Am 21.10.21 um 10:01 schrieb Michael Landenberger:
>>> Ähm, nein. Die symmetrische Leitungsführung dient dazu, dass
>>> Störeinstreuungen auf 2 gegenphasige Signalleitungen gleichzeitig
>>> einstreuen und sich somit gegenseitig aufheben. Das aber können
>>> sie nur, wenn der Eingang des angeschlossenen Geräts tatsächlich
>>> das Signal auf einer Ader gegenphasig zur dem auf der anderen Ader
>>> verarbeitet. Legt man jedoch eine Ader auf Masse (egal an welchem
>>> Ende), führt sie gar kein Signal.
>
>> Käse, sie führt dann nur das Störsignal.
>
> Störsignale (zumindest solche im hier interessierenden Frequenzbereich) werden
> auf einer mit Masse verbundenen Leitung kurzgeschlossen.
Jetzt wird es interessant. Woher soll denn das Störsignal wissen, dass
diese Leitung als Masse definiert ist? Masse ist ja nur eine technische,
aus physikalischer Sicht völlig willkürliche Definition eines
Bezugspotentials, das zudem noch für jedes Gerät ein anderes ist.
Es gibt keinen Unterschied Störung ist Störung. Und eine hinreichend
symmetrische Leitungsführung sorgt immer dafür, dass alle Adern, ja
sogar der Kabelschirm in guter Näherung, begrenzt nur durch
Geometrischen Abweichungen in der Symmetrie dasselbe Störsignal
erfahren. Nur haben die Störungen in den Adern unterschiedliche
Auswirkungen. Zuallererst ist es einmal eine Induktionsspannung.
Wenn der Anschluss auf beiden Seiten niederohmig ist (Kabelschirm,
Masse), dann fließt ein Ausgleichsstrom. Und der verändert die
Induktionsspannung durch die Impedanz der Leitung. Wenn aber die
Ankopplung einer Ader auf mindestens einer Seite hochohmig ist, dann
fließt kein relevante Ausgleichsstrom und damit gibt es auch keinen
Spannungsabfall. Da nun alle Adern dieselbe Induktionsspannung erfahren,
bleibt das /Differenzsignal/ zwischen den Adern unbeeinflusst. Und genau
das ist der Trick.
Die einzigen Abweichungen entstehen dadurch, dass Audioleitungen ja
nicht impedanzangepasst sind und die Leitungskapazitäten bei
asymmetrischer Einspeisung leichte Abweichungen zwischen den Adern und
dem Kabelschirm, mit leicht anderen Spannungsverlauf erzeugen. Aber das
ist bei haushaltsüblichen Kabellängen mit Audiofrequenzen weitgehend
irrelevant.
Eine 100m-Leitung sollte man so nicht betreiben. Aber die Zeiten von
100-adrigen, symmetrischen Leitungen von der Bühne zum Mischpult sind
schon lange vorbei.
> D. h. eine solche
> Leitung führt überhaupt kein Signal. Folglich wird auch nichts abgezogen.
Doch, Induktionsspannungen wissen nichts von Masseleitungen und erzeugen
in diesen auch Störungen. Andernfalls würde das ganze Problem nicht
existieren.
>> Das funktioniert wunderbar.
>> BTDT.
>
> Wenn das funktioniert hat, dann aus anderen Gründen (z. B. weil der Ausgang so
> niederohmig war, dass er das Störsignal auch auf der signalführenden Leitung
> kurzgeschlossen hat).
Das sind *alle* Audioausgänge.
Und es ist für die Übertragung nicht relevant. Der Trick würde auch mit
hochohmigen Ausgängen funktionieren. Statt dem differenziellen Eingang
könnte man auch einen Addierer auf der Ausgangsseite verwenden. Das
funktioniert genauso.
Signal ->-(+)->------------------------------------------- Eingang
|
+--<------------------------------------------- Masse
Jetzt wird das Signal einfach auf das Massepotential des Empfängers
ungerechnet. Aus seiner Sicht ist es dadurch wieder störungsfrei.
>> Es hätte genügt, die Masse direkt mit dem PC zu verbinden statt mit dem
>> USB-Device, das mutmaßlich im Inneren die Störungen aufgeschnappt hat,
>
> Natürlich hat es das. Sonst hätte es ja nicht gezirpt, sondern nur gebrummt.
>
> Und nein, eine direkte Masseverbindung zwischen PC und Interface hätte nicht
> genügt.
Nicht zum Interface. Die Masse muss natürlich am Interface vorbei
führen. Also vom PC zum EQ, denn nur dann fließen keine Ausgleichsströme
durch das Interface.
