Vielleicht hat ja jemand eine bessere Idee?
Gruss (noch vom Niederrhein)
Ralph
PS: besteht eigentlich bei so altem Stroh noch die Gefahr der
Selbstentzuendung bei Feuchtigkeit?
Ich habe hier als Kind 2 Scheunen durch feucht eingelagertes Stroh
abbrennen sehen. Eine ganz uebel zu loeschende Brandart...
Hallo Ralph,
>Ich bin mir nicht ganz sicher, ob meine Frage hier passt. Ich versuche
>es mal:
>Wir haben vor kurzem einen alten Resthof in der Wesermarsch gekauft.
>Ostern werden wir umziehen.
>Dort liegen auf dem Heuboden der Scheune gut 500 Kubikmeter Stroh, das
>noch vom letzten aktiven Landwirt stammen. Das Zeug liegt da seit gut 12
>Jahren und ist nicht gepresst.
>Wir moechten das nun so schnell wie moeglich loswerden, weil wir die
>Brandgefahr einfach zu gross finden (die Feuerversicherung uebrigens
>auch, die kostet ca. 1000 EUR mehr pro Jahr wegen des Strohs).
>Nur: was kann man mit einer solchen Menge ollem Stroh tun?
das würde ich über eine Kleinanzeige an Selbstabholer verschenken.
Heuer ist Strohmangel wegen des heißen Sommers. Würde mich nicht
wundern, wenn es schnell weg wäre.
>Wenn gar nichts Anderes geht, koennten wir es auf einem Teil des Gartens
> verstreuen und unterpfluegen. Das waere allerdings ein Haufen Arbeit,
>den wir erstmal lieber in andere Dinge investieren wollen.
Du kannst es sowohl zum Mulchen nehmen wie auch unterpflügen, was der
Humusanreicherung dient. Leider zehrt Stroh, weil es sehr wenig
Stickstoff enthält, den sollte man also zuführen.
>PS: besteht eigentlich bei so altem Stroh noch die Gefahr der
>Selbstentzuendung bei Feuchtigkeit?
Sobald es feucht wird, fängt es an, zu verrotten. Verrottung erzeugt
Wärme, wie im Komposthaufen zu beobachten. Mangels Stickstoff sollte
es mit der Wärme aber nicht zur Selbstentzündung reichen.
Es liegen doch bisweilen Strohkobel in der Landschaft rum. Es regnet
in sie hinein, aber es tut sich nichts, außer dass es rottet oder im
Inneren fault.
Beste Grüße G e r h a r d
So sehe ich das auch - gefährliche Temperaturen werden in einmal
durchgetrocknetem Stroh, das zudem abgelagert ist, ohne
Stickstoffzufuhr nicht erreicht. Strohballen, die ich im Garten hatte
und die naß wurden, fingen im Inneren dezent an zu faulen - eine
fühlbare Temperaturerhöhung konnte ich nicht feststellen. Irgendwelche
Pilze fühlten sich da auch wohl drin.
Gruß
Bernhard
--
Ihr erreicht mich privat und persönlich
schneller und zuverlässiger unter
b <punkt> albert <at-Zeichen> link-f <punkt> org
Ralph Fischer schrieb:
> Dort liegen auf dem Heuboden der Scheune gut 500 Kubikmeter Stroh,
> das noch vom letzten aktiven Landwirt stammen. Das Zeug liegt da
> seit gut 12 Jahren und ist nicht gepresst.
> Wir moechten das nun so schnell wie moeglich loswerden, weil wir die
> Brandgefahr einfach zu gross finden (die Feuerversicherung uebrigens
> auch, die kostet ca. 1000 EUR mehr pro Jahr wegen des Strohs).
> Nur: was kann man mit einer solchen Menge ollem Stroh tun?
> Ist das noch fuer irgend jemand sinnvoll zu gebrauchen (Pferde,
> Abdecken von Mieten etc.) oder kann es nur entsorgt werden?
