Ja, man muss ihn wirklich gesehen haben, um zu wissen, wie schlecht er ist.
Die Schauspieler sind zwar wie erwartet gut, auch wenn der Akzent von Chekov
(der natürlich zu diesem Zeitpunkt auch noch nicht auf der Enterprise war,
aber wir basteln uns ja hier eine neue Zeitlinie) ein bisschen dick
auftragen ist; die Handlung^WPlotholes und -devices jedoch sind, ebenso wie
der eigenwillige Soundtrack, gelinde gesagt stark gewöhnungsbedürftig.
Denn das hinter diesem Film stehende Vermarktungskonzept ist leider nur
allzu offensichtlich: Die long and prosper. J. J. Abrams, seines Zeichens
Star-Trek-Nichtkenner und Star-Wars-Fan, hat hier in Kooperation mit
Kurtzman/Orci (und *ohne* Berman!) geschafft, was nur sehr wenigen
Regisseuren zuvor vergönnt war: Roddenberrys Idee von einer hoffnungsvollen
Zukunft so in ein Star Wars-Alias-Lost-Mission Impossible-Märchen zu
pervertieren, dass sie auch noch der Anspruchslosigkeit des heutigen
Hollywood-Mainstream-Publikums (aktuell 8.4/10 auf IMDb, 95% auf
Rotten Tomatoes) genügt.
So patroullieren auf dem Planeten Tatooine^WErde des 23. Jahrhunderts
Protokolldroiden auf menschenleeren Strassen in Schwebefahrzeugen, vor denen
ein junger Luke Skywalker^W^WJames Tiberius Kirk lieber im geklauten
Antik-Auto (wann endeten nochmal die Erdölreserven?) seines Stiefvaters
flieht und beinahe in einen passend für ihn hinkonstruierten breiten und
tiefen Abgrund (in Iowa!) stürzt, als einfach anzuhalten. Entsprechend
sind Sternenflotten-Kadetten während des R&R (in der unvermeidlichen
Raumhafen-Bar) bloss noch ein leicht provozierbarer Schlägertrupp (Jungs
sind halt Jungs!), der nur durch die zweifelhafte Autorität eines Captain
Solo^WPike¹ (der zufällig in dieselbe Bar stolpert!) zur Räson gebracht
werden kann. Die Romulaner -- Hells Angels dieses Paralleluniversums --,
die vor TOS ("Balance of Terror") noch nie jemand gesehen hat (Verhandlungen
wurden bekanntlich nur über Subraumfunk geführt) sind bei ihrem ersten
verfrühten Angriff anscheinend in Abrams' "Handels^WFöderation" weithin
bekannt. Genauso wie die Cardassianer, unsere alten Kumpel, deren Getränke
man folglich in Bars auf der Erde bereits fröhlich konsumiert. (Was ist
eigentlich an einem cardassianischen Sonnenaufgang so toll?)
Achja: /Rote/ Materie, die ein /Schwarzes Loch/ /im Kern eines Planeten/
erzeugt, durch das man /versehentlich/ /zeitreisen/ kann? Selbst ein am
Bendii-Syndrom im Endstadium leidender (für Nicht-Trekker: völlig seniler)
Spock hätte sich nicht *so* *einen* *Blödsinn* ausdenken können. Und schon
gar nicht hätte er das Zeug literweise mit sich herumgeschleppt, wenn
bereits ein Tropfen zum Kollaps (s)eines Planeten taugt.
Von "... to explore strange new worlds, to seek out new life and new
civilizations, to boldly go where no man has gone before.™" ist in diesem
Film bloss noch "to boldly go", und von "science-fiction" nur noch "fiction"
übrig geblieben -- und das konnte man nicht mal über das finanzielle
Nemesis-Desaster sagen; sogar dessen Technobabble schlägt die grösstenteils
unausgegorenen Dialogversuche in dieser Neuauflage in der gedanklichen Tiefe
um Längen.
Vor diesem intellektuellen Offenbarungseid retten dann auch die sehr guten
SFXs (Enterprise ext.) und vor allem Quintos überzeugende Spock-Darstellung
nicht mehr. Auch (der überraschend auftretende) Nimoy wirkte trotz bzw. in
Folge seines hohen Alters im Rahmen des dann einfach nur noch albernen Plots
(der junge Spock setzt den jungen Kirk per Notkapsel auf dem nahegelegenen
Eisplaneten Hoth^W aus -- wo zufälligerweise Scotty stationiert ist -- statt
ihn [Kirk] einfach in eine Zelle zu stecken) als alter Spock glaubwürdig --
man hatte fast ein bisschen Mitleid mit ihm, als er dem jungen Kirk die
Erklärung für diesen ganzen groben Unfug liefern musste; er hatte sich wohl
unter diesem Film auch ein bisschen was anderes vorgestellt, als er ihn
promotete.
Jennifer Morrison jedoch hat man offensichtlich nur engagiert, um einen
bekannten Namen und ein bekanntes Gesicht mehr im Cast zu haben; zu mehr als
unter Schmerzen den kleinen Jim zur Welt zu bringen (ausgerechnet während
des romulanischen Angriffs natürlich, an Klischees mangelt es dem Film
wahrlich nicht) und anschliessend mit Kirks Vater vor dessen heroischem
Ableben über den Vornamen zu diskutieren, hat man sie hier nicht gebraucht.
Weitaus interessanter wäre doch es gewesen, die Beziehung von Jim Kirk zu
seiner Mutter und seinem Stiefvater an dieser Stelle einmal näher zu
beleuchten. Aber so konnte man immerhin noch ein paar "House"-Fans ins Kino
locken, um noch mehr Umsatz zum Ausgleich des $150 Mio.-Budgets generieren
zu können.
Dass vermutlich ein Grossteil der Besucher, mindestens aber die Fans des
Phänomens /Star Trek/ wie wir es bisher kannten, spätestens nach der Hälfte
dieses über zweistündigen Close-up-Armageddons wieder gegangen ist (oder
zumindest so wie ich sehr sehr starke Kopfschmerzen bekam), interessiert
anscheinend keinen; die Zahlen sprechen ja für sich.
Soviel zum bisher finanziell erfolgreichsten Trek aller Zeiten. Mann[tm]
kann nur hoffen, dass Regisseur und Autoren sich für das anscheinend
unvermeidliche Sequel² die Star-Trek-DVDs (vor 2009) dann vorher auch
wirklich *selbst* *ansehen* (und sich nicht nur nacherzählen lässen), und es
so hoffentlich inhaltlich um Längen besser wird. Andernfalls heisst es auch
dann wieder: Operation gelungen, Patient tot.
Bewertung: 4 von 10.
(Nun ist es doch eine Filmkritik geworden. Faszinierend.)
X-Post de.rec.film.kritiken, F'up2 de.rec.film.misc
PointedEars
___________
¹ "You understand what the Federation is. It's important, it's a
peace-keeping armada!"
-- "Capt. Pike" to "Ens. James T. Kirk" in "Star Trek" (2009)
² <http://www.variety.com/article/VR1118001885.html?categoryid=1236&cs=1>