F. W. wrote:
> Jeder kennt ihn, niemand sah ihn. Oder doch?
Das BFI hat dafür gesorgt, dass er am Leben erhalten wird...
> Die Trailer bieten in jedem Fall schlechtes. Schlechte Aufnahmen,
> schlechte Qualität, schlechte Menschen.
Es gibt verschiedene Trailer. Indes: Guckt man alle, kennt man die
wesentlichen Szenen des Films. Man kann sich den Kauf sparen. Es gibt im
Film keine weitere Erklärung oder Deutung, und auch keine weiteren
Szenen, die erhellend wären.
> Pier Paolo Pasolini drehte Salo in den Siebzigern, kurz bevor er vom
> Auto mehrfach überfahren wurde. Jeglicher Zusammenhang ist sicher rein
> zufällig.
Für Verschwörungstheoretiker ist das natürlich undenkbar: Ein Mann mit
Vorlieben für junge Männer wird im Strichermilieu Opfer eines
Gewaltverbrechens.
Ach ja: Ein Marxist und Petrollobby-Hasser, der jede Nacht schlecht
schläft, weil er Angst hat, er könne sich korrumpieren lassen, fährt in
den 1970er Jahren mit dem Alfa Romeo zum Stranddate. Ist etwa, wie wenn
Greta mit Flug MH370 verschwunden wäre...
> Der Film verschwand aber sofort im Schreibtisch sämtlicher
> Zensurbehörden.
Das war vermutlich beabsichtigt. Bertolucci hatte ihm wohl schon in
jungen Jahren beigebracht, dass man gelegentlich mal so richtig auf den
Putz hauen muss, um Aufmerksamkeit zu erzeugen. Analverkehr hilft wohl
immer.
> Pasolini hat den Faschismus sicher zu realistisch
> dargestellt.
Laut seinen Weggefährten ging es ihm im Film um etwas anderes, nämlich
um die absolute Macht über Körper in der Konsumgesellschaft. Lediglich
als Bühne dafür wählte er den Faschismus.
Ich habe allerdings in den Film keine Darstellung gesehen, die
spezifisch auf den Faschismus zuträfe. Allerdings weiss ich auch
(insbesondere nach "Uccellacci e uccellini"), dass man italienische
Literatur und sämtliche Nebenströmungen des Marxismus studiert haben
muss, um einen Pasolini-Film auch nur halbwegs verstehen zu können.
Oder einfach: Auch ein Wirrkopf findet zufällig mal ein unbenutztes Klo.
> Oder es waren zu viele Muschis und Pimmel zu sehen.
Teilweise sind es fast schon lächerlich-beeindruckende Penisimitate.
> Da ich ihn aber vermutlich ziemlich Scheiße finden werde, wollte ich ihn
> nie kaufen.
Hervorragend antizipiert.
Lohnend fand ich teilweise das Bonusmaterial, etwa ein 60-minütiger Film
über das Leben von Pasolini und Hintergründe zu anderem Filmen von ihm.
Ansonsten viel Geschwafel von Filmkritikern, die erklären, warum Salo
ein Meisterwerk ist. Catherine Breillat versteigt sich gar zur Aussage,
der Film sei wunderschön. Vermutlich guckt sie ihn regelmässig.
Ach ja: Offenbar plante Pasolini kurz vor seinem Tod einen Film, in dem
Paulus den USA das Evangelium bringt, vorgesehen war Marlon Brando in
der Hauptrolle. Wäre bestimmt lustig geworden. Eine Schande, dass Monty
Python das Thema nicht aufgenommen haben. Man müsste mal Cohen fragen,
ob er seine Borat-Idee dort abgekupfert hat...
> Dass meine Frau solche Filme nicht mal in meiner Sammlung finden sollte,
> muss ich nicht erwähnen. Vielleicht wäre ich nach Salo dann solo.
Hattest Du neulich nicht eine Liste gepostet, die auch "Pretty Woman"
beinhaltete? Du siebst Sand und schluckst Kamele.
> Jedenfalls möchte ich dieses Machwerk wenigstens einmal sehen.
Beeindruckend sind die vier Hauptdarsteller, die die Folterungen
vollziehen. Ansonsten ist es ein wirres Gore-Machwerk mit süsslicher
Musik, langatmigem Tempo und unpassenden Zitaten.
> Wenn ich den bei AMAZON bestelle, kommt der dann auch?
Bei Amazon weisst Du anhand der verschiedenen Versionen und der
vermischten Bewertungen doch eh kaum, was Du bekommst.
Auf
cede.ch gibt es die BFI-Version, die hat italienische und englische
Tonspuren sowie italienische und englische Untertitel.
> Ist die Qualität des Zelluloid wirklich so hundsmiserabel wie die Trailer?
Es hat ein paar Szenen, die miserabel ausgeleuchtet sind, auch scheint
das damalige Filmmaterial (afair 16mm) mittelmässig erhalten. Beim
BD-Transfer hat man sich aber recht Mühe gegeben.
Im Bonusmaterial sieht man ein Foto, wonach am Ende (nebst Erhängen und
Kerzenfolter) offenbar auch noch etwas mit einem elektrischen Stuhl
geplant war. Im Film kommt das nicht vor, ich vermute, da hat Pasolini
selbst oder sein Produzent wohl die Reissleine gezogen. Man wird es wohl
nie erfahren. Auch nicht, worauf er genau hinauswollte...
Gruss
Patrick