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Silikonpest

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Bernd

unread,
Dec 11, 2023, 5:03:06 AM12/11/23
to
Hi,

wie bekomme ich den Schmier, den alterndes Silikon(?) hinterlässt, weg?

Hier geht es um ein Plastikbauteil ('Radfelge') auf dem ein 'Reifen' aus
(vermutlich) Silikon aufgezogen war/ist.

Der 'Reifen' beginnt nun -nach Jahren- klebrig zu werden. Nach dem
Zerlegen des ganzen ist die komplette Baueinheit mit einer leicht
klebrigen Masse überzogen. Ich vermute das es das ist was ich schon mal
unter dem Begriff 'Silikonpest' gelesen habe.

Der 'Reifen' ist hin, das ist klar. Aber der Rest ist durchaus in einem
reparablen Zustand. Frage ist, wie ich den klebrigen Belag von den
Plastikteilen abbekomme ohne diese zu beschädigen.

Gibt es da hilfreiche Ideen?

Was löst Silikon, aber lässt das Plastik (verml. PVC) in Ruhe?


Bernd

Thomas Prufer

unread,
Dec 11, 2023, 6:02:48 AM12/11/23
to
On Mon, 11 Dec 2023 11:03:02 +0100, Bernd <bna...@web.de> wrote:

>Was löst Silikon, aber lässt das Plastik (verml. PVC) in Ruhe?

Eventuell Silikon- und Wachsentferner aus dem Autopflegebereich. Ist um den
Wachsfilm von Windschutzscheiben zu entfernen. Dem Plastikkram um die
Windschutzscheibe, und den Wischerblättern hat das bei mir nicht geschadet.


Thomas Prufer

Marte Schwarz

unread,
Dec 11, 2023, 9:44:39 AM12/11/23
to
Hallo Bernd,
> Hier geht es um ein Plastikbauteil ('Radfelge') auf dem ein 'Reifen' aus
> (vermutlich) Silikon aufgezogen war/ist.
>
> Der 'Reifen' beginnt nun -nach Jahren- klebrig zu werden. Nach dem
> Zerlegen des ganzen ist die komplette Baueinheit mit einer leicht
> klebrigen Masse überzogen. Ich vermute das es das ist was ich schon mal
> unter dem Begriff 'Silikonpest' gelesen habe.

ziemlich sicher nicht. Silikon wird ölig, nicht klebrig. Diese Seuche an
Klebrigkeit kommt in der Regel von TPU, was auch viel billiger zu
verarbeiten ist, als Silikon.

> Der 'Reifen' ist hin, das ist klar. Aber der Rest ist durchaus in einem
> reparablen Zustand. Frage ist, wie ich den klebrigen Belag von den
> Plastikteilen abbekomme ohne diese zu beschädigen.

Ich bin bisher bei meinen TPU-Leichen mit Radiergummis drangegangen. Es
gehen nicht alle, nur sehr weiche, die dann den Schmier in ihre
"Würstchen" einfangen.

> Was löst Silikon, aber lässt das Plastik (verml. PVC) in Ruhe?

Woher Deine Hoffnung auf PVC? Bei solchen Stritzgussteilen im Modellbau
wird auch gerne ABS verwendet.
Mit Aceton wäre ich also sehr zurückhaltend. Spiritus wurde schon mal
genannt.

Marte


Christian Schäufler

unread,
Dec 11, 2023, 4:18:16 PM12/11/23
to
Am 11.12.2023 um 11:33 schrieb Ludger Averborg:
> On Mon, 11 Dec 2023 11:03:02 +0100, Bernd <bna...@web.de> wrote:
>
>> wie bekomme ich den Schmier, den alterndes Silikon(?) hinterlässt, weg?
>
> Ich vermute, das ist kein Silikon sondern Gummi.
> Bei Gummi (z. B. Fahrradgriffe) hab ich das schon öfter erlebt, dass die
> anfangen zu kleben, bei Silikon noch nicht.
>
> Ich würde Brennspiritus versuchen. Auf jeden Fall tust du damit dem
PVC nichts
> an.
>
>> Gibt es da hilfreiche Ideen?
>>
> Ideen ja. Ob es geholfen weißt du hinterher.

