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Bach - Wohltemperiertes Klavier - Cembalo oder Klavier ?

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Walter Gallauner

unread,
Mar 23, 2001, 4:45:41 PM3/23/01
to
Hallo zusammen.
Ich möchte mir eine Einspielung von Bachs "Das Wohltemperierte
Clavier" zulegen.
Die Fragen sind:
1. Cembalo oder Klavier ?
2. Von wem ?
Über Empfehlungen oder Tips wäre ich dankbar.
Grüsse aus Wien
Walter

Volker Gringmuth

unread,
Mar 23, 2001, 5:22:23 PM3/23/01
to
Walter Gallauner (walter.g...@gmx.at) wrote:

> Ich möchte mir eine Einspielung von Bachs "Das Wohltemperierte
> Clavier" zulegen.

Gute Idee.

> 1. Cembalo oder Klavier ?

Geschmackssache.

> 2. Von wem ?

Wenn du noch gar keine hast: die gute alte Glenn-Gould-Aufnahme (die
mit kostenlosem Vocalpart) ist Pflicht für jedes CD-Regal ;-)

vG

--
Volker Gringmuth http://www.volker-gringmuth.de

Würde ich dir jemals eine rhetorische Frage stellen?

Florian Weimer

unread,
Mar 23, 2001, 5:37:45 PM3/23/01
to
"Volker Gringmuth" <news...@volker-gringmuth.de> writes:

> Wenn du noch gar keine hast: die gute alte Glenn-Gould-Aufnahme (die
> mit kostenlosem Vocalpart) ist Pflicht für jedes CD-Regal ;-)

Gerüchteweise gibt es Ausgaben, bei denen das wegretuschiert wurde.
Ich habe jedoch noch eine CBS-Ausgabe, und bei den Sony-Ausgaben,
die ich von anderen Werken habe, brummt er auch teilweise ziemlich
deutlich mit.

Werner Lamm

unread,
Mar 23, 2001, 6:03:33 PM3/23/01
to
f...@deneb.enyo.de schreibt:

>> Wenn du noch gar keine hast: die gute alte Glenn-Gould-Aufnahme (die
>> mit kostenlosem Vocalpart) ist Pflicht für jedes CD-Regal ;-)
>
>Gerüchteweise gibt es Ausgaben, bei denen das wegretuschiert wurde.
>Ich habe jedoch noch eine CBS-Ausgabe, und bei den Sony-Ausgaben,
>die ich von anderen Werken habe, brummt er auch teilweise ziemlich
>deutlich mit.

ja, die goldbergvariationen!

in puncto cembalo wuerde ich zu gustav leonhard greifen und ralph
kirkpatrick unbedingt vermeiden

gruss
werner

Florian Weimer

unread,
Mar 23, 2001, 6:40:57 PM3/23/01
to
wl...@iworld.de (Werner Lamm) writes:

> >Gerüchteweise gibt es Ausgaben, bei denen das wegretuschiert wurde.
> >Ich habe jedoch noch eine CBS-Ausgabe, und bei den Sony-Ausgaben,
> >die ich von anderen Werken habe, brummt er auch teilweise ziemlich
> >deutlich mit.
>
> ja, die goldbergvariationen!

Da wurde das wegretuschiert? Schade, ein bißchen ist immer noch zu
hören, so daß mir das nicht auffiel. Dann muß ich mir mal eine alte
Ausgabe anhören. ;-)

Arno Schuh

unread,
Mar 23, 2001, 6:47:56 PM3/23/01
to

"Werner Lamm" <wl...@iworld.de> schrieb
...

> in puncto cembalo wuerde ich zu gustav leonhard greifen und ralph
> kirkpatrick unbedingt vermeiden
>
Warum? Ich finde Leonhardts spiel zwar interessant, aber er registriert
langweilig. Und geht es nur ums Spielen, würde ich dann gleich Ton Koopman
vorziehen. Der registriert allerdings noch langweiliger und benutzt - so
habe ich den Eindruck - für alle Cembaloaufnahmen, nicht nur Bach - das
gleiche, blechern klingende instrument. Und da hebt sich Kirkpatrick
wohltuend ab. Außerdem gibt es von Kirkpatrick auch noch eine
Wiederveröffentlichung des WTK auf Clavichord; für Clavichord-Puristen
vielleicht auch nicht das Gelbe vom Ei, aber meines Wissens eine der
wenigen Gesamtaufnahmen auf Bachs Lieblingsinstrument überhaupt.
Noch mehr Abwechslung bekommst du bei der Aufnahme mit Chorzempa. Der
spielt das WTK auf Cembalo, Clavichord, Portativ und Hammerklavier. Imho.
zwar nicht immer passend - ich hätte öfters eine andere Auswahl getroffen -
dafür aber sehr abwechslungsreich.

Schöne Grüße

Arno


Dieter Göbel

unread,
Mar 23, 2001, 7:12:38 PM3/23/01
to

"Walter Gallauner" <walter.g...@gmx.at> schrieb im Newsbeitrag
news:3abbc63f...@news.chello.at...

Hallo Walter,
ich bevorzuge das Klavier(etwa in der Rangfolge)
1. Gould - extrem eigenwillig
2. Gulda - sehr abwechslungsreich, individuelle
3. E. Fischer - ausgewogen, klassisch(Mono)
4. S. Richter - etwas romantisch, aber sehr packend, voller Kraft und
Überzeugung, fast religiös
5. A. Schiff - sehr klar und deutlich, ausgewogen, vielleicht etwas zu
neutral(sehr guter Klavierklang) - hier scheiden sich wohl die
Geister;-)
R. Tureck würde ich gerne kennen lernen, ist mir noch zu teuer;-)
Viele Grüße
Dieter

Werner Lamm

unread,
Mar 23, 2001, 8:16:33 PM3/23/01
to
arno....@t-online.de schreibt:

>Warum? Ich finde Leonhardts spiel zwar interessant, aber er registriert
>langweilig.
snip
>Ton Koopman
snip
>registriert allerdings noch langweiliger
snip

>da hebt sich Kirkpatrick
>wohltuend ab.
snip
>Noch mehr Abwechslung
etc.

anhand welcher kriterien erlebst du denn abwechslung?
der registrierung etwa?

ein cembalist wird doch gerade erst dann interessant, wenn er auf einem
register abwechslungsreich spielen kann, was im uebrigen schon w. byrd &
co. umgesetzt haben...

werner

benjo maso

unread,
Mar 23, 2001, 8:29:20 PM3/23/01
to

"Dieter Göbel" <D-Go...@T-Online.de> schreef in bericht
news:99gok2$qpl$03$1...@news.t-online.com...


Aber kenst du Samuil Feinberg (Russian Masters)? Sehr romantisch, sehr
mahlerisch, aber auch sehr klar.

