orginale - in welcher
> Übertragung auch immer. In diesem Vergleich kann jede Nachempfindung nur
> schräg wirken. (Wenn ich jetzt lächerlich oder Parodie sage, hängt sich
> hier wieder jeder an *einem* Wort auf, statt auf den Kontext zu sehen;-)
Gewiss, da hast Du Recht, und nicht zu Unrecht würde man sich an dem
Wörtlein aufhängen. Ich weiss trotzdem nicht. Ich habe immer wieder das
Gefühl, Du verlangtest von Wagner, dass er Dir eine der Sagen vertont
hätte. Das kommt bei mir ungefähr so an, als wolltest Du Goethe sagen,
er hätte sich doch im Faust besser an das alte Puppenspiel gehalten als
einen eigenen Faust zu entwickeln.
> > Was wäre denn eine angemessene Sprache, Deiner Meinung nach?
>
> Ein Libretto verlangte nach damaliger Konvention nach einer "gehobenen"
> Sprache. Komponisten haben im allgemeinen richtige(TM) Dichter genommen.
Und Wagner ist nach Deiner Einschätzung kein solcher? (BTW hat Verdi
auch manch schlechten Texter beschäftigt, und dennoch sind teilweise
doch recht qualitätsvolle Libretti dabei herumgekommen...)
> > Polemik ist BTW nichts Schlechtes. Im Gegenteil. In Diskussionen
> > ist sie sogar unumgänglich.
>
> Lass mal;-) Das ist nicht mein erster Strauss mit PB, das soll er selbst
> ausfechten;-) (Und es wohl nicht nur um Wagner;-)
Weiss ich, dennoch verstehe ich nicht, was an Polemik schlimm wäre...
> Ja, aber wenn wir über diese seine Weltsicht diskutieren (mit Orginal-
> Zitaten bitte), dann kommt hier manch Übles auf den Tisch.
Dann schlag mal Deine Sicht auf die Weltsicht Wagners vor....
> Leider nein. Er *hat* sich geäußert und dieses Weltbild ist ein sehr
> autokratisches - um nicht zu sagen: größenwahnsinniges. Stichwort:
> Lohengrin. (Sehr polemisch verkürzt: Wer nicht folgt ohne zu fragen, der
> stirbt.) Weiteres Stichwort: Parzival! (Polemik: die perfekte Republik.)
Hmm, komisch. Ich dachte, wir reden jetzt nur noch vom Ring? Dann passt
der Lohengin und auch der Parsifal allerdings nicht zum Weltbild des
Rings, meine ich mal. Zudem ich beiderlei Verständnissen nicht ganz
folgen kann, aber das steht erstmal nicht zur Debatte. Zum Ring, also!
> Danke.
> Der Don Govanni war wunderschön - und das Salminen (SP?) noch singt!
> Kann mir jemand etwas zur Inszenierung sagen? Oder sonst ein paar
> erklärende Besonderheiten? Kenne mich mit Mozart nicht so aus.
Was war das denn für eine Aufführung??
Beste Grüsse!
Claus
Peter Brixius wrote:
> Das Gleiche gilt - wie erwaehnt - auch von der Kunstsprache, in der
> die Opern Bellinis und Verdis verfasst sind, auch eine Sprache, die
> man weder damals noch heute so sprach.
Durchaus. Ich denke da mal an das "Nabucco"-Libretto Soleras. Da sind
auch eine Menge scheinbar altertümelnder Sachen drin, wenn ich mich
nicht irre.....
Beste Grüsse!
Claus
Peter Brixius wrote:
> Die Fragen stellen sich mir auch, die Antworten habe ich z.T. schon zu
> geben versucht, etwa durch den Hinweis auf Wagners eigene
> Aeusserungen. Chereaus Einsicht, dass der Ring Wagners
> ueberwaeltigende Vision ueber modernen Staat sei, ueber politische
> Macht und die schrecklichen Perversionen von Gesellschaftsformen, die
> sich auf die Erhaltung dieser Macht gruenden, leuchtet mir ein.
Ja, ich finde das auch ganz einleuchtend, und auch schon Shaw hat ja in
diese Richtung gedacht, wenn mich mein Gedächtnis nicht ganz täuscht.
Und es ist ja nicht ganz zufällig, dass in den ersten beiden Opern des
Ringes gerade Wotan im Mittelpunkt steht, dem es um den Machterhalt
(beinahe zwanghaft) geht, und der sich doch nur immer mehr in seiner
"Vertragswelt" verstrickt, soweit, dass er schliesslich gar nichts mehr
tut und nur noch "das Ende" will, als letzte freie Entscheidung seiner
selbst quasi.
Beste Grüsse!
Claus
Am Sat, 04 Aug 2001 19:02:35 +0200 schrieb Claus Huth
<clhu...@stud.uni-saarland.de> :
>Ich habe mir gestern anhand
>einer exponierten Stelle im Rheingold ("Sanft schloss Schlaf Dein Aug'")
>noch einmal durch den Kopf gehen lassen. Ich kann mir nicht helfen, der
>Text ist gut.....
>
So empfinde es auch, es mag einem die eine oder andere Stelle beim
Lesen holprig vorkommen, hat man sie aber gesungen im Kopf, so hat sie
die Selbstverstaendlichkeit, die grosse Kunst ausmacht.
>> Dazu kommt, daß die überlieferten Mythen (Historien?) ziemlich wild
>> gewürfelt werden.
>
>Wie gesagt, es geht um einen neuen Mythos, und noch nicht einmal das, es
>geht um bestimmte Konstellationen, die Wagner eben auch aus alten Mythen
>herausbaut und -umbaut. Wagner hatte sicher nicht im Sinn, die Mythen zu
>veropern, das scheint mir in jedem Moment im Ring eigentlich
>offenkundig.
>
Es ging auch nicht um eine Wiederbelebung eines alten, vergessenen
Mythos, sondern um die Neuschoepfung eines neuen Mythos aus dem alten.
Das Nibelungenlied zielt auf die hoefische Gesellschaft des hohen
Mittelalters, die alten Mythen auf eine baeuerliche Gesellschaft,
beides kommt im Ring nicht oder nur am Rande vor, es sind die modernen
Verhaeltnisse, die sich im alten Mythos wiederspiegeln (so wie es
Offenbach auch parodistisch mit dem zweiten Kaiserreich gemacht hat).
>
>Polemik ist BTW nichts Schlechtes. Im Gegenteil. In Diskussionen ist sie
>sogar unumgänglich.
>
Sie schafft Klarheit und verhindert, dass Dinge unter den Teppich
gekehrt werden. Abgesehen davon belebt sie :-)
>
>Vielleicht liegt in diesem Satz ja auch eine Antwort auf Dein Problem.
>Die Sprache, die im Ring verwandt wird, ist nämlich mE ein ganz
>essentieller Teil der Welt, die Wagner da aufbauen will, und sie dient
>(möglicherweise, ich bewege mich auf dem dünnen Eis der Spekulation)
>vielleicht auch der Distanzierung des Publikums vom Geschehen, damit
>dieses erst wieder die Möglichkeit hat, die Parallelen zum eigenen Leben
>zu sehen. Denkbar, oder?
>
Die Sprache als Camouflage gerade des Anstoessigen fuer seine Zeit,
warum nicht?
Es gruesst herzlich Peter
--
Wenn niemand nebenher spazieren gehen wollte, so wuerden wir
wenig von der Welt kennen. Die Leute, die in der Gegend wohnen,
[...] muessen alles versuchen. Der Reisende bleibt auf der
Heerstrasse, der Gutsbesitzer muss alle Stellen untersuchen.(K 312)
Peter Brixius wrote:
> vielleicht sollten wir uns wirklich einmal die Frage des Libretto als
> Kunstform vornehmen.
Gerne, von meiner Seite. Ich habe mir nun auch mal den Gier besorgt,
allerdings noch nicht angelesen. Auf jeden Fall scheint mir das vom
Umfang her annähernd das einzige zum Thema zu sein, oder habe ich noch
etwas übersehen??
> Diese Texte werden ja so leicht als laestiges
> Uebel genommen, verdraengt, gar verschwiegen ("Ring ohne Worte" -
> welch eine Barbarei!) - dabei wird vergessen, dass die grossen
> Entwicklungen und Unbrueche in der Oper ohne die Metastasio,
> Calzabigi, Da Ponte, Kind und eben auch Wagner als Autoren nicht
> stattgefunden haetten.
Sehe ich auch so.
> Wie viel gut gemeinte Opernmusik steht in den
> Museen, weil ein gutes Libretto fehlte (auch Weber hatte nur einmal
> das Glueck ...)
Stimmt, und die anderen Libretti, so ich sie kenne (in erster Linie
"Oberon", dann auch noch "Euryanthe" in Auszügen) scheinen mir auch
problematisch. Und auf der anderen Seite gibt es Libretti, denen man bis
heute beharrlich nachsagt, dass sie misslungen seien, bei denen ich
dieses Verdikt nicht nachvollziehen kann, "Der Freischütz" ist hier ein
Beispiel, Schumanns "Genoveva" IMHO ein anderes.....
> Wie oft werden hier in der NG Fragen nach wesentlich unwichtigeren
> Texten gestellt und dann werden die gelungensten Operntexte
> bezweifelt, doch die Genialitaet von Wagners Opern verdankt sich eben
> auch seinen Libretti.
Gewiss, ich denke kaum, dass Wagner mit einem anderen Librettisten als
ihm selbst geholfen gewesen wäre.
> Wagners Texte sind - wie Du sagst - gut sangbar, sie bieten die
> starken Gegensaetze, der eine Oper bedarf, aber auch die komplexen
> Gefuehle und Beziehungen, die Wagner musikalisch unuebertroffen zu
> deuten weiss. Eine solche psychologische Ausdeutung ohne das Objekt,
> das bedeutet wird, die Sprache, die durchleuchtet wird?
Würde nicht funktionieren ;-) Und zudem sind Wagners Texte auch noch
hinreichend knapp, so dass sie sich einer Veronung nicht von vornherein
verstellen. Recht komplexe Zusammenhänge sind hier komprimiert gefasst,
ein Schauspieltext würde wesnetlich mehr Platz einräumen. Aber da spielt
natürlich auch wieder die Musik ein, ohne die vieles schlicht im Dunkeln
bliebe (der "grosse Gedanke" am Ende des "Rheingoldes" scheint mir so
ein Moment)....
> Man darf eben nicht vergessen, dass sich der Nationalismus gegen den
> uebernationalen Feudalismus mit seiner Unterdrueckung der
> Selbstbestimmung einer Nation wandte, ob nun die Fremdherrschaft durch
> die Habsburger geschah (zB. Tschechen, Ungarn und Italiener) oder
> durch die Russen (etwa im Falle Polen). Diese nationalen Bestrebungen
> waren gerade bei Demokraten beliebt (und bei der roemischen Kirche als
> Stuetzerin des Feudalismus unbeliebt).
Absolut richtig - und nicht ganz übersehen kann man mE im Ring auch,
dass Wagner (aus welchen Beweggründen auch immer) während der ersten
Konzeption des Textes eben auch auf den Barrikaden in Dresden stand (und
anschliessend steckbrieflich gesucht wurde)....
> Diese Bestrebungen richteten sich
> nicht gegen eine andere Nation, verkuendeten kein "Volk ohne Raum",
> sie richteten sich gegen die feudal(-miltaristisch)e Klasse. Deshalb
> darf man eben den Nationalismus eines Smetana nicht in den gleichen
> Topf werden wie den eines Pfitzners.
Vollste Zustimmung. Und auch aus dem Nationalismus Wagners nicht ganz zu
voreilig den eines späteren deutschen Diktators machen.
> >Und selbst im Lohengrin, wo es ausgesprochen deutlich wird, meine ich,
> >ist es nicht vorrangig.
>
> So sehe ich es auch.
Und BTW auch hier gegen eine Fremdbestimmung gerichtet, wenn ich
Heinrichs Ansprache im ersten Akt richtig im Kopfe habe.
> >Der "Wagnerisme" ist ja dann noch einmal ein höchst eigenes Thema, das
> >ich im übrigen auch sehr spannend und interessant finde - aber das ist
> >ein anderes Blatt.
> >
> Auch dieses lohnte sich mal aufzuschlagen (an die kleine militante
> frankophone/-phile Fraktion) :-)
Ich sehe, uns gehen so schnell die Themen nicht aus ;-))
Liebe Grüsse!
Claus
Hallo,
"zum letzten Male" in dieser Ausfühlichkeit, da der Broterwerb ruft.
> Beate Goebel wrote:
> Und holpern lassen kann ich Dir auch Goethes "Faust".
Schlecht lesen kann wohl jeder;-) Und, war der Faust nicht auch 'nie
ganz fertig'?
> Aber den Versuch müsstest Du jetzt auch fairerweise noch umgekehrt
> machen: Versuch mal, einen Text wie den "Faust" zu vertonen. Und
> zwar in Gänze. Brauchst Du eigentlich nicht zu versuchen,
Werde *ich* auch tunlichst nicht versuchen:-))
> Schauspiel, und man sollte mE nicht Wagners letztlich als Libretto
> konzipierten Text als Schauspieltext beurteilen....
Er selbst erhob diesen Anspruch!
> Gut, ehe ich jetzt dazu was schreibe, wüsste ich ganz gerne, was mE
> diese ideologische Komponente im Ring ist. Darüber kann man reden,
> wenn man es konkretisiert.....
1. Ideologie ist, wenn die (Tat-)Sache nicht für sich selbst spricht,
sondern von Autor sinngebend interpretiert wird.
Wagner überläßt den Hörer nie der Möglichkeit, sich selbst in die
Darstellung zu denken. Die Leitmotive sind ein ständiger Kommentar,
Erklärung, Interpretation. Zudem erklären die Figuren immer wieder in
langen (musikalisch schönen) Monologen, was der Zuschauer/-hörer gerade
gesehen/gehört hat.
2. Folgend ein paar Ausführungen Ws. Leider habe ich die Tagebücher
Cosimas verliehen, so dass ich das aus Sekundärliteratur extrahiere.
