Am 04.03.21 um 10:00 schrieb Dirk Wagner:
> Radio über DVB-C wäre eine Lösung, DAB+ eine andere.
> Beides würde Zusatzgeräte erfordern, was zumindest im Wohnzimmer
> problematisch wäre, da die Anzahl der Anschlüsse am Reciever dort schon
> ausgereizt ist.
Naja, wenn der interne Tuner ohnehin nicht mehr tut, kann man durchaus
dessen Anschluss abklemmen und nach außen führen. Der Pegel passt.
> Für die Kompaktanlagen kommt das sowieso nur bedingt in Frage, da hier
> auch optische Faktoren eine Rolle spielen.
> So hängt im Schlafzimmer eine Panasonic SC-HC35 an der Wand - da einen
> zusätzlichen Reciever aufs Bett stellen, fällt aus: der WAF ist
> unterirdisch ;-)
Da muss es aber auch vermutlich nichts dolles sein.
> Eigentlich wäre mir DVB-C lieber, da ich nicht weiß, wie die DAB+
> Qualität hier aussieht. Im Auto auf der Straße geht es - aber ob auch an
> allen Stellen der Wohnung?
In der Regel ja.
Mit DVB-C hängst du halt auf alle Zeit am Kabelprovider fest und kannst
nur wieder unter Geräteverlust auf DSL oder Glas umsteigen, falls das
mal interessant wird.
Das würde ich mir /sehr/ gut überlegen. Dann lieber über
Internet-Stream. Das ist billiger und funktioniert wenigstens überall
und weitgehend standardisiert. Und bei Radio muss man sich auch wahrlich
keine Sorgen um die verbrauchte Bandbreite machen.
> Fürs Wohnzimmer hatte ich schon mal einen Sonoro Maestro ins Auge
> gefasst. Der kann zwar kein DVB-C, dafür DAB+. Nachdem ich gestern in
> einem Review gelesen hatte, dass der auch Multiroomfähig sei (auch in
> Verbindung mit z.B. Sonoro Relax oder Stream), hätte ich beinahe auf
> "Kaufen" geklickt.
> Der Chat mit Sonoro klärte mich dann aber darüber auf, dass aktuelle
> Geräte NICHT über Multiroomfähigkeit verfügen...
Bitte beachte auch: abhängig davon, wie gut dein altes Equipment ist,
ist das neumodische Zeug qualitativ nicht notwendigerweise ein Fortschritt.
> D.h. ich bin weiter auf der Suche nach einem Receiver / einer
> Verstärker-/Geräte-Kombination, die folgendes bietet:
>
> - DVB-C und/oder DAB+ (beides wäre schön)
DAB+ dürften alle neueren Geräte (mit Radio) haben. DVB-C für Radio ist
Boutiqueware, typischerweise eher ein Drive-By der TV-Receiver. Dann
aber ohne TV oft nicht bedienbar, also unbrauchbar. Ich weiß ehrlich
gesagt gar nicht, warum das existiert.
> - Phono-Anschluss
Das kannst Du bei neuen Geräten vergessen. Üblicherweise nur mit
externem Phono-Preamp. Neuere Plattenspieler - ja, die gibt es noch -
haben den aber auch eingebaut. Letztlich eine sinnvolle Lösung, aber
eben nicht historisch kompatibel.
> - Tape-Anschluss
Der Name dürfte anders sein. ;-)
> - CD-Anschluss
> - Aux-Eingang
> (die Anschlüsse müssen alle nur analog vorhanden sein)
> - Ausreichend Leistung für ein Heco Soundmate 2 (100W Nennbelastbarkeit
> an 4Ohm)
Bis hier hin ein klassisches Stereo-Equipment.
> - LAN / WLAN
Dunkles Kapitel. Wie lange glaubst Du dass du für das Gerät Software-
und Sicherheitsupdates bekommst? Willst du ab jetzt alle 4 Jahre alles
wegschmeißen?
> - Internetradio
Dito.
> - Multiroomfähig
Einzelne Geräte, für jeden Einsatzzweck das geeignete, so wie die
letzten hundert Jahre sind keine Option mehr?
> - Bluetooth (Ein- und Ausgang)
Das ist technisch etwas weniger veraltungsanfällig.
Das heißt aber nicht, dass sich nicht auch da Untiefen lauern. Es gibt
zueinander inkompatible Codecs. AAC für das Apple-Universum und APTX für
den Rest der Welt. Und wenn sich die Geräte nicht auf eins von beiden
einig werden weil nur wenige beides können, dann landet man bei SBC, was
nicht HiFi-tauglich ist.
