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Verfolgungsjagd für die Harten

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Alfred Flaßhaar

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Feb 4, 2023, 11:56:13 AM2/4/23
to
Die Aufgabe "2023" führte mich beim Abstauben alter Literatur nicht nur
auf den Satz von Weyl (im Buch von Hlawka exellent erklärt), sondern ich
fand auch folgende Aufgabe aus dem Jahr 1959. Für die Veranlassung,
wieder Bücher und Zeitschriften zu wälzen und dabei
Informationen/Erkenntnisse zu gewinnen, danke ich Rainer:

Ein Wolf beobachtet eine Ziege. Diese grast angepflockt auf einer Wiese.
Natürlich will er die Ziege vernaschen und überlegt, ob seine
Startposition günstig ist. Er setzt voraus, daß die Ziege und er dem
Betrag nach gleiche Geschwindigkeiten konstant während des Angriffs
laufen werden und die Ziege aus fluchttechnischen Gründen das Seil
ständig straff hält. Wenn er nun mit dieser konstanten
Höchstgeschwindigkeit, die die Ziege auch auch ständig hinlegen wird,
auf die Ziege als Ziel zusteuert, so fragt er sich:

Von wo aus muß ich für garantierten Erfolg starten? Gibt es
Startpositionen, die einen Jagderfolg sicher ausschließen? Was passiert,
wenn ich es schaffe, mich zunächst in die abgegraste Fläche einzuschleichen?

Wochenendgruß, Alfred Flaßhaar

neu...@tuhh.de

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Feb 4, 2023, 1:42:57 PM2/4/23
to
Wenn der Wolf es schafft gegenüber der Ziege auf den (mal unterstellt) abgegrasten Kreis zu kommen,
muß er doch nur noch auf die Ziege zulaufen - oder?
Die Ziege soll ja auch laufen, eigentlich könnte sie stehenbleiben, weil sie nur Wege laufen kann die dem Wolf näher kommen.
Wie der Weg den Beide nun laufen aussieht, ist nochmal etwas Anderes
- ich denke als Lösung einer Differentialgleichung!?
VG SiggiN.

Rainer ausdemSpring

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Feb 4, 2023, 5:06:34 PM2/4/23
to
Alfred Flaßhaar schrieb am Samstag, 4. Februar 2023 um 17:56:13 UTC+1:
Das ist mir nicht präzise genug.

1. Was bitte soll "er setzt voraus" heißen?
2. Kann ich annehmen, daß der Wolf immer direkt auf die Ziege zuläuft?
3. Kann der Wolf aus dem Gras heraus erkennen, wo die Ziege gerade steht?.
4. Kann die Ziege den Wolf im nicht abgefressenen Gras sehen?

Rainer

Alfred Flaßhaar

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Feb 5, 2023, 3:53:59 AM2/5/23
to
Am 04.02.2023 um 23:06 schrieb Rainer ausdemSpring:
> Alfred Flaßhaar schrieb am Samstag, 4. Februar 2023 um 17:56:13 UTC+1:

(...)
>
> Das ist mir nicht präzise genug.

Mag sein, ich habe es etwas anschaulich auch für interessierte
Nichtmathematiker präsentieren wollen. Der keimfreie trockene Text der
ursprünglichen Aufgabe ist allenfalls für Mathematiker mit beruflichem
Bezug zu und Interesse an Verfolgungsproblemen interessant. Zu diesem
Fachgebiet/Problemkreis gibt es (soweit mir bekannt ist) in der
Literatur gefährlich anstrengende Aufgaben, die mit Freizeitgestaltung
nichts mehr zu tun haben.
>
> 1. Was bitte soll "er setzt voraus" heißen?

Wolf und Ziege starten gleichzeitig mit betraglich gleicher Geschwindigkeit.

> 2. Kann ich annehmen, daß der Wolf immer direkt auf die Ziege zuläuft?

Ja. Die Ziege läuft dabei stets auf dem Kreisbogen, der von der
Seillänge als Radius bestimmt ist. Das Seil ist dehnungssteif und mit
Hilfe eines reibungsfreien Gelenks am Pflock angeschlossen. Der Pflock
ist biegesteif standsicher im Baugrund verankert und muß nicht als
elastisch gebetteter Pfahl oder Dalbe nachgewiesen werden.

