Am 22.01.20 um 04:06 schrieb Andreas M. Kirchwitz:
> Marcel Mueller <
news.5...@spamgourmet.org> wrote:
>
>> Deswegen kauft man kein Internet-Radio, was mehr aus dem Netz als nur
>> die Radio-Streams selbst zum funktionieren braucht.
>
> Woher soll ein normal bedienbares Internet-Radio die Sender kennen?
> Für die komplizierten URLs gibt es keine direkte Eingabemöglichkeit.
Doch, das Web-Interface.
> Ob die Hersteller das nun alle selbst implementieren (unrealistisch)
> oder dafür einen Dienstleister verwenden, ändert nichts am Risiko,
> dass ohne aktiven Support irgendwann Schicht im Schacht ist. Da ist
> ein externer Dienstleister im Zweifelsfall sogar zukunftssicherer,
> solange die Schnittstelle konstant bleibt.
Ja, aber ich will doch nicht, dass der /Hersteller/ oder der
/Dienstleister/ entscheidet, welche URLs ich hören darf, oder genauer,
wer am meisten dafür bezahlt hat, dass er mir seine Werbung auf's Auge
drücken soll. Das ist doch absurd.
Natürlich gibt es im im Internet kein Pendant zum klassischen
Sendersuchlauf. Das scheitert schlich an der nahezu unendlichen Zahl
möglicher Senderplätze. Aber es hindert mich ja niemand daran,
Senderverzeichninsse im Netz als Basis für meine Auswahl zu nutzen. Nur
da entschiede /ich als Kunde/ ob ich das will und ob ich dafür etwas
bezahlen will, damit mir nicht nur provisionsfinanzierte Sender
angeboten werden, oder ob ich das gar nicht brauche.
>> Ich staune immer wieder wie naiv und bereitwillig Geräte mit Cloud-Zwang
>> /ohne/ dauerhaften Vertrag gekauft werden.
>
> Die meisten Käufer sind von digitalen Angeboten wie DAB und DVB
> gewohnt, dass eine Senderliste inkludiert ist.
Ja, dort ist sie aber Teil des Auslieferungsszustands (das ist OK) und
kann vom Benutzer jederzeit geändert werden. Und dazu muss ich dem
Receiver /keinen/ Internetzugang verschaffen.
> Woher soll der normale Kunde wissen, dass Internet-Radio völlig
> anders funktioniert und auch nicht wie früher bei analogen Diensten
> notfalls per Brute Force gescannt werden kann?
Tja, das ist tatsächlich eine geänderte Ausgangslage. Aber ich sehe das
nicht als grundsätzliches Problem. Siehe oben.
> Internet-Radio in Hardware-Radiogeräten passt eigentlich überhaupt
> nicht zusammen, jedenfalls nicht wenn man mit dem traditionellen
> Anspruch herangeht, dass ein Radio viele Jahre funktionieren soll.
Das ist korrekt. Das liegt aber nicht an der Senderliste, sondern daran,
dass sich alle paar Jahre ein neues Übertragungssprotokoll oder Codec
etabliert.
Selbst das wäre kein technisches Problem - für Audio reicht die
Rechenleistung 15 Jahre alter Hardware immer. Aber ich kann natürlich
nicht erwarten, dass sich ein Hersteller /für lau/ jahrzehntelang um
neue Software für jedes jemals verkaufte Gerät kümmert.
Aus diesem Grund passt Internetradio und Open Source ziemlich gut
zusammen. Da sind die Aktualisierungen kein ökonomisches Problem. Das
setzt allerdings voraus, dass die Hardware hinreichend kompatibel ist,
so dass auf allen Geräten mehr oder minder dieselbe Software laufen
kann. Genau darin liegt nämlich der volkswirtschaftliche Vorteil dieser
Lösung: es muss viel weniger verschiedene Software gepflegt werden.
Kompatibel meint hier nicht Hardwarekompatibe, sondern nur, dass eine
gemeinsame Zwischenschicht wie Linux-Kernel darauf läuft. Dazu zählen
auch die Androiden.
>> Entweder man mietet einen Dienst oder ein Gerät. Dann erhält man für die
>> Dauer des Vertrags eine garantierte Leistung. Oder man kauft etwas
>> einmalig. Dann muss das gekaufte ohne Dienstleister (den keiner mehr
>> bezahlt) funktionieren. Alles andere wird ökonomisch nicht funktionieren.
>
> Inzwischen hat man den Leuten beigebracht, dass alle per Jahre ein
> neuer Fernseher gekauft werden muss wegen neuer Standards.
Ja, ökonomischer und vor allem auch ökologischer Selbstmord nennt man
das. Es ist vollkommen Absurd einen riesigen TV mit einem guten Bild,
der erhebliche Ressourcen verschlungen hat, nur deshalb wegzuwerfen,
weil die Software veraltet ist.
Langlebig und teuer (=Aufwändig) versus kurzlebig und billig gehört
einfach nicht in eine Kiste. Man kauft einen Fernseher, damit man ein
gutes Bild hat. Und daran hänge ich eine kleine 40€-Box oder einen
Stick, die ihm die Bildsignale per HDMI füttert. Was ist daran so schwer?
Wenn ich nur diese Box dann alle paar Jahre tauschen muss, ist das
ökonomisch und ökologisch um Größenordnungen besser.
> Und beim Radio wird das in Zukunft nun auch so sein.
Bei mir nicht.
Das ist einer der Punkte, wo Open Source unschlagbare Vorteile hat.
> Haben die Kunden überhaupt eine Wahl?
Haben sie.
Aber wenn ihr Verhalten nicht den Herstellern nutzt, wird das wohl kaum
an die große Glocke gehängt. Sparen ist im Kapitalismus halt nur für
Verbraucher Attraktiv. Das war schon immer ein Problem.
Da ist es eher schwierig, /funktionierende/ Alternativen zu finden als
bei deinem Internetradio.
Marcel