> - USB
USB mag Kompatibel sein. Die Audio-Codecs sind es nicht.
Es vergeht kein Jahr wo nicht irgendeiner für sich proklamiert, den
Codec der Zukunft gebracht zu haben. Oft ist es ein Flop, aber manchmal
eben nicht. Der Zoo, den man da unterstützen muss, ist heute schon
unübersichtlich (MP2, MP3, WMA, OggVorbis, FLAC, AAC/M4A, Opus ...), und
ohne Updates geht irgendwann auch da nur noch ein Teil der Audiodateien,
falls überhaupt jemals alles ging.
Und die Navigation von solchen Fertiggeräten, in einem Datenträger mit >
10k Dateien ist oft mehr als nur unterirdisch. Mal ganz davon abgesehen,
dass oft nicht alle Formate zusammen mit allen Features funktionieren.
So ist z.B. die lückenlose Wiedergabe von Audiotracks bei durchgehenden
Werken, wie Live-Aufnahmen oder Klassik-Konzerten nach 25 Jahren
Audio-Konserven bei MP3 und AAC auch heute noch nicht
selbstverständlich. Das geht weiter mit der einheitlichen
Wiedergabelautstärken, das funktioniert /manchmal/.
Bei DRM-geschütztem Material wird es noch komplizierter. Da geht
vorzugsweise das, wofür Geld an den Gerätehersteller geflossen ist,
damit der Käufer möglichst nur Kunde des jeweiligen Anbieters wird.
> Idealerweise passende Multiroom-Komponenten, die über
>
> - Aux-Eingang
> - DVB-C und/oder DAB+ (beides wäre schön)
> - LAN / WLAN
> - Internetradio
> - Multiroomfähig
> - Bluetooth (Ein- und Ausgang)
> - USB
> - (Eingebaute Lautsprecher)
Willst Du dich wirklich auf ein proprietäres Multiroom-System eines
Herstellers einlassen und nach einigen Jahren, wenn an einer Ecke
Änderungsbedarf entsteht, entweder den ganzen Kram im ganzen Haus wieder
in die Tonne schmeißen und durch ein neueres, inkompatibles System
ersetzen oder dann zu einem schlechten Preis-Leistungsverhältnis und mit
stark eingeschränkter Auswahl Geräte mit Kompatibilität zu dem alten
System kaufen? Das würde ich mit gut überlegen. Man darf nicht
vergessen, dass es ein essenzielles wirtschaftliches Interesse der
Hersteller ist, /nicht/ oder nur eingeschränkt kompatibel zu sein, wenn
der Kunde einmal am Haken hängt.
> Nicht gewünscht ist ein System, dass sich nur von einer Stelle aus
> steuern lässt.
I.d.R. kein Problem. Da ist dann eher die Frage, ob die proprietäre App
unter Android 20.0 (oder was auch immer) noch existiert und funktioniert.
> D.h. wenn der Reciever im Wohnzimmer laufen muss, damit in der Küche das
> Radio spielt.
Naja, wenn die Geräte /nicht/ unabhängig sein sollen (warum auch immer)
braucht man schon oft eine Zentrale oder einen Server, der immer an ist.
> Auch eine reine Steuerung über eine App ist nicht gewünscht. Als
> Zusatzfeature aber durchaus akzeptabel.
Das wiederum dürfte Standard sein.
> Danke für Eure Tipps.
Ich würde nicht versuchen, mit den Anforderungen aus den 90ern auf die
Techniken von heute zu blicken. Entweder man bleibt bei der (vielleicht)
guten alten Technik, oder man lässt sich auf die neuen Konzepte ein.
Aber man sollte keinesfalls versuchen, die eierlegende Wollmilchsau zu
bekommen, die beides vereint.
Ich würde den kurzlebigen, "neumodischen" Kram immer von Zeitloser,
solider Technik trennen.
Lautsprechern und Verstärker, die heute gut sind, sind es in 25 Jahren
immer noch, wenn sie nicht kaputt sind.
Ein Internetradio hingegen stirbt zusammen mit dem Zwangsverbundelten
Stream-Provider, reiht sich nach wenigen Jahren mangels
Sicherheitsupdates in ein IOT-Botnetz ein, womit wir beim Thema
Störerhaftung wären, oder spielt vielleicht den nächsten neuen Sender
wegen irgendwelcher Inkompatibilitäten oder neuer Codecs nicht.
Alles mit Internetverbindung ist per Definition kurzlebig, nicht nur
wegen den Sicherheitsaspekten. Da sollte man günstige Lösungen wählen,
die man notfalls ohne großen Flurschaden wechseln kann.
