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Warum die NATO Russland nicht besiegen kann
Februar 12, 2024
Von Peter Haisenko
In der Ukraine ist etwas ungehöriges passiert. Acht Jahre lang hat die
NATO die Kiew-Ukraine aufgerüstet, liefert unablässig Waffen,
Ausbildung und Satellitendaten und dennoch kann der Sieg Russlands
nicht verhindert werden. Was macht Russlands Armee so stark?
Beginnen wir mit Zahlen. Ich beziehe mich auf die Daten von SIPRI aus
dem Jahr 2022. Da steht der Militäretat der USA einsam an der Spitze
mit 877 Mrd. Dollar. Der von Russland beträgt etwas weniger als ein
Zehntel davon, nämlich 86,4 Mrd. Der Rest der NATO-Staaten kommt
zusammen auf etwa 350 Mrd. Dollar und allein das ist viermal soviel
wie der russische Militärhaushalt. Das heißt, die NATO gibt 14-mal
mehr aus für Militär als Russland. Wie kann es da sein, dass Russland
als Bedrohung dargestellt wird? Dass der NATO Waffen und Munition
ausgehen und sie nicht mehr in der Lage ist, Kiew mit ausreichendem
Material zu versorgen? Was macht die NATO falsch und Russland besser?
Die Antwort ist einfach. Es liegt am Grundkonzept, der
Grundausrichtung der Aufgaben, die dem jeweiligen Militär zugeordnet
sind.
Betrachten wir dazu exemplarisch das US-Militär. Es ist ausgelegt für
Einsätze außerhalb des nordamerikanischen Kontinents. Die USA
unterhalten weltweit etwa 800 bis 1.000 Militärbasen mit Material und
Personal. Die Kosten dafür sind enorm. Nicht nur die direkten Kosten,
sondern vor allem die für eine komplizierte und aufwendige Logistik.
Da muss andauernd Material und Personal aus den USA hin und her
transportiert werden. Allein dafür müssen die USA eine riesige Flotte
an Transportflugzeugen unterhalten, die ausschließlich logistische
Aufgaben haben. Die USA unterhalten etwa zehn Flugzeugträger und dazu
etwa dieselbe Anzahl an Hubschrauberträgern. Allein dafür sind etwa
80.000 Mann Besatzung notwendig, zusätzlich zu den Wartungs- und
Unterhaltungskosten. Dazu kommen natürlich die Kosten für den Bau
dieses Arsenals. Allein diese Kosten übersteigen wahrscheinlich den
gesamten russischen Militäretat um ein Mehrfaches.
Landungsboote und Bomberflotten
Aber damit ist nicht nicht Schluß. Die USA unterhalten eine große
Flotte an Landungsbooten und die können nur für den Einsatz verwendet
werden, irgendwo auf der Welt Invasionen auf fremde Länder
einzuleiten. Dazu kommen riesige Bomberflotten, die nichts für die
direkte Landesverteidigung leisten können. Mit diesen können nur
Bombenteppiche irgendwo in der Welt abgeworfen werden, um
Infrastruktur und Städte dem Erdboden gleich zu machen. Damit bin auf
dem Punkt: Das US-Militär ist nicht für die Landesverteidigung
ausgelegt. Das muss es auch nicht sein, denn niemand hat die Absicht
oder auch nur die Fähigkeit, die USA anzugreifen oder gar eine
Invasion zu starten. Realistisch gesehen, würde für eine friedliche
USA ein eher bescheidener Küstenschutz ausreichen, mit der Aufgabe,
Schmugglern das Leben schwer zu machen. Oder ein Grenzschutz, der die
Massenzuwanderung aus dem Süden, aus Mexiko, unter Kontrolle halten
kann. Aber gerade das findet unter der Regierung Biden nicht mehr
statt. In diesem Sinn ist es ein Euphemismus, wenn das zuständige
Ministerium der USA Verteidigungsministerium genannt wird. Es ist ein
Kriegsministerium.
Eine Verteidigungsarmee ist nicht für Angriffe auf NATO-Länder
geeignet
Stellen wir dem nun die Auslegung des russischen Militärs gegenüber.
Das russische Militär ist eine Verteidigungsarmee. Inklusive der
Atomraketen, auf Land und in U-Booten. Diese sind vorgesehen als
Abschreckung und zum Gegenschlag, falls irgendein Verrückter Russland
direkt angreifen wollte. Das russische Militär hat keine
Bomberflotten, mit denen Flächenbombardements durchgeführt werden
könnten. Wofür auch sollte Russland die brauchen? Es hat nichts mit
Landesverteidigung zu tun, fremde Städte in Schutt und Asche zu legen.