Benjo Maso


Brenno

unread,
Mar 24, 2001, 1:10:32 AM3/24/01
to
Geschmacksache!
1. Cembaloversion: WAnNDA LANDOWSKA
2. Pianoversion: Friuedrich Gulda, Sviatoslav Richter

Brenno

Walter Gallauner schrieb:

Tilman K. Rügheimer

unread,
Mar 24, 2001, 1:58:35 AM3/24/01
to
> Gerüchteweise gibt es Ausgaben, bei denen das wegretuschiert wurde.
> Ich habe jedoch noch eine CBS-Ausgabe, und bei den Sony-Ausgaben,
> die ich von anderen Werken habe, brummt er auch teilweise ziemlich
> deutlich mit.

Das ist richtig, bei Sony-WTK ist der Gesang kostenlos mit dabei. Manch
einem kann das mit der Zeit wohl auf die Nerven gehen. Anscheinend machte
Gould das aber immer, ich habe z.B. Beethovens Klavierkonzert Nr. 3 gestern
mir angehört und in der Kadenz auch eine Vokal-Untermalmung wahrgenommen.

Tilman


Marcus Roeckrath

unread,
Mar 24, 2001, 3:19:22 AM3/24/01
to
Hallo Florian,

Florian Weimer wrote:

> > Wenn du noch gar keine hast: die gute alte Glenn-Gould-Aufnahme (die
> > mit kostenlosem Vocalpart) ist Pflicht für jedes CD-Regal ;-)
>
> Gerüchteweise gibt es Ausgaben, bei denen das wegretuschiert wurde.
> Ich habe jedoch noch eine CBS-Ausgabe, und bei den Sony-Ausgaben,
> die ich von anderen Werken habe, brummt er auch teilweise ziemlich
> deutlich mit.

Bei der Gould-Gesamtausgabe der Soy haben die ziemlich viel manipuliert.

Am Äuffälligsten ist IMHO der zugesetze Hall, steht irgendwie im
Widerspruch zu den Klangideen GG´s.

--

Gruss Marcus

Marcus Roeckrath -- Vikarsbusch 8 -- D-48308 Senden -- Germany
Phone : +49-2536-9944 -- Mailer/BBS/Fax : +49-2536-9943 (V34, X75)
FidoNet: 2:2449/523
E-Mail : marcus.r...@gmx.de
WWW : http://home.foni.net/~marcusroeckrath/

Arno Schuh

unread,
Mar 24, 2001, 4:11:25 AM3/24/01
to

"Werner Lamm" <wl...@iworld.de> schrieb
...
>
> anhand welcher kriterien erlebst du denn abwechslung?

Anhand verschiedener.

> der registrierung etwa?

Unter anderem auch der Registierung, aber natürlich auch der Spielweise.


>
> ein cembalist wird doch gerade erst dann interessant, wenn er auf einem
> register abwechslungsreich spielen kann, was im uebrigen schon w. byrd &
> co. umgesetzt haben...

Nur, wenn ihm, aus welchen Gründen auch immer, keine anderen Möglichkeiten
zur Verfügung stehen. Pianisten machen da aus der Not eine Tugend. Sie
haben nunmal - auf dem modernen Konzertflügel mehr den je - nur diese eine
Klangfarbe.
Einen Cembalisten, der für eine Aufnahme, angefangen von verschiedenen
Größen und Typen von Cembali über Lautenzüge, Spiel auf mehreren Manualen,
mit verschiedenen Klangfarben nichts besseres einfällt als alles, mehr oder
weniger, mit einer Klangfarbe zu spielen und versucht, das Manko an
Farbigkeit durch extravagantes Spiel wett zu machen, den schätze ich
nicht höher ein als einen Interpreten, der sein eher farbloses Spiel durch
geschicktes Registrieren kurzweilig macht.
Welche Art der Interpretation einem da mehr zusagt ist wie immer
Geschmackssache. Mich jedenfalls langweilen, ja ärgern, Cembalisten und
Organisten, die, so sie die Möglichkeit haben, nicht farbig registrieren
(können) auf die Dauer.

Schöne Grüße

Arno

Manfred Hößl

unread,
Mar 24, 2001, 6:38:55 AM3/24/01
to
>Einen Cembalisten, der für eine Aufnahme, angefangen von verschiedenen
>Größen und Typen von Cembali über Lautenzüge, Spiel auf mehreren Manualen,
>mit verschiedenen Klangfarben nichts besseres einfällt als alles, mehr oder
>weniger, mit einer Klangfarbe zu spielen und versucht, das Manko an
>Farbigkeit durch extravagantes Spiel wett zu machen, den schätze ich
>nicht höher ein als einen Interpreten, der sein eher farbloses Spiel durch
>geschicktes Registrieren kurzweilig macht.
>Welche Art der Interpretation einem da mehr zusagt ist wie immer
>Geschmackssache. Mich jedenfalls langweilen, ja ärgern, Cembalisten und
>Organisten, die, so sie die Möglichkeit haben, nicht farbig registrieren
>(können) auf die Dauer.
>
Organisten solle farbig registrieren, da stimme ich zu - obwohl man auch da des
Guten zuviel tun kann.
Großes Registrierspiel paßt aber eher nicht zum Cembalo, bezeichnenderweise kamen
die bielen Register erst auf, als das Cembalo schon aus der Mode kam.
Manfred
--
_____________________________________________________________
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Walter Gallauner

unread,
Mar 24, 2001, 12:35:44 PM3/24/01
to
Vielen dank an alle für die Ratschläge.
Da habe ich ja einiges zu studieren.

Mir liegt derzeit leihweise eine Einspielung auf Cembalo mit Davitt
Moroney (Harmonia Mundi) vor.

Jedenfalls werde ich versuchen in Gulda und Richter reinzuhören.
Gould hab ich schon gehört. Sehr interessant. Gesang ist mir keiner
aufgefallen.

Ist es wirklich Geschmackssache ob man Klavier oder Cembalo nimmt ?
Oder kann den Vorzug für das eine oder andere irgendwie rational oder
historisch/wissenschaftlich begründen ?

Grüsse
Walter


Dieter Göbel

unread,
Mar 24, 2001, 1:29:40 PM3/24/01
to

"Walter Gallauner" <walter.g...@gmx.at> schrieb im Newsbeitrag
news:3abca258...@news.chello.at...

> Vielen dank an alle für die Ratschläge.
> Da habe ich ja einiges zu studieren.
>
>
> Ist es wirklich Geschmackssache ob man Klavier oder Cembalo nimmt ?
> Oder kann den Vorzug für das eine oder andere irgendwie rational oder
> historisch/wissenschaftlich begründen ?
>
Hallo Walter,
historisch/wissenschaftlich ist das Cembalo wohl "richtig", aber ob Bach
lieber das Klavier gewählt hätte, wenn er es denn dann gehabt hätte,
darüber lässt sich streiten;-)
So ist es wohl in erster Linie Geschmackssache. Wer das Piano liebt, der
hört das WTK auch lieber auf dem Klavier. Bei manchen Cembali geht wohl
viel "Klang" verloren, man muss schon ziemlich lauschen;-)
Viele Grüße
Dieter


Manfred Hößl

unread,
Mar 24, 2001, 2:14:27 PM3/24/01
to
>> Ist es wirklich Geschmackssache ob man Klavier oder Cembalo nimmt ?
>> Oder kann den Vorzug für das eine oder andere irgendwie rational oder
>> historisch/wissenschaftlich begründen ?
>>
>Hallo Walter,
>historisch/wissenschaftlich ist das Cembalo wohl "richtig",
Historisch wissenschaftlich ist das Cembalo das einzig richtige. Die Frage ist
höchstens, ob man nach historisch wissenschaftlichen Gesichtspunkten herangeht.
Das KANN man. Ich betone kann, ein herangehen nach Geschmack ist auch voll
legitim.


