Gerald Eіscher:
> Am 04.06.22 um 17:08 schrieb Frank Möller:
>> Gerald Eіscher:
>>> Danke, aber du musst mir nicht erklären, wie Ritzel gefertigt werden. Dass
>>> die gestanzt werden, sieht man an der typischen Schnittfläche.
>> Vermutlich werden sie gestanzt und dabei gleichzeitig (hydraulisch)
>> gesenkgeschmiedet und so verdichtet, jedenfalls die besseren.
> An schmieden glaube ich nicht. Wozu sollen die schmieden, wenn sie
> stattdessen einfach passend dickes Blech kaufen können? Blech wird
> ohnehin schon beim Walzen verdichtet.
Natürlich. Aber ob es bis dahin verdichtet wird, wie es für die Ritzel
(oder sonstigen Teile wie etwa auch Kettenlaschen) nötig wäre, ist halt die
Frage, zumal man dann die Stanzwerkzeuge mit entsprechend vorverdichtetem
Blech vielleicht unnötigerweise über Gebühr beansprucht.
Auch deuten die Einprägungen/Erhebungen an den Ritzeln deutlich darauf hin,
daß sehr wohl mehr als nur Ausstanzen passiert.
>>> Selbstverständlich muss es das. Aber je weicher das Blech, desto geringer
>>> der Werkzeugverschleiß und desto schneller kann gearbeitet werden.
>> Die Härtung und das nachfolgende Anlassen dürften zum Schluß erfolgen.
> Natürlich. Gehärteter Stahl lässt sich außer durch schleifen kaum noch
> bearbeiten,
Nun ja, man kann ihn z. B. (thermisch) schneiden.
> Ritzel werden aber nicht geschliffen.
Auch nicht z. B. die sog. neumodischen Narrow-Wide-Kettenblätter, von denen
diverse Modelle blanke Zahnspitzen haben, die verdammt danach aussehen,
geschliffen worden zu sein? Na gut, sind Kettenblätter...
>>> Bei hochwertigen Ritzel vermute ich, dass die aus einem Einsatzstahl gestanzt
>>> werden, der sich oberflächlich härten lässt.
>> Eher nicht. Gerade die höherwertigen Ritzel sind ja regelmäßig sehr
>> rostträge bis rostfrei.
> Hochwertige Ritzel rosten nicht, weil sie vernickelt werden.
Die rosten aber auch dann noch nicht, wenn sie runtergenudelt sind und die
galvanische Veredelung doch schon arg abgenutzt wurde.
> Die rostenden sind allesamt verchromt, verzinkt (platz beides ab) oder,
> noch schlimmer, nur brüniert.
>> Das geht mit Einsatzstahl nicht. Andererseits sind
>> hochlegierte Stähle nicht zum Einsetzen geeignet.
> Ich mag nicht ausschließen, dass Verfahren existieren, die nur oberflächlich
> härten und den Kern der Zähne weich lassen.
Sicher gibt es die, siehe unten.
>>> Billigste Ritzel erscheinen mir ungehärtet zu sein.
>> Hm. Wirklich?
> So schnell wie die verschleißen mMn schon. Ich habe kein billiges
> verschlissenes Ritzel bei der Hand, sonst würde ich mit der Feile
> ausprobieren, ob die Zähne härter sind als das Steckprofil in der Mitte.
Na ja, mit der Feile kann man das IMHO nicht wirklich genau genug
ermitteln, ob es tatsächlich keine oder doch zumindest eine gewisse mäßige
Härtung gibt.
Daß sie selbstverfreilich Qualitätsunterschiede ganz bewußt erzeugen und
dies schon allein wegen der dramatischen Preisunterschiede auch automagisch
passiert, dürfte klar sein.
Mäßiges Material mit qualitativ durchschnittlicher Fertigung kostet ja
weniger als das Gegentum - und das muß es auch, wenn eine ganze
Billigkassette schon für um 10 Öro beim Endkunden landet.
> Ritzel aus ungehärtetem Stahlblech sind dennoch härter als Alu-Ritzel und
> Alu-Ritzel verschleißen auch nicht von heute auf morgen.
>>> Umgekehrt hatte ich Ritzel von Miché, die beim Härten zu spröde wurden.
>>> Die sind zwar nicht verschlissen, aber stattdessen Zähne abgebrochen :-\
>> Immer oder nur bei gewissen Chargen?
> Immer. Die ersten, die nachgekauften und auch die von Anton.
Tja, dann haben sie wohl entweder ihre Fertigung nicht im Griff und/oder
sie denken, "das merken sowieso nur'n paar Nerds wie der Gerald; das geht
im Rauschen unter und bei den anderen verdienen wir uns eben dumm und
dämlich, hähähä".
>> Bei richtig ausgeführter Oberflächenhärtung kann man außen extreme Härte
>> auf wenige Mikrometer Materialstärke erreichen, während weiter innen
>> geringe Härte für Zähigkeit und Bruchsicherheit sorgt.
> Aber wie erreicht man außen hart und innen weich, wenn nicht mit einem
> Einsatzstahl?
Z. B. mit sehr kurzzeitger induktiver Aufheizung oder Kontaktaufheizung an
vorgeheizten Heizbacken nebst Sicherstellung der sehr kurzen Einwirkzeit
der Hitze nur in die äußeren Schichten, gepaart mit Sicherstellung eines
sehr schnellen Übergangs des Werkstücks ins Abkühlmedium.
Gehärtet werden dann die vorher erhitzten äußeren Materialschichten, die
nicht erwärmten tieferen Schichten bleiben praktisch (fast) unberührt, die
werden beim Abschrecken nicht abgekühlt, denn sie wurden ja nicht heiß,
ergo werden sie nicht gehärtet.
> So kurz abschrecken, dass das Innere ausreichend warm bleibt und nicht
> härtet?
Nein, nur so kurz aufwärmen, daß die Wärme nur in die äußeren
Materialschichten vordringt. Wärmefluß in Metallen ist ja generell recht
langsam, verglichen z. B. mit elektrischem Stromfluß.
Dann gibt's auch noch den Kniff des Mehrfachhärtens, ggf. mit verschiedenen
Temperaturen und Einwirkzeiten.
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