Allerdings geht der Untergang nicht aus Contrapunkten hervor: diese
ließen sich ja deuten, drehen und wenden - man brauchte nur einen
juristischen Politiker als Advokaten dazu zu nehmen; sondern aus unserem
innersten Gefühle erwächst uns - wie Wodan aus seinem Gefühle - die
Nothwendigkeit dieses Untergangs.
Cosima: Seligkeit des gänzlichen Aufhörens, der vollständigen
Vernichtung einzig in den Tönen, in seinen Tönen.
Nun denken Sie meine Musik, die mit ihren feinen, feinen,
geheimnissvoll-flüssigen Säften durch die subtilsten Poren der
Empfindung bis auf das Mark des lebens eindringt, um dort Alles zu
überwältigen, was irgendwie wie Klugheit und selbstbesorgte
Erhaltungskraft ausnimmt, Alles hinwegschwemmt was zum Wahn der
Persönlichkeit gehört, und nur den wunderbar erhabenen Seufzer
des Ohnmachtsbekenntnisses übrigläßt.
Die Geistergestalten Shakespeares würden durch das völlige Wachwerden
des inneren Musikorgans zum Ertönen gebracht werden, oder auch:
Beethovens Motive würden das depotenzirte Gesicht zum deutlichen
Gewahren jenes Gestalten begeistern, in welchen verkörpert diese jetzt
vor unserem hellsichtig gewordenen Auge sich bewegen.
[Seine Musikdramen seien] ersichtlich gewordene Taten der Musik.
3. Weitere Zitate zu seiner persönlichen Sicht auf sein Umfeld (noch
Deutliches kann nachgeliefert werden).
Noch einen Juden haben wir zu nennen, der unter uns als Schriftsteller
auftrat. Aus seiner Sonderstellung als Jude trat er Erlösung suchend
unter uns: er fand sie nicht, und mußte sich bewußt werden, daß er sie
nur mit auch unserer Erlösung zu wahrhaften Menschen finden können
würde. Gemeinschaftlich mit uns Mensch werden, heißt für den Juden aber
zu allernächst so viel als: aufhören, Jude zu sein. [...] Nehmt
rücksichtslos an diesem, durch Selbstvernichtung wiedergebärenden
Erlösungswerke theil, so sind wir einig und ununterschieden!
Aber bedenkt, daß nur Eines eure Erlösung von dem auf euch lastenden
Fluche sein kann: die Erlösung Ahasvers, - der Untergang.
Zitiert aus U. Schreiber: Die Kunst der Oper II (Dank Peter
wiederentdeckt); Adorno: Versuch über Wagner.
>> Ein Libretto verlangte nach damaliger Konvention nach einer
>> "gehobenen" Sprache. Komponisten haben im allgemeinen richtige(TM)
>> Dichter genommen.
>
> Und Wagner ist nach Deiner Einschätzung kein solcher? (BTW hat
> Verdi auch manch schlechten Texter beschäftigt, und dennoch sind
> teilweise doch recht qualitätsvolle Libretti dabei
> herumgekommen...)
*Nein*, bitte nicht den abgegriffenen Vergleich mit Verdi:-) Der zieht
nicht, weil die Haltungen und Bedingungen der Beiden nicht vergleichbar
sind. Und - dass Verdi eine Weile brauchte, um die kongeniale Umsetzung
seiner Vorstellungen zu finden und zu artikulieren, ist wohl
verständlich. Spätestens ab dem "Macbeth" sind IMHO aber keine
gravierenden Inkonsistenzen mehr zu finden - aber viel ehrlich
Revolutionäres (unter österreichischer Zensur!).
>> Danke.
>> Der Don Govanni war wunderschön - und das Salminen (SP?) noch
>> singt! Kann mir jemand etwas zur Inszenierung sagen? Oder sonst
>> ein paar erklärende Besonderheiten? Kenne mich mit Mozart nicht so
>> aus.
>
> Was war das denn für eine Aufführung??
Sa, 3sat: Aufführung aus Zürich 2001, Harnoncourt/Flimm.
Frage deshalb, weil meine persönliche Referenz immer noch Busch,
Glyndebourne 1936 ist. Und die Interpretation hat sich doch sehr
verändert;-)
Gruß Beate
Hallo,
> meine erste Antwort auf Dein Posting ist in den Orkus gespuelt
> worden, da ich mich so ungern wiederhole, wird es nun in Deinem
> Sinne kuerzer.
Das wird sich von mir aus jetzt eh reduzieren, da ich mich wieder um
meine täglichen Brötchen kümmern muss;-)
> Die
> Alliterationen sind mE gelungen, da sie sich auch in den
> musikalischen Motiven wiederfinden, die sich durch Praegnanz und
> Kuerze ausweisen. Das spricht auch fuer die Verse, die die
> Tonsprache mitbestimmen.
Ich finde den *Text* für sich genommen dilletantisch (IMHO), wobei
durchaus zu sehen ist, dass W mit der Zeit Übung bekam. Die
Götterdämmerung + Walküre klingen mir viel schlimmer. Und da Wagner ja
erst den Text schrieb und ihn im "Familienkreis" als eigenständiges Werk
vorstellte, muss er ihn solo ernst gemeint haben.
Seine Eignung in musikalischen Gewand habe ich nie in Abrede gestellt.
Mir ist auch bekannt, dass vertonter Text anders zu behandeln ist, als
reine Dichtung mit eigenständiger Prosodie - mal abgesehen von den
gewachsenen historischen Konventionen.
>> Dazu kommt, daß die überlieferten Mythen (Historien?) ziemlich wild
>> gewürfelt werden.
>>
> Das macht Goethe in seinem Faust auch :-) Wagner geht es uebrigens
> nicht um eine Rekonstruktion von Mythen, sondern mE um eine
> Destruktion.
Nun, vielleicht stört mich daran tatsächlich der höchst subjektive
Privatmytos, den Wagner da entwirft. Mir sind diese (spärlichen) Reste
einer nordeuropäischen Geschichts- bzw. Geistesüberlieferung einfach zu
kostbar für eine Verballhornung. (<eg>)
Relevanter Widerspruch gegen gesellschaftliche Verhältnisse bedürfen
IMHO möglichst guter Kenntnis der Wurzeln und Ursprünge, sonst lassen
sich Wendepunkte und Alternativen schlecht entwickeln.
>> Mir stellen sich daraus die Fragen, inwieweit Wagner welche
>> Vorlagen/Informationen hatte und/oder wieviel davon der Dramatik
>> und der musikalischen Textur geschuldet ist oder wo Wagner damit
>> ein besonderes Konstrukt schaffen wollte. Und welches.
>>
> Die Fragen stellen sich mir auch, die Antworten habe ich z.T. schon
> zu geben versucht, etwa durch den Hinweis auf Wagners eigene
Laut Schreiber war ein Herr Ettmüller (Zürich) Ws Lehrer bezüglich Edda
und Stabreim. Kenne ich nicht und muss ich Schreiber glauben.
> Aeusserungen. Chereaus Einsicht, dass der Ring Wagners
> ueberwaeltigende Vision ueber modernen Staat sei, ueber politische
> Macht und die schrecklichen Perversionen von Gesellschaftsformen,
> die sich auf die Erhaltung dieser Macht gruenden, leuchtet mir ein.
Dann leuchtet Dir sicher auch Chereaus Schlussbild ein, in dem das
"Volk" ratlos fragend ins Publikum schaut.
Im übrigen ist es jedem Interpreten (IMHO) unbenommen, seine Auffassung
darzubieten. Die "ueberwaeltigende Vision ueber modernen Staat" sehe ich
bei Wagner allerdings nicht. Eher die totale Resignation eines
gedemütigten Rebellen.
Noch sinnfälliger aus unserer heutigen Sicht war mir allerdings Kupfers
Parsifal in Berlin. Ich brauchte eine halbe Stunde um dann schallend zu
lachen.
> Wagner war der Philologe unter den Librettisten (Dahlhaus), er
> kannte sich in der Mythologie recht gut aus, dass er sich zu einer
> Umformung in Hinsicht entschloss, hat mE dam Stoff eine moderne
> Deutung ermoeglicht.
Da ich inzwischen um Sekundärliteratur nicht mehr herumkomme, ziehe ich
(mit Abstrichen) die Ausdeutung Adornos (1937-38) vor.
>> Es ist mir wenig hilfreich, sich späteren Interpretationen zu
>> überlassen. Mich interessiert ausschließlich die damalige Situation
>> und die damalige Quellenlage, die Wagners Haltung erklären könnten.
>>
> Das ist ein wuerdiges literaturhistorisches Beginnen, braucht
> allerdings auch ein kritisches Instrumentarium.
Nun, mir ist klar, dass ich eine musiksoziologische Analyse im Sinne
Blaukopfs nicht auf dem Sofa leisten kann. Und da das nicht mein Beruf
ist....:-((
> Mich interessiert
> mehr, welche Wirkung der Ring auf uns heute hat - und warum.
Och, mich weniger. Heutige Entwicklungen bedürfen anderer
Darstellungen/Protestmethoden. Vor allem, da Ws Protest ja nicht in
konkreter Handlung, sondern in mythischer Er/Auflösung mündet.
Da sich auf diese Weise nichts ändert: Die Welt des Ringes ist vor wie
nach der Story dieselbe, selbst die Urgötter Aberich und Loki sind
geblieben - es können also neue Asen kommen und alles geht von vorne los
-, ist mir die Konklusion wenig wegweisend.
>> Mir geht es nicht um die Einschätzungen und Wertungen irgendwelcher
>> "Autoritäten".
>
> Wapnewski ist eine ohne Anfuehrungsstriche. BTW ist Literatur- und
> Sachkenntnis mE immer von Vorteil. Es geht nicht darum, mit einer
> Autoritaet die Diskussion niederzuschlagen, sondern sie auf eine
> sachliche Ebene zu bringen. Man braucht ja nicht jeden Irrtum noch
> einmal zu machen, der in der Literatur schon hinreichend
> abgehandelt wurde.
Der (qualitative) Unterschied von Quelle und Sekundärliteratur ist Dir
aber schon geläufig?
Gruß Beate
Beate Goebel wrote:
> "zum letzten Male" in dieser Ausfühlichkeit, da der Broterwerb ruft.
Lass Dir ruhig Zeit mit dem Antworten. Schade fände ich es allerdings,
wenn die Diskussion sich jetzt im Sade verlaufen würde....
> > Und holpern lassen kann ich Dir auch Goethes "Faust".
>
> Schlecht lesen kann wohl jeder;-) Und, war der Faust nicht auch 'nie
> ganz fertig'?
Möglich, aber Du wirst den sprachlichen Wert des "Faust" doch nicht
anzweiflen, oder? Was ich sagen will, ist wirklich das "Schlecht lesen
kann wohl jeder". Wenn ich einem Text unterstellen will, dass er
holpert, schaffe ich das auch, wenn ich mich beim Lesen nur "geschickt"
dranstelle. Im Ring liest sich etwa die von mir erwähnte Stelle trotz
der vielen gleichen Konsonanten flüssig, auch wenn man es laut versucht.
> > Aber den Versuch müsstest Du jetzt auch fairerweise noch umgekehrt
> > machen: Versuch mal, einen Text wie den "Faust" zu vertonen. Und
> > zwar in Gänze. Brauchst Du eigentlich nicht zu versuchen,
>
> Werde *ich* auch tunlichst nicht versuchen:-))
Das dachte ich mir ;-) Weshalb ich ja den Schumann in's Spiel brachte...
> > Schauspiel, und man sollte mE nicht Wagners letztlich als Libretto
> > konzipierten Text als Schauspieltext beurteilen....
>
> Er selbst erhob diesen Anspruch!
Nun, einmal hat er den Text nie als Schauspiel aufführen lassen. Und
dann, und ich denke, darauf berufst Du Dich, hat er den Text nach dessen
Vollendung im Freundeskreis gelesen und später auch publiziert. Aber ich
bin dennoch der Meinung, dass er immer die Komposition und die
Bestimmung des Textes zur Vertonung im Kopf hatte, denn zum einen hatte
er ja an "Siegfrieds Tod" schon komponiert, bevor überhaupt der Text zu
den anderen drei Teilen entstand, und zum anderen spricht er eigentlich
schon immer im Zusammenhang mit dem Text von der Vertonung. Dass er ihn
vorgeführt hat, mag zum einen daran liegen, dass er ihn irgendwie
vermitteln wollte (da wird sein Stolz darauf durchaus eine Rolle
gespielt haben) und zum anderen, dass sich eine alsbaldige Möglichkeit
zur vollständigen Komposition nicht in Sicht war.
[Ideologie im Ring]
> 1. Ideologie ist, wenn die (Tat-)Sache nicht für sich selbst spricht,
> sondern von Autor sinngebend interpretiert wird.
Schon da habe ich meine Zweifel, denn im Ring scheint es mir durchaus
eine Reihe von Stellen zu geben, die auch von wagner nicht ganz
eindeutig kommentiert werden (der "grosse Gedanke" mag mir mal wieder
als Beispiel dienen, es ist im Orchester das Motiv, das dem Schwert
"Nothung" später zugewiesen wird - aber wie weit reicht der Gedanke? Ist
hier schon der geamte Plan zur Walküre enthalten? Oder eher nicht?)
> Wagner überläßt den Hörer nie der Möglichkeit, sich selbst in die
> Darstellung zu denken. Die Leitmotive sind ein ständiger Kommentar,
> Erklärung, Interpretation.
Sicher, aber es bleiben dem Hörer doch Freiräume nicht unerheblichen
Ausmasses, auf jeden Fall schien mir das nie so, dass mich Wagner
gegängelt hätte mit dem Leitmotiven.
> Zudem erklären die Figuren immer wieder in
> langen (musikalisch schönen) Monologen, was der Zuschauer/-hörer gerade
> gesehen/gehört hat.
Leider fallen gerade diese Monologe ja oft dem Spott anheim. Dabei
erklärt sich hier, so denke ich, wirklich viel über das, was kommen wird
und das, was kam - und in Bezug auf die Figuren ist das im Ring ganz
erheblich. Eine (negativ zu interpretierende) Ideologie kann ich hier
auch nicht finden....