>aber ob Bach lieber das Klavier gewählt hätte, wenn er es denn dann gehabt
hätte,
>darüber lässt sich streiten;-)

Daß Bach das Klavier bevorzugt hätte kann ich mir nicht vorstellen, und ist auch
brotlose Spekulation. Vor allem weil da gleich die Frage kommt, wie er dann
Komponiert hätte - wahrscheinlich nicht viel anders, weil er Musik viel mehr vom
kompositorischen als vom klanglichen her gesehen hat Drum geht ja auch Klavier
und Cembalo. Man stelle sich einen Chopin auf dem Cembalo vor...

Arno Schuh

unread,
Mar 24, 2001, 2:37:24 PM3/24/01
to

"Manfred Hößl" <manfre...@web.de> schrieb

> Organisten solle farbig registrieren, da stimme ich zu - obwohl man auch
da des
> Guten zuviel tun kann.

Sicher, wenn aus reiner effekthascherei unpassend und übertrieben die
Register gewechselt werden kann's peinlich werden. Aber imho. gibt es
nichts, was dem Musikgenuss abträglicher ist als zu langweilen; dann schon
lieber provozieren.

> Großes Registrierspiel paßt aber eher nicht zum Cembalo,
bezeichnenderweise kamen
> die bielen Register erst auf, als das Cembalo schon aus der Mode kam.

Immerhin erwarten Bachs Goldbergvariationen das Spiel auf zwei Manualen.
Und ich denke, dass dies von Bach keine bloße Effekthascherei war. Wieviele
Züge und Register die Cembali Bachs hatten - hatte er nicht sogar ein
Pedalcembalo? - und ob und wie intensiv er sie genutzt hat ist mir nicht
bekannt. Aber ich nehme an, es gibt hier in der Gruppe auch Leute, die
darüber näher Auskunft geben können.

Schöne grüße
Arno

Werner Lamm

unread,
Mar 24, 2001, 7:11:02 PM3/24/01
to
arno....@t-online.de schreibt:

>Immerhin erwarten Bachs Goldbergvariationen das Spiel auf zwei Manualen.

wie auch die suiten von rameau und die pieces de clavecin von couperin, um
mal die stilistischen hauptvertreter von zweimanualiger cembalomusik der
epoche zu nennen.
das heisst aber noch lange nicht, dass man ein wildes abwechseln der
register betreiben soll.
der dispositionsstandard eines zweimanualigen cembalos der zeit zwischen
1670 und 1770
ist. unteres manual: 8' + 4' , oberes manual: 8', laute.
der 4' wurde nur selten benutzt, entweder fuer ein "tutti" oder
solistisch, das forte wurde regelmaessig durch koppeln der beiden
achtfuesse auf den beiden manualen erzeugt, die manualkoppel eines
cembalos ist eine schiebekoppel und ihre verwendung geschieht bedaechtig
und nicht auf knopfdruck wie die per piston oder hakentritt
(cavaillé-coll)einsetzbare koppel bei orgeln ab ende des 19. jahrhunderts.
die hauptsaechliche abwechslung geschieht also durch die wechselnde
benutzung der beiden 8'-register der beiden manuale, die idealerweise
nicht von verschiedener dynamik, sondern verschiedener klangfarbe sind,
die verschiedenheit der klangfarbe entsteht durch die verschiedenen
anreisspunkte des kiels an der saite.

es steht ausser frage, dass das benutzen der zur verfuegung stehenden
ressourcen (sprich: der drei register, die man hatte) gewuenscht war und
betrieben wurde.
es muss aber doch stutzig machen,
dass in den drei hauptwerken ueber das cembalospiel vor 1750
1) thomas de sancta maria: "libro llamado arte de taner fantasia"
(valladolid 1565)
2) michel de saint-lambert: "les principes de clavecin" (paris 1702)
und insbesondere
3) francois couperin: "l'art de toucher le clavecin" (paris 1717)
wenig (de saint-lambert) bzw. garnicht (sancta maria, couperin) von den
registern, dafuer aber umso mehr vom erzielen des ausdrucks durch die
richtige art der artikulation und durch jeu inegal die rede ist.

in diesem zusammenhang ist es ratsam, mal selber cembalo zu spielen, dann
faellt dir sofort auf, dass die rhetorische qualitaet deines spiels
primaer davon abhaengt, wie du die tasten drueckst.
>
pedalcembali wurden benutzt, um orgelueben zu koennen, ohne einen
kalkanten bemuehen zu muessen; ausserdem war es in der kirche auch zu kalt
zum ueben, kirchen wurden nicht geheizt (deshalb haben die historischen
orgeln ja auch so lange gehalten ;-)
das fuer das pedalcembalo noetige zusaetzliche register kann wohl kaum als
beleg fuer groesseren abwechslungsreichtum dienen.

hoertip:
jon laukvik.
scott ross
wanda landowska (ja!)

gruss
werner
>


Manfred Hößl

unread,
Mar 25, 2001, 5:37:53 AM3/25/01
to
>
>Immerhin erwarten Bachs Goldbergvariationen das Spiel auf zwei Manualen.
>Und ich denke, dass dies von Bach keine bloße Effekthascherei war. Wieviele
>Züge und Register die Cembali Bachs hatten - hatte er nicht sogar ein
>Pedalcembalo? - und ob und wie intensiv er sie genutzt hat ist mir nicht
>bekannt. Aber ich nehme an, es gibt hier in der Gruppe auch Leute, die
>darüber näher Auskunft geben können.
Ist ja schon geschehen, Werner hat das aus gesprochen detailliert getan. Daher
nur mal kurz zusammengefaßt: Registerwechsel ist nicht das, was beim Cembalo im
Vordergrund steht. Die Farbe muß viel mehr vom Spiel her kommen, Artikulation,
Agogik, Jeu Inegal.
Wenn jemand trotzdem mit viel Registerwechsel arbeitet ist das so ähnlich wie das
Spiel auf dem Klavier: wenn es seinem Geschmack entspricht, soll er, aber es
entspricht sicher nicht dem historisch gegebenen, und man sollte sicher niemand
einen Vorwurf daraus machen, wenn er die Musik in ihrem historisch richtigen
Geand spielt.

