Am 01.04.23 um 16:46 schrieb Stephan Seitz:
> Hm, das klingt aber auch danach, als könne man damit Strom sparen. Und
> das ist aus Sicht des Käufers auch nicht schlecht.
Das geht definitiv. Wie viel hängt von der Gewichtsklasse des
Verstärkers ab. Bei kleinen bringt es wenig. Bei großen mehr.
Der Verbrauch von klassischen Gegentaktendstufen wird (jenseits der
Party) vom Ruhestrom dominiert. Die Versorgungsspannung wiederum hängt
an der Spitzenleistung. Das Produkt ist der Verbrauch von der Kiste,
sobald sie eingeschaltet ist, üblicherweise zweistellig.
Die Höhe des Ruhestroms wird von Hersteller zu Hersteller
unterschiedlich gehandhabt. Mehr gibt unhörbar bessere THD Werte im
Datenblatt und kann die Stabilität Gegenkopplung etwas verbessern. Wenn
ich Verstärker in die Kur bekomme, drehe ich da gerne mal ein wenig
runter. Dann werden die Dinger auch nicht mehr so warm.
Hinzu kommt, dass der Wirkungsgrad bei gegebener Ausgangsleistung
ebenfalls mit der Maximalleistung sinkt. Wenn man für Zimmerlautstärke
nur wenige Milliwatt braucht, ist das immer noch kein Beinbruch. Aber
bei Lautsprechern mit sehr schlechtem Wirkungsgrad (sollte man aus
anderen Gründen meiden) kann da schon nochmal einiges on top kommen.
> Ich habe keine wirkliche Lust, die Geräte absichtlich als Heizkörper
> zu verwenden.
Dann bist du bei Class-D schon richtig.
Mein Subwoofer-Verstärker, mit chinesischem Class-D-Modul umgerüstet,
braucht, wenn man nicht gerade aufdreht, irgendwas um die 4W, und das
obwohl er noch ein konventionelles Netzteil mit Trafo und Gleichrichter
hat. Das ist für einen 150W Verstärker (18" Sub) sehr gut. Ich habe
allerdings noch ein paar Modifikationen vorgenommen, um den Verbrauch zu
senken. Nicht wirklich, um Strom zu sparen, eher weil ich es kann und um
zu lernen. Ohne die wären es bei Zimmerlautstärke ca. 30% mehr.
Richtig interessant wird Class-D, wenn man wirklich etwas von ihm will.
Da pendelt sich der Wirkungsgrad bei guten 80% ein. Wohingegen Gegentakt
in der Praxis nie mehr als 10% schafft. Die viel geringeren
Anforderungen an Netzteil und Kühlung machen die Geräte auch wesentlich
billiger und leichter. Aus dem Grund ist professionelle
Beschallungstechnik praktisch komplett umgestellt.
Wo man bei Class-D aufpassen muss, sind die Hochtöner. Das notwendige
Rekonstruktionsfilter am Ausgang reagiert am oberen Ende des
Audiospektrums wahrnehmbar auf das Impedanzverhalten des angeschlossenen
Lautsprechers. Das kann zu unerwarteten Überhöhungen im Frequenzgang führen.
Aus dem Grund würde ich für Hochtöner kein Class-D empfehlen, wenn man
viel Wert auf Klang legt. Das ist natürlich bei Lautsprechern mit
passiver Frequenzweiche nur umsetzbar, wenn man komplett auf auch
Class-D verzichtet. Aber jemandem, der auf Klang Wert legt, würde ich
auch keine Passivlautsprecher empfehlen. Das Preis-Leistungs-Verhältnis
ist da einfach wesentlich schlechter, nicht nur aus diesem Grund.
Aktivweichen mit auf die jeweiligen Lautsprecher abgestimmten Endstufen
sind dem Passivweichen einfach haushoch überlegen. Damit bekommt man
auch keine Probleme bei Class-D am Hochtöner, weil dann ja die
Abstimmung stimmt.
Marcel