> 2. Folgend ein paar Ausführungen Ws. Leider habe ich die Tagebücher
> Cosimas verliehen, so dass ich das aus Sekundärliteratur extrahiere.
Gewiss, keine Frage, aber - ähm - wir wollten über den "Ring" und seine
Ideologie sprechen, nicht über Wagners sonstige Äusserungen, nicht wahr?
> Nun denken Sie meine Musik, die mit ihren feinen, feinen,
> geheimnissvoll-flüssigen Säften durch die subtilsten Poren der
> Empfindung bis auf das Mark des lebens eindringt, um dort Alles zu
> überwältigen, was irgendwie wie Klugheit und selbstbesorgte
> Erhaltungskraft ausnimmt, Alles hinwegschwemmt was zum Wahn der
> Persönlichkeit gehört, und nur den wunderbar erhabenen Seufzer
> des Ohnmachtsbekenntnisses übrigläßt.
Funktioniert das denn? Und BTW: Welcher Komponist wollte das nicht
erreichen?
> > Und Wagner ist nach Deiner Einschätzung kein solcher? (BTW hat
> > Verdi auch manch schlechten Texter beschäftigt, und dennoch sind
> > teilweise doch recht qualitätsvolle Libretti dabei
> > herumgekommen...)
>
> *Nein*, bitte nicht den abgegriffenen Vergleich mit Verdi:-)
Bitte, gerne. Warum dann Bellini, den Du ins Spiel gebracht hast, ziehen
soll, der sicher ähnliche Ansprüche hatte wie Verdi, verstehe ich
allerdings nicht ganz....
[Don Giovanni]
> > Was war das denn für eine Aufführung??
>
> Sa, 3sat: Aufführung aus Zürich 2001, Harnoncourt/Flimm.
> Frage deshalb, weil meine persönliche Referenz immer noch Busch,
> Glyndebourne 1936 ist. Und die Interpretation hat sich doch sehr
> verändert;-)
Hm, die Inszenierung Flimms kenne ich nicht, nur eine mE recht
intelligente "Nozze di Figaro" von demselben Team....
Beste Grüsse!
Claus
Peter Brixius wrote:
[Holpert's?]
> So empfinde es auch, es mag einem die eine oder andere Stelle beim
> Lesen holprig vorkommen, hat man sie aber gesungen im Kopf, so hat sie
> die Selbstverstaendlichkeit, die grosse Kunst ausmacht.
So meine ich es auch....
[Mythos "Ring"]
> Es ging auch nicht um eine Wiederbelebung eines alten, vergessenen
> Mythos, sondern um die Neuschoepfung eines neuen Mythos aus dem alten.
Ja, und zwar ohne dabei den alten "nachzuschöpfen", wenn ich das richtig
sehe. Es ist Wagner ja auch erst nach der Niederschrift von "Siegfrieds
Tod" und ersten, unfruchtbaren Kompositionsversuchen klargeworden, dass
er den Mythos in voller Breite würde darlegen müssen, damit das
Schlussstück erst komponierbar würde....
> Das Nibelungenlied zielt auf die hoefische Gesellschaft des hohen
> Mittelalters, die alten Mythen auf eine baeuerliche Gesellschaft,
> beides kommt im Ring nicht oder nur am Rande vor, es sind die modernen
> Verhaeltnisse, die sich im alten Mythos wiederspiegeln (so wie es
> Offenbach auch parodistisch mit dem zweiten Kaiserreich gemacht hat).
Ja, eben. Und wie geschickt Offenbach das gemacht hat, mag man an seinem
"Orphée" einmal nachprüfen. Da würde wohl auch keiner auf die Idee
kommen und die alten Mythen als Massstab ansetzen - weil man dem Stück
so auch nicht nahekäme....
[Sprache im Ring]
> Die Sprache als Camouflage gerade des Anstoessigen fuer seine Zeit,
> warum nicht?
Ich bin mir nicht ganz sicher, es war eigentlich nur so ein Gedanke,
aber gänzlich unmöglich erscheint mir das nicht...
Liebe Grüsse!
Claus
ich versuche die Hauptpunkte noch einmal anzugeben, um sie in
Folgepostings konzentriert anzugehen.
Am Sun, 05 Aug 2001 00:35:50 +0200 schrieb Beate Goebel
<beate....@bigfoot.de> :
[Stoffwahl und Bearbeitung]
>
>Besser? Es gefällt mir nicht und ich frage mich anhand der Wagner zur
>Verfügung stehenden Quellen, wie er ausgerechnet auf diese Idee gekommen
>ist.
>
Es war die schon von Fr. Schlegel geaeusserte Idee, zum dramatischen
Vorwurf germanische Stoffe zu nehmen. In Daenemark hatte es etwa schon
(parallel zur Ossian-Rezeption etwa in England) eine literarische
Rezeption gegeben (uebrigens auch Opern aus dem Umkreis germanischer
Sagen). Zu dem konkreten Interesse Wagners an dem Stoff in einem
anderen Posting. Die Quellen waren umfangreich, er hat sich aus den
Quellen sein eigenes Konzept entwickelt und kuenstlerisch ausgefuehrt.
Die Edda war ihm bekannt, vermutlich in der Nachdichtung Simrocks,
aber sie war nur eine ergaenzende Quelle, wie sich durchgehend an den
Namen der Protagonisten erkennen laesst (Wotan statt Odin, Siegfried
statt Sigurd, Kriemhild statt Gudrun usw.). Ausgangspunkt war
bekanntlicherweise die Rezeption des Nibelungenliedes, nicht die Edda.
Insoweit greift mE der Versuch, Wagners Entwurf an der Edda zu messen,
fehl.
[Textgestalt]
>> Ich habe mir
>> gestern anhand einer exponierten Stelle im Rheingold ("Sanft
>> schloss Schlaf Dein Aug'") noch einmal durch den Kopf gehen lassen.
>> Ich kann mir nicht helfen, der Text ist gut.....
>
>Stell Dich doch mal mit den Textbuch mitten in den Raum und lies Dir
>laut 2-3 Seiten vor..... Aber nicht singen!
>Und dann lies mal so Goethe oder Hölderlin oder ......
>
Da werden wir sicherlich nicht einander ueberzeugen. Es ist eine Sache
von Geschmack und Erfahrung. Wie Claus finde ich den Text
dramaturgisch gerecht und auch ohne Musik gut vortragbar. Mit Musik
duerfte es eigentlich keinen Dissens geben. Wenn man andere Operntexte
ansieht, ob den Fierrebras oder Den Vampyr oder Hans Heiling oder
Euryanthe - dieses Libretto steht turmhoch darueber.
Ueber die Wahl der Sprachebene (die Form der Archaisierung) werden wir
sicher noch sprechen.
[Mythos und Mythologie - Stoffgeschichte]
>> Wie gesagt, es geht um einen neuen Mythos, und noch nicht einmal
>> das, es geht um bestimmte Konstellationen, die Wagner eben auch aus
>> alten Mythen herausbaut und -umbaut.
>
>Und ich frage mich, warum das gerade in dieser Weise einer wilden
>Melange mit (IMHO) Tendenz zur Verfälschung sein musste. Allerdings bin
>ich der Antwort schon etwas näher gekommen. Es muss damals Mode gewesen
>sein. Wagner rekuriert auf einen Text von Simrock: "Die Amelungen", der
>ein ähnlicher Verschnitt aus Überlieferungsbruchstücken sein soll.
>Wo bekomme ich jetzt diesen Text her ohne ihn kaufen zu müssen?
>
(Simrocks Amelungen muesste ueber eine UB erreichbar sein, evt. auch
ueber eine Fernleihe. Ansonsten findest Du es etwa im ZAVB, da musst
Du allerdings kaufen ...
>SIMROCK, Karl. Das Amelungenlied. Teil 1-3 in 1 Band. Stuttgart/ Tübingen,
>Cotta, 1843,1846 u. 1849. 8°. 458, 422, 426 S. HLwd. der Zeit mit marmor.
>Schnitt. - Bestellnr. Nr.:65 [L] DEM 280,-
>*Simrock, K. Das Heldenbuch. 4. Band. - Exlibris u. Name auf Vorsatz.
>Vereinzelt etw. fleckig. Gutes Exemplar.
>
auch etwas billiger unter:
>Simrock, Karl, Das Amelungenlied. Mit Einleitung von Gotthold Klee. Leipzig,
>Hesse & Becker, o.J. 3 Teile in 1 Band. Kl.8°. 326, 280, 263 S. OLwd.
>- <Bestellnr. 50799A> DEM 90,00 / EUR 46,02
>Nacherzählung und Zusammenfassung unterschiedlicher Sagenstoffe und
>Überlieferungen. Eine Kunstdichtung des Autors, hier vermutlich letztmals
>abgedruckt. Die Erste Ausgabe in 3 Bänden erschien 1843 - 1849.
und mehr unter ...
www.zavb.com (Zentrales Verzeichnis Antiquarischer Buecher))
Ein Melange mit der Tendenz zur Verfaelschung setzt voraus, dass es
nur eine authentische Ueberlieferung des Mythus gaebe und dass man
sich aus -sagen wir einmal- Pietaetsgruenden, an diese zu halten habe.
Meines Erachtens ist jeder Stoff frei, nicht die Wahl des Stoffes,
seine (individuelle) Ausarbeitung entscheidet ueber die Qualitaet der
abgelieferten Arbeit.
>> Wagner hatte sicher nicht im
>> Sinn, die Mythen zu veropern, das scheint mir in jedem Moment im
>> Ring eigentlich offenkundig.
>
>Ich weiß nicht, was Du mit veropern meinst - aber genau das hat er
>gemacht: Aus falsch/quer/? verstandener Überlieferung eine Oper.
>
Aus falsch verstandener Ueberlieferung sind hervorragende Werke
entstanden, wie die grossen Epen des Hochmittelalters. Es ist nicht
Aufgabe der Dichtung, philologische Restauration zu betreiben, sondern
aus dem Kompost der alten Stoffe Neues fuer ihre Zeit zu gewinnen.
[Weltbild des Rings]
>
>Dieses Weltbild, welches er ausführlich beschreibt, macht es dann aber
>noch unbekömmlicher. Hier halte ich mich nur am Text fest. Wenn wir
>jetzt noch die - von Wagner gewollte - ideologische Komponente erörtern,
>wird es sehr unbekömmlich. Und ich beziehe mich *nur* auf das von W dazu
>Geäußerte.
>
Da sollten wir uns doch ausfuehrlicher aeussern. Welches Weltbild
wirkt auf Dich unappetitlich und warum? Es kann nicht um Aeusserungen
Wagners *ausserhalb* des Rings gehen, sondern nur um den Kosmos, den
er im Ring geschaffen hat.
[Versmass und Sprache]
>>> Daß ihm alte germanische Quellen in ausreichend präziser
>>> Übertragung vorlagen, ist wahrscheinlich (Sigrdrîfumâl).
>>
>> Das sehe ich den Zusammenhang zum vorhergehenden Satz nicht, sorry.
>
>Er kannte die Sprache, Versmaß etc. der Orginale - in welcher
>Übertragung auch immer. In diesem Vergleich kann jede Nachempfindung nur
>schräg wirken. (Wenn ich jetzt lächerlich oder Parodie sage, hängt sich
>hier wieder jeder an *einem* Wort auf, statt auf den Kontext zu sehen;-)
>
Man kann es durchaus als (unfreiwillige) Parodie sehen, wenn man
meint, dass Wagner an seiner Aufgabe, ein Libretto zu schreiben,
gescheitert ist. Es gibt Stellen, die fordern fast zu solcher Wertung
heraus (wie etwa der Gesang der Rheintoechter im Rheingold - aber
sollte man sich den anders als gesungen vorstellen?). Je mehr man sich
in den Ring einliest, umso mehr merkt man mE, dass die Schwierigkeiten
mit dem Text sich loesen, dass eine grosse Reihe brillant gelungener
Loesungen ueberzeugen und dass die geschmaecklerische Ablehnung des
Textes jenem nicht gerecht wird.
[Sprache des Librettos]
>> Was wäre denn eine angemessene Sprache, Deiner Meinung nach?
>
>Ein Libretto verlangte nach damaliger Konvention nach einer "gehobenen"
>Sprache. Komponisten haben im allgemeinen richtige(TM) Dichter genommen.
Es gibt sehr divergierende Entwicklungen. Ueber Jahrhunderte kamen die
grossen Operntexte (von Metastasio ueber Calzabigi zu Da Ponte) von
Spezialisten, von Leuten, die professionell Libretti herstellten und
nur als Librettisten bekannt waren. Mit dem 19. Jahrhundert gibt es
eine Tendenz, sich die Texte selbst zu schreiben (Lortzing, Marschner,
Cornelius usw.), aber auch erfolgreiche Texte von der Buehne zu
adaptieren (v.a. im Bereich der frz. Oper). Eine Tendenz, die Texte
von ausgewiesenen Dichtern schreiben zu lassen, bzw. sie unbearbeitet
zu benutzen (also nicht etwa Buehnenwerke von Dichtern *umzuarbeiten*)
gibt es mW so deutlich erst im 20. Jahrhundert. Die Kunstsprache der
Oper und des Dramas waren durchaus unterschiedlich (welcher Komponist
hat klassische Blankverse statt Reime vertont?), der Wechsel von
Rezitativ zur Arie bedingte einen (auf der Sprechbuehne nicht
ueblichen) Wechsel von gesprochener/gesungener Prosa zu lyrischen
Ausbruechen, bei denen die Zeit still zu stehen scheint und heutige
Regisseure ihre Muehe haben, Aktionen zu erfinden :-)
>Wagner hat zwar "Unterricht" in Stabreim und Metrik genommen, aber
><vielleicht hätte er doch jemanden nehmen sollen, der sich damit
>auskennt>.
>
Auch da hat er sich einer historisch vorgegebenen Moeglichkeit bedient
und sie nach seinen Vorstellungen umgeformt, hoechst wirksam mE.