> Und wenn ja, wie?
exakt das gleiche Problem haben wir hier auch, nur dass unser Stroh
noch um einiges älter ist. Für Pferde zum Einstreuen oder Verfüttern
ist es so nicht mehr zu gebrauchen.
Unsere Lösung: wir haben es der Feuerwehr fürs Osterfeuer angeboten,
die kommen vorbei und holen das Stroh kurz vor dem Osterfeuer ab. Am
Besten vor Ort den jeweiligen Ortsbrandmeister rausfinden und den
ansprechen, ob sie es fürs Osterfeuer gebrauchen können.
> PS: besteht eigentlich bei so altem Stroh noch die Gefahr der
> Selbstentzuendung bei Feuchtigkeit?
Wenn das Stroh trocken ist und gut belüftet, besteht da keine Gefahr.
Gruß
Jenny
> Nabend Zusammen!
> Ich bin mir nicht ganz sicher, ob meine Frage hier passt. Ich versuche
> es mal:
> Wir haben vor kurzem einen alten Resthof in der Wesermarsch gekauft.
> Ostern werden wir umziehen.
> Dort liegen auf dem Heuboden der Scheune gut 500 Kubikmeter Stroh, das
> noch vom letzten aktiven Landwirt stammen. Das Zeug liegt da seit gut 12
> Jahren und ist nicht gepresst.
> Wir moechten das nun so schnell wie moeglich loswerden, weil wir die
> Brandgefahr einfach zu gross finden (die Feuerversicherung uebrigens
> auch, die kostet ca. 1000 EUR mehr pro Jahr wegen des Strohs).
> Nur: was kann man mit einer solchen Menge ollem Stroh tun?
Hallo
wenn es niemand zum Einstreuen haben will (nach dem letzten,
schlechten Jahr ist die Nachfrage zumindest hier im Süden ziemlich
groß), schaffe das Zeug auf einen Acker oder eine Fläche der Gemeinde
udn verbrenne es dort an einem Tag an dem der Wind nicht gerade in den
Ort weht. Natürlich muss das unbedingt angemeldet, bzw. genehmigt werden
aber in solchen Fällen gibt das AFAIK keine Probleme.
Gruß Lutz
Hallo Ralph,
wir haben zwar nur ca. 100 cm auf dem Boden über der Tenne liegen, aber
wir lassen es dort als Wärmeschutz auch liegen. Laut Auskunft unsereres
Brandschutzfachmanns besteht keine Brandgefahr, es sei denn, es würde
einer zündeln;-)
Wenn ich was für den Garten brauche, bediene ich mich.
Viele Grüße
Dieter
>> Sobald es feucht wird, fängt es an, zu verrotten. Verrottung erzeugt
>> Wärme, wie im Komposthaufen zu beobachten. Mangels Stickstoff sollte
>> es mit der Wärme aber nicht zur Selbstentzündung reichen.
>
> So sehe ich das auch - gefährliche Temperaturen werden in einmal
> durchgetrocknetem Stroh, das zudem abgelagert ist, ohne
> Stickstoffzufuhr nicht erreicht.
Kann mir jemand evtl. kurz erklären, wozu es zur Selbstentzündung
ausgerechnet Stickstoff braucht?
Gruß,
Michael
--
Die Adresse im From existiert, wird aber nicht gelesen. Daher:
Sollte ausnahmsweise eine Mail-Antwort auf ein Posting vonnöten sein,
bitte folgende Adresse verwenden: newsreply@<Absender-Domain>.
>Kann mir jemand evtl. kurz erklären, wozu es zur Selbstentzündung
>ausgerechnet Stickstoff braucht?
Vermutlich zur Bakterienvermehrung? Sauerstoff brauchts erst zum
Brennen.
MarionS
--
einweg...@marions.de
"Gott ist tot." - Nietzsche
"Nietzsche ist tot." - Gott
"Tote reden nicht." - Django
Ralph Fischer wrote:
> Nabend Zusammen!
