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Kritik: Death Proof

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Andreas Edler

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Nov 2, 2007, 4:29:19 AM11/2/07
to
> Death Proof
> gesehen: 23.07.2007 (Kinoplex - Bad Oeynhausen)

3 Jahre hat sich Meister Tarantino Zeit gelassen, bis er sich mit einem
neuen Film auf der Leinwand zurück gemeldet hat. Zusammen mit seinem
Kumpel Rodriguez hat er eine Doppelvorstellung im Stile alter
amerikanischer Trashkinos realisiert. Vor- und Hauptfilm inkl. Werbung
... das Projekt fiel nur irgendwie beim Publikum durch, so dass wir hier
bei uns in den Genuß(?) von zwei jeweils etwas gelängten Einzelfilmen
kommen. Nicht ganz das, was sich die beiden Regisseure gedacht haben,
aber Ehrensache, dass ich da rein gehe.

> Zum Inhalt ...

Stuntman Mike (Kurt Russel) ist ein Rauhbein. Ein charmanter Aufreißer
mit leicht lädiertem Äußeren, der mit seinem aufgemotzen Dodge rumfährt,
in Kneipen abhängt und den Frauen hinter her guckt - und durchaus auch
mal anmacht. Als die junge Pam (Rose McGowan) lautstark nach jemandem
fragt, der sie nach Hause bringen kann, ist Stuntman Mike schnell zur
Stelle. Die Taxifahrt beginnt aber erst, nachdem noch ein wenig mit
Butterfly (Vanessa Ferlito) und ihren Freundinnen ein wenig gefeiert
hat. Der Nachhauseweg ist dann für alle Mädel ein wenig endgültig.

Monate später versucht Stuntman Mike wieder ein wenig Spaß mit
autofahrenden Frauen zu haben und scheint in Kim (Tracie Thoms), Zoe
(Zoe Bell) und Abernathy (Rosario Dawson) geeignete Kandidatinnen
gefunden zu haben. Nicht nur dass sie gut aussehen, nein, sie vergnügen
sich standesgemäß mit einem 1970er Dodge auf der Landstraße. Leider hat
Mike nicht damit gerechnet, dass die Damen ebenfalls aus dem
Stuntgewerbe kommen und sich nicht so leicht vernaschen lassen ...

> Hmm ...

"Grindhouse" heißt das Projekt, bei dem der Film von Tarantino zusammen
mit dem neuen Film von Robert Rodriguez "Planet Terror" gezeigt werden
sollte. Mit extra produzierter fiktiver Werbung und allem Drum und Dran
einer Vorstellung der damaligen Trashkinos. Hier wurden abgenudelte
Kopien drittklassiger Filme verwertet, bei denen auch schon mal ein
bißchen was vom Zelluloid fehlte und wo Kratzer und Knackser nicht
weiter störten.

In dieser Qualität kommt denn auch "Death Proof" daher, natürlich extra
so gemacht um die Authentizität zu wahren. Und das wirkt auch im Prinzip
sehr gut. Der bzw. die Filme sind eben nicht nur Filme sondern eher eine
Hommage der beiden Regisseure an diesen Teil der Kinokultur. Das
Publikum hat's nicht goutiert und darum wird man dieses Projekt in
Deutschland wohl gar nicht zu Gesicht bekommen. Aus verschiedenen
Gründen ist das schade.

Für die Doppelvorstellung waren die Filme kürzer und wurden für die
Einzelaufführung etwas länger geschnitten - etwas über 20 Minuten sind
dazu gekommen. Nun kenne ich die kurzen Versionen nicht, kann aber nach
dem Sehen der langen Ausführung von zumindest "Death Proof" sagen, dass
diese 20 Minuten das Sitzfleisch ziemlich strapazierten. Tarantino
schwelgt hier in perfekt inszenierten Einstellungen von Dialogen und
Bildern. Super gefilmt, klasse arrangiert und tatsachlich auch gut
gespielt. Aber ziemlich langweilig. Verneigung und Hommage hin oder her,
ich möchte mich auch unterhalten lassen. Und bei einer anscheinend in
einem Take geschnittenen Unterhaltung in einem Restaurant, ist mir die
perfekte Kamerafahrt nach dem dritten Mal denken "Wie hat der das
gemacht?" auf die Nerven gefallen!

Das gleiche gilt für Diskussionen darüber, wie man Frauen ins Bett
bekommt, wenn die Typen die sich darüber unterhalten den Film ansonsten
nicht ein klitzekleines bißchen nach vorne bringen. Das Gespräch war
nicht mal besonders innovativ, es war nur da und überflüssig. Viel von
dem Vorgeplänkel hätte Tarantino einfach weglassen sollen. Dann ist der
Film eben nur 90 Minuten lang. Das reicht doch aus, damit er seinem
Fußfetisch Tribut zollen kann , eine Geschichte erzählen und dann die
beiden Teile in den Vordergrund stellen, wegen deren die Leute damals
wahrscheinlich in solche Filme gegangen sind: die Action!

Ich bezweifle, dass sich damals das Publikum in den "Grindhouses" an
Gesprächen ergötzen wollten, die wollte Schießereien, Kloppereien und
Autoverfolgungsjagden sehen. Bei letzterem zieht der Film dann auch alle
Register. Tarantino hat auf CGI verzichtet (und lässt dies Kurt Russel
im Film auch noch sagen) und echte Autos über die Straßen rasen lassen.
Das ist packend, spannend und beeindruckend gemacht. Wäre der ganze Film
in dem Tempo gewesen, ich hätte mich ganz ausgezeichnet amüsiert!
Tarantino zeigt hier zuviel von seinem Können - 5 Euro ins
Phrasenschwein, aber: Manchmal ist weniger einfach mehr!

Direkt nach dem Film war ich ein bißchen genervt, weil ich mich wirklich
auf den Film gefreut habe. Nach einer Nacht drüber schlafen hat sich das
etwas gebessert. Wahrscheinlich wird die ideale Vorführung allerdings
erst auf DVD erscheinen, wenn beide Filme als Doppelvorstellung - wie
urspünglich geplant - verfügbar sind.

Perfekt gestylte, leider phasenweise ermüdende Verneigung vor dem Trash
im Kino.

Andreas
--
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