Um ein Beispiel aus einem anderen Bereich zu nennen, das Sonnett hat
als Versmass den Endecasillabo, in der franzoesischen Sprache setzte
sich der Alexandriner durch, so wurde es erst einmal im Barock
adaptiert, mit Schlegel wurden aber 5-hebige Jamben/Trochaen in
Deutschland verbindlich. Jede Zeit, jede Sprache schafft sich ihre
eigene Adaption. Warum sollte Wagner den klassischen Stabvers (das
meintest Du doch, sein Stabreim ist doch in Ordnung) aus dem
Altnordischen uebernehmen? Er schrieb in Deutsch, da ist die Lautung
ganz anders (die volltoenenden Nebensilben des Germanischen sind da in
der Regel abgetoent), das *musste* er seinen eigenen Weg finden.
[Eigenes vs. adaptiertes Denken]
>
>Ich bin schon eine Weile davon ab, die Interpretationen Anderer für
>*meine* Meinungbildung zu benutzen. Ich hole mir lieber selbst die
>Quellen. Allerdings ist das für die Musik nicht mein Job, daher bleibe
>ich leider im Fragment hängen.
Wer nicht die gleichen Irrtuemer machen will, sollte sich die
Sekundaerliteratur ansehen. Den ersten Eindruck verschaffe ich mir
immer selbst, da bin ich mit Dir einer Meinung. Aber dann analysiere
ich meine Erfahrungen und halte sie gegen die von anderen. Dabei kann
ich vertieft in eine zweite oder dritte Lektuere einsteigen, bei der
ich immer mehr erkenne und aufnehme. Am Ende werde ich meine
Ersterfahrung gesichert und auf eine neue Stufe gehoben haben, ich
kann meine Meinung unter Kennern eigenstaendig und in begruendeter
Nuancierung anderen Meinungen gegenueber ausdruecken. Nach der
Erstlektuere aeussert sich fuer einen Dritten in mir mehr mein Ego als
der Text, erst die (umfassende) Analyse, das Schuerfen in der Tiefe,
vermag auch fuer Dritte meine Begegnung mit dem Text als gueltige und
gleichberechtigte Kommunikation ausweisen.
>Allerdings habe ich mir in den letzten Tagen zum Thema einiges an
>Rezeptionsliteratur durchgesehen, so dass ich jetzt schon aufpassen
>muss, nicht die Meinung von XXX für meine zu halten, nur weil sie mir
>sympatisch ist.
>
Auch das ist nur eine Durchgangsstufe zur Objektivierung :-))
>
>Lass mal;-) Das ist nicht mein erster Strauss mit PB, das soll er selbst
>ausfechten;-) (Und es wohl nicht nur um Wagner;-)
>
Verstehe ich zwar nicht, aber das wirst Du mir sicher erklaeren. ich
fuehre keinen Strauss mit Dir, Dich kenne ich gar nicht, was sollte
ich da straussen. Mich interessiert es, meine Meinungen in der
Kontroverse zu pruefen, das sehe ich nicht und da werde ich auch nicht
persoenlich, wo immer ich es vermeiden kann. Selbstverstaendlich geht
es hier nicht nur um Wagner, sondern offensichtlich auch um die Edda,
das Nibelungenlied und die Klage, J. + W. Grimm und Karl Simrock.
Ansonsten geht es (siehe Subject) um die Namensform Hella (an. Hel),
die im Suedgermanischen nachgewiesen ist, die also keine
Verballhornung eines Namens ist, wie hier behauptet.
Sollte es Dir noch um anderes gehen, solltest Du es namhaft machen und
nicht nur dunkel andeuten.
[Dunkle Drohungen]
>
>Ja, aber wenn wir über diese seine Weltsicht diskutieren (mit Orginal-
>Zitaten bitte), dann kommt hier manch Übles auf den Tisch.
>
Da bitte ich aber darum, davon wird man sicher in dieser NG mehr
Nutzen haben.
>> und
>> sie dient (möglicherweise, ich bewege mich auf dem dünnen Eis der
>> Spekulation) vielleicht auch der Distanzierung des Publikums vom
>> Geschehen, damit dieses erst wieder die Möglichkeit hat, die
>> Parallelen zum eigenen Leben zu sehen. Denkbar, oder?
>
>Leider nein. Er *hat* sich geäußert und dieses Weltbild ist ein sehr
>autokratisches - um nicht zu sagen: größenwahnsinniges. Stichwort:
>Lohengrin. (Sehr polemisch verkürzt: Wer nicht folgt ohne zu fragen, der
>stirbt.) Weiteres Stichwort: Parzival! (Polemik: die perfekte Republik.)
>
Nun bringst Du aber die Polemik herein. Nein, das Weltbild Wagners ist
weder autokratisch noch groessenwahnsinnig, es hat autokratische, aber
doch eben auch deutliche demokratische Zuege (im Kuenstlerischen
*muss* man Autokrat sein) Mir leuchten die Stichwoerter nicht ein, da
erwarte ich doch noch Begruendungen. V.a. den Groessenwahnsinn haette
ich gerne einmal begruendet.
>> Beste Grüsse und einen schönen Sonntag!
Es gruesst Peter
--
Allein selbst der gute Kopf will angestossen sein, um etwas Neues
zu sehen; zumal etwas Neues auf neuen Wegen kann fast nur allein
durch solche Mittel gefunden werden.
(Lichtenberg, K 314)
Hallo,
> Wer nicht die gleichen Irrtuemer machen will, sollte sich die
> Sekundaerliteratur ansehen.
[...]
> Dritte meine Begegnung mit dem Text als gueltige und
> gleichberechtigte Kommunikation ausweisen.
Nun, ich bevorzuge die Analyse nach den bewährten wissenschaftlichen
Methoden.
Gruß Beate
Virtueller F'up2 sci.music
--
Zur Anti-Spam-Initiative: Hilfe für die EU-Entscheidung.
Die EU-Parlamentarier brauchen Hilfe, sie wissen nicht was Spam ist.
Schreibt es ihnen. Englische Mail-Vorlagen und Adressen unter:
http://home.worldonline.de/home/leggewie/EU-Spam-Initiative.htm
Am Sat, 11 Aug 2001 11:08:02 +0200 schrieb Beate Goebel
<beate....@bigfoot.de> :
>Peter Brixius Peter....@Koeln.Netsurf.de wrote
>
>Hallo,
>
>> Wer nicht die gleichen Irrtuemer machen will, sollte sich die
>> Sekundaerliteratur ansehen.
>[...]
>> Dritte meine Begegnung mit dem Text als gueltige und
>> gleichberechtigte Kommunikation ausweisen.
>
>Nun, ich bevorzuge die Analyse nach den bewährten wissenschaftlichen
>Methoden.
>
Du bist doch fuer Ueberraschungen gut, diese neue Einstellung
begruesse ich freudig. Auf Deine Folgepostings bin ich gespannt.
Hallo,
> Auf Deine Folgepostings bin ich gespannt.
http://www.markgrafen.de/wagner2.htm
http://www.omm.de/feuilleton/metzler-wagner-juden.html
http://www.studiopunktverlag.de/literatur.htm
Gruß Beate
zunaechst zum ersten URL
Am Sat, 11 Aug 2001 16:54:26 +0200 schrieb Beate Goebel
<beate....@bigfoot.de> :
>
>> Auf Deine Folgepostings bin ich gespannt.
>
>http://www.markgrafen.de/wagner2.htm
Ich hoffe ja, das hast Du alles gelesen, ich als
Nicht-Wagner-Spezialist nicht (wo es nun um die Altgermanistik geht,
kenne ich mich schon besser aus). Ein paar Kommentare zur
Bibliografie:
>Der Ring des Nibelungen
>
>Das Nibelungenlied. Mittelhochdeutsch/Neuhochdeutsch. Übertragen und kommentiert von
>Siegfried Grosse. Reclam Verlag, 1997. 32.00 DM.
>
>Das Nibelungenlied. Mittelhochdeutsch/Neuhochdeutsch. Hrsg., übertragen und Anhang von
>Helmut Brackert. 2 Bände. Fischer Taschenbuch Verlag. 33,80 DM.
>
>Das Nibelungenlied. Anmerkungen und Nachwort von Bernhard Sowinski. Reclam Verlag.
>16.00 DM.
>
>Die Nibelungen. Vor- und Nachwort von Helmut Brackert. Im Anhang die Nacherzählung
>„Die Nibelungen“ von Gretel und Wolfgang Hecht. In der Wiedergabe von Franz Keim. Imit
>zum Teil farbigen Illustrationen von Carl O. Czeschka. Insel Verlag, 1972. 22.80 DM.
>
Von den genannten Uebertragungen favorisiere ich den Brackert.
Ansonsten habe ich ja schon darauf hingewiesen, dass der korrekte
Titel mal vorausgesetzt (Nibelungenlied und Klage) man es mit mehreren
Handschriften zu tun hat, Wagner kannte den Text in der Hs. C
>Die Nibelungen. Neu erzählt von Michael Köhlmeier. Piper Verlag, 1999. 14.90 DM.
>
(Was sollen solche "Neufassungen" nutzen ausser es kindgerecht zu
machen?)
>Das Nibelungenlied. Gelesen und kommentiert von Peter Wapnewski. 8 CD-Audio. DHV Der
>Hörverlag, 1996. 163.00 DM.
>
Das ist ein guter Tip, habe ich mir mal gleich auf die Wunschliste
gesetzt.
>
>Berndt, Helmut: Die Nibelungen. Auf den Spuren eins sagenhaften Volkes. Bastei Lübbe.
>14.90 DM.
>
>Hansen, Walter: Die Spur der Helden. Die Gestalten des Nibelungenliedes in Sage und
>Geschichte. Bastei Lübbe. 12.80 DM.
>
beides doch wohl eher wissenschaftlich fragwuerdig ...
>Heinzle, Joachim (Hrsg.): Das Nibelungenlied. Eine Einführung. Fischer Taschenbuch
>Verlag, 1994. 12.90 DM.
>
>Hoffmann, Werner: Nibelungenlied. Metzler Verlag, 1992. 24.80 DM.
>
>Die Nibelungen. Ein deutscher Wahn, ein deutscher Alptraum: Studien und Dokumente zur
>Rezeption des Nibelungenstoffs im 19. Und 20. Jahrhundert. Hrsg. von Joachim Heinzle u.a.
>Suhrkamp Verlag, 1991. 24.80 DM.
>
>Schulze, Ursula: Das Nibelungenlied. Reclam Verlag, 1997. 14.00 DM.
>
... im Unterschied zu den o.g.
>Germanische Göttersagen und Heldensagen. Nach den Quellen neu erzählt von Reiner
>Tetzner. Reclam Verlag, 1997. 29.80 DM.
>
>Germanische Heldensagen. Nach den Quellen neu erzählt von Reiner Tetzner. Reclam
>Verlag, 1996. 14.00 DM.
>
>Altnordische Göttersagen und Heldensagen. Nacherzählt von Hans-Jürgen Hube. Reclam
>Verlag, 1996. 19.80 DM.
>
>Das grosse Sagenbuch. Die schönsten Götter-, Helden- und Rittersagen. Diogenes Verlag,
>1996. 22.90 DM.
>
>Das grosse Sagenbuch. Die schönsten Götter-, Helden-, und Rittersagen des Mittelalters. Über
>150 Zeichnungen von Tatjana Hauptmann. Diogenes Verlag, 1997. 25.00 DM.
>
Da haben wir dasselbe Problem wie bei Grimm, Simrock u.a. (am meisten
hat mich als Schueler Waegner[!] gepraegt mit seinen Bd. Goetter- und
Heldensagen) - Nach *welchen* Quellen wird hier erzaehlt, wie weit
werden aus unterschiedlichen Quellen Stoffe zusammengesetzt (Du hast
ja das Simrocksche Amelungenlied schon als Beispiel genannt).
Unterhaltsam das alles, aber...
>Grundy, Stephen: Rheingold. Roman. Fischer Taschenbuch Verlag, 1995.19.90 DM.
Aehrlich? :-))
Um zusammenzufassen: ziemlich unvollstaendige Auflistung, eine Reihe
von Standardwerken fehlen. So ist nichts zur Edda und ihrer
Textgeschichte angegeben (das wuerdest Du Dir auch wuenschen).
Wenigstens Ursual und Ulrich Muellers: Wagner und sein Mittelalter
haette man ja angebenkoennen oder Simek (Lexikon der germanischen
Mythologie bzw. Lexikon der altnordischen Literatur)
Von Lachmann ueber de Boor bis Bertau fehlt vieles, was jetzt den ma.
Text angeht!
(das wolltest Du doch nicht nach *.sci.musik. schieben? Gaebe es diese
NG, so waere das da ziemlich OT, im Wesentlichen haben wir uns aber
ueber sprachhistorische und literarische Probleme zu verstaendigen
versucht, wenn auch im Zusammenhang mit dem Ring)
Doch das wird vielleicht ja mit dem musikologischen Teil besser:
>Der Ring des Nibelungen
>
>Ackermann, Peter: Richard Wagners „Ring des Nibelungen“ und die Dialektik der
>Aufklärung. Dr. Hans Schneider Verlag, 1981. 85.00 DM.
>
>Andree, Oskar: Richard Wagners „Ring des Nibelungen“. J. Ch. Mellinger, 1976. 4.95
>
warum fehlt hier das wichtige Werke von Dahlhaus (auch noch wohlfeil
als Taschenbuch zu bekommen?)
>Dieckmann, Friedrich: Gespaltene Welt und ein liebendes Paar. Oper als Gleichnis. Insel
>Verlag, 1999. 58.00 DM.
>
Hier handelt es sich allerdings (S. 189-257) "nur" um eine sehr
einfuehlsame Begruendung der Inszenierung Chereaus, die ich ebenso
mag, wie den Rest des Buches (in dem es auch um die Zauberfloete
geht).
>Dokoupil, Jiri: Der Ring des Nibelungen. Verlag und Datenbank für Geisteswissenschaften,
>1997. 36.00 DM.
>
>Donington, Robert: Richard Wagners „Ring des Nibelungen“ und seine Symbole. Reclam
>Verlag, 1995. 36.80 DM.