> Ich bin mir nicht ganz sicher, ob meine Frage hier passt. Ich versuche
> es mal:
> Wir haben vor kurzem einen alten Resthof in der Wesermarsch gekauft.
> Ostern werden wir umziehen.
> Dort liegen auf dem Heuboden der Scheune gut 500 Kubikmeter Stroh, das
> noch vom letzten aktiven Landwirt stammen. Das Zeug liegt da seit gut 12
> Jahren und ist nicht gepresst.
> Wir moechten das nun so schnell wie moeglich loswerden, weil wir die
> Brandgefahr einfach zu gross finden (die Feuerversicherung uebrigens
> auch, die kostet ca. 1000 EUR mehr pro Jahr wegen des Strohs).
> Nur: was kann man mit einer solchen Menge ollem Stroh tun?
> Ist das noch fuer irgend jemand sinnvoll zu gebrauchen (Pferde, Abdecken
> von Mieten etc.) oder kann es nur entsorgt werden?
> Und wenn ja, wie?
> Wenn gar nichts Anderes geht, koennten wir es auf einem Teil des Gartens
> verstreuen und unterpfluegen. Das waere allerdings ein Haufen Arbeit,
> den wir erstmal lieber in andere Dinge investieren wollen.
>
> Vielleicht hat ja jemand eine bessere Idee?
>
>
Wir hatten dasselbe Problem vor 18 Jahren, Bauernhof gekauft, Stroh, jede
Menge. Sehr alt und staubig. Ein Nachbar (Bauer) hat es aufs Feld geführt
und untergeackert. Weg wars. Frag in deiner Ortschaft rum, irgendwer wird es
für irgendwas brauchen.
Gruß, Monika
> Vermutlich zur Bakterienvermehrung? Sauerstoff brauchts erst zum
> Brennen.
Genau so sollte das sein!
Meines Wissens ist beim Prozess der Selbstentzündung von noch feuchtem
Stroh oder Heu, die Erhitzung von Zersetzungprozessen im Stroh von
zentraler Bedeutung. Normalerweise werden in Stroh oder Heu bei der
Fermentierung Temperaturen um die 40 Grad erreicht. Wenn Stroh oder Heu
aber zu feucht ist, kann die Temperatur leicht auf 55-60 Grad steigen -
ab dieser Temperaturen verliert das Heu seine Qualität als Tierfutter.
Im Extremfall aber steigt die Temperatur über 90 Grad und es entstehen
spontan Glutnester. So hat man mir das in meiner Kinderzeit erklärt.
Wie beim Kompost sei das besonders gefährlich bei frischem und feuchtem
Material und wie beim Kompost liefe der Prozess nur in
stickstoffhaltigen Materialien ab. Seien Stroh oder Heu schon bei
niedrigeren Temperaturen (bis 40 Grad) einmal durch fermentiert,
bestehe keine Risiko für eine Selbstentzündung mehr. Die
Fermentationsprozesse seien unvermeidlich und liefen nach der
Einlagerung immer in der ersten Zeit ab nur je nach Feuchte eben
unterschiedlich schnell. Deshalb gäbe es auch spezielle Thermometer,
die man tief ins Stroh oder Heu stoßen können, um die Temperatur im
Stroh oder Heu messen zu können.
Besten Dank fuer die vielen, nuetzlichen Tips.
Wir werden erstmal versuchen, eine "Selbstabholer-Variante" in Gang zu
bringen, da scheint es ja etliche sinnige Moeglichkeiten zu geben.
Und ich habe endlich mal die Sache mit der Selbstentzuendung verstanden.
Deshalb wurden die Bauern hier frueher so hektisch und arbeiteten auch
die Nacht durch, um nach der Ernte das Stroh einzufahren, wenn Regen
drohte...
