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Ranicki-Satz

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Ignatios Souvatzis

unread,
Sep 1, 2021, 2:30:09 PM9/1/21
to
Ich glaube mich an einen Ausruf von Marcel Reich-Ranicki (vermutlich
im Literarischen Quartett) zu erinnern, der ungefähr so lautete:

"Ich hasse diesen Autor! 3 Tage meines Lebens hat ermir gestohlen!"
(weil er das Buch zur Vorbereitung auf die Sendung lesen musste).

Es kann auch ein andere Zeitinervall gewesen sein - 7 Stunden,
vier Wochen, das weiss ich nicht mehr.

Über welches Buch bzw. dessen Autor hat er das gesagt, und in welcher
Sendung?

-is
--
A medium apple... weighs 182 grams, yields 95 kcal, and contains no
caffeine, thus making it unsuitable for sysadmins. - Brian Kantor

Albrecht Mehl

unread,
Sep 2, 2021, 2:35:09 AM9/2/21
to


Am 01.09.21 um 20:09 schrieb Ignatios Souvatzis:
> Ich glaube mich an einen Ausruf von Marcel Reich-Ranicki (vermutlich
> im Literarischen Quartett) zu erinnern, der ungefähr so lautete:
>
> "Ich hasse diesen Autor! 3 Tage meines Lebens hat ermir gestohlen!" (weil er das Buch zur Vorbereitung auf die Sendung lesen musste).
^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^

Ich kannte dieses Zitat nicht. ABER 'hassen' ist schlimm und zeigt
Arroganz (meine Zeit ist soooooo wertvoll und ich werde nicht genug
dafür bezahlt). Diese Sendung habe ich nur selten gesehen. Widersprach
eigentlich niemand dem angemaßten Literaturpapst, wenn er so ausfällig
wurde?

> Es kann auch ein andere Zeitinervall gewesen sein - 7 Stunden,
> vier Wochen, das weiss ich nicht mehr.
>
> Über welches Buch bzw. dessen Autor hat er das gesagt, und in welcher
> Sendung?
>
> -is
>


A. Mehl
--
eBriefe an| mehlBEIiesyPUNKTnet
1 kWh ⩯ 0,5 kg Steinkohle ⩯ 1,5 kg CO2
1 W dauernd 7/24 ≈ 10 kWh/Jahr ⩯ 5 kg Steink./Jahr ⩯ 15 kg CO2/Jahr





Werner Tann

unread,
Sep 2, 2021, 3:00:42 AM9/2/21
to
Ignatios Souvatzis <u50...@bnhb484.de> schrieb:

>Ich glaube mich an einen Ausruf von Marcel Reich-Ranicki (vermutlich
>im Literarischen Quartett) zu erinnern, der ungefähr so lautete:
>
>"Ich hasse diesen Autor! 3 Tage meines Lebens hat ermir gestohlen!"

Irgendwie kommt mir der Spruch bekannt vor. Aber so, wie du das
zitierst, hat er es zumindest im Literarischen Quartett nicht gesagt.
In habe in der Digitalen Bibliothek alle Folgen von 1988 bis 2001.
Weder Suche nach "ich hasse" noch "gestohlen" bringt das erwartete
Ergebnis. Einmal sagt er "ich hasse solche Bücher", aber nichts von
wegen "Leben gestohlen". Und anderswo "dazu ist mir meine Zeit
wirklich zu schade." Aber nichts mit "ich hasse" oder "Leben
gestohlen".

Da sich auch in der Wikipedia kein Hinweis findet und zudem - auf die
Schnelle - Tante Google ratlos scheint, dürfte dieser Sager zu den
"Zuschreibungen" fallen im Sinne von "könnte er gesagt haben, hat er
aber nicht".

PS: Auch in seiner Autobiographie "Mein Leben" und im Briefwechsel mit
Rühmkorf wurde ich (digital) nicht fündig. Heißt: Wenn er's gesagt
hat, hat er's ganz anders formuliert.

Ignatios Souvatzis

unread,
Sep 2, 2021, 4:10:08 AM9/2/21
to
Albrecht Mehl wrote:
>
> Ich kannte dieses Zitat nicht. ABER 'hassen' ist schlimm und zeigt
> Arroganz (meine Zeit ist soooooo wertvoll und ich werde nicht genug
> dafür bezahlt).

Du, im allgemeinen kam er bei mir als Giftzwerk 'rüber, aber er hatte
auch durchaus zustimmungswerte Aussagen getroffen.

