Am 09.07.23 um 16:32 schrieb Werner Tann:
> Marcel Mueller <
news.5...@spamgourmet.org> schrieb:
>
> ...
>
> Sorry, das Meiste, was du hier erzählst, verstehe ich nicht.
>
>> Ich glaube du bewertest die Sache über. Die räumliche Ortung durch
>
> Was hat die mehrfache Reflexion an Glasflächen oder harten, glatten
> Wänden mit der "Ortung" zu tun? Ich kann einen Klang als schlecht
> empfinden, ohne zu erkennen, wo er herkommt.
Lautsprechernahe Dämfung macht man üblicherweise wegen der Ortung. Daher
kam ich darauf.
>> Laufzeitunterschiede ist nach ca. 3ms durch. Reflexionen, die danach am
>> Ohr eintreffen, werden weitestgehend ignoriert.
>
> Das liest sich, als wäre Raumakustik im Grunde vernachlässigbar, weil
> das Ohr sie eh "ignoriert". Das willst du vermutlich nicht sagen?
Nein. Der Nachhall stört natürlich auch. Aber der Effekt ist ein
anderer. Der OP hat nicht geschrieben, was genau erreicht werden soll.
>> Da der Lautsprecher aber nun _neben_ der Tür steht, gehen die
>> Reflexionen erst mal vom Lautsprecher weg in relativ flachen Winkel weg.
>> Es braucht sicher mehr als 3ms, also 1m, bis diese den Weg zum Ohr
>> finden. Die Wirkung ist also eher in Summe auf die Nachhallzeit des Raums.
>
> Na also, das reicht ja, oder? Der Nachhall ist brutal, ergo mieser
> Sound.
Ja, aber _wo_ im Raum du den Schall absorbierst, ist für den Nachhall
zweitrangig. Hauptsache, er wird absorbiert. Man muss sich also nicht
mit der Glasscheibe der Tür quälen.
Der Profi nimmt Akustikschaum, aber den will man eher nicht in der Hütte
haben. Im Prinzip tut es jegliche Art von Gegenständen, denn je öfter
der Schall reflektiert wird, desto weniger ist übrig. Es geht immer
etwas verloren.
Natürlich schluckt eine Tapezierte Wand weniger als ein Sofa, aber große
Flächen sind problematischer als viele kleine, selbst wenn letztere aus
härterem Material bestehen. Kurzum, ein offenes Bücherregal schluckt
auch schon eine Menge. Man sagt, man muss den Schall "brechen".
>> Nur wenn du die Spiegelung der Lautsprechers in der Tür vom Hörort aus
>> sehen kannst, würde ich mir sorgen machen.
>
> So viel Vorstellungskraft habe ich jetzt nicht. Vermutlich müsste man
> da sehr nahe an der Box sitzen?
Eher seitlich weit weg, damit man in der Spiegelung nicht an der Box
vorbei geht.
> Aber selbst dann gilt: wenn
>> die Vorderseite des Lautsprechers wenigstens einen halben Meter von der
>> Tür weg ist, hast du auch schon einen Gangunterschied von 1m. Und die
>
> Gangunterschiede kenne ich eigentlich eher von Uhren.
Man verwendet den Begriff auch bei Schall- oder Lichtwellen, wenn diese
auf verschiedenen Wegen zum Ziel kommen, und dabei zeitlich versetzt
eintreffen.
>> Dazu kommt noch etwas anderes: die meisten Lautsprecher bündeln höhere
>> Frequenzen und geben gar nicht so viel nach hinten ab. Genaueres hängt
>
> Und was ist mit den tiefen? Hallen die nicht nach?
Er hatte nie geschrieben, dass der Nachhall stört.