Wenn aus Kunststoff der Weichmacher austritt, wird die Oberfläche
klebrig. In einem heise-Beitrag wird für diese Fälle Orangenölreiniger
empfohlen:
https://www.heise.de/news/Wie-man-klebrige-Kunststoff-Oberflaechen-reinigt-8975734.html

Grüße, Christian

Falk Dµebbert

unread,
Dec 11, 2023, 7:01:07 PM12/11/23
to
Christian Schäufler (c....@outlook.de);
> Wenn aus Kunststoff der Weichmacher austritt, wird die Oberfläche
> klebrig. In einem heise-Beitrag wird für diese Fälle Orangenölreiniger
> empfohlen:
> https://www.heise.de/news/Wie-man-klebrige-Kunststoff-Oberflaechen-reinigt-8975734.html

Orangenterpene gehören zu den Fischgiften und bislang gibt es kein
Verfahren, sie aus dem Abwasser zu bekommen.

https://echa.europa.eu/de/substance-
information/-/substanceinfo/100.025.284

Soft-Touch-Oberflächen, die zu Kleb-Touch-Oberflächen wurden bekommt man
mit Isopropanol und Papiertüchern glatt. Wer dann wieder Soft-Touch haben
will: Es gibt Liquid Rubber Spray.

Falk D.

Marte Schwarz

unread,
Dec 11, 2023, 8:00:24 PM12/11/23
to
Hi Falk,

> Orangenterpene gehören zu den Fischgiften und bislang gibt es kein
> Verfahren, sie aus dem Abwasser zu bekommen.

Spannend, zumal das ja einfach aus Orangenschalen destilliert wird und
die landen zu Tonnen im Meer.

> Soft-Touch-Oberflächen, die zu Kleb-Touch-Oberflächen wurden bekommt man
> mit Isopropanol und Papiertüchern glatt.

Das hatte bei mir definitiv nicht gefruchtet, ebensowenig, wie Spiritus.

Was ich gelegentlich versuche und oft hilft, sind ätherische Öle, wie
Teebaumöl, Minzöl und Eukalyptusöl. Die stehen bei uns immer irgendwo
herum und taugen hervorragend als Lösungsmittel für klebrige Reste von
allem möglichen.

Marte

Gregor Szaktilla

unread,
Dec 11, 2023, 10:47:04 PM12/11/23
to
Am 11.12.23 um 11:03 schrieb Bernd:
> Gibt es da hilfreiche Ideen?

Bei mir war es der gummierte Teil eines Foto-Objektivs, der seltsame
Auflösungserscheinungen zeigte. Da ich bezügl. der Behandlung ratlos war
und auch keine Zeit hatte, sofort aktiv zu werden, habe ich den Fotokram
wieder beiseite gestellt.
Als ich mich mit der Angelegenheit befassen wollte (nach
Tagen/Wochen/Monaten ...? Weiß ich nicht mehr), hatte sich die Sache
wieder „zurückgebildet“ - keine Spur von Klebrigkeit o.ä. Dabei hatten
sich die Umgebungsbedingungen am Ort nicht geändert. Das kam und ging
quasi wie ein Schnupfen, erst war's da, dann wieder weg.

Lass' es doch einfach eine Weile liegen :-)

Gruß

Gregor


--
Sehrsehr! Vielviel!

Jaja.

Bernd

unread,
Dec 12, 2023, 7:49:59 AM12/12/23
to
Am 11.12.23 um 11:03 schrieb Bernd:
(...)
> wie bekomme ich den Schmier, den alterndes Silikon(?) hinterlässt, weg?
(...)
Vielen Dank für die vielen Tipps hier.

In meinem Fall war es noch einfacher. Ich habe Seifenwasser genommen.
Das hat nach einiger Zeit gewirkt und nach klarspülen und Lufttrockung
scheinen die Teile klebefrei zu sein. Mal sehen wie lange ...

Bernd

Thomas Prufer

unread,
Dec 12, 2023, 11:08:16 AM12/12/23
to
On Tue, 12 Dec 2023 16:52:39 +0100, Andreas Oehler <andreas...@gmx.de>
wrote:

>Gibt es irgendwo einen Fach-Artikel, der die Hintergründe dieses
>massenhaften "Soft-Kunststoff-Oberflächen werden nach wenigen Jahren
>klebrig" mal solide erklärt? Es findet sich - wie hier auch - jede Menge
>Pfuscherei, aber keiner erklärt, was wirklich die Chemie und Physik
>dahinter ist und warum das Phänomen erst seit 10-20 Jahren auftritt.
>Klassisches Gummi hat das Problem ja nicht.
>
>Also: Wie sind die relevanten Kunststoffe genau zusammengesetzt? Welches
>Phänomen führt zu der klebrigen Oberfläche? Welche Einflußfaktoren (Öl,
>Handschweiß, Temperatur, UV-Licht, Ozon, Höhere Temperaturen) hat dieses
>Phänomen. Kann man durch gezielte Maßnahmen als Endverbraucher das
>Klebrigwerden von vornherein vermeiden oder herauszögern? Kann man es bei
>ersten Aneichen stoppen? Kann man die Symptome an der Wurzel behandeln?
>
>Gab/gibt es gleichartige Werkstoffe, die diese Probleme nicht aufweisen?
>Hat man eine Chance wie man diese als Laie erkennen kann?