(Fast) wieder ein Problem weniger...:-)
Ralph
Gruß
Ulrich
Ralph Fischer schrieb:
Selbst wenn diese Temperaturen auftreten glaube ich nicht, dass das
hinreichend ist, um Stroh zu entzünden. Es gab doch mal einen Film
"Fahrenheit 451" Das soll, wenn ich mich recht erinnere, die
Entzündungstemperatur für Papier sein. Das ist etwa 230C. Viel tiefer
sollte auch die Entzündungstemperatur von Stroh nicht liegen. Umgekehrt
kann ich mir auch keine biologischen Prozesse (bei Normaldruck) vorstellen,
die bei Temperaturen weit über 100 C ablaufen. Wasser würde da verdampfen.
Und ohne Wasser wird sich nicht mehr viel tun. Kurzum, ich glaube nicht an
eine spontane Selbstentzündung. Wenn so etwas vorgekommen sein sollte, dann
hat da vermutlich jemand nachgeholfen.
Was ich mir allenfalls noch vorstellen könnte ist, dass bei gewissen
anaeroben Prozessen Substanzen entstehen könnten, welche selbstentzündlich
sind. Spontan fällt mir da z.B. Diphosphin ein.
Mich würde wirklich interessieren, ob es verbürgte Fälle von
Selbstentzündung gibt. Damit meine ich jetzt nicht Schadensmeldungen bei
Versicherungen oder Zeitungsberichte sondern reproduzierbare Versuche.
Beste Grüße
G.W.
--
G. Wolmershaeuser
wolm...@chemie.uni-kl.de
> Wie beim Kompost sei das besonders gefährlich bei frischem und feuchtem
> Material und wie beim Kompost liefe der Prozess nur in
> stickstoffhaltigen Materialien ab. Seien Stroh oder Heu schon bei
> niedrigeren Temperaturen (bis 40 Grad) einmal durch fermentiert,
> bestehe keine Risiko für eine Selbstentzündung mehr.
Ok, damit hat sich das erledigt, danke... ich werde mich wohl nie dran
gewöhnen, dass hier in drg Stickstoff mit "stickstoffhaltigen
Materialien" gleichzusetzen ist. *g*
> Selbst wenn diese Temperaturen auftreten glaube ich nicht, dass das
> hinreichend ist, um Stroh zu entzünden. Es gab doch mal einen Film
> "Fahrenheit 451" Das soll, wenn ich mich recht erinnere, die
> Entzündungstemperatur für Papier sein. Das ist etwa 230C. Viel tiefer
> sollte auch die Entzündungstemperatur von Stroh nicht liegen. Umgekehrt
> kann ich mir auch keine biologischen Prozesse (bei Normaldruck) vorstellen,
> die bei Temperaturen weit über 100 C ablaufen. Wasser würde da verdampfen.
> Und ohne Wasser wird sich nicht mehr viel tun. Kurzum, ich glaube nicht an
> eine spontane Selbstentzündung. Wenn so etwas vorgekommen sein sollte, dann
> hat da vermutlich jemand nachgeholfen.
Es muss doch nicht die Entzündungstemperatur für Heu/Stroh erreicht
werden. Bei den Zersetzungsprozessen können ja auch zunächst leichter
entzündliche Produkte entstehen.
Ich fände es aber interessant, wenn jemand den Vorgang der
Selbstentzündung von Heu/Stroh mal genauer darstellen könnte.
> Mich würde wirklich interessieren, ob es verbürgte Fälle von
> Selbstentzündung gibt. Damit meine ich jetzt nicht Schadensmeldungen
> bei Versicherungen oder Zeitungsberichte sondern reproduzierbare
> Versuche.
Es gibt für 200 Euro spezielle Sonden zum Messen der Temperatur in
Lagern für Stroh und Heu. Es gibt auch Hinweise, wie man
Gefahrensignale erkennt, von jeder Feuerwehr im ländlichen Bereich und
von jedem Brandschutzversicherer für landwirtschaftliche Betriebe.