Was die konkrete Aussage angeht: ich habe eine Weile später eine Zeit lang
aus Jugendschutzgründen viel Fantasy probelesen müssen, und da war einmal
etwas dabei, da hätte ich auch diesen Ausruf treffen können. Siehe
Message-ID <slrnfrb6g4....@marie.beverly.kleinbus.org> oder
speziell <slrnfriqlb....@marie.beverly.kleinbus.org>.

Da geht's nicht um Arbeitszeit, da geht's um Lebenszeit. Bekanntlich
ist ars longa, vita brevis; das gilt in der Literatur genauso für
die Leserinnen wie für die Schreiber. Wenn ich ein schlechtes Buch
lese, entzieht es mir die Möglichkeit, in der selben Zeit stattdessen
anderthalb gute (z.B. weniger langweilige - eine regelmaessige
Beschwerde von MRR - oder handwerklich (damit meine ich nicht die
Qualität der Buchbindung) weniger fehlerhafte) zu lesen.

Du kannst natuerlich argumentieren, MRR muesse das Buch lesen, weil du
und ich ihn via Rundfunkgebuehr dafuer bezahlt haben, so dass wir, auf
sein Urteil eventuell vertrauend, uns es ersparen und stattdessen zu
einem anderen greifen können. Ja, aber dann ist so ein Ausbruch doch
erst recht nützlich.

> Diese Sendung habe ich nur selten gesehen. Widersprach
> eigentlich niemand dem angemaßten Literaturpapst, wenn er so ausfällig
> wurde?

Nicht sehr wirksam. Für die Fans machte das wohl den Reiz dieser
Sendung aus.

Ignatios Souvatzis

unread,
Sep 2, 2021, 5:10:06 AM9/2/21
to
Werner Tann wrote:

> [...] Einmal sagt er "ich hasse solche Bücher", aber nichts von
> wegen "Leben gestohlen". Und anderswo "dazu ist mir meine Zeit
> wirklich zu schade."

Hm, getrennt? Kannst du mir beide Sendungen nennen?

> [Tante Google]
Glaub' mir, das habe ich auch schon (mal wieder) vergeblich versucht.

Zumindest der Spruch von für die Leser nützlichen Schreibblockade scheint
real gewesen zu sein...

(... ich werde doch nicht irgendwann mal in eine Parodie 'reingezappt
und sie für das Original gehalten haben? Wäre nicht das erste mal,
ich dachte jahrelang, T.V.Kaiser sei eine echte
was-bei-den-Privatsendern-Talkshow-heisst (sofern man die überhaupt
als echt bezeichnen kann, aber die Diskussion gehoert jetzt wirklich
nach de.rec.tv.*)).

-is

Werner Tann

unread,
Sep 2, 2021, 5:20:09 AM9/2/21
to
Ignatios Souvatzis <u50...@bnhb484.de> schrieb:

>> [...] Einmal sagt er "ich hasse solche Bücher", aber nichts von
>> wegen "Leben gestohlen". Und anderswo "dazu ist mir meine Zeit
>> wirklich zu schade."
>
>Hm, getrennt? Kannst du mir beide Sendungen nennen?

| Es ist das Buch eines klugen Mannes – der Autor, der sich dumm stellt.
| Ich hasse solche Bücher! Ich will nicht, dass sich die Autoren dumm stellen!

10. Dezember 1990

| Für solche Erfahrungen – die Odyssee dazu zu missbrauchen, dass ein
| Mann seine schwitzigen Phantasien in ein dickes Buch packt, dazu ist mir
| meine Zeit wirklich zu schade.