> 3. Kann der Wolf aus dem Gras heraus erkennen, wo die Ziege gerade steht?.

Ja. Die Wiese ist ideal eben und ohne Einfluß von Kuhfladen oder
Maulwurfshügel eine störungsfreie Rennstrecke.

> 4. Kann die Ziege den Wolf im nicht abgefressenen Gras sehen?

Ja. Sie bemerkt den Start des Angriffs und reagiert unmittelbar mit
Flucht auf dem Kreis. Zeitverzug/Nacheilung ist nicht vorhanden.

Sonntagsgruß, Alfred

Alfred Flaßhaar

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Feb 5, 2023, 3:57:46 AM2/5/23
to
Am 04.02.2023 um 19:42 schrieb neu...@tuhh.de:
> Alfred Flaßhaar schrieb am Samstag, 4. Februar 2023 um 17:56:13 UTC+1:
>
(...)
>
> Wenn der Wolf es schafft gegenüber der Ziege auf den (mal unterstellt) abgegrasten Kreis zu kommen,
> muß er doch nur noch auf die Ziege zulaufen - oder?
> Die Ziege soll ja auch laufen, eigentlich könnte sie stehenbleiben, weil sie nur Wege laufen kann die dem Wolf näher kommen.

Das ist eine der Fragen und nicht offensichtlich zutreffend.

> Wie der Weg den Beide nun laufen aussieht, ist nochmal etwas Anderes
> - ich denke als Lösung einer Differentialgleichung!?

Genau. Nur was passiert bei welchen Anfangswerten?

Gruß, Alfred


neu...@tuhh.de

unread,
Feb 5, 2023, 7:40:36 AM2/5/23
to
Alfred Flaßhaar schrieb am Sonntag, 5. Februar 2023 um 09:57:46 UTC+1:
> Am 04.02.2023 um 19:42 schrieb neu...@tuhh.de:
> > Alfred Flaßhaar schrieb am Samstag, 4. Februar 2023 um 17:56:13 UTC+1:
> >
> (...)
> >
> > Wenn der Wolf es schafft gegenüber der Ziege auf den (mal unterstellt) abgegrasten Kreis zu kommen,
> > muß er doch nur noch auf die Ziege zulaufen - oder?
> > Die Ziege soll ja auch laufen, eigentlich könnte sie stehenbleiben, weil sie nur Wege laufen kann die dem Wolf näher kommen.
> Das ist eine der Fragen und nicht offensichtlich zutreffend.

Angenommen Wolf und Ziege stehen sich am Kreis diametral gegenüber.
Die Ziege bewegt sich auf einem Zwangsweg, dem Kreisumfang.
Nach dem Satz des Thales und infinitesimalen Wegen |v|*dt/r (Ziege) und |v|*dt in Richtung Ziege (Wolf) ergibt sich mit der Hypotenuse=2r,
daß der Wolf die Entfernung längs einer der Katheten zurückzulegen hat und die ist eben kürzer!

VG SiggiN.

neu...@tuhh.de

unread,
Feb 19, 2023, 11:14:13 AM2/19/23
to
Hi Alfred, entschuldige die späte Reaktion!
Ich mußte nachdenken und brauchte eben Zeit:

Ich habe die Bewegungsgleichung nicht explizit (analytisch) lösen können,
aber habe es numerisch "gelöst".
Mein Wolf läuft (egal von wo ich ihn los lasse) mit einer Geschwindigkeit v direkt auf die Ziege zu.
Diese rennt aus Panik mit eben dieser Geschwindigkeit v auf der Kreislinie vor dem Wolf weg.
Fazit: Mein Wolf (egal von wo er startet) erreicht die Ziege nur asymptotische.
Sein Weg verläuft dabei letztlich auf der Kreislinie hinter der Ziege her!

Alfred sag mal was dazu!

VG SiggiN.

Alfred Flaßhaar

unread,
Feb 20, 2023, 5:23:10 AM2/20/23
to
Am 19.02.2023 um 17:14 schrieb neu...@tuhh.de:
> neu...@tuhh.de schrieb am Sonntag, 5. Februar 2023 um 13:40:36 UTC+1:
>> Alfred Flaßhaar schrieb am Sonntag, 5. Februar 2023 um 09:57:46 UTC+1:
>>> Am 04.02.2023 um 19:42 schrieb neu...@tuhh.de:
>>>> Alfred Flaßhaar schrieb am Samstag, 4. Februar 2023 um 17:56:13 UTC+1:
>>>>
>>> (...)
>>>>
Nur was passiert bei welchen Anfangswerten?
>>>
(...)

