Am Freitag, 8. Januar 2016 18:38:12 UTC+1 schrieb Helmut Richter:
> Am 08.01.2016 um 13:51 schrieb Ralf Joerres:
>
> > Das kann ich Banause natürlich nicht. Agape kenn ich
> > nur als leeres Wort, d.h. ich weiß, dass es existiert
> > und dass es etwas Kompliziertes ist, mehr nicht.
>
> Kompliziert ist es eigentlich nicht. Es sind die Formen der Liebe, für
> die keine erotische oder sexuelle Komponente bestimmend ist, wie
> Menschenfreundlichkeit, Nächstenliebe, freiwilliges Engagement für
> andere. Schlicht: tun, was dem anderen guttut. (Eine erotische oder
> sexuelle Beziehung kann es natürlich gleichzeitig zur gleichen Person
> geben, aber wenn ich für meine Frau zum Abendessen ein Bier aus dem
> Keller hole, dann weil es ihr guttut und nicht, damit sie mit mir schläft.)
Vorstellen kann ich mir das wohl, aber benutzen
würde ich das Wort, wenn überhaupt, allenfalls
in einem akademischen Kontext.
> > Sexus benutze ich nicht. 'Sex' kommt in meiner
> > Sprache vor, Erotik auch. Ich weiß nicht, ob es
> > da einen wirklichen Unterschied gibt. Viele, die
> > von Erotik schwadronieren, kommen wir vor wie
> > diejenigen, die einer Frau etwas von ihren
> > 'schönen Augen' vorraspeln, wobei sie eindeutig
> > etwas ganz anderes meinen.
>
> Kann man nicht auch ganz ehrlich raspeln -- oder raspelfrei die
> erotische Ausstrahlung einer Person genießen --, ohne etwas anderes zu
> meinen? Ich denke schon. Ich empfinde eine Frau als erotisch, wenn mich
> ihre Gegenwart, ihr Anblick und ihr Charme erfreuen, und zwar auf eine
> Art, die ein Mann schon deswegen nicht zustandebringt, weil er (nur?)
> ein Mann ist. Aber ich will die doch nicht alle flachlegen!
Ich weiß nicht. Soweit sexuelle Antriebe
beteiligt sind, bekommen die 'Spiele' der
Geschlechter untereinander einen anderen
Drive. Ich bin mir sehr oft über das,
was ich möglicherweise wollen würde, wenn
die Verhältnisse anders wären, nicht so
recht im Klaren. Da hat wohl auch jeder
seine eigenen Erfahrungen, die sich sehr
unterscheiden dürften. Was ich wohl weiß,
ist, dass sich die - ich nenne sie -
sexuellen Bedürfnisse der Menschen sehr
stark unterscheiden, und dass viele einige
Probleme damit haben, sich überhaupt
zuzugestehen, dass sie sexuelle Bedürfnisse
haben. Unter vielem, was schamhaft als Erotik
deklariert wird, brodelt der Kessel des
Unaussprechlichen, da bin ich mir einiger-
maßen sicher.
> Und umgekehrt kann ich mir auch Sex ohne Erotik vorstellen, etwa was bei
> einer Vergewaltigung oder im Bordell abgeht. Versuchung ist das für mich
> irgendwie gar keine.
Vergewaltigung okay, da frag ich mich, ob
das überhaupt etwas mit Sex zu tun hat.
In Sachen Bordellbesuche kann ich nicht
mitreden, aber was man so in Filmen sieht,
spielt sich das oft auch in einer Mischzone
zwischen persönlicher Beziehung und einer
nicht besonders stimulierenden Dienstleistung
ab. Wenn man den Unterschied machen will,
wird man auch vielen Prostituierten eine
erotische Ausstrahlung attestieren müssen.
>
> > Etwas holzhammer-
> > mäßig ausgedrückt: 'erotisch' scheint mir oft
> > als Hüllwort für 'sexuell' zu fungieren.
>
> Ja, schon. Ein Sexfilm wird ja nicht dadurch erotisch, dass dem
> Zuschauer hüllenlose weibliche Anatomie oder die detaillierte
> Vorgehensweise beim Sex -- meistens kaninchenartiges Rammeln --
> vorgeführt wird, auch dann nicht, wenn er in der Sparte "Erotik"
> verkauft wird.
Das meine ich jetzt mal nicht. Ich meine im
alltäglichen Reden über 'es'.
> Aber der Gebrauch von Wörtern als Eu- oder Dysphemismen heißt doch
> nicht, dass sie nicht eigentlich eine unterschiedliche Bedeutung haben.
Das haben sie sicherlich schon allein
dadurch, dass sie in verschiedener Bedeutung
benutzt werden. Dennoch wird es wohl so sein,
dass manche von Erotik sprechen, wenn sie sich
nicht von Sex zu reden trauen, denn, wie sagte
noch Detlef Meißner: Sex ist schmutzig.
Grüße: Ralf Joerres