Die klassische Technik hingegen, ist nahezu zeitlos. Und wenn man da
Qualität haben will, kostet das auch ein Vielfaches, von Minicomputern,
wie sie für die Brücke zum Netz und modernen Medien völlig ausreichen
und wie sie auch in Fertiggeräten mit Netzwerkfunktonen unweigerlich
verbaut sind.
Da bleibt eigentlich nur noch die Frage, wie man diese beiden Welten und
Systeme miteinander verbindet. Die klassische Analogverbindung ist da
keineswegs überholt und völlig ausreichend. Vor allem ist diese über
viele Jahrzehnte hinweg kompatibel. Man kann problemlos einen modernen
Zuspieler an einen 40 Jahre alten Grundig Verstärker anschließen, ohne
davon irgendwelche Nachteile zu haben.
Kurzum, ich würde die alte Wohnzimmer-Hardware behalten. Und ich würde
daran einen irgendwie gearteten (Mini-)Rechner anschließen, der alle
neuen Medien abdeckt. Darunter auch Internet-Radio, womit DVB-C auch
obsolet ist. Diese Mini-PCs bedient man entweder über einen eingebauten
Touchscreen oder über jedes beliebige Netzwerkfähige Endgerät.
Vom Konzept IR-Fernbedienung kann man sich gleich verabschieden. Das ist
ungeeignet. Für die komplexen Informationen, die man für die neuen
Medien vom Gerät zum Mensch übertragen muss, eignet sich in keinster
Weise das Fluoreszenzdisplay des Receivers, und ebensowenig kann man auf
dem evtl. vorhandenen Bildschirm des Gerätes aus 3m Couchentfernung noch
hinreichend viel erkennen.
Um die 20 Titel einer vorher eingelegten CD zu spielen oder zwischen den
5 relevanten Lokalsendern umzuschalten, hat das gereicht. Aber schon für
die Auswahl einer der vielleicht 1000 CDs auf dem Datenträger oder im
Netz ist das völlig ungeeignet. Wenn also nicht den ganzen Tag ein gut
lesbarer (und stromhungriger), großer TV laufen soll, dann braucht man
zukünftig Fernbedienungen mit einem /lokalen Display/. Und damit sind
wir schon sehr nah am Smartphone oder Tablet oder oder auch Laptop.
Technisch gesehen ist man jetzt an dem Punkt, wo man als Player neben
neuere Hardware auch sehr gut alte (kleine) Laptops ö.ä. recyceln kann.
Die schließt man dann an die Anlage an und gut. Da hat dann auch gleich
mehr als genug Bedienkomfort für die lokale Bedienung.
Alternativ gehen natürlich auch diverse Minicomputer bis einschließlich
Raspberry Pi für gut 30€. Für letzteren muss man allerdings für
HiFi-taugliche Analogausgabe nochmal knapp 15€ für einen HiFiBerry HAT
drauf legen. Damit sind bereits alle deine Anforderungen außer dem Tuner
abgedeckt. Und der ist leicht und viel billiger durch Internet zu ersetzen.
Eigentlich kann selbst ein Raspi schon viel mehr. Er ist auch einer der
besten Smart-TVs, die man sich vorstellen kann. Vor allem weniger
Addware, sauberer Datenschutz und gefixte Sicherheitslücken. Bei uns
macht er beides gleichzeitig. Also Audio ohne TV an oder eben AV mit TV an.
Software für Audiowiedergabe gibt es wahrlich genug. MPD zum Beispiel
ist komplett Fernsteuerbar, und zwar mit so ziemlich allem, was einen
Prozessor und ein Display hat.
Für ein Schlafzimmer oder Küchenradio wiederum geht man anders an die
Sache heran. Da nimmt man ein kleines Gerät mit eingebauten
Lautsprechern, was nur das nötigste kann. In der Preis und
Qualitätsklasse ist es auch verschmerzlich, wenn es irgendwann auf den
Müll wandert, weil eine der Unwägbarkeiten eingetreten ist oder es nicht
mehr den Anforderungen genügt.
Multiroom wiederum braucht man genau dann wenn man /dasselbe/
Audiosignal /zeitsynchron/ in verschiedenen Räumen wiedergeben möchte,
so dass es sich auch dann nicht sch*** anhört, wenn die Türen offen
stehen. Das kann übrigens jeder (Mini-)Rechner mit Linux und PulseAudio
schon lange Out of the Box.
Die Hauptwirkung von Multiroom (jenseits von Bastel-Linux) ist: es ist
teuer. Einmal wird es teuer, wenn man mal einzelne Komponenten tauschen
will, weil es dafür keinen Standard gibt, und jeder Hersteller macht,
was er will. Und so manches Mal wird auch einer der proprietären
Standards beerdigt, wie seinerzeit z.B. Logitech Squeezebox.