Betriebe, in denen besonders hohe Risiken für Selbstentzündung
bestehen, müssen ihre Mitarbeiter auf Schulungen schicken und solche
Sonden anschaffen. Bei jeder freiwilligen Feuerwehr gibt es
Erläuterungen zum Prozess der Selbstentzündung und dazu, was man tun
sollte, wenn die Temperaturen in einem Heuschober auf ein gefährliches
Niveau steigen. Leider wird nicht erläutern, welche
chemisch-physikalischen Prozesse genau ablaufen, es wird nur erläutert,
dass Kleinstlebewesen den Anfang der Kette bilden und
chemisch-physikalische Prozesse dann zum weiteren Temperaturanstieg
führen. Das sind zumindest starke Indizien dafür, dass es die
Selbstentzündung gibt.
"Zur Selbstentzündung kommt es, wenn Heu oder Stroh nicht in
ausreichend getrocknetem Zustand eingelagert wird. Schon kleine Mengen
nicht ausreichend getrockneten Ernteguts können zu einer Kettenreaktion
führen: In ihnen bilden sich Schwitzwasser und ein "Klima", das die
Vermehrung von Kleinlebewesen begünstigt, deren Lebensaktivität die
Temperaturen steigen lässt, was wiederum physikalisch-chemische
Prozesse in Gang setzt, die letztlich mit weiteren
Temperatursteigerungen zur Selbstentzündung führen. Bundesweit
entstanden so .in den letzten drei Jahren ungefähr 2000 Brände, die
insgesamt über 100 Millionen Mark Schaden verursachten." (Aus einer
Pressemeldung von 1984)
Selbstenzündung kennt man im übrigen nicht nur von Heu und Stroh
sondern beispielsweise auch von Braunkohle und da macht man ganz
ähnliche Entwicklungsketten für die Selbstentzündung verantwortlich.
>Ich fände es aber interessant, wenn jemand den Vorgang der
>Selbstentzündung von Heu/Stroh mal genauer darstellen könnte.
Ich meine, in einer Cavallo hätte mal sowas in der Art gestanden, wer
findet das jetzt so auf Anhieb?
>Ich meine, in einer Cavallo hätte mal sowas in der Art gestanden, wer
>findet das jetzt so auf Anhieb?
Auf heißer Spur
Jahr 2003 Heft 7 Seite 40
Warum Heu plötzlich brennen kann.
Wenn Mikroben im Heu zündeln, wird die Kiste brandgefährlich: Sie
treiben die Temperaturen von 20 auf 350 Grad hoch, bis der Stall in
Flammen steht. Das funktioniert, weil Biologie, Chemie und Physik bei
dieser Selbstentzündung reibungslos zusammenspielen. Was da genau
passiert und wie Sie die unheilvolle Feuerkette unterbrechen, erklärt
der Bericht.
Jo, soweit, so gut. Nur habe ich leider den Jahrgang irgendwie
verlegt.
Im Heu ist die Hölle los: Es gärt und brodelt, bis es von alleine
brennt. Wie schafft es das?
Mikroben sind Brandstifter, die keine Polizei verhaften kann. Sie
schlummern in jedem Heuballen und warten auf eine Chance, Haus und Hof
in Kohle und Asche zu verwandeln.
Damit das geschieht, muß der Mensch nur ein paar Fehler machen, und
schon können die kleinen Feuerteufel Hand in Hand die Temperaturen im
Heu stufenlos von 20 auf 350 Grad hochtreiben. Das Drama beginnt mit
der Stunde Null - dem Schnitt.
Die Klingen der 23 Schneidmesser am Mähwerk gleiten durch die Halme
und trennen Stengel von Wurzeln. Die Grashalme, in der Regel vom
Deutschen Weidelgras, die an diesem 20 Grad warmen Vormittag ihr Leben
lassen, haben einen Feuchtigkeitsgehalt von rund 60 Prozent. An ihnen
kleben Milliarden Sporen, Bakterien und Pilze (Mikroben), angetrieben
durch den Wind.
Nahrhafter Pflanzensaft sikkert aus den toten Halmen. Er steckt voller
energiereicher Kohlenhydrate; eigentlich op
timale Nahrung für die Bakterien. Mit 20 Grad ist es ihnen zum Fressen
und zur Fortpflanzung aber noch zu kalt. Doch die Bombe ist gebaut.