Das ist purer Terror gegen Zivilisten und genau das ist in der
russischen Militärdoktrin nicht vorgesehen. Wäre es anders, würde die
Stadt Kiew nicht mehr existieren. In diesem Sinn ist es dümmliche
Propaganda zu behaupten, Russland wolle nach der Ukraine weitere
Staaten angreifen. Vergessen gerade wir Deutschen nicht, dass die
industriemäßig geplante und durchgeführte Bombardierung deutscher
Städte während des WKII keinem militärischen Zweck diente,
insbesondere die Zerstörung von Dresden oder Würzburg oder oder
oder...
Das Schwierigste an jedem Krieg ist die Logistik. Insbesondere dann,
wenn Krieg fernab des eigenen Landes geführt wird. Das Kriegsmaterial
und Personal muss über weite Strecken angeliefert werden. Erinnern wir
uns dazu an die U-Bootflotte der deutschen Wehrmacht, der es beinahe
gelungen wäre, den Strom an Militärmaterial aus den USA nach England
zum Erliegen zu bringen. Wie sieht es da heute aus? Russland oder
China oder selbst der Iran sind mittlerweile in der Lage, jeglichen
Nachschub zu unterbinden, der über die Meere transportiert werden
muss. Selbst die beeindruckendsten Flugzeugträgerverbände sind leichte
Beute für ein angegriffenes Land, das über Raketen verfügt, die jeden
Punkt auf dem Globus erreichen können. Warum sonst haben die USA ihre
Flugzeugträger wieder aus dem Mittleren Osten abgezogen? Ähnlich sieht
es aus für den Schutz amerikanischer Stützpunkte am
arabischen/persischen Golf. Die liegen in Reichweite der iranischen
Raketen. Sogar der arme Jemen ist in der Lage, amerikanische Schiffe
im Roten Meer anzugreifen und diesen Schaden zuzufügen.
Unmengen an Material müssen transportiert werden
Betrachten wir nun den Ukraine-Konflikt. Europa hat Kiew eine Million
Geschosse des Kalibers 155 versprochen. Jedes davon wiegt 47 Kilo. Das
heißt, es müssen 47.000 Tonnen bewegt werden, um nur diese Charge nach
Kiew zu bringen. Dazu sind etwa 2.000 LKW-Fahrten hin und zurück
vonnöten. Aber wieviele dieser Granaten wurden aus den USA geliefert,
die alle aus Übersee herangeschafft werden mussten? Es waren in jedem
Fall mehr als eine Million. Da will man gar nicht an die Schäden
denken, die der Umwelt dadurch entstanden sind. Nur mal so für euch,
liebe kriegsgeile Grüne! Dazu kommen selbstverständlich noch Panzer
und sonstiges Gerät.
Eines der vorrangigsten Ziel der russischen Sonderoperation ist, den
andauernden Beschuss der Zivilisten in und um Donezk zu unterbinden.
Noch wenige Tage vor Beginn dieser Operation haben Kiews Truppen
täglich 2.000 Granaten und mehr auf Donezk abgefeuert. Ohne jeglichen
militärischen Sinn. Bis jetzt hat Russland diese Angriffe auf
Zivilisten nicht abstellen, aber wenigstens etwas verringern können.
Warum ist das so? Kiews Truppen haben sich an dieser Frontlinie acht
Jahre lang ungestört richtig tief eingraben können. Eine solche
Frontlinie aufzubrechen, wäre für jeden Angreifer ein wahres Blutbad.
Die russische Taktik ist folglich, diese Frontlinie von hinten
abzuschneiden, bis nur noch die Kapitulation möglich ist. So sehr es
auch wehtut, weiterhin zusehen zu müssen, wie Kiews Terrormorde
andauern.