AFAIK: Nein.

Denn die Soft-Finish-Pest ist auch ein Problem im Museumsbereich. Die sammeln ja
heute Geräte, die noch nicht richtig antik sind, aber so alt das man in etwa
absehen kann ob die mal "museal" werden könnten. Und bei einem GameBoy,
Tamagotchi, einer Maus usw. kann die Pest im Depot ein Problem werden. Und eine
Sammlungsleiterin im Deutschen Museum für Computer sagte das es eben ein
ungelöstes Problem ist...

Ich hab von Spiritus, über Talkumpuder, Orangenterpene, Waschbenzin, Aceton, ...
bis hin zu mechanisch abschaben schon alle möglichen Lösungen gehört. Läuft
zumeist auf passivieren (Talkumpuder) oder entfernen (schaben, Lösungsmittel)
raus.

Thomas Prufer

Falk Dµebbert

unread,
Dec 12, 2023, 5:01:01 PM12/12/23
to
Andreas Oehler (andreas...@gmx.de);
>
> Tue, 12 Dec 2023 02:00:21 +0100, Marte Schwarz:
>
> >> Soft-Touch-Oberflächen, die zu Kleb-Touch-Oberflächen wurden bekommt man
> >> mit Isopropanol und Papiertüchern glatt.
> >
> >Das hatte bei mir definitiv nicht gefruchtet, ebensowenig, wie Spiritus.
> >
> >Was ich gelegentlich versuche und oft hilft, sind ätherische Öle, wie
> >Teebaumöl, Minzöl und Eukalyptusöl. Die stehen bei uns immer irgendwo
> >herum und taugen hervorragend als Lösungsmittel für klebrige Reste von
> >allem möglichen.
>
> Gibt es irgendwo einen Fach-Artikel, der die Hintergründe dieses
> massenhaften "Soft-Kunststoff-Oberflächen werden nach wenigen Jahren
> klebrig" mal solide erklärt?

https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC8747559/ Ist mehr eine
Übersichtsarbeit.

Google dürfte unter Sticky-Rubber-Syndrome noch mehr liefern. In der
Tendenz:

Die Soft-Touch-Beschichtungen sind Polyester- oder Polyether-basierte
Polyurethan-Lacke, die in Zwei-Komponenten-Systemen aus Isocyanat und
einem Polyol aufgebracht werden. Dabei wird die Cross-Polymerisierung
bewusst unvollständig belassen, so dass ein Pseudo-Elastomer verbleibt.

Durch Luftfeuchtigkeit oder UV-Licht dringt entweder Wasser in das
Material ein und verusacht eine Hydrolyse oder es findet UV-Zerfall statt,
bei dem das Polyurethan unter Verlust der Kohäsion in Monomere und
organische Säuren zerfällt. Letztere beschleunigen den Vorgang.

> Es findet sich - wie hier auch - jede Menge
> Pfuscherei, aber keiner erklärt, was wirklich die Chemie und Physik
> dahinter ist und warum das Phänomen erst seit 10-20 Jahren auftritt.
> Klassisches Gummi hat das Problem ja nicht.

"Richtiges" TPU auch nicht, da auspolymerisiert und nicht (in dem Maße)
hygroskopisch.

> Also: Wie sind die relevanten Kunststoffe genau zusammengesetzt? Welches
> Phänomen führt zu der klebrigen Oberfläche? Welche Einflußfaktoren (Öl,
> Handschweiß, Temperatur, UV-Licht, Ozon, Höhere Temperaturen) hat dieses
> Phänomen. Kann man durch gezielte Maßnahmen als Endverbraucher das
> Klebrigwerden von vornherein vermeiden oder herauszögern?

Trocken und Dunkel lagern.
Museen nutzen UV-dichte Vitrinen, Kältetrockner und Klarlacke. Das
Smithsonian Objects Conservation Lab hat da recht gute Manuals zu.

