Am 13.02.24 um 00:07 schrieb Michael Landenberger:
>> Die meisten Lautsprecher verzerren mehr. Größenordnung 10%.
>
> Für meine Boxen geben die Hersteller 0,5% (Revox BR 320) und <= 3% (JBL 4430
> bei 110 dB SPL) an. Für meine aktiven KRK Rokit 7 Studiomonitore habe ich auf
> die Schnelle keine Angaben zum Klirrfaktor gefunden, aber ich nehme an, dass
> auch diese Boxen deutlich weniger verzerren als 10%.
Studio und Beschallungszeug spielt in einer anderen Klasse. Das ist
genau der wesentliche Unterschied.
Das HiFi-Zeug schafft es üblicherweise nur, wenn sich die Membran noch
nicht merklich bewegt, was bei den meist zu kleinen Bässen kaum
erreichbar ist. Da kommen dann auch die (irrelevanten) Traumwerte aus
den Powerpoint-Datenblättern her. Danach geben sich THD und IM
gegenseitig die Klinke in die Hand. THD hört man nicht so, aber IM nervt
schon ziemlich, wenn der Bass die unteren Mitten moduliert, sowohl
linear (AM) als auch nichtlinear (FM).
> Davon abgesehen: wenn Schallplatten auch so "angenehm" verzerren würden wie
> Lautsprecher (oder Röhren), hätte ich damit kein Problem.
>
> Tun sie aber nicht. Deswegen klingt eine verschlissene Platte oder eine Nadel,
> die Mühe hat, der Rille zu folgen, in der Regel hörbar schlechter als eine
> verzerrungsärmere digitale Quelle über ein und dieselben (!) Lautsprecher.
Eine _verschlissene_ CD klingt noch schlechter. Chrp-chrp-chrp, falls
sie überhaupt noch am Stück spielt.
Es ergibt wenig Sinn, über defekte Dinge zu referieren. Und es ist bei
weitem auch nicht so, dass jede Platte bei jedem Abspielen gleich
merklich leidet.
Natürlich ist der normale Alterungsprozess ein anderer. Bei den Platten
ist es die Benutzung, bei den CDs einfach nur die Zeit.
>> Deswegen waren die Aufnahmen der Deutschen Grammophon auch immer eher
>> niedrig ausgesteuert.
>
> Ich hatte viele Platten von der Deutschen Grammophon. So gut wie alle haben
> sie in der Mitte deutlicher hörbare Verzerrungen produziert als außen.
Ist mir nie aufgefallen.
>> Dann schau dir mal den Frequenzgang eines typischen Raums mit Lautsprechern
>> an. Wenn du Glück hast, ist die Berg- und Talfahrt nur 20dB.
>
> Rauschgeneratoren, Analyzer und Equalizer sind bereits erfunden und machen
> hier einen prima Job.
Das bringt wenig, wenn das Ergebnis jedes mal deutlich anders ist, wenn
man das Messmikro 10 cm verschiebt.
Mal ganz davon abgesehen, dass die meisten das nicht haben. Und wegen
dem oben genannten IM-Problemen bei HiFi-Zeug ist das mit dem Rauschen
auch so eine Sache. Wenn man genug Energie pro Frequenz haben will, um
überall auf ein vernünftiges SNR zu kommen, muss man schon ein wenig
aufdrehen. Und dann geben die Lautsprecher schon wieder alles mögliche
wieder, nur nicht das gewünschte Referenz-Spektrum.
Mann kann auch mit Wobbeln messen, aber das ist schon bei geringerem
Pegel ein übelst ekelhaftes Geräusch. Mal ganz davon abgesehen, dass es
eine halbe Stunde dauert, wenn die Messung etwas taugen soll.
Und last but not least korrigieren die EQ auch nur den Frequenzgang und
auch maximal mit Terz-Auflösung, für den Bass vllt. noch mal
parametrisch, aber das war's. Was sie nicht korrigieren, ist die
Gruppenlaufzeit. Und die ist für die räumliche Wahrnehmung ziemlich
essenziell.
> Als vorteilhaft empfinde ich dabei, dass ich das
> Einmessen nur einmal machen muss und nicht jedes Mal, wenn ich zwischen
> verschiedenen Quellen hin- und herwechsele. Genau das müsste ich nämlich, wenn
> ich von einer linearen Quelle (z. B. CD-Spieler oder DLNA-Client) auf
> Plattenspieler umschalte. Tatsächlich verzichte ich darauf, den Frequenzgang
> des Plattenspielers separat zu korrigieren, weil ich den so selten benutze,
> dass sich das nicht lohnt. Der Plattenspieler läuft also über eine ansonsten
> linear eingemessene Anlage.
Für's grobe habe ich den RIAA-Entzerrer so angepasst, dass es ungefähr
hin kommt. Und die Nachkommastellen sind aus obigen Gründen
(Raumakustik) sowieso Banane.
>> Die CD-Player der ersten Generation waren verglichen mit Platten weitgehend
>> Sondermüll.
>
> Nicht, wenn "Denon" oder "Tascam" draufstand ;-) Außerdem habe ich meinen
> ersten Player nicht gleich am Anfang gekauft (war viel zu teuer), sondern erst
> später (AFAIR 1985).
Das war schon so langsam die zweite Runde.
Ich habe hier auch noch einen alten Telefunken CD. Der muss mal ran,
wenn alle anderen nicht mehr wollen. Die Laserdiode war damals noch mit
wesentlich mehr Reserven ausgestattet.
> Später war ich im Pro-Audio-Bereich tätig, da war es dann
> überhaupt kein Problem mehr, an brauchbare Gerätschaften heranzukommen.
Das erklärt zumindest die gehobene Ausstattung.
Das meiste, was ich bei irgendwelchen Privatleuten so höre, ist
erheblich schlechter als meine allerersten selber gebastelten
Lautsprecher von vor 35 Jahren. Und damals hatte ich noch nicht
wirklich Ahnung, was ich da tue.
Marcel