> Mein Wolf läuft (egal von wo ich ihn los lasse) mit einer Geschwindigkeit v direkt auf die Ziege zu.
> Diese rennt aus Panik mit eben dieser Geschwindigkeit v auf der Kreislinie vor dem Wolf weg.
> Fazit: Mein Wolf (egal von wo er startet) erreicht die Ziege nur asymptotische.
> Sein Weg verläuft dabei letztlich auf der Kreislinie hinter der Ziege her!
>
Damit hast Du eine Lösung gefunden. Es gibt aber noch eine andere - den
direkten Jagderfolg.

Auf diese Verfolgungsaufgabe stieß ich, als die Tortenaufgabe gestellt
war. Es war hinreichend (nicht notwendig) zu deren Lösung anzunehmen,
daß der Voll-Zentriwinkel 2*pi irgendwie rational so geteilt werden muß,
daß auch nach mehreren Schneidrunden die Schnitte sich (periodisch)
wiederholen, also ab einer gewissen endlichen Anzahl keine neuen
Schnitte dazu kommen und nur noch alte Schnitte neu gefurcht werden.
Also sollte 2*pi rational geteilt werden. Bei irrationaler Teilung würde
die Torte zu Matsch werden und eine dichte (vielleicht gleichmäßige)
Verteilung der unendlich vielen Schnitte entstehen. Und da greift der
Satz von Weyl, wonach bei irrationaler Teilung eine gleichmäßige
Schnittanordnung entstehen würde, irrational ist also auszuschließen.
Vielleicht gibt es aber noch mehr Lösungen. Bin aber noch nicht dazu
gekommen, das weiter zu vertiefen. In einer Quelle fand ich dazu auf
Seite 201 aus

https://gdz.sub.uni-goettingen.de/id/PPN362162050_0064?tify=%7B%22pan%22%3A%7B%22x%22%3A0.554%2C%22y%22%3A0.618%7D%2C%22view%22%3A%22export%22%2C%22zoom%22%3A0.597%7D

zur Thematik "Verteilung mod 1" weitere Hinweise und auf Seite 305 dann
per Zufall die Verfolgungsaufgabe. Und weil damit eine Tür zu dem großen
Gebiet "Verfolgungsprobleme" aufging, mußte ich daraus eine Aufgabe
machen. Eine Menge Literatur (auch neuere) gibt es dazu. Habe viel dazu
gelernt.

Bei Interesse sende ich Dir gern per mail den Artikel von S. 305 und
eine Mathcad-Datei als html. Mit letzterer habe ich mit Anfangswerten
herumgespielt. Und Animation des Verfolgungsgeschehens ist in Mathcad
auch möglich. Vielleicht kannst Du das in Deine Rechentechnik
übersetzen? Die html enthält aber nur eine Variante.

Viele Grüße, Alfred



neu...@tuhh.de

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Feb 20, 2023, 1:34:29 PM2/20/23
to
Moin Alfred,
danke für Deine Doku, Du gibst Dir ja immer viel Mühe!

Ich habe nur das nötigste programmiert (aber auch verschiedene Geschwindigkeiten - und natürlich eine hinreichend kleine "Schrittweite" - sind interessant!

import math
from matplotlib import pyplot as plt
plx=[]
ply=[]
pla=[]
plb=[]
t=0
dt=0.001
x=0.15
y=.995

for i in range(0,75):
t=t+dt
a=math.sin(t)
b=math.cos(t)
pla=pla+[a]
plb=plb+[b]
l=math.sqrt((a-x)*(a-x)+(b-y)*(b-y))
x=x+dt*(a-x)/l
y=y+dt*(b-y)/l
plx=plx+[x]
ply=ply+[y]

plt.plot(plx, ply, pla, plb)

Wenn die Beiden unter einem geeigneten Winkel (und "Nähe") aufeinander zu laufen, gibt es wohl Anfangswerte die auf ein Zusammentreffen (wie wählt man "Epsilon") deuten.

Viele Grüße SiggiN.
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