Nachdem die Herren Horlacher, Ausserstorfer und Bleimann in Wort und
Bild von ihren Reisen berichteten... - o.k., Spaß beiseite.
Ich hab' eigentlich bloß das 9-EUR-Ticket zusammen mit dem Faltrad
benutzt und finde die Kombination ganz gelungen: Es verbindet die
Sportlichkeit, Flexibilität und Mobilität des Fahrrads mit der
Reichweite und - mit gewissen Abstrichen - dem Komfort der Eisenbahn
und dem ökologischen Fußabdruck von "ohne Auto".
Das zusammengefaltete Faltrad gilt bekanntlich eisenbahnmäßig als
Gepäckstück, nicht als Fahrrad. Die Beförderung per Bahn ist damit
kostenfrei und auch in ziemlich vollen Zügen noch möglich (und man
dürfte es auch in den ICE mitnehmen, einfach so).
Natürlich lassen sich Falträder auch anderweitig (Auto, ...) viel
problemloser transportieren als Standard-Fahrräder, das ist gerade
Sinn & Zweck der Falterei. Generell halte ich Falträder für
unterschätzt, oder besser, aus verschiedenen Gründen wird leider ihr
Potential nicht ausgeschöpft.
Die folgenden Einlassungen können als Denkanstoß fürs Faltradfahren
verstanden werden.
Ich habe Sightseeing mit Radfahren verbunden, der Fokus liegt dabei
nicht auf sportlichen Höchstleistungen oder "15 Sehenswürdigkeiten in
3:15 Stunden", sondern auf einer individuellen Mischung davon ohne
Streß.
Mein Faltrad war ursprünglich ein Dahon Speed P8, das ich vor Jahren
gebraucht gekauft habe, BJ vermutlich vor 2010. Ich habe es zu einem
Trekkingrad-ähnlichen Falter umgebaut (Schaltung, Licht, Ständer,
Gepäckträger, ...). Im Prinzip für größere Unternehmungen brauchbar,
aber in vielen Details nicht optimal. Aber trotzdem, sowas geht:
Neulich (Juni) ging es als Tagestour von Chemnitz nach Görlitz
(Zug). Der Weg zum/vom Bahnhof ist einfach, eben mit dem Rad.
In Görlitz habe ich natürlich die Altstadt besichtigt. Ich lasse die
Details weg, denn die Altstadt ist eine große Ansammlung von
Sehenswürdigkeiten, zu der jede Suchmaschine ausreichend Material
findet. Durchfahren, schauen, Abstecher machen, nochmal umdrehen,
stehenbleiben - dafür ist ein Fahrrad sehr gut geeignet. Na gut, ein
Foto:
http://lewonze.de/bilder/2022/gr-dickerturm.jpg
Außerdem habe ich die Landeskrone, die etwas außerhalb liegt, erfahren
(~200 Höhenmeter). Auf dem Weg dorthin lief mir noch ein sehenswerter
jüdischer Friedhof über den Weg, den ich nicht geplant hatte.
Auch außerhalb liegt der Berzdorfer See und der Bagger 1452
(besichtigenswert):
http://lewonze.de/bilder/2022/falt-1452.jpg
Insgesamt kamen iirc so um die 50km zusammen. Ich bin um ca. 7:00 Uhr
in den Zug eingestiegen, um um 10:00 Uhr in Görlitz zu sein, und war
nach 19:00 Uhr wieder in Chemnitz. Also ein ziemlich langer Tag,
zusammen mit der Hitze auch ermüdend.
Die Züge waren O.K., nicht überfüllt. Zwischen C und DD setzt die MRB
modernes Rollmaterial ein, das einigermaßen ausreichende Stellflächen
für Gepäck/Fahrräder/Kinderwagen hat und gut zugänglich ist, also
breite Türen und niedrige Einstiege. Ganz ähnlich die Triebwagen
zwischen DD un Görlitz. Hier also keine Beschwerden.
Um nicht so viel in einen einzigen Tag packen zu müssen, bin ich
dieses Wochenende von Freitag nachmittag bis Sonntag nachmittag
unterwegs gewesen. Also zwei Übernachtungen. Ziel war Cottbus, Forst
und Guben. Durch die Übernachtungen war es etwas mehr Gepäck. Außerdem
war schlechtes Wetter vorhergesagt, daher mußten auch Regensachen mit.