>
>Franke, Rainer: Richard Wagners Zürcher Kunstschriften. Politische und ästhetische Entwürfe
>auf seinem Weg zum „Ring des Nibelungen“. Karl Dieter Wagner Verlag, 1983. 68.00 Dm.
>Heinz, Rudolf: Wagner – Ludwig – Nacht – Musik. Passagen Verlag, 1998. 38.00 DM.
>
>Huber, Herbert: Richard Wagner. Der Ring des Nibelungen. Vers für Vers nach seinem
>mythologischen, philosophischen und theologischen Gehalt erklärt. VCH. 1988. 60.00 DM.
>
>In den Trümmern der eigenen Welt: Richard Wagners „ Der Ring des Nibelungen“. Hrsg. von
>Udo Bermbach. Dietrich Reimer Verlag, 1989. 44.00 DM.
>
>Kaiser, Joachim: Richard Wagner: Der Ring des Nibelungen. Werkinterpretation und
>Musikbeispiele. CD. TR Verlagsunion, 1996. 99.95.
>
eine sehr kursorische Einfuehrung, die sich an den interessierten
Musikfreund wendet, dabei allerdings auch vor einigen riskanten Thesen
nicht scheut.
>Koch, Thomas: Recht, Macht und Liebe in Richard Wagners „Der Ring des Nibelungen“.
>Nomos Verlagsgesellschaft, 1996. 69.00 DM.
>
>Köpnick, Lutz: Nothungs Modernität. Wagners „Ring“ und die Poesie der Macht. Wilhelm
>Fink Verlag, 1994. 48.00 DM.
>
>Kolland, Hubert: Die kontroverse Rezeption von Wagners Nibelungen-Ring von 1850 bis
>1870. Gisela Schewe Verlag, 68.00 DM
>
>Kunst, Sonny: Die Geschichte vom Ring des Nibelungen. Echter Verlag, 1995. 19.80 DM.
>
>Lindau, Paul: Nüchterne Briefe aus Bayreuth. Vergeblicher Versuch im Jahre 1876, Zeit und
>Geister Richard Wagners zu bannen. Das Arsenal, 1989. 16.80 DM.
>
>Lorenz, Alfred: Das Geheimnis der Form bei Richard Wagner. Bd.1: Ring. Nachdruck.
>Verlag Dr. Hans Schneider. 70,-.
>Loriot erzählt Richard Wagners „Ring des Nibelungen“. Toncassetten. Polygram, 1993. 59.00
>DM.
>
nun ja ...
>Loriot erzählt Richard Wagners „Ring des Nibelungen“. CD. Polygram, 1993. 89.00 DM.
>
>Luther, Einhard: So singe, Held! Biographie eines Stimmfachs. Bd.1: Heldentenöre der
>Wagnerzeit (1842-1883). Verlag Wolfgang Layer, 1998. 85.00 DM.
>
>Maschka, Robert: Wagners Ring. Piper Verlag, 1999. 14.90 DM.
>
>Müller, Norbert: Die Nibelungendichter Hebbel und Wagner. Der Tragiker und seine
>„Nibelungen“ im Widerstreit mit dem Musikdramatiker und dessen „Ring“. FROHN Verlag,
>1991. 5.00 DM.
>
>Oberkogler, Friedrich: Vom Ring zum Gral. Wiedergewinnung seines Werks aus Musik und
>Mythos. Verlag Freies Geistesleben, 1985. 98.00 DM.
>
fragwuerdig!
>Richard Wagner – „Der Ring des Nibelungen“: Ansichten des Mythos. Hrsg. von Udo
>Bermbach u.a.. Mit einem Geleit von Wolfgang Wagner. 40 Original-Skizzen von Rosalie.
>Metzlersche Verlagsbuchhandlung, 1995. 58.00 DM.
>
>Der Ring am Rhein. Hrsg. von Wolfgang Storch. Edition Hentrich, 1991. 36.00 DM.
>
>Seiler, Stefan: Das Delikt als Handlungselement in Richard Wagners „Der Ring des
>Nibelungen“. Österreichische Staatsdruckerei, 1998. 54.80 DM.
>
... da gibt es so eine Tradition :-)
>Shaw, George Bernard: Ein „Wagnerbrevier“. Kommentar zum Ring des Nibelungen.
>Vorwort von Joachim Kaiser. Suhrkamp Verlag, 1989. 24.80 DM.
>
noch immer hoechst empfehlenswert
>Steiner, Rudolf: Die okkulten Wahrheiten alter Mythen und Sagen. Griechische und
>germanische Mythologie. Richard Wagner im Lichte der Geisteswissenschaft. Rudolf Steiner
>Verlag, 1999. 46.00 DM.
>
In hoechstem Masse fragwuerdig!
>Strohauer, Ulrich: Wolken über Walhall. Soldi Verlag, 1992. 48.80 DM.
>
>Wagner-Rezeption heute: Der Ring des Nibelungen. Von Uwe Faerber u.a. Deutsche Richard-
>Wagner-Gesellschaft 1994. 20.00 DM.
>
>Wapnewski, Peter: Der Ring des Nibelungen. Richard Wagners Weltendramen. Piper Verlag
>1998, 22.90 DM.
>
>Weismüller, Christoph: Das Drama der Notation. Ein philosophischer Versuch zu Richard
>Wagners Ring des Nibelungen. Passagen Verlag, 1994. 36.00 DM.
>
>Wilberg, Petra-Hildegard: Richard Wagners mythische Welt. Versuche wider den
>Historismus. Rombach Verlag, 1996. 78.00 DM.
>
Ich vermisse auch hier einige Buecher, die ich selbst im Regal stehen
habe. So haette wenigsten auch U. Schreibers Kunst der Oper Bd. 2 (so
sehr man sich ueber ihn streiten kann) genannt werden muessen.
Wenn man so eine Auswahl-Bibliografie macht, sollte man die Auswahl
begruenden, sonst nutzt sie wenig. Warum fehlt etwa Zelinsky, der die
ganze Antisemitismus-Diskussion angestossen hat. Man mag ja nicht mit
ihm uebereinstimmen, aber man muesste ihn mE nennen. Um einige
Desiderate zu nennen:
1) Es ist keine Primaerliteratur genannt, weder Wagners Ring-Dramen
mit ihrer Vorgeschichte (etwa Siegfrieds Tod, 1848, oder Raub des
Rheingoldes, 1852) noch Wagners zahlreiche Schriften und
programmatische Erlaeuterungen oder Wagners Mein Leben.
2) Nachschlagewerke wie Barth/Mack/Voss, Bauer, Gregor-Dellin/Soden
sind nicht genannt.
3) Wichtige Werke oder Aufsaetze zu Wagner werden nicht genannt. Du
selbst hast ja schon auf Adorno: Versuch ueber Wagner (1952)
hingewiesen. Aber Bermbach, Borchmeyer, Gregor-Dellin, Huber,Th. Mann,
Hans Mayer usw. usf. - statt dessen die Anthroposophen mit Steiner und
Co.!
>
>Rheingold/Die Walküre
>
>Faerber, Uwe: Klanggestalten im „Rheingold“. Ein Beitrag zur Ausdrucksbestimmung
>Wagnerscher Musik. Rombach Verlag ,1998. 14.00 DM.
>
>Heidgen, Norbert: Textvarianten in Richard Wagners „Rheingold“ und „Walküre“. Verlag
>Bernd Katzbichler, 1982. 64.00 DM.
>
>Wagner, Richard: Das Rheingold. Textbuch, Einführung und Kommentar, hrsg. von Kurt
>Pahlen, Atlantis Musikbuch-Verlag, 1999. 22.90 DM.
>
ausgerechnet! Ueber Prof. Pahlen haben wir uns in der NG schon
mehrfach unterhalten ...
>
>
>Siegfried/Götterdämmerung
>
>Wagner, Richard: Siegfried. Opernführer, hrsg. von Kurt Pahlen. Piper Verlag, 1994. 19.90
>
s.o.
>Wagner, Richard: Götterdämmerung. Textbuch, Einführung und Kommentar, hrsg. von Kurt
>Pahlen. Atlantis Musikbuch-Verlag, 1997. 22.90 DM.
>
s.o.
>
Die Laenge der Liste auf der genannten Website ist beeindruckend, die
Luecken und Verzerrungen allerdings auch.
nun zum Zweiten ...
Am Sat, 11 Aug 2001 16:54:26 +0200 schrieb Beate Goebel
<beate....@bigfoot.de> :
>
>> Auf Deine Folgepostings bin ich gespannt.
>
>http://www.omm.de/feuilleton/metzler-wagner-juden.html
Es handelt sich hierbei um die Besprechung eines Buches von
Borchmeyer, Maayani, Vill, das in der riesigen markgraeflichen
Buecherliste nicht auftaucht. Wie immer bei den Beitraegen eines
Symposium ist vieles noch These und umstritten. Warauf Du Dich wohl
beziehst, wird dieser Passus sein:
>Wichtig für die Akzeptanz von Wagners Werk in der Öffentlichkeit ist
>die Frage, ob und in welchem Ausmaß antisemitische Charakterzeichnungen
>in den Opern des Komponisten wiederzufinden sind. Weit gehen die Meinungen
>in der Wissenschaft hier auseinander.
... hier koennte man eigentlich schon mit dem Zitat aufhoeren. Von
einer wissenschaftlich umstrittenen Sache wird man in einer
Zeitungsrezension wohl kaum eine hinreichend abgewogene Darstellung
der Kontroverse erwarten, sondern mehr allgemeine Wertungen der im
Buch wahrzunehmenden unterschiedlichen Meinungen. Da wird das Buch
selbst sicher hilfreicher sein.
Noch ist Dieter ja noch beim Siegfried angekommen, aber der einzige
Ansatzpunkt, im Ring eine antisemitische Haltung auszumachen, ist wohl
die Person Mimes:
>Ein beliebtes Beispiel ist die Figur des Mime aus der Oper Siegfried.
>Mit ihr soll Wagner, glaubt man den Thesen einiger Forscher, musikalisch
>die Polemik gegen den jüdischen Synagogalgesang umgesetzt haben, gegen
>den er in Das Judentum in der Musik giftet.
Ich kann das so nicht nachvollziehen, obwohl ich einiges an juedischen
Synogalgesang kenne. Da wuerden mich einmal konkrete Hinweise
interessieren. (Was mich troestet, ist, dass U. Schreiber eine solche
Parallele offensichtlich auch nicht gehoert hat)
>In Mime die Karikatur des habgierigen und verschlagenen Juden zu sehen,
>hat Tradition: Auch Paul Lawrence Rose schließt sich in seinem Beitrag
>Wagner und Hitler - nach dem Holocaust dieser Sichtweise an.
Inwieweit die Biografie Mimes ihn ueberhaupt als Karikatur eines Juden
moeglich macht, waere die naechste Frage, die sich mir stellt. Man
kann doch nicht einfach hingehen, dass man postuliert, jeden negativ
dargestellte Charakter muesse notwendigerweise bei Wagner ein Jude
sein (Da faellt mir Karl Kraus ein mit: "Ein Philosemit ist ein
Antisemit, der Juden mag"), nur weil Wagner im Laufe der Zeit und
unter Einfluss der "hohen Frau" einen Antisemitismus entwickelte, der
immer noch einer des 19. Jahrhunderts ist.
>In diesem Punkt kann man den Deutungen von Rose noch folgen. Andere
>seiner Behauptungen sind dagegen unausgewogen und auch unwissenschaftlich.
Nun ja, man dankt fuer den Literatur-Hinweis. Auch nicht
"wissenschaftlich bewaehrt"....
>Für ihn ist der Antisemitismus nicht nur in Wagners Schriften offensichtlich,
>sondern auch in den Gesangstexten und der Musik. Diese radikale, einseitige
>Sichtweise, verbunden mit dem Vorwurf, Wagners Antisemitismus würde von
>historischer Seite zu häufig geleugnet, trug dazu bei, dass der Beitrag
>von Rose auf dem Bayreuther Symposion von 1998 einen Eklat auslöste.
>
Eine Behauptung sollte man/frau nicht mit einem Beweis verwechseln.
Hallo,
> Am Sat, 11 Aug 2001 16:54:26 +0200 schrieb Beate Goebel
> Zeitungsrezension wohl kaum eine hinreichend abgewogene Darstellung
> der Kontroverse erwarten, sondern mehr allgemeine Wertungen der im
> Buch wahrzunehmenden unterschiedlichen Meinungen. Da wird das Buch
> selbst sicher hilfreicher sein.
LOL
Du kommentierst wahrscheinlich noch den Klappentext eines
Schutzumschlags.
Ich werde mir den Tagungsbericht mal ansehen, denn die verschiedenen
Meinungen zum Thema interessieren mich. Die "Aussagen" Wagners in
verschiedenen Schriften, noch mehr Cosimas Kommentare, sind mir doch
sehr "herb".
Für Dich ist wohl eher dieses geeignet:
http://www.richard-wagner.de/buttons.html
http://www.wagner-gesellschaft.de/f4.htm
http://www.wagner-gesellschaft.de/finh.html
:-))
Am Sun, 12 Aug 2001 11:03:29 +0200 schrieb Beate Goebel
<beate....@bigfoot.de> :
>Du kommentierst wahrscheinlich noch den Klappentext eines
>Schutzumschlags.
>
Tut mir Leid, wenn ich Dich Ernst genommen habe. Aber warum sollte ich
nicht auch einen Klappentext kommentieren, wenn es erforderlich waere
(ein solcher ist mir schon hin und wieder in Form einer Rezension
untergekommen, es lohnt sich immer mal beide miteinander zu
vergleichen).
>Ich werde mir den Tagungsbericht mal ansehen, denn die verschiedenen
>Meinungen zum Thema interessieren mich. Die "Aussagen" Wagners in
>verschiedenen Schriften, noch mehr Cosimas Kommentare, sind mir doch
>sehr "herb".
Als Gegenstand wissenschaftlicher Analyse gehe ich so etwas sine ira
et studio an. Mir ist unklar, warum Du Aussagen in Anfuehrungszeichen
setzt. Du meinst, es seien keine Aussagen? Was dann? Bevor ich
jemanden verurteile, muss ich ihn wenigstens auch zu Worte kommen
lassen und das Gesagte fairerweise zu seinen Gunsten auslegen - oder
steht die Sache des Hohen Gerichtes gegen Wagner so schlecht?