Zwei Tage und vier Wendungen später preßt der Bauer an einem
schwülheißen 30-GradSommertag das Gras zu rund 300 Kilogramm schweren
Rundballen und verlädt es, obwohl der Wassergehalt noch bei 25 statt
bei den empfohlenen 20 Prozent liegt - schließlich meldet der
Wetterbericht Regen. Die Bombe ist scharf.
Auf dem Weg zur Scheune prasselt ein Sommergewitter aufs Heu; Regen
weicht die Oberseite der Ballen auf. Um möglichst viel Heu
unterzubringen, stapeln Helfer die Ballen dicht und hoch - ein fataler
Fehler. Das Wasser kann nicht mehr verdunsten; kein Windhauch trocknet
das feuchtwarme Heu; kein Luftzug bringt Kühlung. Die Bombe beginnt zu
ticken.
In den feuchten, warmen Halmen erwachen zuerst jene Bakterien und
Pilze, die zum Leben Wasser, Sauerstoff und eine Temperatur von 20 und
42 Grad benötigen. Dieser Bereich gilt als mittlere Zone zwischen kalt
und heiß. Deshalb nennt man die Mikroorganismen, die in dieser
Temperaturzone aktiv sind, mesophile ("zwischenliebende") Arten. Zu
ihnen gehört im
Mikroben knacken Eiweiß und heizen den Halmen tüchtig ein
Heu etwa Clostridium cellobioparum, ein Bakterium, das Zellulose
verdaut.
Die Enzyme der Mesophilen zerlegen Kohlenhydrate und Eiweiße im
aussickernden Pflanzensaft und knacken sie zu immer kleineren
Bruchstükken. Die gewonnene Energie nutzen die Mikroben größtenteils
zum Wachsen. Der Rest verpufft als Wärme und heizt das Heu auf 45
Grad. Das ist nicht ungewöhnlich für frisch eingelagertes Heu,
vorausgesetzt, Luft kann zwischen den Ballen zirkulieren. Dadurch
trocknet das Heu, den Mikroben wird die Lebensgrundlage entzogen.
Geschieht das nicht,
steigen die Temperaturen über zwei bis drei Tage weiter. Jetzt
verändern sich die Mikroben. Zwischen enggepreßten und -gepackten
Halmen wird vor lauter Verdauen und Vermehren langsam die Luft knapp.
Einige Mikroorganismen stellen ihren Stoffwechsel auf anaerobe
(sauerstofflose) Funktion um. Wer das nicht kann, stirbt. Andere
Mikroben erwachen erst unter diesen lebensfeindlichen Bedingungen -
etwa jene, für die Luft das schiere Gift ist und die nur anaerob leben
können. Die Bombe tickt lauter.
Besonders in der Mitte der Ballen staut sich die Wärme, weil
mittlerweile ein rasender Kreislauf im Schwung ist: Je wärmer es wird,
desto schneller fressen und vermehren sich die Bakterien, was für noch
mehr Hitze sorgt. Zu diesem Zeitpunkt riecht es in der Scheune leicht
säuerlich nach Trockenfrüchten.
Die Temperaturen erreichen 50 Grad. Alle mesophilen Arten sterben;
neue, wärmeliebende (thermophile) Mikroben wie die Bakterie Bacillus
calfactor oder der Pilz Actinomyces thermophilus wachen auf. Der
Pflanzensaft ist längst verdaut; jetzt geht es der Zellulose der Halme
an den Kragen. Auch die Thermophilen setzen Enzyme frei, die das
stabile Zeljulosegerüst attakkieren. Während sie es endgültig
zerlegen, steigt die Temperatur im Heukern in wenigen Stunden auf 55
Grad. Wenn jetzt nichts passiert (Heu auseinanderziehen, lüften,
trocknen) geht die Bombe hoch.