> Kann man es bei
> ersten Aneichen stoppen? Kann man die Symptome an der Wurzel behandeln?

Man könnte den pH erhöhen, aber wenn man es merkt... Das ist wie mit dem
Bergsteiger und den schwarzen Zehen; sobald man es sieht bleibt nur die
Amputation.

> Gab/gibt es gleichartige Werkstoffe, die diese Probleme nicht aufweisen?
> Hat man eine Chance wie man diese als Laie erkennen kann?

Alle Soft-Touch-Oberflächen, die durch Eintauchen oder Aufsprühen
aufgebracht werden, sind betroffen.

Falk D.

Falk Dµebbert

unread,
Dec 15, 2023, 4:58:46 AM12/15/23
to
Andreas Oehler (andreas...@gmx.de);
>
> >Die Soft-Touch-Beschichtungen sind Polyester- oder Polyether-basierte
> >Polyurethan-Lacke, die in Zwei-Komponenten-Systemen aus Isocyanat und
> >einem Polyol aufgebracht werden. Dabei wird die Cross-Polymerisierung
> >bewusst unvollständig belassen, so dass ein Pseudo-Elastomer verbleibt.
>
> Ich kenne das Problem eher von massiven Weich-Kunststoff-Bauteilen, nicht
> von "Beschichtungen". Sowohl Fahrrad-Griffe, soften Griff-Bauteilen an
> Akkuschraubern, soften Griff-Bauteilen an Schraubendrehern oder
> Soft-Tasten von Fernbedienungen. Also in erster Linie Bauteile, die
> längere Zeit mit Handschweiß und Hautfett in Kontakt sind.

Gleicher bis ähnlicher Mechanismus. Wasser/Luftfeuchtigkeit reicht bereits
aus. Die Hände sorgen nur für mechanische Einarbeitung.

Aber bei den Gummi-Ersatzstoffen sollte es besser werden, weil die REACH-
Verordnung Isocyanat-Einsatz mit etwas Aufwand seitens der
Inverkehrbringer verbindet. Daher wird man auf einfacher zu importierende
Polymere ausweichen.

> >Durch Luftfeuchtigkeit oder UV-Licht dringt entweder Wasser in das
> >Material ein und verusacht eine Hydrolyse oder es findet UV-Zerfall statt,
>
> UV-Licht und Wasser mögen bei Fahrrad-Griffen ein Problem sein.
> Akkuscharuber und Schraubendreher und Fernbedienungen werden aber auch
> klebrig, wenn Sie nie die Werkstatt verlassen haben.
>
> >bei dem das Polyurethan unter Verlust der Kohäsion in Monomere und
> >organische Säuren zerfällt. Letztere beschleunigen den Vorgang.
>
> Ich hätte Handschweiß (Säure?) und Fett als begünstigend oder gar
> auslösend vermutet.

Schweiß hat Haut-pH, die Azidität reicht bei weitem nicht.
Humanes Hautfett ist nicht so interessant bei Kunststoffen.

> >"Richtiges" TPU auch nicht, da auspolymerisiert und nicht (in dem Maße)
> >hygroskopisch.
>
> Bei TPU will man ja bisweilen sogar eine gewisse "Griffigkeit" gegenüber
> glattem Gummi.

"man" ja - ich nicht.

> >Trocken und Dunkel lagern.
>
> Das ist halt eher was fürs Museum, wo das "soft-touch" ohnehin irrelevant
> ist - und wenig hilfreich für ein real genutzes Produkt.

Ich habe immer Trockenmittel in den L-Boxxen bei den selten genutzten
Maschinen.

> >Alle Soft-Touch-Oberflächen, die durch Eintauchen oder Aufsprühen
> >aufgebracht werden, sind betroffen.
>
> Denke mal an die Tastaturen von billigen Taschenrechnern oder
> Fernbedienungen. Da ist nix "aufgesprüht" - ausser vielleicht der
> Beschriftung.

Da habe ich hier langzeitüberlebende Exemplare (Casios) aus den frühen
90ern, aber sonst haben alle in der Sammlung Knickfroschtasten. Der Satz
sollte aber darauf hinaus, dass diese auf ein an sich hartes Material
*aufgebrachten* Softtouch-Oberflächen alle betroffen sind, wenn man
Produkte meiden will.

Bei anderen kann man es nicht sicher sagen.

Falk D.
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