ReinhardSudholz

unread,
Mar 25, 2001, 7:43:38 AM3/25/01
to
Hallo,
die Klavierfassungen sind m.E. vorzuziehen.
Führende Interpretionen (Geschmackssache):
1) die Alten: Richter - streng klassisch, fast etwas
monoton
Gould - exzentrisch, lebhaft,
eigentlich ein Muß
Edwin Fischer - romantisierend
Gulda - etwas nervig wegen der
übermäßigen Verzierungen
2) die Jungen: Angela Hewitt - souveränes
modernes Bach-Spiel
Viel Freude beim Aussuchen und Hören!
Gruß, Reinhard.

Arno Schuh

unread,
Mar 25, 2001, 2:41:38 PM3/25/01
to

"Werner Lamm" <wl...@iworld.de> schrieb

>
> in diesem zusammenhang ist es ratsam, mal selber cembalo zu spielen, dann
> faellt dir sofort auf, dass die rhetorische qualitaet deines spiels
> primaer davon abhaengt, wie du die tasten drueckst.

Uff, auf eine solche Diskussion lasse ich mich lieber nicht ein. Ich bin da
kein Spezialist. Als ehemaliger Klavierstimmer kann ich aber so viel sagen:
Ich habe auch verschienen Cembali und Spinetts gespielt und kenne sehr wohl
den Unterschied zum Klavier. Ich hoffe, du wolltest mir mit obigem nicht
erzählen, man könne durch den Anschlag significant Klangfarbe oder Dynamik
des Cembalotons beeinflussen.

...


> hoertip:
> jon laukvik.
> scott ross
> wanda landowska (ja!)

Wanda Landowska jetzt als Empfehlung? Das wundert mich nach deinen vorigen
Statements nun aber doch. Wenn ein Name für großes Cembalo mit vielen
Registern (Sonderkonstruktion mit Eisenrahmen verstärkt), für eine
Interpretin mit großer Registrierfreude und Sinn für Klangmalerei auf
diesem Instrument und - nach heutigen Maßstäben - fern einer "authentischen
Bachinterpretation" steht, dann doch Wanda Landowska. Kirkpatrick hat viel
bei ihr gelernt.´scnr.

Schöne grüße

Arno

Werner Lamm

unread,
Mar 25, 2001, 7:07:37 PM3/25/01
to

>"Werner Lamm" <wl...@iworld.de> schrieb
>>
>> in diesem zusammenhang ist es ratsam, mal selber cembalo zu spielen,
>dann
>> faellt dir sofort auf, dass die rhetorische qualitaet deines spiels
>> primaer davon abhaengt, wie du die tasten drueckst.
arno....@t-online.de schreibt:

>
>Uff, auf eine solche Diskussion lasse ich mich lieber nicht ein. Ich bin
>da
>kein Spezialist. Als ehemaliger Klavierstimmer kann ich aber so viel
>sagen:
>Ich habe auch verschienen Cembali und Spinetts gespielt und kenne sehr
>wohl
>den Unterschied zum Klavier.

:-)

>Ich hoffe, du wolltest mir mit obigem nicht
>erzählen, man könne durch den Anschlag significant Klangfarbe oder Dynamik
>des Cembalotons beeinflussen.

oh nein, ich wollte eher von der rhetorischen qualitaet des spiels
sprechen! (s.o.)
sie ist von mehreren faktoren abhaengig, unter anderem der art und weise,
wie du die tasten herunterdrueckst (sehr schoen auch bei cpe bach
beschrieben), ferner, wie du die tasten wieder loslaesst, dann,wie du bei
n verschiedenen tasten beides miteinander abwechselst und schliesslich,
wie gesanglich du spielst.

ich denke, dass man, um dem wesen des musikalischen ausdrucks der zeit vor
1750 naeherzukommen, als ausuebender einen kardinalfehler nie machen
sollte:
auf dem zeitstrahl rueckwaerts zu gehen und das musikalische barock durch
die brille der nach ihm erfolgten epochen zu betrachten und damit
unwillkuerliche vergleiche zu ziehen, was naemlich erwartungen an die
kunstprodukte der epoche stellt, die diese weder erfuellen konnten noch
wollten.
man sollte vielmehr in die renaissance springen, schauen, was es dort gab
und dann die entwicklung zum barock und schliesslich rokoko mitvollziehen,
und man wird feststellen muessen, dass es um dynamische abwechslung
primaer nicht ging, sondern um sprechenden ausdruck.

natuerlich will ich nicht bestreiten, dass diese tatsache den musikern der
zeit zusehends als ein mangel erschien, weshalb ja dann christofori und
silbermann hammerklaviere bauten, und weshalb spaeter dann in mannheim
phaenomene wie orchestercrescendo, walze und rakete populaer wurden.

weitere literatur:

lohmann, ludger:
"die artikulation in der musik fuer tasteninstrumente des 17. u. 18.
Jahrhunderts"
bosse, regensburg 1983

cpe bach:
"versuch ueber die wahre art, das clavier zu spielen"
berlin 1753

scott, howard:
"playing the harpsichord"
faber, london 1971

harnoncourt, nikolaus
"der musikalische dialog"
dtv-baerenreiter


gruss
werner

Werner Lamm

unread,
Mar 26, 2001, 9:20:39 AM3/26/01
to
arno....@t-online.de schreibt:

>Wanda Landowska jetzt als Empfehlung? Das wundert mich nach deinen vorigen
>Statements nun aber doch.

aber sicher. immer mehrgleisig denken!
das instrument ist eine katastrophe, aber gespielt hat sie wunderschoen,
trotz der registriermacken.

gruss
w.

Manfred Hößl

unread,
Mar 26, 2001, 12:14:59 PM3/26/01
to
>ich denke, dass man, um dem wesen des musikalischen ausdrucks der zeit vor
>1750 naeherzukommen, als ausuebender einen kardinalfehler nie machen
>sollte:
>auf dem zeitstrahl rueckwaerts zu gehen und das musikalische barock durch
>die brille der nach ihm erfolgten epochen zu betrachten und damit
>unwillkuerliche vergleiche zu ziehen, was naemlich erwartungen an die
>kunstprodukte der epoche stellt, die diese weder erfuellen konnten noch
>wollten.
Interessanter Ansatz.
Ein Problem ist bei den Studien von CPE und anderen auch, daß man Begriffe aus
dem heutigen Verständnis heraus interpretiert, berühmtes Beispiel ist die
Aussage, dasß der Anschlag nicht zu klebrig und nicht zu löchrig sein soll.
Daraus wurde früher sofort auf ein legato geschlossen. Es sind oft Urteile aus
dem Zeitgeschmack heraus, die dann aus einem anderen Interpretiert werden.
Was auch ganz spannend ist, wenn man Quanz unter dem Gesichtspunkt liest, was er
glaubt, seinen Musikerkollegen ins Stammbuch zu schreiben müssen, das wirft ein
nicht ganz schmeichelhaftes Licht auf die Qualität der damaligen Musiker.