Durch Übergärung wird das feuchte, warme Heu langsam braun. Die
thermophilen Bak
Foto: Slawik
terien vermehren sich rasend. Immer schneller verwandeln sie Zellulose
in Wärme. Die Temperaturen steigen auf 70 Grad. Nur Stunden trennen
das Heu noch vom Feuer.
85 Grad. Alle Mikroben sterben. Ab jetzt regiert reine Chemie, das Heu
zerstört sich selbst.
Die langen Kohlenstoff-Ketten in der Zellulose vibrieren in der
glühenden Hitze vor gestauter Energie. Einzelne Moleküle brechen von
selbst aus den Ketten - ein Vorgang, der bei niedrigen Temperaturen
nur mit Hilfe der MikrobenEnzyme gelang. Die Zellulose
Feuchtes Heu und hungrige Mikroorganismen reichen, um Stall und Halle
abzubrennen. Doppeltes Pech: Wer keine HeuKontrolle nachweist, wird
als fahrlässiger Brandstifter belangt.
Das Gesetz sagt: Wer Heu lagert, muß mindestens drei Monate die
Temperatur ab dem Tag der Einlagerung messen. Dazu dient eine
Heumeßsonde (255,495 Euro), die vier Meter tief ins Heu reicht. Diese
muß alle 1 bis 1,5 Meter ins Heu gesteckt werden und den heißesten
Punkt messen. Wer nicht kontrolliert, handelt nach Versicherungsrecht
grob fahrlässig. Wenn Heu brennt, wird er auch wegen fahrlässiger
Brandstiftung belangt. Folgendes Meßschema gilt:
1. Woche: jeden 2. Tag messen
2. bis 4. Woche: 2 x pro Woche messen 5. bis 12. Woche: 1 x pro Woche
messen
1. und 2. Woche: jeden 2. Tag messen 3. und 4. Woche: jeden 3. Tag
messen 5. bis 12. Woche: wöchentlich messen
Alle 2 (maximal 5) Stunden messen
über 70 Grad: akute Brandgefahr
Feuerwehr rufen. Die entzieht mit dem Heuwehrgerät den Brandnestern
tief im Heu per Rohrsonde erst die Hitze und pumpt dann Löschmittel
rein.
verglüht in der Hitze zu Kohle (trockene Destillation), die ersten
Halme färben sich schwarz. Noch mehr Hitze entsteht. In der Scheune
riecht es nach geröstetem Kaffee.
Der Heukern glüht auf 350 Grad. Alle Stoffe verkohlen, bis sie die
geringste chemische Energie enthalten. Gase entstehen, die von dichten
Heuschichten gefiltert werden. An den kühleren Halmen schlagen sich
die von warmer Luft mitgerissenen Trümmer der Kohlenstoff-Ketten
(darunter Ameisensäure und Formaldehyd) nieder.
Die Glut erfaßt die Ketten und zerlegt sie in reinen Kohlenstoff
(Kohle). Dabei wird Wasser frei; Dampf zieht langsam in die Scheune,
dazu ein leicht
brandiger Geruch.
Noch wenige Minuten bis zur Katastrophe. Die Glut schwelt entlang
einiger Kanäle durchs Heu. Sie erreicht einen kleinen, senkrechten
Spalt zwischen den Großballen. Dort steigt die warme Luft nach oben
und saugt von unten frische Luft aus der Scheune an. Sauerstoff strömt
in den Glutkanal. Die Bombe geht hoch: Der Sauerstoff reagiert furios
mit dem 350 Grad heißen, fein verteilten Kohlenstoff. Eine Stichflamme
schießt hoch. Die schwarzen Halme verbrennen zu Kohlendioxid und
Asche. Die Flamme frißt sich entlang des Spalts nach oben, bis sie aus
dem gestapelten Heu an die Ballenoberfläche dringt. FEUER!
Autor: Birgit Stosch
Cavallo
Auf heißer Spur
Jahr 2003 Heft 7 Seite 40
Warum Heu plötzlich brennen kann.