14. August 1997

Albrecht Mehl

unread,
Sep 2, 2021, 7:52:30 AM9/2/21
to


Am 02.09.21 um 09:40 schrieb Ignatios Souvatzis:
> Albrecht Mehl wrote:
>>
>> Ich kannte dieses Zitat nicht. ABER 'hassen' ist schlimm und zeigt
>> Arroganz (meine Zeit ist soooooo wertvoll und ich werde nicht
>> genug dafür bezahlt).
>
> Du, im allgemeinen kam er bei mir als Giftzwerk 'rüber, aber er
> hatte auch durchaus zustimmungswerte Aussagen getroffen.
>
> Was die konkrete Aussage angeht: ich habe eine Weile später eine Zeit
> lang aus Jugendschutzgründen viel Fantasy probelesen müssen, und da
> war einmal etwas dabei, da hätte ich auch diesen Ausruf treffen
> können. Siehe Message-ID
> <slrnfrb6g4....@marie.beverly.kleinbus.org> oder speziell
> <slrnfriqlb....@marie.beverly.kleinbus.org>.
>
> Da geht's nicht um Arbeitszeit, da geht's um Lebenszeit. Bekanntlich
> ist ars longa, vita brevis; das gilt in der Literatur genauso für die
> Leserinnen wie für die Schreiber. Wenn ich ein schlechtes Buch lese,
> entzieht es mir die Möglichkeit, in der selben Zeit stattdessen
> anderthalb gute (z.B. weniger langweilige - eine regelmaessige
> Beschwerde von MRR - oder handwerklich (damit meine ich nicht die
> Qualität der Buchbindung) weniger fehlerhafte) zu lesen.
>
> Du kannst natuerlich argumentieren, MRR muesse das Buch lesen, weil
> du und ich ihn via Rundfunkgebuehr dafuer bezahlt haben, so dass wir,
> auf sein Urteil eventuell vertrauend, uns es ersparen und stattdessen
> zu einem anderen greifen können. Ja, aber dann ist so ein Ausbruch
^^^^^^^^^^^^

> doch erst recht nützlich.
^^^^^^^^^^^^^^^^^^^

Ich nenne das schlicht 'Sprachverrohung'. Wenn schon in der Literatur so
etwas durchgelassen wird, braucht man sich nicht wundern, dass allgemein
ohne Nachdenken geschimpft und beleidigt wird. Einflussreiche Leute wie
z.B. MRR und jetzt die Diskussionsleiter und allgemein Redakteure haben
eine Verantwortung, der sie leider um der Popularität willen schon mal
nicht gerecht werden.

Um mein Latein rauszuhängen: Principiis obsta

Bernd Schwegmann

unread,
Sep 2, 2021, 8:30:41 AM9/2/21
to
Am 01.09.21 um 20:09 schrieb Ignatios Souvatzis:
> Ich glaube mich an einen Ausruf von Marcel Reich-Ranicki (vermutlich
> im Literarischen Quartett) zu erinnern, der ungefähr so lautete:
>
> "Ich hasse diesen Autor! 3 Tage meines Lebens hat ermir gestohlen!"
> (weil er das Buch zur Vorbereitung auf die Sendung lesen musste).
>
> Es kann auch ein andere Zeitinervall gewesen sein - 7 Stunden,
> vier Wochen, das weiss ich nicht mehr.
>
> Über welches Buch bzw. dessen Autor hat er das gesagt, und in welcher
> Sendung?


Wenn man o.a Statement auf die gesamte Zeit beim lit. Qart. bezieht, hat
der Mann 2/3 seines Beruflebens verplempert.

Unter uns: HvD soll MRR Marico-Röck Krawuttke tituliert habe..

BS+

Ignatios Souvatzis

unread,
Sep 2, 2021, 11:40:07 AM9/2/21
to
Bernd Schwegmann wrote:

> Unter uns: HvD soll MRR Marico-Röck Krawuttke tituliert habe..

HvD?

Werner Tann

unread,
Sep 2, 2021, 12:07:13 PM9/2/21
to
Albrecht Mehl <unv...@invalid.invalid> schrieb:

>Ich nenne das schlicht 'Sprachverrohung'. Wenn schon in der Literatur so
>etwas durchgelassen wird, braucht man sich nicht wundern, dass allgemein
>ohne Nachdenken geschimpft und beleidigt wird.

Aha, ein wackerer Kämpe gegen die Flut der "Hasspostings".
Was regst du dich auf? Die von dir offenbar präferierte linksgrüne
Gutmenschencommunity, die keine Diskurse mehr kennt, sondern nur mehr
Like-Buttons, hat sich ohnehin im Mainstream durchgesetzt.
Entsprechend schaut die "Literatur" aus, die heute auf den
Bestsellerlisten landet. Genau für euresgleichen produziert. Das Wort
"geschrieben" verwende ich bewusst nicht.

Albrecht Mehl

unread,
Sep 2, 2021, 1:55:02 PM9/2/21
to


Am 02.09.21 um 18:07 schrieb Werner Tann:
> Albrecht Mehl <unv...@invalid.invalid> schrieb:
>
>> Ich nenne das schlicht 'Sprachverrohung'. Wenn schon in der
>> Literatur so etwas durchgelassen wird, braucht man sich nicht
>> wundern, dass allgemein ohne Nachdenken geschimpft und beleidigt
>> wird.
>
> Aha, ein wackerer Kämpe gegen die Flut der "Hasspostings". Was regst
> du dich auf? Die von dir offenbar präferierte linksgrüne
> Gutmenschencommunity, die keine Diskurse mehr kennt, sondern nur

Wohl dem, der ohne Glaskugel den wahren Durchblick hat und weiter
schimpfen anstelle diskutieren kann. Wen es interessiert: ich bin
Mitglied der Partei, um die es Habakuk heute - Do 2.9. - in einem
Beitrag auf

de.talk.tagesgeschehen

ging.