>weshalb ja dann christofori und
silbermann hammerklaviere bauten,


Wobei man natürlich nicht in den beliebten Fehler verfallen darf zu glauben,
ihnen hätten schon Instrumente in der Art heutiger Flügel vorgeschwebt.

Werner Lamm

unread,
Mar 26, 2001, 7:39:20 PM3/26/01
to
manfre...@web.de schreibt:

>Was auch ganz spannend ist, wenn man Quanz unter dem Gesichtspunkt liest,
>was er
>glaubt, seinen Musikerkollegen ins Stammbuch zu schreiben müssen, das
>wirft ein
>nicht ganz schmeichelhaftes Licht auf die Qualität der damaligen Musiker.

oh ja!
besonders die passage ueber die bratscher:

"Des XVII. Hauptstuecks
III.Abschnitt.
Von dem Bratschisten insbesondere.
1. §
Die Bratsche wird in der Musik mehrentheils fuer etwas geringes angesehen.
Die Ursache mag wohl diese seyn, weil dieselbe oefters von solchen
Personen gespielet wird, die entweder noch Anfaenger in der Musik sind;
oder die keine Gaben haben, sich auf der Violine hervor zu thun..."


wunderbar ;-)


w.

Werner Lamm

unread,
Mar 26, 2001, 7:43:12 PM3/26/01
to
manfre...@web.de schreibt:

>Wobei man natürlich nicht in den beliebten Fehler verfallen darf zu
>glauben,
>ihnen hätten schon Instrumente in der Art heutiger Flügel vorgeschwebt.

aber nein! diesen fehler wirst du mir nach meinen von dir selbst zitierten
ausfuehrungen doch bitte nicht zutrauen.
aber es hat, zumindest weiss ich das von silbermann, ihnen explizit
vorgeschwebt, mit ein und derselben taste forte und piano spielen zu
koennen, um so den von arno vermissten dynamischen aspekt prompter
ausdrucksfaehig zu machen.
die instrumente um 1715 hiessen denn auch "clavicembalo forte e piano"

werner

Arno Schuh

unread,
Mar 27, 2001, 3:43:55 AM3/27/01
to
"Werner Lamm" <wl...@iworld.de> schrieb
...
> aber es hat, zumindest weiss ich das von silbermann, ihnen explizit
> vorgeschwebt, mit ein und derselben taste forte und piano spielen zu
> koennen, um so den von arno vermissten dynamischen aspekt prompter
> ausdrucksfaehig zu machen.
> die instrumente um 1715 hiessen denn auch "clavicembalo forte e piano"

Nun ja, mit dem Clavichord hatte man zu Bachs Zeiten natürlich bereits ein
Tasteninstrument, auf dem sich dynamische abstufungen hervorragend
darstellen ließen; wenn auch natürlich nicht in der Lautstärke des modernen
Konzertflügels. Nichts desto trotz war ein stufenloses Spiel, also ein
Crescendo, vom Pianissimo bis Fortissimo möglich, das, aufgrund der
Arbeitsweise des Instruments, noch eine eindringlichere, dramatische
Komponente bekam. Von anderen, ebenfalls auf die Arbeitsweise des
Instruments zurückzuführenden besonderen gestalterischen Möglichkeiten
einmal ganz abgesehen. Das einzige, was dem Instrument fehlte war das
nötige Volumen.

Schöne Grüße

Arno


Manfred Hößl

unread,
Mar 27, 2001, 6:32:23 AM3/27/01
to
>
>aber nein! diesen fehler wirst du mir nach meinen von dir selbst zitierten
>ausfuehrungen doch bitte nicht zutrauen.
Nein den Fehler mit den Klavieren hätte ich dir gewiß nicht zugtraut. Aber ich
wollte darauf hinweisen, da selbst heutzutage noch so argumentiert wird, als
hätte Bach nur darauf gewartet, daß Silbermann entlich den Steinway Flügel fertig
bringt.
Was gefragt war, war ein - salopp gesagt - anschlagdynamisches Cembalo.

Manfred Hößl

unread,
Mar 27, 2001, 6:35:55 AM3/27/01
to
>oh ja!
>besonders die passage ueber die bratscher:
>
>"Des XVII. Hauptstuecks
>III.Abschnitt.
>Von dem Bratschisten insbesondere.
>1. §
>Die Bratsche wird in der Musik mehrentheils fuer etwas geringes angesehen.
>Die Ursache mag wohl diese seyn, weil dieselbe oefters von solchen
>Personen gespielet wird, die entweder noch Anfaenger in der Musik sind;
>oder die keine Gaben haben, sich auf der Violine hervor zu thun..."
>
>
Da kennen wir endlich den Stammvater der Bratscherwitze.
Ich denke da auch an solche Dinge wie den Hinweis an Geigensolisten, daß sie in
höheren Lagen die Finger enger setzen müßen.
Und die italienischen Geiger, die wie die mondsüchtigen immer höher auf dem
Griffbrett klettern... lol

Manfred Hößl

unread,
Mar 27, 2001, 6:38:56 AM3/27/01
to
>Nun ja, mit dem Clavichord hatte man zu Bachs Zeiten natürlich bereits ein
>Tasteninstrument, auf dem sich dynamische abstufungen hervorragend
>darstellen ließen; wenn auch natürlich nicht in der Lautstärke des modernen
>Konzertflügels. Nichts desto trotz war ein stufenloses Spiel, also ein
>Crescendo, vom Pianissimo bis Fortissimo möglich, das, aufgrund der
>Arbeitsweise des Instruments, noch eine eindringlichere, dramatische
>Komponente bekam. Von anderen, ebenfalls auf die Arbeitsweise des
>Instruments zurückzuführenden besonderen gestalterischen Möglichkeiten
>einmal ganz abgesehen. Das einzige, was dem Instrument fehlte war das
>nötige Volumen.
>
Genau. Und was zunächst gesucht wurde, war eine Synthese aus Clavichord und
Cembalo. So ähnlich klangen ja dann auch die ersten Pianofortes.

Werner Lamm

unread,
Mar 27, 2001, 6:43:49 AM3/27/01
to
arno....@t-online.de schreibt:

>Nun ja, mit dem Clavichord hatte man zu Bachs Zeiten natürlich bereits ein
>Tasteninstrument, auf dem sich dynamische abstufungen hervorragend
>darstellen ließen; wenn auch natürlich nicht in der Lautstärke des
>modernen
>Konzertflügels. Nichts desto trotz war ein stufenloses Spiel, also ein
>Crescendo, vom Pianissimo bis Fortissimo möglich, das, aufgrund der
>Arbeitsweise des Instruments, noch eine eindringlichere, dramatische
>Komponente bekam. Von anderen, ebenfalls auf die Arbeitsweise des
>Instruments zurückzuführenden besonderen gestalterischen Möglichkeiten
>einmal ganz abgesehen. Das einzige, was dem Instrument fehlte war das
>nötige Volumen.

ja, und das machte kammermusik mit dem clavichord unmoeglich. daher hielt
man nach etwas anderem ausschau.

w.

