Hallo!
Wer möchte, bekommt hier einen Textbaustein für eigene Argumentationen:
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HUK-COBURG-Allgemeine Versicherung AG
Bahnhofsplatz
96450 Coburg
* Nichttragen eines Fahrradhelms berechtigt die
Haftpflichtversicherung auch gegenüber unverschuldet verunfallten
Fahrradfahrern zur Leistungskürzung
*
http://www.gesetze-rechtsprechung.sh.juris.de/jportal/?quelle=jlink&docid=KORE215492013&psml=bsshoprod.psml&max=true
*
http://www.faz.net/aktuell/gesellschaft/urteil-mitschuld-fuer-fahrradfahrer-ohne-helm-12224685.html
*
http://www.schleswig-holstein.de/OLG/DE/Service/Presse/Pressemeldungen/201309fahrradhelm.html
*
http://www.svr.nomos.de/fileadmin/svr/doc/Aufsatz_SVR_12_05.pdf
* Meine (Kraft)Fahrzeugversicherungen Nr. [...],
Rechtschutzversicherung [...]
Sehr geehrte Damen und Herren,
mit einigem Unverständnis habe ich das o. g. Urteil des OLG Schleswig
zur Kenntnis genommen, welches ohne Vorliegen einer Rechtspflicht zum
Tragen eines Schutzhelms eine schadensersatzrelevante Mitschuld für
die sich ordnungsgemäß verhaltende und durch Unachtsamkeit einer
dritten Partei verunfallten Frau begründet.
Die Ankündigung der HUK-Coburg gegenüber der "Welt", ihre "Maßstäbe in
der Haftpflichtversicherung in Folge des Urteils zu ändern",
entspricht nicht meinem Bild von Fairneß und Gleichbehandlung.
Im verhandelten Fall wird dieser Radfahrerin von der
Versicherungsgesellschaft des Unfallverursachers über ein Gericht
zivilrechtlich und vor allem nachträglich eine Pflicht auferlegt, die
gesetzlich so nie bestanden hat.
Bei den anläßlich des Urteils vorgebrachten Argumenten
- 'Es entspreche dem Alltagswissen, dass das Risiko von Kopfverletzungen
beim Fahrradfahren durch das Tragen eines Helms vermindert werden
könne." [Satz 13],
- 'Gerade der "normale" Radfahrer im alltäglichen Straßenverkehr sei
den größten Risiken eines Unfalls ausgesetzt, so dass gerade er
gehalten sei, einen Fahrradhelm zu tragen.' [Satz 13],
- 'Entscheidend ist vielmehr das besondere Verletzungsrisiko, dem
Fahrradfahrer heutzutage im täglichen Straßenverkehr ausgesetzt sind,
wie dieser Streitfall plastisch zeigt.' [Satz 36] und
- 'Die immer größere Verbreitung des Tragens eines Sturzhelms ist im
täglichen Straßenbild auch inzwischen so deutlich wahrzunehmen, dass
man von einer allgemeinen Überzeugung im Sinne dieser von der
Rechtsprechung gebrauchten Formel sprechen kann' [Satz 37]
handelt es sich im wesentlichen um Mutmaßungen, die von einschlägigen
Untersuchungen entkräftet werden.
So sind einerseits Fahrradfahrer, die einen Helm tragen i. d. T. einem
HÖHEREM Unfallrisiko ausgesetzt, da sie schneller fahren (die sog.
"Risiko-Homöostase) und knapper überholt werden (Walker, I.: Drivers
overtaking bicyclists: Objective data on the effects of riding
position, helmet use, vehicle type and apparent gender. Accident
Analysis and Prevention, 39, 2007. S. 417–425.).
Weiters zeigt eine Studie der australischen Macquarie University, daß
sogar sehr kleine Rückgänge bei der Fahrradnutzung in Folge einer
Helmpflicht fast sicher mehr Leben aufgrund physischer Untätigkeit
kosten würden als Helme ohne Berücksichtigung ihres Wirkungsgrades
möglicherweise retten könnten
(
http://www.adfc-bw.de/texte/helm/helm.htm,
http://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1111/j.1539-6924.2011.01785.x/pdf),
weswegen sie in einigen Ländern bereits wieder abgeschafft wurde.
Auch kann von einem "erheblichen Unfallrisiko für Fahrradfahrer", das
natürlich im Vergleich zu Kraftfahrern und Fußgängern zu sehen ist,
keineswegs gesprochen werden. Einschlägige Untersuchungen, die
Expositionsdauer, gefahrene Kilometer und die Unfallschwere
berücksichtigen, zeigen deutlich: Fahrradfahren ist eine
vergleichsweise risikoarme Fortbewegungsart.
Kurz und bündig:
https://www.destatis.de/DE/ZahlenFakten/Wirtschaftsbereiche/TransportVerkehr/_Grafik/GetoeteteBeteiligungsart.png;jsessionid=1C1CC210C42F40002193ADE5D4C0A2CB.cae3?__blob=poster
Nebenbemerkung: Fahrer von Automobilen sind übrigens ebenfalls dem
Risiko ausgesetzt, bei Unfällen Schädel-Hirn-Traumata zu erleiden. Im
Rallye- und Rennsport werden deswegen zur Prophylaxe HWS-Orthesen und
Helme eingesetzt. An die Herleitung einer impliziten Helmpflicht für
Autfahrer wagt sich jedoch keine Versicherungsgesellschaft oder
Gericht heran.
U. a. aus den derart gelagerten Verfahrensfehlern geht die betroffene
Partei in Revision. Die Ableitung einer Handlungsempfehlung für
Haftpflichtversicherungen ist daher zumindest verfrüht, wenn nicht
sogar fehlgeleitet und ethisch fragwürdig.
Als Befürworter einer funktionierenden Gewaltentrennung zwischen
Legislative und Judikative stehe ich der Haltung der
HUK-Versicherungsgruppe, Opfer zu Mittätern zu machen und dabei
Therapiekosten und Entschädigungen einzusparen, ablehnend gegenüber.
Ich erwarte von meiner KFZ-Haftpflichtversicherung, in einem so
eindeutigen Schadensfall das Opfer anstandslos zu entschädigen,
anstatt juristische Spitzfindigkeiten zu nutzen, um Leistungen zu
Lasten des Opfers kürzen zu können. Angesichts dieser Haltung muß ich,
ebenfalls Radfahrer, leider erwägen, meine Verträge in die Hände von
Unternehmen zu geben, die sich in diesem Aspekt als weitsichtiger
erweisen.
Mit freundlichen Grüßen, [...]
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Viel Erfolg,
Volker
--
@: I N F O at B A R T H E L D dot N E T
3W:
www.bartheld.net