Flächenbombardements als Alternative
Wie würde es aber aussehen, wenn das US-Militär vor so einer Aufgabe
stünde? Ganz einfach. Die USA würden ihre B 52 schicken, tausende
Tonnen Bomben abwerfen, bis diese Frontlinie nur noch wie ein grob
gepflügter Acker aussieht, auf dem jedes Leben erstorben ist. Ohne
einen einzigen eigenen Toten, aber mit massenhaften
„Kollateralschäden“ und ebenso massenhaften Blindgängern, die dann im
Boden auf ihre Opfer lauern. Eben wie in Laos, Kambodscha oder
Vietnam. Warum so viele Blindgänger? Weil natürlich zuerst die Bomben
abgeworfen werden, die am oder über ihrem Haltbarkeitsdatum liegen. So
könnte man auch sagen, dass diese Bomben billiger entsorgt werden, als
wenn sie anständig delaboriert werden müssten. Da haben wir schon
wieder einen Kostenfaktor für die US-Armee, die immer noch tausende
dieser Todbringer in Ihren Lagern haben.
Russlands Armee ist eine Verteidigungsarmee
Noch ein Faktor ist, dass die russische Militärtechnik der der NATO
mittlerweile in etlichen Bereichen überlegen ist. Vor allem im
Hinblick auf Verteidigung. Man denke da nur an die S-400 oder S-500.
Die holen nicht nur jedes Flugzeug vom Himmel, sondern sind auch in
der Lage, Angriffsraketen abzufangen. Warum ist die NATO da im
Nachteil? Ganz einfach: Das US-Militär ist ein Angriffsapparat. Die
USA brauchen keine Abwehrsysteme, um ihr Land zu schützen. Russland
hingegen hat sein Militär auf Verteidigung ausgerichtet und deswegen
sein Augenmerk auf gute Verteidigungssysteme gerichtet. Darin ist
Russland der NATO um Jahre voraus. So kann man sagen, dass die NATO
genauso jämmerlich scheitern würde wie schon in der Ukraine, wenn sie
Russland angreifen wollte. Die Chefs der NATO und der US-Armee wissen
das und deswegen beschränken sie sich auf Propaganda und achten
darauf, nicht direkt in den Ukraine-Konflikt hinein gezogen zu werden.
Deswegen sind sie zurückhaltend mit der Lieferung von Waffensystemen
an Kiew, mit denen Kiew ins russische Hinterland schießen könnte.
Da wäre nämlich dann der Moment, wo Russland Kiew den Krieg erklären
müsste, was bislang nicht stattgefunden hat. Erst dann würde Russland
das Recht haben und das auch tun, zum Beispiel das Kiewer
Kriegsministerium in Schutt und Asche zu legen. Zweifellos könnte das
Russland jederzeit, mit unüberwindlichen Hyperschallraketen, tut es
aber nicht, wegen der zu erwartenden Kollateralschäden an Zivilisten.
Vergessen wir nicht: Bislang führt Russlands Armee nur Krieg innerhalb
der neuen Republiken, die sich per Volksabstimmung als zu Russland
gehörig erklärt haben. Anderer Beschuss innerhalb Kiews Bereich
beschränkt auf militärische Objekte und die Verluste an zivilen Leben
sind derart gering, dass die New York Times vor einem Jahr geschrieben
hat: Die russischen Waffen taugen nichts, denn es kommen zu wenig
Zivilisten ums Leben. Nichts könnte den Unterschied zwischen der
US-Militärdoktrin und der russischen besser beschreiben.
Wer könnte Putin das Wasser reichen?
Zum Abschluss will ich nach ein paar Worte zu dem Interview sagen, das
Tucker Carlson mit Wladimir Putin geführt hat. Punkt eins: Jeder
sollte es sich vollständig anhören. Man kann wirklich viel daraus
lernen. Punkt zwei: Könnten Sie sich vorstellen, auch nur ein einziger
Staatschef des Wertewestens wäre in der Lage, so ein Interview von
zwei Stunden derart souverän durchzustehen? Mit Fragen, die nicht
vorab eingereicht und genehmigt werden mussten. Könnte auch nur einer
mit diesem profunden Geschichtswissen über das eigene Land aufwarten?
Auf alle Fragen direkt antworten, ohne sich in ausweichende Worthülsen
zu flüchten, wie wir es aus diversen Talkshows kennen? Ja, vielleicht
einer: Viktor Orban. Aber der wurde ja auch zum Paria erklärt, wie der
große Staatsmann Putin. Und damit Sie zum Schluss noch etwas lachen
können: Stellen sie sich mal vor, ein russischer Journalist würde ein
solches Interview mit dem US-Präsident Biden führen. Oder mit unserem
Olaf oder gar Annalena, die sich Sorgen macht um Länder, die
Hunderttausende Kilometer entfernt sind?