Werner Lamm

unread,
Mar 27, 2001, 6:50:49 AM3/27/01
to
manfre...@web.de schreibt:

>Da kennen wir endlich den Stammvater der Bratscherwitze.

1752!

quantz schreibt weiter:

17.§
"Was uebrigens vom Bogenstriche, vom stossen und schleiffen der Noten,
(....) u.s.w. im vorigen, und im letzten Abschnitte vorkoemmt, kann sich
der Bratschist (...) zu Nutzen machen, nicht allein, weil ihm solches
alles zu wissen noethig ist; sondern auch, weil ich vermuthe, dass er
nicht immer werde Bratschist verbleiben wollen."

da ist dann also auch schon der grund fuer das konzept des unterschiedes
zwischen "bratschern" und "edelbratschern" gelegt...

w.

Christian Panse

unread,
Mar 27, 2001, 7:47:39 AM3/27/01
to
Walter Gallauner schrieb:

> Ich möchte mir eine Einspielung von Bachs "Das Wohltemperierte
> Clavier" zulegen.
> Die Fragen sind:
> 1. Cembalo oder Klavier ?

Hauptsache, das verwendete Instrument ist auch wohltemperiert und nicht etwa modern-gleichstufig gestimmt. Klar, auch so sind es tolle Stücke, aber wie tief Bach der Harmonik nachspürt, sie einsetzt und auskostet, läßt sich nur mit einer "originalen" Stimmung erleben. Ich wüßte nicht, daß das schon mal jemand auf einem Flügel gemacht hat... Wenn jemand einen solchen Fall kennt, wäre ich interessiert, davon zu erfahren. Ich begreife jedenfalls nicht, wie man als Interpret oder Hörer freiwillig auf diesen wichtigsten Aspekt (steht schließlich sogar im Werktitel!) verzichten wollen könnte.

Gruß,
Christian

--
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Helene Brandstaetter

unread,
Mar 27, 2001, 10:13:18 AM3/27/01
to

> die Klavierfassungen sind m.E. vorzuziehen.
> Führende Interpretionen (Geschmackssache):
> 1) die Alten: Richter - streng klassisch, fast etwas
> monoton
> Gould - exzentrisch, lebhaft,
> eigentlich ein Muß
> Edwin Fischer - romantisierend
> Gulda - etwas nervig wegen der
> übermäßigen Verzierungen
> 2) die Jungen: Angela Hewitt - souveränes
> modernes Bach-Spiel

Hallo,
kennt eigentlich niemand die Einspielung von Keith Jarrett? Mich würden
andere Meinungen sehr interessieren. Ich kann nur sagen, dass sie mir
gefällt - aber ich bin kein Experte.

Gruss Helene


Florian Weimer

unread,
Mar 27, 2001, 10:23:30 AM3/27/01
to
ze...@megatel.de (Christian Panse) writes:

> Hauptsache, das verwendete Instrument ist auch wohltemperiert und
> nicht etwa modern-gleichstufig gestimmt. Klar, auch so sind es tolle
> Stücke, aber wie tief Bach der Harmonik nachspürt, sie einsetzt und
> auskostet, läßt sich nur mit einer "originalen" Stimmung erleben.

Gibt es eigentlich eine verläßliche Quelle dafür, wie viele Cents die
wohltemperierten Stimmung neben der gleichschwebenden (so heißt das
doch?) liegt?

Das, was ich zu 'Werkmeister' im Web fand, widerspricht sich leider
dem, was meinem (digitalen) Instrument mit auf den Weg gegeben wurde.

Manfred Hößl

unread,
Mar 27, 2001, 11:21:44 AM3/27/01
to
>Gibt es eigentlich eine verläßliche Quelle dafür, wie viele Cents die
>wohltemperierten Stimmung neben der gleichschwebenden (so heißt das
>doch?) liegt?
>
>Das, was ich zu 'Werkmeister' im Web fand, widerspricht sich leider
>dem, was meinem (digitalen) Instrument mit auf den Weg gegeben wurde.
"Die wohltemperierte Stimmung" gibt es nicht, sondern verschiedene
Stimmtechniken, die zu verschiedenen Ergebnissen führen. Wermeister ist für Bach
ohnehin uninteressant, da sind eher die Kirnberger Stimmungen aktuell, speziell
Kirnberger 3.

Manfred Hößl

unread,
Mar 27, 2001, 11:34:00 AM3/27/01
to
>
>17.§
>"Was uebrigens vom Bogenstriche, vom stossen und schleiffen der Noten,
>(....) u.s.w. im vorigen, und im letzten Abschnitte vorkoemmt, kann sich
>der Bratschist (...) zu Nutzen machen, nicht allein, weil ihm solches
>alles zu wissen noethig ist; sondern auch, weil ich vermuthe, dass er
>nicht immer werde Bratschist verbleiben wollen."
>
Ich seh schon, du hast mich überzeugt, mal wieder die Staubschicht von meinem
Quantz zu entfernen.
NB: Kennst du Burneys Reisetagebuch, ist auch recht nett zu lesen.

Florian Weimer

unread,
Mar 27, 2001, 12:10:45 PM3/27/01
to
"Manfred Hößl" <manfre...@web.de> writes:

> >Gibt es eigentlich eine verläßliche Quelle dafür, wie viele Cents die
> >wohltemperierten Stimmung neben der gleichschwebenden (so heißt das
> >doch?) liegt?
> >
> >Das, was ich zu 'Werkmeister' im Web fand, widerspricht sich leider
> >dem, was meinem (digitalen) Instrument mit auf den Weg gegeben wurde.

> "Die wohltemperierte Stimmung" gibt es nicht, sondern verschiedene
> Stimmtechniken, die zu verschiedenen Ergebnissen führen. Wermeister
> ist für Bach ohnehin uninteressant, da sind eher die Kirnberger
> Stimmungen aktuell, speziell Kirnberger 3.

'aktuell'? Ist das etwa Moden unterworfen?

Und wie weicht das System Kirnberger 3 vom System Mathematiker
1.05946... ab?

Manfred Hößl

unread,
Mar 27, 2001, 12:54:12 PM3/27/01
to
>17.§
>"Was uebrigens vom Bogenstriche, vom stossen und schleiffen der Noten,
>(....) u.s.w. im vorigen, und im letzten Abschnitte vorkoemmt, kann sich
>der Bratschist (...) zu Nutzen machen, nicht allein, weil ihm solches
>alles zu wissen noethig ist; sondern auch, weil ich vermuthe, dass er
>nicht immer werde Bratschist verbleiben wollen."
>
So jetzt habe ich dich.
Daß er im 5.§ schreibt, daß es Beispiele gibt, daß welche, die in ihrer Jugend
Bratschisten waren es durch Fleiß es noch zu Großem gebracht haben - davon
schreibst du nichts.
Immer nur das negative, typisch für unsere Zeit.
Grummel, grummel...