> mehr Like-Buttons, hat sich ohnehin im Mainstream durchgesetzt.
> Entsprechend schaut die "Literatur" aus, die heute auf den
> Bestsellerlisten landet. Genau für euresgleichen produziert. Das
> Wort "geschrieben" verwende ich bewusst nicht.

Was halten Sie davon, sich zu entschuldigen?

Bernd Schwegmann

unread,
Sep 2, 2021, 1:59:06 PM9/2/21
to
Am 02.09.21 um 08:35 schrieb Albrecht Mehl:
>
>
Ich kannte dieses Zitat nicht. ABER 'hassen' ist schlimm und zeigt
> Arroganz (meine Zeit ist soooooo wertvoll und ich werde nicht genug
> dafür bezahlt). Diese Sendung habe ich nur selten gesehen. Widersprach
> eigentlich niemand dem angemaßten Literaturpapst, wenn er so ausfällig
> wurde?

Siehe Sigrid Löffler, aber die war noch päpstlicher als der Papst in
betr. Nazzi-Juden-Narrative. SWIW hat die Frau L. unter Protest das
Lokal verlassen. S K A N D A L!


BS+

Bernd Schwegmann

unread,
Sep 2, 2021, 2:03:15 PM9/2/21
to
Am 02.09.21 um 17:17 schrieb Ignatios Souvatzis:
> Bernd Schwegmann wrote:
>
>> Unter uns: HvD soll MRR Marico-Röck Krawuttke tituliert habe..
>
> HvD?
> -is
>

Heimito v. Doderer

BS+

Werner Tann

unread,
Sep 2, 2021, 2:42:54 PM9/2/21
to
Bernd Schwegmann <alb...@ewetel.net> schrieb:

>>> Unter uns: HvD soll MRR Marico-Röck Krawuttke tituliert habe..
>>
>> HvD?

>Heimito v. Doderer

Doderer, dessen Bücher ich sehr schätze, starb 1966. Sein Urteil, wenn
es überhaupt stimmt, kann sich also nur auf Kritiken R-Rs in Zeitungen
bezogen haben. Das Literarische Quartett startete 1988. Doderer,
Jahrgang 1896, war eine andere Generation. Ich möchte nicht wissen,
was er über die Rolling Stones gesagt hat/hätte, über Micky Maus oder
über die BRAVO ...

Bernd Schwegmann

unread,
Sep 2, 2021, 6:05:12 PM9/2/21
to
Am 02.09.21 um 20:42 schrieb Werner Tann:
Ich kann mir vorstellen, daß HvD etwas angefaßt darüber war, daß MMR
die zeitweilige Annäherung des ersteren an die Anschlußnarrative
zum großen Nachbarn verrissen hat. Ein gleiches geschah ja unserem
Martin Heidegger selig. Hannah Ahrendt hats ihm aber nicht übel genommen.

Zu Mickymouse hat Ramstein ein passendes Lied komponiert: Merrica!

Der Aufstieg des MMR war begleitet von häßlichem Rumor über die Karriere
unseres Kritikerpapstes beim poln. Geheimdienst, mit der Aufgabe, die
Austreibung der noch verbliebenen Deutschen aus den neuen poln.
Westgebieten zu organisieren. IMHO hat die Faz das Thema nicht bedient.

BS+

Werner Tann

unread,
Sep 3, 2021, 4:59:15 AM9/3/21
to
Bernd Schwegmann <alb...@ewetel.net> schrieb:

>Der Aufstieg des MMR war begleitet von häßlichem Rumor über die Karriere
>unseres Kritikerpapstes beim poln. Geheimdienst, mit der Aufgabe, die
>Austreibung der noch verbliebenen Deutschen aus den neuen poln.
>Westgebieten zu organisieren.

Ich halte es für keine gute Idee, von Künstlern, Schriftstellern und
Philosophen ein insgesamt vorbildliches Leben zu erwarten, um ihnen
dann entsprechend huldigen zu können. Taucht der kleinste Kratzer (oft
erst aus heutiger Sicht) auf, etwa rassistische, nationalistische oder
frauenfeindliche Äußerungen, geniert man sich fortan, deren Kunst und
Texte gut zu finden - obwohl sich oft in den Werken nur mit viel Mühe
Anstößiges zeigt.