Dieser wird definiert, durch die Summe aller Flächen im Raum. Es bringt
eher wenig, da punktuell eine besonders glatte Fläche zu dämmen. Da muss
in Summe signifikant etwas passieren. Regale, vorzugsweise offen,
Sitzmöbel, Teppichboden, schwere Wandteppiche, doppelte Decken, deren
Panele unterbrochen sind, damit sich der Schall darin verfängt, all das
reduziert den Nachhall. Hier gilt viel hilft viel. Aus akustischer Sicht
ist die "Messiwohnung" dem "Spießerwohnzimmer" sozusagen weit überlegen.
>> natürlich vor allem von der Größe der Lautsprecher ab. Je größer, desto
>> weniger geht nach hinten.
>
> Dafür haben viele Standboxen ihre Bassreflex-Öffnungen hinten.
Bei Bässen funktioniert das sowieso nicht. Die strahlen nahezu isotrop -
jedenfalls bei Boxengrößen, die man noch im Zimmer haben will. Die Bässe
sind für die Ortung aber auch egal.
Bei tiefen Bässen stören eher die ersten paar Raummoden (Resonanzen).
Die liegen in kleineren Räumen gerne mal bei bis zu 40Hz. Wenn man dann
Boxen hat, die so weit runter gehen, dann ist das nicht unbedingt ein
Segen. Größere Wohnzimmer sind weniger anfällig, da die Frequenzen da
eher bei 20-25Hz liegen, was die meisten Boxen nicht wiedergeben
(Heimkino-Subwoofer inklusive).
Das Problem an den Raummoden ist, dass man die auch mit den Maßnahmen
zur Nachhallbedämpfung nicht wirklich gezähmt bekommt. Da hilft nur eine
günstigere Aufstellung der Boxen und Digital Room Correction - also ein
Signalprozessor mit Einmessfunktion.
Raummoden nimmt man aber eher als "Dröhnen" bei bestimmten tiefen
Frequenzen wahr als als Nachhall.
> Und
> genau deswegen, weil viele Leute nicht die Raumgröße haben, die Boxen
> 1 Meter vor die Wand stellen,
0,5m - der Schall muss ja auch wider zurück.
> liefern manche Hersteller gleich
> passenden Schaumstoff-Propfen mit, um die Öffnungen dichtzumachen.
Das hat restlos gar nichts damit zu tun.
Diese Propfen machen aus Bassreflexboxen mehr oder minder bedämpfte,
geschlossene Boxen. Das reduziert den Pegel im Umfeld der
Bassreflexresonanz natürlich deutlich, weil diese unwirksam wird. Aber
auf der Haben-Seite steht, dass der Schall nicht viel zu spät
wiedergegeben wird. Resonanzen brauchen nämlich eine Weile, bis sie sich
aufgebaut und wieder abgebaut haben. Dadurch werden die Frequenzen in
der Nähe der BR-Resonanz merklich verzögert wiedergegeben. Man nennt das
erhöhte Gruppenlaufzeit.
Das hört sich dann an, als würde der Typ an der Bass-Drum immer etwas zu
spät aufs Pedal treten. Manche beschreiben es als "matschigen" Bass. Ich
zähle mich dazu und meide daher Bassreflex-Konstruktionen. Ich bevorzuge
geschlossene Boxen mit aktivem Linkwitz-Transformationsfilter zur
Frequenzgangkorrektur im Bassbereich. Diese Lösung kompensiert sogar die
wesentlich geringere Zeitverzögerung durch die Eigenresonanz des
Basslautsprechers in einer geschlossenen Box.
Der Propfen macht natürlich keinerlei Anstalten zur
Frequenzgangkorrektur. Er tauscht einfach das eine Übel der
Zeitverzögerung geben ein anderes: wenig Bass. Das ist manchen lieber.
Jeder Gegenstand im Raum reduziert den Nachhall. So leichte Sachen wie
Gardinen allerdings kaum, da sie sich einfach mit den Luftschwingungen
mitbewegen. Aber ja, ein wenig bringt das auch. Aber bei starkem
Nachhall braucht es halt vor allem eines: viele Gegenstände! Mit einer
Einzelmaßnahme bekommt man das kaum in den Griff.
Marcel