Manfred Hößl

unread,
Mar 27, 2001, 1:04:05 PM3/27/01
to

>> "Die wohltemperierte Stimmung" gibt es nicht, sondern verschiedene
>> Stimmtechniken, die zu verschiedenen Ergebnissen führen. Wermeister
>> ist für Bach ohnehin uninteressant, da sind eher die Kirnberger
>> Stimmungen aktuell, speziell Kirnberger 3.
>
>'aktuell'? Ist das etwa Moden unterworfen?
>
>Und wie weicht das System Kirnberger 3 vom System..
Also Details mußt du dir woanders suchen.
Im Grund geht es darum, daß man ein Klavier nicht sauber stimmen kann. Du kannst
C-Dur optimal stimmen, dann ist z.B. H-Dur grauenhaft.
Du kannst den Fehler absolut gleichmäßig verteilen, dann ist jede Tonart gleich
falsch/richtig. Das ist gleichschwebend.
Und du kannst Kompromisse machen.
Werkmeister ist noch in Richtung Mitteltönig, es wir in Kauf genommen, daß
etliche Tonarten noch nicht nicht zu gebrauchen sind, dafür sind die
Gebräuchlichen (wenig Vorzeichen) reiner.
Wohltemperiert im Sinne Bachs (Kirnberger) geht weiter und macht auch entferntere
Tonarten spielbar. Allerdings mit deutlich mehr Unsauberkeiten. Man geht aber
davon aus, daß diese deutlichen Unterschiede von Bach auch bewußt als Farbeffekte
genutzt wurden.
Übrigend wird auch die Stimmung bei heutigen Flügel bei Konzerten für die jeweils
gebrauchten Tonarten optimiert.

Arno Schuh

unread,
Mar 27, 2001, 1:56:22 PM3/27/01
to
Hallo Helene,

"Helene Brandstaetter" <Helene.Bra...@t-online.de> schrieb
...


> kennt eigentlich niemand die Einspielung von Keith Jarrett? Mich würden
> andere Meinungen sehr interessieren. Ich kann nur sagen, dass sie mir
> gefällt - aber ich bin kein Experte.

Bin ich auch nicht. Ich war von der Aufnahme jedoch eher enttäuscht. Das
lag aber wohl in erster Linie daran, dass ich die Aufnahme in der falschen
Erwartung kaufte, hier von einem Jazzmusiker etwas Besonderes geboten zu
bekommen; wenngleich keinen "Play-Bach-Ersatz", so doch eine etwas
unakademischere Interpretation. Wer sich das erhofft wird bitter
enttäuscht. Die Aufnahme ist absolut nüchtern, mir zu nüchtern, und lässt
zu keinem Zeitpunkt erahnen, dass da ein Jazzmusiker am Werke ist. Das ist,
wie gesagt, wahrscheinlich meinem Schubladendenken zuzuschreiben, dass ich
erwarte, dass ein Jazzmusiker, wenn er Klassik spielt, sich gewisse
Freiheiten heraus nimmt, die man imho. einem Jazzmusiker eher bereit ist
"zu verzeihen", und nicht so seine Wurzeln verleugnet. Das gilt übrigens
nicht nur für s eine Aufnahme des WTK sondern auch für seine anderen
Klassikaufnahmen; zumindest die, die mir bekannt sind.

Schöne Grüße

Arno


Werner Lamm

unread,
Mar 27, 2001, 4:30:00 PM3/27/01
to
manfre...@web.de schreibt:

>Immer nur das negative, typisch für unsere Zeit.
>Grummel, grummel...

:-)

hast du den 5. abschnitt ueber die kontrabassisten gelesen?:

"Mit dem grossen Violon geht es, wie mit der Bratsche." ...

w.


Werner Lamm

unread,
Mar 27, 2001, 4:38:53 PM3/27/01
to
manfre...@web.de schreibt:

>Und du kannst Kompromisse machen.
>Werkmeister ist noch in Richtung Mitteltönig, es wir in Kauf genommen,
>daß
>etliche Tonarten noch nicht nicht zu gebrauchen sind, dafür sind die
>Gebräuchlichen (wenig Vorzeichen) reiner.
>Wohltemperiert im Sinne Bachs (Kirnberger) geht weiter und macht auch
>entferntere
>Tonarten spielbar.

diese definition ist etwas ungenau.
kirnberger III ist sogar noch mitteltoeniger als werckmeister, allerdings
verteilt kirnberger innerhalb des qintzyklus zwei im wesentlichen
mitteltoenige, weil terzreinere zentren um C und E

> Allerdings mit deutlich mehr Unsauberkeiten.

stimmt auch nur bedingt.
der wesentliche unterschied zwischen kirnberger und werckmeister ist der,
dass werckmeister reinere quinten und weniger reine terzen stimmt und
kirnberger II reinere terzen und weniger reine quinten.
in seiner dritten temperatur vermischt kirnberger nun beide prinzipien und
stimmt in den zentraleren weissen tonarten C, D, G, a, d, e reinere terzen
und um je 1/5 syntonisches komma reduzierte und damit relativ zu den
terzen unreinere quinten;
in den entfernteren tonarten reine quinten und weniger reine terzen

gruss

werner

Helene Brandstaetter

unread,
Mar 28, 2001, 2:37:21 AM3/28/01
to
Hallo Arno,

> Ich war von der Aufnahme jedoch eher enttäuscht. Das
> lag aber wohl in erster Linie daran, dass ich die Aufnahme in der falschen
> Erwartung kaufte, hier von einem Jazzmusiker etwas Besonderes geboten zu

> bekommen; ...

ich war von der Aufnahme nicht enttäuscht, da ich Teile daraus gehört hatte
und sie mir deshalb kaufte.

> Die Aufnahme ist absolut nüchtern, mir zu nüchtern, ....

Wie unterschiedlich doch die "Geschmäcker" sind: ich ziehe halt nüchterne,
sachliche Aufnahmen vor. Aber wie langweilig wäre die Welt, wenn jeder
gleich dächte!

>Das gilt übrigens nicht nur für s eine Aufnahme des WTK sondern auch für
seine anderen

> Klassikaufnahmen; ....

Ich sollte mir wohl noch andere Aufnahmen von ihm anhören;-)

Liebe Grüsse
Helene


Manfred Hößl

unread,
Mar 28, 2001, 4:20:59 AM3/28/01
to
wl...@iworld.de (Werner Lamm) wrote:
>>Wohltemperiert im Sinne Bachs (Kirnberger) geht weiter und macht auch
>>entferntere
>>Tonarten spielbar.
>
>diese definition ist etwas ungenau.
>kirnberger III ist sogar noch mitteltoeniger als werckmeister, allerdings
>verteilt kirnberger innerhalb des qintzyklus zwei im wesentlichen
>mitteltoenige, weil terzreinere zentren um C und E
>der wesentliche unterschied zwischen kirnberger und werckmeister ist der,
>dass werckmeister reinere quinten und weniger reine terzen stimmt und
>kirnberger II reinere terzen und weniger reine quinten.
>in seiner dritten temperatur vermischt kirnberger nun beide prinzipien und
>stimmt in den zentraleren weissen tonarten C, D, G, a, d, e reinere terzen
>und um je 1/5 syntonisches komma reduzierte und damit relativ zu den
>terzen unreinere quinten;
>in den entfernteren tonarten reine quinten und weniger reine terzen
>
Du hast sicher recht, ich muß zugeben, daß ich die genauen Techniken auch nicht
so präsent habe. Ich wollte nur ungefähr die Grundprinzipien darstellen.
Gottseidank habe ich bei meiner Orgel noch keine Stimmung anlegen müssen.