Differenzierte Urteile über andere fallen den Menschen offenkundig
schwer, besonders dann, wenn es um herausragende Persönlichkeiten
geht.

Ursprünglich war hier der Vorwurf an MRR, er sei arrogant und ein
"angemaßter" Literaturpapst. Ich bin bei vielen Büchern nicht seiner
Meinung, aber das heißt genau nichts. Literaturkritik ist nicht die
Predigt der Wahrheit, sondern Diskurs. Es ist auch nicht die Aufgabe
von Literaturkritik, eine literaturwissenschaftlich begründete,
"sachliche" Wertung abzugeben. Deswegen sind die von MMR demonstrierte
Leidenschaft und sein oft vehementer Standpunkt geradezu
Voraussetzungen einer gelungenen Literaturkritik. Im Übrigen spürt
jeder mit ein bisschen Menschenkenntnis, dass hinter den schärfsten
Verrissen MMRs immer die Liebe zur Literatur stand.

Die Kritik hat ihn und seine Bücher genauso behandelt. In "Lauter
Verrisse" ist er sich des Zusammenhangs von Bewerten und
Bewertet-Werden sehr bewusst:

| Wie nämlich die Autoren, die über die
| Unarten und Sünden der Kritik klagen, sich,
| sobald sie selber Bücher rezensieren, die
| gleichen Unarten und Sünden zuschulden
| kommen lassen, so sind auch die Kritiker,
| sobald ihre eigenen Bücher rezensiert
| werden, mit der Empfindlichkeit und
| Verwundbarkeit geschlagen, die mehr oder
| weniger für alle Autoren charakteristisch
| sind. Und es mag eine tiefere Gerechtigkeit
| darin sein, daß – wie die Geschichte der
| Literaturkritik lehrt – jene, die viel
| verreißen, besonders oft verrissen werden:
| Das literarische Gewerbe war immer schon
| gefährlich, wer es ernsthaft ausübt, riskiert,
| daß er Sturm ernten wird, und wer Wind
| sät, der muß erst recht mit Stürmen
| rechnen.

Albrecht Mehl

unread,
Sep 3, 2021, 6:31:46 AM9/3/21
to
Am 03.09.21 um 10:59 schrieb Werner Tann:
Im Übrigen spürt
> jeder mit ein bisschen Menschenkenntnis, dass hinter den schärfsten
> Verrissen MMRs immer die Liebe zur Literatur stand.

Das wird ja überhaupt nicht in Frage gestellt. Es geht darum, ob
einflussreiche Leute, bloß um des Effektes willen, sich im Ton
vergreifen und so ein schlechtes Beispiel geben sollten.

Werner Tann

unread,
Sep 3, 2021, 7:13:08 AM9/3/21
to
Albrecht Mehl <unv...@invalid.invalid> schrieb:

>> jeder mit ein bisschen Menschenkenntnis, dass hinter den schärfsten
>> Verrissen MMRs immer die Liebe zur Literatur stand.
>
>Das wird ja überhaupt nicht in Frage gestellt. Es geht darum, ob
>einflussreiche Leute, bloß um des Effektes willen,

Du widersprichst dir im selben Satz. Wenn hinter der Kritik die Liebe
zur (guten) Literatur steht, erfolgt die Kritik nicht "bloß" um des
Effekts willen. Allenfalls erfolgt sie *zusätzlich* mit Effekt, und
wieso dies in der Literaturkritik angesagt und nötig ist, habe ich
gerade festgestellt.

>sich im Ton vergreifen und so ein schlechtes Beispiel geben sollten.

Wo ist die Grenze zum unguten Effekt, und ab wann vergreift man sich
im Ton? Das ist oft klar und genauso oft nicht klar. Da kommt es
maßgeblich auf den kommunikativen Rahmen an. Das Literarische Quartett
war als TV-Sendung keine Tagesschau und kein Wort zum Sonntag. Es
musste nicht so bierernst und hochkulturell gestaltet werden, wie es
im meisten Fernsehen der 50er und 60er abgelaufen ist. Gerade MRRs Art
sorgte dafür, ein Publikum zu erreichen, das normalerweise um
anspruchsvollere Literatur einen Riesenbogen macht, weil es diese und
ihre Autoren für grottenlangweilig hält (oft, ohne sie überhaupt zu
kennen).

MMR hatte für mich etwas von einem guten Lehrer. Dieser schafft es,
die Literatur seinen Schülern in ihrer Sprache zu vermitteln. Er weiß,
er erreicht sie sonst nicht.
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