MarionS
thermophilen Bakterien vermehren sich rasend. Immer schneller
verwandeln sie Zellulose
in Wärme. Die Temperaturen steigen auf 70 Grad. Nur Stunden trennen
das Heu noch vom Feuer.
85 Grad. Alle Mikroben sterben. Ab jetzt regiert reine Chemie, das Heu
zerstört sich selbst.
Die langen Kohlenstoff-Ketten in der Zellulose vibrieren in der
glühenden Hitze vor gestauter Energie. Einzelne Moleküle brechen von
selbst aus den Ketten - ein Vorgang, der bei niedrigen Temperaturen
nur mit Hilfe der MikrobenEnzyme gelang. Die Zellulose
Autor: Birgit Stosch
Cavallo
Auf heißer Spur
Jahr 2003 Heft 7 Seite 40
Warum Heu plötzlich brennen kann.
MarionS
> Selbst wenn diese Temperaturen auftreten glaube ich nicht, dass das
> hinreichend ist, um Stroh zu entzünden. Es gab doch mal einen Film
> "Fahrenheit 451" Das soll, wenn ich mich recht erinnere, die
> Entzündungstemperatur für Papier sein. Das ist etwa 230C. Viel tiefer
> sollte auch die Entzündungstemperatur von Stroh nicht liegen. Umgekehrt
> kann ich mir auch keine biologischen Prozesse (bei Normaldruck) vorstellen,
> die bei Temperaturen weit über 100 C ablaufen. Wasser würde da verdampfen.
> Und ohne Wasser wird sich nicht mehr viel tun. Kurzum, ich glaube nicht an
> eine spontane Selbstentzündung. Wenn so etwas vorgekommen sein sollte, dann
> hat da vermutlich jemand nachgeholfen.
Hallo
Immer wieder großartig wie der pure Intellekt über Jahrhunderte der
Menschheitserfahrung siegt. ;) Morgen gehe ich mal in die Runde und sage
den Landwirten hier Bescheid, dass sie ihre Temperaturüberwachung und
automatischen Lüfter dem Alteisenhändler mitgeben sollen. Bei der
Gelegenheit könnte man auch die unendlich vielen
Sicherheitsvorkehrungen, Brand- und Bauvorschriften endlich abschaffen.
Gruß Lutz
(Alarmmelder müssen spätestens bei 70°C reagieren)
> Immer wieder großartig wie der pure Intellekt über Jahrhunderte der
> Menschheitserfahrung siegt. ;) Morgen gehe ich mal in die Runde und
> sage den Landwirten hier Bescheid, dass sie ihre
> Temperaturüberwachung und automatischen Lüfter dem Alteisenhändler
> mitgeben sollen.
Du willst doch nicht Tausende von Brandstifter in deutschen Landen
vorwarnen?
Das tut man aber nicht! Da wird jetzt ein ganzer Berufsstand seine
Haupteinnahmequelle verlieren.
> Die Klingen der 23 Schneidmesser am Mähwerk gleiten durch die Halme
[...]
> Die Grashalme
[...]
> die an diesem 20 Grad warmen Vormittag ihr Leben lassen,
[...]
> Doch die Bombe ist gebaut.
Hochdramatisch. Was muss man denn rauchen, um solche Artikel zu
schreiben? *g*
> Die langen Kohlenstoff-Ketten in der Zellulose vibrieren in der
> glühenden Hitze vor gestauter Energie.
Geil.
> In der Scheune riecht es nach geröstetem Kaffee.
Lecker.
> FEUER!
Applaus.
> Autor: Birgit Stosch
> Cavallo
> Auf heißer Spur
> Jahr 2003 Heft 7 Seite 40
> Warum Heu plötzlich brennen kann.
Jou, Danke. So hatte ich mir das vorgestellt. *g*
Ich hatte ja auch geschrieben, dass das m.E. die einzige sinnvolle
Erklärung sein könnte. Aber welche Substanz(en) könnte(n) das sein?
Genau solche Berichte lassen mich an dem ganzen Konzept zweifeln!