Außer den zwei Gepäckträgertaschen und der Lenkertasche habe ich noch
einen Packsack hinten draufgeschnallt. Hier zusammengefaltet in
Leipzig:
http://lewonze.de/bilder/2022/falt-l-hbf.jpg
Die Zugverbindung geht über Leipzig HBf, dort eine halbe bis
dreiviertelstunde Aufenthalt. Bis Leipzig nutzt die MRB mäßig
aufgehübschte Abteilwagen aus DDR-Zeiten. Nicht überfüllt, aber laut,
unklimatisiert und mit engen, steilen Einstiegen. Es ist ein Kraftakt,
da mit Gepäck und zusammengefaltetem Fahrrad einzusteigen. Man kann
das Rad auch kaum so abstellen, dass es irgendwo anleht/eingeklemmt
ist. Es steht also immer ziemlich wacklig und fällt sicher um, wenn
man es nicht festhält. Nicht alle Wagen haben geräumige Stellflächen.
Der Triebzug von L HBf bis Cottbus ist zwar moderner und besser, war
aber am Freitag so überfüllt, dass man nicht mehr umfallen konnte. Mit
einem Standard-Fahrrad hätte ich vermutlich nicht mitfahren können,
und auch so war es nicht angenehm.
Der Weg vom Bahnhof bis zur Unterkunft etwas außerhalb mit
Zwischenstopp zum Verpflegung besorgen war problemlos.
Am Samstag ging es dann durch die Spreeaue in die Innenstadt:
http://lewonze.de/bilder/2022/falt-cb-park.jpg
Auch Cottbus hat außer Tagebaulöchern diverse Sehenswürdigkeiten, über
die eine Suchmaschine weiteres Infos findet und die ich daher
weglasse. Davon abgesehen gibt es zentrumsnahe Plattenbauten, die mich
heimelig an Chemnitz erinnern :-)
http://lewonze.de/bilder/2022/falt-cb-platte.jpg
Im Prinzip habe ich mich entlang der Spree durch die Stadt gearbeitet,
mit diversen Abstechern in die Innenstadt. Letzte Station in Cottbus
war Park mit Schloß Branitz. Fürst Pückler, usw.:
http://lewonze.de/bilder/2022/falt-cb-ppark.jpg
Pückler liegt in diesem Park begraben:
http://lewonze.de/bilder/2022/falt-cb-p-tumulus.jpg
Die Anlage ist einem Fürsten entsprechend groß, also /etwas/ größer
als eine Schrebergartenparzelle. Offiziell ist da Radfahren nicht
erlaubt, allerdings war bei dem regnerischen Wetter kaum jemand
unterwegs, sodass ich mich über dieses Verbot größtenteils
hinweggesetzt habe. Hat niemanden gestört :-)
Um 15:30 Uhr bin ich per Fahrrad im leichten Regen weiter nach Forst,
um den Rosengarten zu besuchen. Da ich dazu im Regen keine Lust hatte
und auch die Zeit etwas knapp war, bin ich ziemlich bald weiter nach
Guben, wo ich ein Hotel gebucht hatte. Forst - Guben ist auf dem
Neißeradweg gut möglich, wenn man nicht gerade
Gesachwindigkeitsrekorde aufstellen möchte - was nicht heißen soll,
dass man schlecht vorankommt. Der Neißeradweg überwiegend gut
asphaltiert, aber streckenweise etwas schmal und manchmal etwas im
zickzack gebaut. Ich hatte Glück, dass kaum jemand unterwegs war (das
Wetter...) und ich die ganze Breite für mich hatte. Noch dazu hörte
der Regen auf.
Landschaftlich schön, am Samstag abend sogar einsam. In Wassernähe
viel sattes Grün, hier am Neißekanal bei Grießen:
http://lewonze.de/bilder/2022/falt-neissekanal.jpg
In Guben dann ein ähnliches Vorgehen wie in Cottbus: Verpflegung
besorgen und das Stück nach außerhalb zum Hotel. Guben/Gubin selbst
war heute (Sonntag) dran und hat ein paar sehenswerte Ecken
(Kathedralenruine im polnischen Teil, Parks, ...) und das Plastinarium
von Gunther von Hagens, über das sich jeder selber sein Urteil bilden
muss.
Ich hatte geplant, noch zum Kraftwerk Jänschwalde zu radeln, um es aus
der Nähe zu begutachten. Ich wollte aber nicht erst Sonntag abend
zurückkommen, um nicht wieder einen rappelvollen Zug zu erwischen,
daher mußte ich das Programm etwas einkürzen. Ganz bis zum Kraftwerk
bin ich nicht gekommen, das war der nächste Punkt:
http://lewonze.de/bilder/2022/falt-jaenschw.jpg
Auf dem Weg dahin kam ich noch da durch:
http://lewonze.de/bilder/2022/falt-bk.jpg
und ich kann bestätigen: Kein Bär weit und breit...
In Jänschwalde bin ich um ca. 12:30 Uhr in den Bummelzug nach Cottbus
gestiegen, von dort aus weiter über Leipzig HBf nach Chemnitz. Diesmal
waren die Züge z.T. gut ausgelastet, aber nicht überfüllt...
Gesamtstrecke Fr/Sa/So gute 150km.
N.
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God Save the Queen