Zum anderen wird es teuer, weil nun allerlei Elektronikspielzeug 24/7
eingeschaltet sein muss, damit der ganze Zoo überhaupt funktioniert.
Du merkst, für mich stehen einige Dinge fest auf der roten Liste:
1. Proprietär vernetzte Systeme
2. Geräte mit jeglicher Cloud-Bindung (noch gar nicht erwähnt)
3. Devices mit Internetverbindung ohne regelmäßige Sicherheitsupdates
4. Geräte, die faktisch ständig am Strom hängen müssen
Damit bin ich indirekt klarer Fan von /freier Software/, da sich die
ersten drei Punkte anders praktisch nicht erreichen lassen, weil sie
konträr zu den Herstellerinteressen laufen (weniger Gewinn, bzw. höhere
Kosten). Freie Software wiederum läuft in der Regel nicht auf fester
Hardware - viel zu viel Aufwand, für jede Hardware eigene Software zu
pflegen - deshalb machen es die Hersteller ja auch nicht. Die Software
ist nämlich das teure, nicht die Hardware. Kaufen tut man aber "gefühlt"
nur letztere. Die Software muss also querfinanziert werden. Aus den
Gründen kann man sinnvolle Software und Hardware kaum zusammen fertig
kaufen.
Die Tatsache, dass freie Software überall läuft wiederum, ermöglicht es
auch, Althardware zu recyceln. Und das wiederum schont sowohl die Umwelt
als auch den Geldbeutel.
Denkt man nur Richtung neue Medien und nicht mehr an CDs, Schallplatten
oder gar diese komischen alten, schwarzen Bänder, dann braucht man auch
keinen Verstärker mit Eingangswahlschalter mehr. Die "optimale Lösung"
sind dann eben genannte (Mini-)Computerhardware und direkt daran
angeschlossen ein paar Aktivlautsprecher. Wenn man da bei Studio
Nahfeldmonitoren für ein paar hunderter fischt, bekommt man eine
Qualitätsklasse, die sich Otto-Normalverbraucher selten im HiFi-Umfeld
geleistet hat. Einfach deshalb, weil durch die Kombination von
Verstärker und Lautsprecher aktive Korrekturfilter preiswert möglich
sind, die eine exakte Abstimmung der beiden erfordern und eine
Überdimensionierung (meist des Verstärkers) verhindern. So ein paar 8"
Mackies dürften die meisten (bezahlbaren) HiFi-Lautsprecher mühelos an
die Wand spielen.
In der Übergangszeit, also noch nicht alle Platten digitalisiert, bleibt
man am besten bei der altbekannten Stereo-Hardware und hängt an einen
der Eingänge halt den "modernen" Zuspieler, der nach und nach mehr bzw.
häufiger übernimmt. Im ersten Schritt vielleicht (Internet-)Radio und
alles, was mit komprimierter Musik zu tun hat.
Wenn man sich erst einmal daran gewöhnt hat, wird man vieles aus der
alten Zeit gar nicht mehr vermissen.
Du merkst dass für DAB+ in der neuen Welt eigentlich gar kein Platz mehr
ist. Es ist einfach nur überflüssig. Warum sollte ich extra einen
Radiowellenempfänger installieren, wenn er mir wirklich /nichts/ bietet,
was ich am selben Standort nicht schon in zehnfacher Flexibilität habe?
(Mobil z.B. im Auto ist eine komplett andere Tüte. Da ist das Problem
eher, dass eine UKW-Abschaltung für jetzt 10 Jahre alte Autos ohne DIN
Schacht ein Totalschaden ist.)
Und zum Thema Langlebigkeit: ich hatte bis vor kurzem einen Raspberry Pi
Model 1 dafür im Einsatz, also fast 10 Jahre. Das ist für den geringen
Invest schon ziemlich gut. Und außer Bluetooth kann der auch schon
alles, was man dafür jemals braucht. Nur bei den AV-Anforderungen wurde
es langsam eng, weshalb ich mich kürzlich doch für ein Update
entschieden habe. Nur für Audio reichte der immer noch problemlos.
Wenn man dann Muße hat, kann man den Klang mit digitaler Raumkorrektur
nochmal richtig aufwerten. Wer das mal hatte, der will nicht mehr ohne.
(Selbst das schafft schon ein Pi 1.) Mit fertigen Lösungen bekommt man
eine solche Option niemals oder nur in Preissphären, die sich normal
Sterblichen üblicherweise entziehen. (Da tut sich gefühlt allerdings
etwas am Horizont.)
Marcel