Bei Zirpen muss man noch ein wenig aufpassen mit HF-Mist. So manche
(minderwertige gebaute) PC Komponente haut auch Hochfrequenz aus allen
Ecken raus. Die liegt erst mal weit jenseits des Hörbereichs und
interessiert bei Audio nicht, aber durch nichtlineare Prozesse in der
Folgeverarbeitung können diese Frequenzen demoduliert werden oder
Subharmonische erzeugen, die durchaus hörbar sein können. Solchen Dreck
bekommt man (in Grenzen) durch Klappferrite weg.
> Zum einen hatte ich genau das erfolglos probiert, und zum anderen
> waren die Massen des PCs und des Interfaces bereits über den Schutzleiter der
> Netzkabel miteinander verbunden, was aber die Störungen ebenfalls nicht
> verhindert hat.
Nein, das /erzeugt/ die Störung. Zusammen mit der Masseverbindung durch
das Datenkabel entsteht ein geschlossener Leiterring. Dieser fängt wie
ein Transformator jegliches magnetische Feld auf und wandelt es in einen
Induktionsstrom um. Das nennt sich vermaschter Potentialausgleich und
das will man wenn möglich vermeiden.
Bei stärkeren EM-Felder, wie z.B. Blitzeinschlag in ein paar hundert
Meter Entfernung, kann einem so eine Verdrahtung manchmal sogar die
Elektronik töten. Dabei gilt: je größer die Leiterschleife
(Querschnitssfläche) desto schlimmer. Wenn sie allerdings an allen
Stellen hinreichend niederohmig sind, funktioniert es auch. Dann wird
das Feld verdrängt. Da sind die dünne Datenleitungen gerne mal ein Problem.
Es wäre allerdings zu klären, ob das Netzteil des Interfaces wirklich
einen Potentialausgleich für die Ausgangsseite vorgesehen hat. Das muss
nicht der Fall sein.
> Und auf die Frickellösung (Schutzleiter am PC oder am
> Equalizer auftrennen) hatte ich aus sicher nachvollziehbaren Gründen keine
> Lust.
Korrekt, das ist keine gute Lösung.
> Übertrager an den Ausgängen des Interfaces haben dann für Ruhe gesorgt.
Klar, die Leiterschleife in der Masse ist dadurch unterbrochen.
Blöderweise sind diese Übertrager oft teuer oder schlecht, manchmal auch
beides. Die differenziellen Eingänge mit halb asymmetrischer Verkabelung
sind hingegen preiswert.
Man hätte die Datenleitung eben auch aus der Leiterschleife heraus
bekommen, wenn man die Masse (Kabelschirm) /nicht/ an das Interface
angeschlossen hätte. Auf der Audioleitung ist das kein Problem. Ground
Lift nennt sich das, und DI-Boxen haben dafür meist sogar einen Schalter.
Alternativ, und das war mein Vorschlag, kann man die Masse an der
empfindlichen Komponente vorbei führen und eben direkt mit dem PC
verbinden. Da ist die "niederohmig" Bedingung von oben erfüllt, was für
ein USB-Kabel, vielleicht noch mit Hub dazwischen nicht gilt.
> Übrigens habe ich noch ein anderes Interface, das nicht per USB, sondern per
> Firewire mit dem Rechner verbunden ist. Dieses Interface hat ab Werk
> symmetrische Ausgänge (Stereoklinke). Bei dem brummt und zirpt nichts, und
> zwar ohne dass ich irgendwas basteln musste.
Logisch, wenn beide Seiten der Leitung ordentlich implementiert sind,
klappt es immer. Aber das ist eben keine /notwendige/ Bedingung.
Technisch genügt es bei korrekter Vorgehensweise, wenn /eine/ Seite die
Symmetrie der Leitung gewährleistet. Man muss dabei halt vom DAC im
Interface bis zum Eingangsverstärker im Ziel denken. Deshalb kann es
Probleme machen. Wenn die interne Verdrahtung der Geräte nicht gut
gemacht ist oder aber die Ausgleichsströme so hoch sind, dass selbst der
Übergangswiederstand der asymmetrischen Steckverbindung schon ein
Problem darstellt, dann kann die klassische Lösung mit Masse am RCA-
oder Klinkenstecker verbinden, fehlschlagen. In dem Fall hilft
Ground-Lift, also faktisch Kabelschirm nur auf einer Seite Verbinden,
oder eben Masse um empfindliche, asymmetrische Komponenten herum führen.
Einseitig verbundene Abschirmung ist übrigens in keine Weise
ungewöhnlich. Das war bei TP Netzwerkverkabelungen sogar vorgeschrieben.
Es hält sich nur kaum jemand daran, wodurch sicherlich auch schon der
eine oder andere Überspannungsschaden verursacht wurde. Es ist halt
schwer praktikabel, wenn bei 5 hintereinander steckenden Kabeln und
Dosen der Schirm genau an /einer/ Stelle unterbrochen sein muss und
keinesfalls an zwei.
In USA verwendet man fast nur ungeschirmte Kabel, und umgeht das Problem
damit. Aber das hört sich für den guten Deutschen zu schlecht an.
Marcel