>
>Für Dich ist wohl eher dieses geeignet:
>http://www.richard-wagner.de/buttons.html
>http://www.wagner-gesellschaft.de/f4.htm
>http://www.wagner-gesellschaft.de/finh.html
>
>:-))
>
Wohl kaum, da weiss man noch nicht einmal
>Karl Gutzgows Annäherung an Richard Wagner
wie man Gutzkow schreibt. So etwas soll ich Ernst nehmen?
Schade, ich dachte, es ginge Dir darum, etwas Neues zu erfahren oder
Deine Meinungen ernsthaft zu ueberpruefen. Mir ging es darum und ich
habe trotz hoher Arbeitsbelastung viel Zeit darein investiert.
Wie Du schon sagtest:
>Das ist Usenet:-(
Vielen Dank fuer die Anregungen und lass Dich von Deinem Broterwerb
nicht unterkriegen.
[snip]
> >Oberkogler, Friedrich: Vom Ring zum Gral. Wiedergewinnung seines Werks
aus Musik und
> >Mythos. Verlag Freies Geistesleben, 1985. 98.00 DM.
> >
>
> fragwuerdig!
Warum? Hast du´s gelesen?
Ich kenne was von Oberkogler, hab ihn auch in einem Vortrag mal gehört (vor
Jahren), der ist als
Musiker und auch in den Gedanken, die ich von ihm kenne, recht profund. Wo
ist Dein Problem?
> >Steiner, Rudolf: Die okkulten Wahrheiten alter Mythen und Sagen.
Griechische und
> >germanische Mythologie. Richard Wagner im Lichte der Geisteswissenschaft.
Rudolf Steiner
> >Verlag, 1999. 46.00 DM.
> >
> In hoechstem Masse fragwuerdig!
Wieso?
hast Du´s gelesen?
Welche Fragen?
>
> Es gruesst Peter
>
> --
> Allein selbst der gute Kopf will angestossen sein, um etwas Neues
> zu sehen; zumal etwas Neues auf neuen Wegen kann fast nur allein
> durch solche Mittel gefunden werden.
> (Lichtenberg, K 314)
beherzigen!
es grüßt Reinhard
abschliessend zu diesem Thema:
Am Sat, 28 Jul 2001 15:51:17 +0200 schrieb Beate Goebel
<beate....@bigfoot.de> :
>Dieter Göbel D-Go...@T-Online.de wrote
>
>> Hella halte mich fest."
>> Wer ist "Hella" - kam bisher noch nicht vor;-)
>
>Das ist Wagners Verballhornung der germanischen Todesgöttin "Hel". Singt
>sich wahrscheinlich besser.
Hel ist die nordgermanische Form, belegt etwa in der Edda, es ist aber
nicht die allgemeingermaische Namensform. Naumann in
Baechthold-Staeubli III weist auf "halja" und "hella" hin. Wie ueblich
belegt er mit Ortsnamen (evt. auch Hellweg <- an. helvegr) wie Helle,
Helleput, Helleberg, Helleborne, Hellebeke usw. (wobei das germ. -a im
Uebergang zum nhd. zu -e abgeschwaecht wurde). Insofern liegt hier
keine Verballhornung vor, sondern die auch fuer die anderen Personen
des Rings gewaehlte suedgermanische Namensform.
(Baechthold-Staeubli, Sp. 1697)
ich habe kein Problem, meine Vor-Urteile zu aendern, aber das musst Du
mir dann schon etwas ausfuehrlicher machen ...
Am Sun, 12 Aug 2001 11:52:42 +0200 schrieb "Reinhard Wolff"
<Reinhar...@t-online.de> :
>
>[snip]
>
>> >Oberkogler, Friedrich: Vom Ring zum Gral. Wiedergewinnung seines Werks
>aus Musik und
>> >Mythos. Verlag Freies Geistesleben, 1985. 98.00 DM.
>> >
>>
>> fragwuerdig!
>
>Warum? Hast du´s gelesen?
>Ich kenne was von Oberkogler, hab ihn auch in einem Vortrag mal gehört (vor
>Jahren), der ist als
>Musiker und auch in den Gedanken, die ich von ihm kenne, recht profund. Wo
>ist Dein Problem?
>
Ich habe da kein Problem, sondern eine (vielleicht nicht zutreffende)
Meinung. Ich bezweifele nicht sein profundes Wissen, das ich in der
Regel in einschlaegigen Publikationen der Anthroposophen (bzw. doch
meist in Manuskriptdrucken) dokumentiert finde, halte es aber
weitergehende Schluesse durchaus zu befragen, ob es sich nun um
Mozart, Beethoven, Wagner (die alle der Esoterik nicht nahestanden)
oder gar um
>Tierkreis- und Planetenkräfte in der Musik. Vom Geistgehalt der Tonarten.
handelt. Auch wenn er Wagner (wieder im Selbstverlag) mit Merlin
vergleicht, stellen sich Fragen.
Besser kenne ich ihn noch von
"Die Zauberflöte. Mozarts Mysterienspiel und das Goethe-Fragment. Eine
musikalisch-geisteswissenschaftliche Werkbesprechung. Schaffhausen,
Novalis Verlag, 1982" Dazu werde ich mich noch ausfuehrlicher
aeussern, wenn ich denn mal wieder den Zauberfloeten-Thread aufnehme.
In der Fachliteratur treffe ich auf jeden Fall, wo er mir denn
begegnet auf den Hinweis "spekulativ". (Insofern darf ich auch aus
diesem Grunde sein Buch fuer eine Einsteiger-Bibliografie als
fragwuerdig bezeichnen.)
>
>> >Steiner, Rudolf: Die okkulten Wahrheiten alter Mythen und Sagen.
>Griechische und
>> >germanische Mythologie. Richard Wagner im Lichte der Geisteswissenschaft.
>Rudolf Steiner
>> >Verlag, 1999. 46.00 DM.
>> >
>> In hoechstem Masse fragwuerdig!
>
>Wieso?
>hast Du´s gelesen?
>Welche Fragen?
>
Von Steiner habe ich eine ganze Menge gelesen. Wolltest Du jetzt hier
Formen des Okkultismus mit einem Zitat des Aufklaerer Lichtenbergs
verteidigen?
>> Allein selbst der gute Kopf will angestossen sein, um etwas Neues
>> zu sehen; zumal etwas Neues auf neuen Wegen kann fast nur allein
>> durch solche Mittel gefunden werden.
>> (Lichtenberg, K 314)
>
>beherzigen!
>
Auf neuen Wegen ja, aber doch nicht in die Irre. Da bleiben wir doch
bei Goethe:
Ich sag' es dir: ein Kerl, der spekuliert,
Ist wie ein Tier, auf dürrer Heide
Von einem bösen Geist im Kreis herumgeführt,
Und rings umher liegt schöne grüne Weide.
Hallo,
> abschliessend zu diesem Thema:
Es ist im Usenet sehr schwer EOD zu verkünden.
> aber nicht die allgemeingermaische Namensform. Naumann in
> Baechthold-Staeubli III weist auf "halja" und "hella" hin. Wie
> ueblich belegt er mit Ortsnamen (evt. auch Hellweg <- an. helvegr)
> wie Helle, Helleput, Helleberg, Helleborne, Hellebeke usw. (wobei
> das germ. -a im Uebergang zum nhd. zu -e abgeschwaecht wurde).
> Insofern liegt hier keine Verballhornung vor, sondern die auch fuer
> die anderen Personen des Rings gewaehlte suedgermanische
> Namensform. (Baechthold-Staeubli, Sp. 1697)
Den Herrn (?) kenne ich nicht. Eigennamen mit Ortsnamen zu belegen
erscheint mir eigenwillig. Meist macht man das umgekehrt.
Kannst Du den korrekten (findbaren) Literaturbeleg angeben?
Und dass Dir die "offiziellen" Seiten der Richard-Wagner-Gesellschaft
nicht zusagen, irritiert mich etwas.
Schönen Sonntag
sorry, aber ich kann nicht nachvollziehen, worum es jetzt hier gehen
soll:
Beate Goebel wrote:
> LOL
> Du kommentierst wahrscheinlich noch den Klappentext eines
> Schutzumschlags.
Du hast den Link doch als Beitrag angeboten, da kann man von einer
Kommentierung wohl nicht absehen, wenn man wirklich darüber reden will.
> Für Dich ist wohl eher dieses geeignet:
> http://www.richard-wagner.de/buttons.html
> http://www.wagner-gesellschaft.de/f4.htm
> http://www.wagner-gesellschaft.de/finh.html
Und das verstehe ich jetzt gar nicht mehr. Ich habe nur eben mal
drübergeschaut, aber das kannst Du unmöglichals die wissenschaftliche
Auseinandersetzung mit Wagner ansehen. Da ziehe ich dann doch ganz
entschieden die Arbeit von Dalhaus, die ich für sehr gelungen halte,
vorziehen. However, wenn es als Spitze und Beweis für Wagners
Antisemitismus gedacht ist (und das bietet sich fast an, denn die
Wagner-Gesellschaft steht meines Wissens eher rechts, und die
unmöglichen Textauszüge von richard-wagner.de kann ich nicht ernst
nehmen), zieht es auch nicht, denn das hat mit Wagner ja nichts mehr zu
tun bzw. ist ihm schwer anzulasten. Da wird - auf einer ziemlich üblen,
weil scheingebildeten Stufe - über Regisseure hergezogen, wild falsches
behauptet (ich habe mit Grausen den Kommentar zu Flimms "Ring" gelesen,
der Autor kann keine Ahnung von Probenprozessen im Theater haben, wenn
er sich darüber lustig macht, das Wonder feststellt, dass sich im Laufe
einer Arbeit viele Sichtweisen ändern, nur mal so als Beispiel), da wird
weihevoll labernd das Genie besungen, ohne dass es hinterfragt wird und
die Brisanz des Ringes, die, soweit ich sehe, von Shaw über Dalhaus bis
hin zu J.Kaiser eigentlich keiner in Frage gestellt hat, schlicht
abgetan. Das hat wirklich nichts mit Wagner zu tun, und wenn doch, dann
liegt ein eklatantes Missverständis vor. *Das* kann man wohl als
Parodien bezeichnen, aber das fällt nicht auf Wagner zurück.
Aber ehe wir das ausdiskutieren, bin ich ja noch auf die Welt im Ring
gespannt....
Beste Grüsse
Claus
Am Sun, 12 Aug 2001 13:46:45 +0200 schrieb Beate Goebel
<beate....@bigfoot.de> :
>Peter Brixius Peter....@Koeln.Netsurf.de wrote
>
>> abschliessend zu diesem Thema:
>
>Es ist im Usenet sehr schwer EOD zu verkünden.
>
Es war nicht EOD, sondern abschliessend zu der Frage Hel/Hella, die
als sprachwissenschaftlich hier ohnedies etwas OT ist. Wenn es die
Namensform nachgewiesenerweise gibt, so ist an ihr nichts auszusetzen,
was waere zu dem Punkt noch zu diskutieren? Zu allen anderen Punkten
moechte ich noch einiges sagen :-)
>> aber nicht die allgemeingermaische Namensform. Naumann in
>> Baechthold-Staeubli III weist auf "halja" und "hella" hin. Wie
>> ueblich belegt er mit Ortsnamen (evt. auch Hellweg <- an. helvegr)
>> wie Helle, Helleput, Helleberg, Helleborne, Hellebeke usw. (wobei
>> das germ. -a im Uebergang zum nhd. zu -e abgeschwaecht wurde).
>> Insofern liegt hier keine Verballhornung vor, sondern die auch fuer
>> die anderen Personen des Rings gewaehlte suedgermanische
>> Namensform. (Baechthold-Staeubli, Sp. 1697)
>
>Den Herrn (?) kenne ich nicht.
Nun ja, lernt man im Grundstudium kennen. Ich habe mir das
Handwoerterbuch noch Band fuer Band abbezahlt, es ging bei weitem
ueber meine finanziellen Verhaeltnisse, ihn auf einmal zu kaufen,
jetzt gibt es einen wohlfeilen Nachdruck.
Google findet einiges dazu, hier ein URL:
http://www.uni-potsdam.de/u/germanistik/mediaevistik/5_ef-lit.htm
>Eigennamen mit Ortsnamen zu belegen
>erscheint mir eigenwillig.
Scheint es Dir so? <vbg>
>Meist macht man das umgekehrt.
Wer ist den dieser "man"? Und wie "macht man" das, wenn ein
Personennamen zu einer bestimmten Zeitstufe nicht anders als in einem
Ortsnamen ueberliefert ist?
>Kannst Du den korrekten (findbaren) Literaturbeleg angeben?
>
Baechthold-Staeubli ist da schon das Richtige, ansonsten:
Kluge: Etymologisches Woerterbuch der deutschen Sprache (S. 380) gibt
unter dem Stichwort Hoelle folgende Wortformen an:
altnordisch: hel
gotisch: halja
althochdeutsch: hell(i)a
altsaechsisch: hellia
mittelhochdeutsch: helle.
Kluge stellt fest, dass es sich im Germanischen um eine
Personifizierung der Unterwelt (hier also Ortsnamen -> Personennamen)
handelt und geht von einem allgemeingermanischen *hela- aus, was die
doch ausgenommen vom an. und ae. die Zweisilbigkeit des Wortes
nahelegt.
>Und dass Dir die "offiziellen" Seiten der Richard-Wagner-Gesellschaft
>nicht zusagen, irritiert mich etwas.
>
Du meinst, dass ich da wissenschaftlich bzw. politisch hingehoere? Du
bist zu liebenswuerdig, ich zu hoeflich, als dass ich darauf antworte.
Ich nehme mal zu Deinen Gunsten an, dass Du den Smiley vergessen hast.
Mich irritiert eher Dein mir ungewohnter Gebrauch der
Anfuehrungszeichen.
Hallo Claus,
> Du hast den Link doch als Beitrag angeboten, da kann man von einer
> Kommentierung wohl nicht absehen, wenn man wirklich darüber reden
> will.