Werner Lamm

unread,
Mar 28, 2001, 8:07:49 AM3/28/01
to
manfre...@web.de schreibt:

>Gottseidank habe ich bei meiner Orgel noch keine Stimmung anlegen müssen.
sei froh!

allerdings ist kirnberger III erstaunlich einfach herzustellen

der schwierigste teil besteht darin, das syntonische komma zu teilen.
also:

1) du stimmst auf beiden 8'-registern das C' gleich.
2) du stimmst auf dem 1. manual das E' rein (=nichtschwebend) zu besagtem
C'
3) auf dem 2. manual stimmst du reine quinten aufwaerts: C-G, G-D, D-A, A-E
4) das so ermittelte syntonische E vergleichst du hoerend mit dem reinen
E' des ersten manuals.
wenn du beide gleichzeitig anschlaegst, hoerst du das syntonische komma.

5) jetzt wirds ein bisschen empirisch (sprich: fummelkram):
stimme auf dem zweiten manual das E' auf rein herunter (=wie das E' auf
dem 1.man.)
6) spiele auf dem 2.man. die nun unreine, weil zu enge quinte A'-E' und
zaehle die Schwebungen pro sekunde.
7) stimme die toene A', D' und G' um ein weniges herunter, so dass die
quinten C-G, G-D, D-A und A-E alle auf gleiche weise zu eng sind und ein
bisschen schweben (und zwar 1/4 der geschwindigkeit, mit der das komma
E'-E' schwebt), und du mit der letzten quint A'-E' das reine E' erreichst.
8) stimme von C abwaerts in reinen quinten
9) stimme von E aufwaerts in reinen quinten
10) entscheide, ob du lieber "Gis" aufwaerts vom "Cis" erreichen willst
oder "As" von "Es" abwaerts (haengt ein bisschen von den tonarten des
jeweiligen konzert- oder uebprogramms ab)
BEIDE sind brauchbar und unterscheiden sich nur um 2 cent, glaub ich.

du erhaelst eine im kern mitteltoenige stimmung mit reinen und reineren
terzen und unreineren quinten im bereich um C-Dur und unreineren
("scharffen" wuerde werckmeister sagen) terzen und reinen quinten um
E-Dur und Es-Dur.

es sind alle tonarten spielbar, auch Gis, wenn du dich beim anlegen fuer
As entschieden hast.

gruss
werner

Werner Lamm

unread,
Mar 28, 2001, 9:47:29 AM3/28/01
to
Werner Lamm schreibt:

>7) stimme die toene A', D' und G' um ein weniges herunter, so dass die
>quinten C-G, G-D, D-A und A-E alle auf gleiche weise zu eng sind und ein
>bisschen schweben (und zwar 1/4 der geschwindigkeit, mit der das komma
>E'-E' schwebt),

tschuldige.
es muss heissen:
1/4 der geschwindigkeit, mit der die zu enge quint A-E schwebt

w.

Manfred Hößl

unread,
Mar 28, 2001, 3:07:40 PM3/28/01
to
wl...@iworld.de (Werner Lamm) wrote:


>hast du den 5. abschnitt ueber die kontrabassisten gelesen?:

Es ist der 1. Abschnitt.
Meine Lieblingsstelle ist aber X. 23.§ über das üben, wo er meint der Anfänger
solle schon so 4 Stunden am Tag üben, wenn man es erst mal kann, vor allem wenn
man schon etwas älter ist, ist viel üben eher schädlich und stumpft die Nerven ab.
Das mit dem Können trifft bei mir vielleicht nicht so, aber das etwas älter sei
trifft desto besser.
In manchen Dingen muß man Quantz bedingungslos folgen..

Werner Lamm

unread,
Mar 28, 2001, 5:17:31 PM3/28/01
to
manfre...@web.de schreibt:

>Es ist der 1. Abschnitt.
lieber, ich kann lesen.
ich meine "des siebzehnten hauptstuecks fuenfter abschnitt"
-von den contraviolonisten insbesondere.-
in der originalausgabe beginnend auf seite 218

gruss
w.

Werner Lamm

unread,
Mar 28, 2001, 5:20:06 PM3/28/01
to
manfre...@web.de schreibt:

>NB: Kennst du Burneys Reisetagebuch, ist auch recht nett zu lesen.

nee, her damit!
w.
;-)

Manfred Hößl

unread,
Mar 29, 2001, 5:28:44 AM3/29/01
to
wl...@iworld.de (Werner Lamm) wrote:
.
>lieber, ich kann lesen.
Glaube ich dir sogar.
Aber hier gehts um Zahlen, und da haben wir Musiker ja bekanntlich Probleme mit
Zahlen größer 4, von wegen unüblichen Taktarten und so :-)

Manfred Hößl

unread,
Mar 29, 2001, 6:39:10 AM3/29/01
to
Geht leider nicht, hab ich mal einer Bratschistin geliehen (stimmt wirklich)....

Werner Lamm

unread,
Mar 29, 2001, 7:57:19 AM3/29/01
to
manfre...@web.de schreibt:

>Geht leider nicht, hab ich mal einer Bratschistin geliehen (stimmt
>wirklich)....

*grin*

sag bitte mal genauen autor und titel, ich werd mir das mal besorgen

gruss
w.

Manfred Hößl

unread,
Mar 29, 2001, 10:42:32 AM3/29/01
to
wl...@iworld.de (Werner Lamm) wrote:
>sag bitte mal genauen autor und titel, ich werd mir das mal besorgen
>
Charles Burney, Tagebuch einer musikalischen Reise.
Der gute Mann ist ca 1760 etwa zwei Jahre durch Kontinental-Europa gereist und
hat überall versucht, die wichtigen Musiker zu treffen und zu hören. Ganz
nebenbei kommt er zum Ergebnis, daß die besten Italiener ohnehin schon in England
sind.
Und der deutsche Übersetzer meldet sofort seine Prodeste an, wenn Burney Kritik
an deutschen Musikern und Zuständen übt.
Von Burney stammt glaube ich auch die Geschichte, daß Scarlatti in seinen späten
Sonaten nicht mehr soviele Passagen mit übergreifenden Händen schrieb, weil er zu
dick geworden war, um sein um seinen Bauch herumzukommen..

Werner Lamm

unread,
Mar 29, 2001, 3:45:27 PM3/29/01
to
manfre...@web.de schreibt:

>Charles Burney, Tagebuch einer musikalischen Reise.

thx

w.

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