Yep. Ich meinte das Buch, das offensichtlich viele kontroverse Beiträge
von "Wagnerforschern" vereint, aber nicht den mehr oder weniger
oberflächlichen Zeitungskommentar. Wenn Peter nur die Oberfläche sieht
ohne den Inhalte und das Gemeinte zu achten, amüsiere ich mich eben.
[Links]
> Und das verstehe ich jetzt gar nicht mehr. Ich habe nur eben mal
> drübergeschaut, aber das kannst Du unmöglichals die
> wissenschaftliche Auseinandersetzung mit Wagner ansehen.
Hey! Das ist die international organisierte R-W-Gesellschaft! Ohne die
bekommst Du (als Normalmensch) keine Karte in Bayreuth; ohne die kommt
kein (normaler) Forscher an die W-Archive; die haben *eigene*
"Wissenschaftler" für ihre Ausarbeitungen etc.
Unterschätz die nicht!
> fast an, denn die Wagner-Gesellschaft steht meines Wissens eher
> rechts, und die unmöglichen Textauszüge von richard-wagner.de kann
> ich nicht ernst nehmen),
Nun, das 1. Buch auf der Site ist von Winifred. Was willst Du noch für
einen Beleg. Natürlich kann man das nicht RW anlasten, erklärt aber das
Bayreuther Umfeld.
Und wenn Du bitte mal RW selbst lesen würdest, z.B. aus seinen Briefen,
dann würdest Du viel (aus unserer heutigen Sicht) unannehmbaren
Antisemitismus finden. Cosima ist da noch deutlicher (ja, Du bekommst
Belege, wenn die 2 Bände wieder bei mir sind).
Klar war das damals eine normale, verbreitete Haltung und es klingt uns
heute noch schlimmer, weil wir wissen, wohin es führte. Aber man muß es
so nehmen, wie es nun einmal da steht!
> wird - auf einer ziemlich üblen, weil scheingebildeten Stufe - über
> Regisseure hergezogen, wild falsches behauptet
Will ich nicht bestreiten. *Das* ist die R-W-Gesellschaft, die richtig
viele Mitglieder in der ganzen Welt hat. Ja, die will ernst genommen
werden; ja, sie sitzt vor den Quellen wie Fafner vor dem Hort. Gib das
Stichwort mal in eine Suchmaschine.
> Aber ehe wir das ausdiskutieren,
Dazu müssen wir nix ausdiskutieren. Das ist Fakt.
> bin ich ja noch auf die Welt im Ring gespannt....
Ja, ja. Nächste Woche gehe ich wieder um 6.30h aus dem Haus und komme um
22h erst wieder. Wenn Du also an einer (unmaßgeblichen) Ausarbeitung von
mir tatsächlich interessiert bist, dann musst Du etwas warten. (Und sie
wird vermutlich etwas länger, so dass ich mir erlaube, sie Dir
anderweitig zu zusenden :-)
Liebe Grüße
Hallo,
>> Den Herrn (?) kenne ich nicht.
>
> Nun ja, lernt man im Grundstudium kennen.
Woher willst Du wissen, was *ich* studiert habe.
> Google findet einiges dazu, hier ein URL:
> http://www.uni-potsdam.de/u/germanistik/mediaevistik/5_ef-lit.htm
Danke.
>> Kannst Du den korrekten (findbaren) Literaturbeleg angeben?
>>
> Baechthold-Staeubli ist da schon das Richtige, ansonsten:
>
> Kluge: Etymologisches Woerterbuch der deutschen Sprache (S. 380)
Ich hatte einfach nach der wissenschaftlichen Form des Zitats gefragt.
Also: Vollständiger Name des Autors/HG, vollständiger Titel,
Erscheinungsort + -jahr. Es geht natürlich auch die ISBN-Nr.
>> Und dass Dir die "offiziellen" Seiten der
>> Richard-Wagner-Gesellschaft nicht zusagen, irritiert mich etwas.
>>
> Du meinst, dass ich da wissenschaftlich bzw. politisch hingehoere?
Dann würde ich mit Dir nicht mehr diskutieren.
Allerdings erinnert mich Deine Form der Diskussion und des selektiven
Lesens/Antwortens sehr an die Kritik-Abwehr von Mitgliedern dieser
Vereinigung. Die reagieren meist mit dem Vorwurf der
Majestätsbeleidigung ihres Anbetungsobjektes.
> Ich nehme mal zu Deinen Gunsten an, dass Du den Smiley
> vergessen hast.
Ich benutze manchmal Humor, ohne ihn immer konkret auszuweisen. Soll
vorkommen.
> Mich irritiert eher Dein mir ungewohnter Gebrauch
> der Anfuehrungszeichen.
Wenn Du diesen Verein zu *offiziellen* Vertretern erklären willst.....
Es reicht mir schon, dass sie es selbst tun - und Viele es glauben.
Gruß Beate
--
Wenn ich irgend welche Smilies oder Ironietags vergessen haben sollte,
bitte nach Belieben einfügen;-)
Am Sun, 12 Aug 2001 18:37:15 +0200 schrieb Beate Goebel
<beate....@bigfoot.de> :
>Peter Brixius Peter....@Koeln.Netsurf.de wrote
>
>
>Woher willst Du wissen, was *ich* studiert habe.
>
Ich weiss es nicht und will es nicht wissen, wenn Du keinen Bedarf
hast, es mitzuteilen.
>> Google findet einiges dazu, hier ein URL:
>> http://www.uni-potsdam.de/u/germanistik/mediaevistik/5_ef-lit.htm
>
>
>Ich hatte einfach nach der wissenschaftlichen Form des Zitats gefragt.
>Also: Vollständiger Name des Autors/HG, vollständiger Titel,
>Erscheinungsort + -jahr. Es geht natürlich auch die ISBN-Nr.
>
Steht in der URL, aber beides fuer Dich gerne wiederholt:
Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens. 10 Bde. Hrsg. von Hanns
Bächthold-Stäubli u.a. Berlin/Leipzig 1927-1942. ND Berlin/W. 1987,
Sp. 1697
Friedrich Kluge: Etymologisches Woerterbuch der deutschen Sprache.
Bearb. von Elmar Seebold. 23., erw. Aufl., Berlin, New York: de
Gruyter, 1999
ISBN 3-11-016392-6
S. 380f.
dazu schon frueher einmal zitiert:
Wolfgang Pfeifer u.a.: Etymologisches Woerterbuch der deutschen
Sprache. Erarbeitet im Zentralinstitut fuer Sprachwissenschaft,
Berlin. 2. Auflage der Taschenbuchausgabe 1997 Deutscher Taschenbuch
Verlag Muenchen
ISBN 3-05-000626-9
S. 552 f.
>> Du meinst, dass ich da wissenschaftlich bzw. politisch hingehoere?
>
>Dann würde ich mit Dir nicht mehr diskutieren.
Da habe ich ja doch noch Glueck gehabt :-)
>Allerdings erinnert mich Deine Form der Diskussion und des selektiven
>Lesens/Antwortens sehr an die Kritik-Abwehr von Mitgliedern dieser
>Vereinigung.
Nun, da greifst Du aber doch fehl. Wenn ich selektiv diskutierte,
wuerden meine Postings nicht so lang. Da bitte ich um den Nachweis,
welche Frage ich Dir nicht beantwortet haette. IMHO verfaehrst Du da
wesentlich selektiver als ich, ohne dass ich mich darueber aufregte.
Ich nehme einfach an, wo Du nicht antwortest habe ich Dich ueberzeugt.
Ich bin eben ein sehr optimistischer Mensch :-)
Mit Kritik kann ich gut umgehen, mit unberechtigter sogar noch besser
als mit berechtigter. Und jetzt hast Du mich schon wieder mit dieser
Vereinigung in Konnex gebracht, aber darum schien es Dir ja zu gehen
...
>Die reagieren meist mit dem Vorwurf der
>Majestätsbeleidigung ihres Anbetungsobjektes.
>
Wo findest Du den Vorwurf des laesus majestatis? Weil ich mich dagegen
verwehre, mit Leuten in einem Atem genannt zu werden, mit denen ich
nichts zu tun habe?
>> Ich nehme mal zu Deinen Gunsten an, dass Du den Smiley
>> vergessen hast.
>
>Ich benutze manchmal Humor, ohne ihn immer konkret auszuweisen. Soll
>vorkommen.
>
Ich nehme das mal als freundliches Eingestaendnis und betrachte das
als erledigt.
>> Mich irritiert eher Dein mir ungewohnter Gebrauch
>> der Anfuehrungszeichen.
>
>Wenn Du diesen Verein zu *offiziellen* Vertretern erklären willst.....
>Es reicht mir schon, dass sie es selbst tun - und Viele es glauben.
>
Nun verstehe ich Dich schon wieder nicht. Du hast geschrieben
>Und dass Dir die "offiziellen" Seiten der Richard-Wagner-Gesellschaft
>nicht zusagen, irritiert mich etwas.
nicht aber: die Seiten der "offiziellen" Richard-Wagner-Gesellschaft.
und eben das irritierte mich. Wenn Du das zweite gemeint hast, so hast
Du es nicht geschrieben, denn Du zweifelst mit den Anfuehrungszeichen
ja nur den offiziellen Charakter der Seiten, nicht der Gesellschaft
an.
Es gruesst Peter
--
Ich fuerchte aber fast, es sieht mit der Chemie des tierischen und
Pflanzen-Koerpers so aus: woraus bestehen Newtons Werke? Antwort:
aus Lumpenpapier und Druckerschwaerze.
(Lichtenberg, K 323)
ohne dass ich Germanistik studiert hätte oder studieren würde, man kann
es vielleicht auch mit der Forderung nach Wissenschaftlichkeit
vielleicht auch übertreiben:
Beate Goebel wrote:
> > Kluge: Etymologisches Woerterbuch der deutschen Sprache (S. 380)
>
> Ich hatte einfach nach der wissenschaftlichen Form des Zitats gefragt.
> Also: Vollständiger Name des Autors/HG, vollständiger Titel,
> Erscheinungsort + -jahr. Es geht natürlich auch die ISBN-Nr.
Ich meine, dass die Angabe des "Kluge" hier vollkommen ausreicht. Jeder
einigermassen gute Buchhändler kann damit etwas anfangen, ganz ohne ISBN
und genaue Angabe des Herausgebers (durch die hier auch - zumindest in
meinen Augen - nichts gewonnen wäre)....
Beste Grüsse
Claus
Beate Goebel wrote:
> Yep. Ich meinte das Buch, das offensichtlich viele kontroverse Beiträge
> von "Wagnerforschern" vereint, aber nicht den mehr oder weniger
> oberflächlichen Zeitungskommentar.
Dann verstehe ich den Link nicht. Soweit ich das überblicke, hast Du das
Buch auch noch nicht gelesen. Wie soll ich denn den Link verstehen? Dass
Du das empfehlen willst. ohne es zu kennen? Ich bezog den Link auch auf
den text und wunderte mich.....
> Wenn Peter nur die Oberfläche sieht
> ohne den Inhalte und das Gemeinte zu achten, amüsiere ich mich eben.
Nun, man kann das "Gemeinte" dann vielleicht auch deutlicher verpacken
als in einen simplen Link, der bei mir zumindest den Eindruck erweckte,
dass sich hinter ihm etwas wissenschaftliches zum Thema verbergen
würde...
[Links]
> Hey! Das ist die international organisierte R-W-Gesellschaft!
Nein. Das ist nicht die. Die "Deutsche Richard Wagner Gesellschaft
e.V.", auf deren Seiten Du gelinkt hast, wird häufig verwechselt mit dem
"Richard Wagner Verband International e.V." (das sind die mit den
Wettbewerben und der internationalen Organisation, BTW), was leider auch
schnell passiert. Und denen tust Du schon ein bisschen Unrecht an ;-)
> Ohne die
> bekommst Du (als Normalmensch) keine Karte in Bayreuth; ohne die kommt
> kein (normaler) Forscher an die W-Archive; die haben *eigene*
> "Wissenschaftler" für ihre Ausarbeitungen etc.
> Unterschätz die nicht!
Wie gesagt, Du meinst einen anderen Verein. Gelinkt war die Deutsche
Wagner-Gesellschaft, und das sind bestimmt nicht die, die Du da oben
beschreibst (und, nein, auch beim Wagner-Verband würde ich nicht auf die
Idee kommen, Mitglied zu werden).....
> Nun, das 1. Buch auf der Site ist von Winifred. Was willst Du noch für
> einen Beleg. Natürlich kann man das nicht RW anlasten, erklärt aber das
> Bayreuther Umfeld.
Aber nicht rückwirkend Wagner. Und darum geht es.
> Und wenn Du bitte mal RW selbst lesen würdest, z.B. aus seinen Briefen,
> dann würdest Du viel (aus unserer heutigen Sicht) unannehmbaren
> Antisemitismus finden. Cosima ist da noch deutlicher (ja, Du bekommst
> Belege, wenn die 2 Bände wieder bei mir sind).
Und, ich sehe das immer noch so, entzündet hat sich das hier am Ring.
Dagegen widerspreche ich, nicht dagegen, dass man in Wagners Briefen
Antisemitismus finde (BTW habe ich ettliches gelesen, und es wäre sicher
hirnrissig, wenn man die Existenz antisemitischer Äusserungen in den
Briefen abstreiten würde, allein bei den Opern und Musikdramen scheint
mir, muss man das differenzierter betrachten).
> Klar war das damals eine normale, verbreitete Haltung und es klingt uns
> heute noch schlimmer, weil wir wissen, wohin es führte. Aber man muß es
> so nehmen, wie es nun einmal da steht!
Man muss nur - und das ist wohl mein Hauptpunkt - höllisch aufpassen,
das nicht allzu freudig und vorschnell mit der Musik und den Libretti zu
verquicken. Nun ja. Die Katze beisst sich in den Schwanz.
> > wird - auf einer ziemlich üblen, weil scheingebildeten Stufe - über
> > Regisseure hergezogen, wild falsches behauptet
>
> Will ich nicht bestreiten. *Das* ist die R-W-Gesellschaft, die richtig
> viele Mitglieder in der ganzen Welt hat.
Ich meine immer noch, dass Du die mit dem Wagner-Verband verwechselst.
> > bin ich ja noch auf die Welt im Ring gespannt....
>
> Ja, ja. Nächste Woche gehe ich wieder um 6.30h aus dem Haus und komme um
> 22h erst wieder. Wenn Du also an einer (unmaßgeblichen) Ausarbeitung von
> mir tatsächlich interessiert bist, dann musst Du etwas warten. (Und sie
> wird vermutlich etwas länger, so dass ich mir erlaube, sie Dir
> anderweitig zu zusenden :-)
Pack es ruhig in kleine Portionen und poste es hier. Wir haben das hier
losgetreten, da müssen wir uns dem auch stellen, nicht? Auf jeden Fall
hoffe ich doch, dass es nicht nur einige wenige hier interessiert, wie
es mit dem Weltbild in Wagners Ring bestellt ist.
Beste Grüsse!
Claus
> Steht in der URL, aber beides fuer Dich gerne wiederholt: [Literatur]
Danke. Kluge + Pfeifer werde ich mir mal ansehen. Das andere ist mir zu
alt. Jedenfalls glaube ich, das da die Forschung auch fortschreitet.
>> Allerdings erinnert mich Deine Form der Diskussion und des
>> selektiven Lesens/Antwortens sehr an die Kritik-Abwehr von
>> Mitgliedern dieser Vereinigung.
>
> Nun, da greifst Du aber doch fehl. Wenn ich selektiv diskutierte,
> wuerden meine Postings nicht so lang. Da bitte ich um den Nachweis,
> welche Frage ich Dir nicht beantwortet haette.
Ich frage nicht. Ich wurde gefragt
Message-ID: <je46mtsljrbukbjj1...@4ax.com>
und stelle jetzt meine Meinung zur
Diskussion. Hier schon greift Deine Selektion.
Und - Länge ist kein Äquivalent für Präzission;-)
Schau Dir doch einfach
Message-ID: <9kosb...@ID-12795.user.dfncis.de>
Message-ID: <9kcnpj...@ID-12795.user.dfncis.de>
noch mal durch;-)
In
Message-ID: <pe24nt0mvo0i8c23f...@4ax.com>:
> Er schrieb in Deutsch, da ist die Lautung
> ganz anders (die volltoenenden Nebensilben des Germanischen sind da in
> der Regel abgetoent), das *musste* er seinen eigenen Weg finden.
gehst Du ansatzweise auf das ein, was mir einen Anhaltspunkt bieten
könnte. Schreiber äußert sich in "Welt der Oper II, Seite 502" ähnlich.
Da mir aber auch nur zum Nachvollziehen des Gemeinten das Wissen
/Handwerkszeug fehlt, bleibt mir das Plakat. (Ähm - und Deutsch ist
ja wohl kaum richtig Germanisch? Und ähm - die Isländer/Norweger etc.
konnten es ja wohl in der Edda und späteren Liedern.)
Welche Artikulation zum Singen gut, brauchbar oder sperrig ist, weiß
ich. Bestimmte Konsonant/Vokalkombinationen des Deutschen kann man
einfach in bestimmten Lagen nicht gescheit singen.
Aber in weit eine deutsche Prosodie nicht zur Poetik taugt,
verstehe ich nicht.
>> Die reagieren meist mit dem Vorwurf der
>> Majestätsbeleidigung ihres Anbetungsobjektes.
>>
> Wo findest Du den Vorwurf des laesus majestatis?
Wagnerverehrer neigen dazu, das Objekt ihrer Verehrung auch da zu
verteidigen, wo Kritik evident ist. Du unterscheidest Dich da nicht.
>> Und dass Dir die "offiziellen" Seiten der
>> Richard-Wagner-Gesellschaft nicht zusagen, irritiert mich etwas.
>
> nicht aber: die Seiten der "offiziellen"
> Richard-Wagner-Gesellschaft.
Yep. Lapsus
> und eben das irritierte mich. Wenn Du das zweite gemeint hast, so
> hast Du es nicht geschrieben, denn Du zweifelst mit den
> Anfuehrungszeichen ja nur den offiziellen Charakter der Seiten,
> nicht der Gesellschaft an.
Aber beim Spellingflame sind wir noch nicht, oder?
de.alt.flame existiert.
Gruß Beate
--
Ich für meinen Teil neige gelegentlich zu Humoranfällen,
ohne diese kenntlich zu machen. Schlimm, nicht?
Ottmar Freudenberger in dcsn
Hallo,
Oups - ich wollte jetzt Schluss machen. Da ich aber nächste Woche
bestimmt zu nix komme noch schnell etwas hinterher.
> Beate Goebel wrote:
>> Hey! Das ist die international organisierte R-W-Gesellschaft!
>
> Nein. Das ist nicht die. Die "Deutsche Richard Wagner Gesellschaft
> e.V.", auf deren Seiten Du gelinkt hast, wird häufig verwechselt
> mit dem "Richard Wagner Verband International e.V." (das sind die
> mit den Wettbewerben und der internationalen Organisation, BTW),
> was leider auch schnell passiert. Und denen tust Du schon ein
> bisschen Unrecht an ;-)
Wenn ich das verwexelt habe, dann ein dickes Sorry.
Ein ganz dickes an Peter: HALLOHO!
Ich meinte schon zu wissen, worin Familienangehörige Mitglied sind.
Du verwexelst das aber jetzt nicht mit der Stiftung?
>> Nun, das 1. Buch auf der Site ist von Winifred. Was willst Du noch
>> für einen Beleg. Natürlich kann man das nicht RW anlasten, erklärt
>> aber das Bayreuther Umfeld.
>
> Aber nicht rückwirkend Wagner. Und darum geht es.
Yep. Darum will ich ja auch möglichst nur an Hand der Quellen eruieren.
man kann heute nicht mehr trennen von dem, wozu es benutzt wurde. Und
das trifft alle "Interpreten".
> Und, ich sehe das immer noch so, entzündet hat sich das hier am
> Ring. Dagegen widerspreche ich, nicht dagegen, dass man in Wagners
> Briefen Antisemitismus finde (BTW habe ich ettliches gelesen, und
> es wäre sicher hirnrissig, wenn man die Existenz antisemitischer
> Äusserungen in den Briefen abstreiten würde, allein bei den Opern
> und Musikdramen scheint mir, muss man das differenzierter
> betrachten).
Nein, nein, Du kannst einen Menschen nicht von seinem Werk trennen.
Und gerade ein Künstler, der ja (historisch gebunden) aus sich selbst
schöpft, kann seinen Charakter (oder so) da nicht ausblenden.
Das objektive Kunstwerk gibt es nicht, und wenn es das gäbe, wäre es
sehr langweilig.
Womit ich jetzt nicht behaupten möchte, dass in seinen Opern explizit
antisemitischer Schund steckt! Aber der Parsival ist mir sehr verdächtig
(und wenn Schreibers Meyerbeer-Analyse stimmt....)
> Nun ja. Die Katze beisst sich in den Schwanz.
Quellenexegese kann zur Glaubensfrage werden;-)
Gruß Beate
Hi,
> Ich meine, dass die Angabe des "Kluge" hier vollkommen ausreicht.
Ähm - wenn *ich* Kluge meine, meine ich Alexander.
Gruß Beate
Sorry, wenn ich jetzt mal die Ingrid mache.
>> Hey! Das ist die international organisierte R-W-Gesellschaft!
>
> Nein. Das ist nicht die. Die "Deutsche Richard Wagner Gesellschaft
> e.V.", auf deren Seiten Du gelinkt hast, wird häufig verwechselt
> mit dem "Richard Wagner Verband International e.V." (das sind die
> mit den Wettbewerben und der internationalen Organisation, BTW),
> was leider auch schnell passiert. Und denen tust Du schon ein
> bisschen Unrecht an ;-)
Hab mir den "Verband" mal angesehen. Du meinst etwas anderes, die haben
eine ganz andere Zielsetzung.
Ich meinte schon die Gesellschaft. Schau mal da auf die Liste der
Ehrenmitglieder, eine illustre Gesellschaft.
Und ja, modern kann man deren Vorstellungen nicht nennen.
Gruß Beate
Ok, Frag-Würdig kann man ja auch ganz konstruktiv verstehen.
Von den vielen möglichen, grundsätzlichen Ansatzpunkten Musik anzuschauen
(von okkult-esoterisch über geldmäßig-kapitalistisch bis
gesellschaftlich-sozialistisch.... ein gewiß weites Feld) ist Oberkogler
bestimmt ein rätselhaftes Subjekt (mit eigenem Fan-Club in Österreich
usw..). Da wäre vielleicht zu fragen, ob - bei seinem "vorausgesetzten"
Ausgangspunkt, bei prinzipieller Akzeptanz einer Betrachtungsweise, wie er
vorgeht - er rein sachlich falsch liegt, also - um des "Ausgangspunktes"
willen schlichtweg Fakten "verbiegt". Aber dass er zu sehr originellen
Ansätzen und Ideen kommt finde ich, kann doch zumindest anregend, weil
Frag-Würdig sein. Für mich war übrigens gerade der Merlin-Gedanke (als
Hypothese!!!) sehr spannend, weil es ja Wagners Motivation in ein ganz neues
Licht stellen kann. Wobei ich auch befürchte, daß eine zu "vordergründige"
Auffassung der Reinkarnation das Ganze als Riesen-Plattheit erscheinen
lassen muß.
> >
> >> >Steiner, Rudolf: Die okkulten Wahrheiten alter Mythen und Sagen.
> >Griechische und
> >> >germanische Mythologie. Richard Wagner im Lichte der
Geisteswissenschaft.
> >Rudolf Steiner
> >> >Verlag, 1999. 46.00 DM.
> >> >
> >> In hoechstem Masse fragwuerdig!
> >
> >Wieso?
> >hast Du´s gelesen?
> >Welche Fragen?
> >
> Von Steiner habe ich eine ganze Menge gelesen. Wolltest Du jetzt hier
> Formen des Okkultismus mit einem Zitat des Aufklaerer Lichtenbergs
> verteidigen?
Nun, Steiner wollte ja seine okkulten Aussagen mehr als eine Form eines
gesteigerten Idealismus verstanden wissen, insofern er ja immer wollte, daß
die Leute DENKEN, was er sagt. Er meinte ja immer, daß die Dinge gedanklich
nachzuvollziehen seien (wenn wohl auch nicht logisch "zwingend", so doch
"per Gedanke" zumindest als plausibel durchspielbar). Letzeres habe ich, der
ich auch ne Menge von ihm gelesen habe, eigentlich immer bestätigt gefunden.
Und dann war er nicht mehr der geheimnisvolle Okkultist, (auch wenn ich mich
immer wieder wunder(t)e, wie er auf solcherlei Perspektiven der Betrachtung
kommen kann), den man dann schnell als Spinner abtun kann, sondern zumeist
verblüffend "phantasiereich" in der Bewertung, Betonung der Aspekte und auch
interessant in den Konsequenzen die er daraus zieht.
Insbesondere Wagners Parzival hat sich mir durch Steiners Gedanken zum
Gralsgeschehen in erhöhtem Maße erschlossen.
es grüßt Dich Reinhard
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Und hier war das gefaßt,
was nie verborgen war und nie gelesen:
der Welt Geheimnis, so geheim im Wesen,
daß es in kein Verheimlicht-Werden paßt.
Rainer Maria Rilke aus: Karnak
Beate Goebel wrote:
> Hab mir den "Verband" mal angesehen. Du meinst etwas anderes, die haben
> eine ganz andere Zielsetzung.
Nun, die mit den bareuth-Karten, das sind meines Wissens auf jeden Fall
die. Du kannst die Verwandschaft ja mal bei Gelegenheit fragen....
> Ich meinte schon die Gesellschaft. Schau mal da auf die Liste der
> Ehrenmitglieder, eine illustre Gesellschaft.
Wie man es sieht - ob die alle freiwillig Ehrenmitglieder sind? Aber
mich beeindruckt die Liste nicht, ehrlich gesagt. Und ich kann den
Beiträgen auf der seite immer noch nichts wirklich abgewinnen,
Ehrenmitglieder und der Anspruch, ernst genommen zu werden, hin oder
her....
> Und ja, modern kann man deren Vorstellungen nicht nennen.
Nein, tunlichst nicht.
Beste Grüsse!
Claus
Beate Goebel wrote:
>
> Wenn ich das verwexelt habe, dann ein dickes Sorry.
> Ein ganz dickes an Peter: HALLOHO!
> Ich meinte schon zu wissen, worin Familienangehörige Mitglied sind.
> Du verwexelst das aber jetzt nicht mit der Stiftung?
Nein, keine Angst. Auf jeden Fall ist es auch der Verband, der sich mit
der internationalen Organisation brüstet, während der Verein "nur" auf
Mitglieder "in aller Welt" hinweist....
> > Aber nicht rückwirkend Wagner. Und darum geht es.
>
> Yep. Darum will ich ja auch möglichst nur an Hand der Quellen eruieren.
Wie gesagt, man sollte dann schon sehr genau schauen, zumal in den
Werken....
[Antisemitismus im Werk Wagners]
> Nein, nein, Du kannst einen Menschen nicht von seinem Werk trennen.
Auf jeden Fall muss man nicht alle Aspekte eines Menschen im Werk wieder
finden. Und ich bin mir ziemlich sicher, dass wir vielleicht bei Wagner
ein bisschen zu korrekt sind, wenn wir im Werk die antisemitischen
Tendenzen in den Vordergrund stellen. Auf jeden Fall kann die
Beweisführung sich da nicht in "Mime, das ist der geborene Jude"
erschöpfen. Und auf die Ambivalenz des Nationalismus im Lohengrin habe
ich ja schon etwas gesagt....
> Und gerade ein Künstler, der ja (historisch gebunden) aus sich selbst
> schöpft, kann seinen Charakter (oder so) da nicht ausblenden.
Das ist erst mal eine Behauptung, die es denn an Wagners Werken zu
zeigen hiesse.....
Beste Grüsse!
Claus