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DDR-Propagandasprueche

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Frank Schultz

unread,
Mar 30, 1999, 3:00:00 AM3/30/99
to
Ich suche alte DDR-Propagandasprüche, könnt Ihr helfen?

Etwa:

Von der Sowjetunion lernen, heißt siegen lernen.

Arbeite mit, ... mit, regiere mit.

Lieber Sonne statt Reagan.

Den Sozialismus in seinem Lauf... ;)


DANK EUCH!

-----------== Posted via Deja News, The Discussion Network ==----------
http://www.dejanews.com/ Search, Read, Discuss, or Start Your Own

Peter Conrad

unread,
Mar 30, 1999, 3:00:00 AM3/30/99
to
Frank Schultz <kris...@my-dejanews.com> wrote:

> Ich suche alte DDR-Propagandasprüche, könnt Ihr helfen?

Auszüge aus: Deutsch-Deutsch
Ein satirisches Wörterbuch
Eulenspiegel - Das Neue Berlin Verlagsgesellschaft GmbH
ISBN 3-359-00495-7

Jeder volle Sack: Ein Schlag gegen die Kriegstreiber! (1951)

Die Bewohner dieses Hauses verpflichten sich, nicht mehr den RIAS zu
hören! (1954)

Jeder Bauer deckt eine Sau mehr! (1955)

Einzelschafhalter! Schließt euch zu genossenschaftlichen Herden
zusammen! (1956)

Radfahrer! Durch Vermeidung von Verkehrsunfällen tragt ihr bei zum
Gelingen des zweiten Fünfjahrplans! (1956)

Die DDR ist das Vaterland ganz Deutschlands! (1962)

Am Bahnhof: Ruhm und Ehre der Partei - alle Signale auf Fahrt frei!

An der Friedhofsmauer: Alles heraus zum Ersten Mai!

Und ganz bekannt, berühmt und berüchtigt:

So wie wir heute arbeiten werden wir morgen leben!

Seltsamerweise ist es es niemals morgen geworden.

Gruß
Peter

Torsten Roensch

unread,
Mar 30, 1999, 3:00:00 AM3/30/99
to
Frank Schultz schrieb:

> Von der Sowjetunion lernen, heißt siegen lernen.

Sächsische Variante:
Von der Sowjetunion lernen heißt siechen lernen. ;-)

(Viele Jahre lang prangte in roter Leuchtschrift von
einem Hochhaus im Zentrum Dresdens die Losung:
"Der Sozialismus siegt", gern auch als "... siecht"
ausgesprochen.)

Gruß
Torsten

Torsten Roensch

unread,
Mar 30, 1999, 3:00:00 AM3/30/99
to
Peter Conrad schrieb:

> An der Friedhofsmauer: Alles heraus zum Ersten Mai!

20 Jahre DDR - 20 Jahre sozialistischer Zirkus!

Gruß
Torsten

Christina Kunze

unread,
Mar 30, 1999, 3:00:00 AM3/30/99
to

Frank Schultz schrieb in Nachricht <7dp5lq$7h5$1...@nnrp1.dejanews.com>...

>Ich suche alte DDR-Propagandasprüche, könnt Ihr helfen?


Der schönste:

Wie wir heute arbeiten, werden wir morgen leben

chr

Veith

unread,
Mar 30, 1999, 3:00:00 AM3/30/99
to
Hi Torsten,

> Von der Sowjetunion lernen, heißt siegen lernen.

Schacht-Variante:
"Der Kumpel durch den Stollen kriecht, vorwärts der Sozialismus siecht!"

oder die berühmten Losungen an Irrenanstalten (Sonderschulen etc.):
"Was wir sind, sind wir durch die Partei!"
"Sigmund Jähn, einer von uns!"

Die "abgehackten Hände": "Meine Hand für mein Produkt!"

Tschau
Veith
P.S. "Je stärker der Sozialismus, desto sicherer der Frieden!"
--------------------------------------
"Ziel des Spieles ist es, Länder zu überfallen, Kontinente und die Welt zu
erobern, sowie Gegner zu schlagen." -- Risiko 1976
"Ziel des Spieles ist es, Länder und Kontinente von Besatzungsarmeen zu
befreien und in die Unabhängigkeit zu führen." -- Risiko 1990

Georg Lenner

unread,
Mar 31, 1999, 3:00:00 AM3/31/99
to

Peter Conrad schrieb in Nachricht
<1dph1f4.5f6...@p3e9d0c36.dip.t-online.de>...

>Frank Schultz <kris...@my-dejanews.com> wrote:
>
>> Ich suche alte DDR-Propagandasprüche, könnt Ihr helfen?
>
>Auszüge aus: Deutsch-Deutsch
> Ein satirisches Wörterbuch
> Eulenspiegel - Das Neue Berlin Verlagsgesellschaft GmbH
> ISBN 3-359-00495-7
>
>Jeder volle Sack: Ein Schlag gegen die Kriegstreiber! (1951)
>
>Die Bewohner dieses Hauses verpflichten sich, nicht mehr den RIAS zu
>hören! (1954)
>
>Jeder Bauer deckt eine Sau mehr! (1955)
>
>Einzelschafhalter! Schließt euch zu genossenschaftlichen Herden
>zusammen! (1956)
>
>Radfahrer! Durch Vermeidung von Verkehrsunfällen tragt ihr bei zum
>Gelingen des zweiten Fünfjahrplans! (1956)
>
>Die DDR ist das Vaterland ganz Deutschlands! (1962)
>
>Am Bahnhof: Ruhm und Ehre der Partei - alle Signale auf Fahrt frei!
>
>An der Friedhofsmauer: Alles heraus zum Ersten Mai!
>
>
>
>Und ganz bekannt, berühmt und berüchtigt:
>
>So wie wir heute arbeiten werden wir morgen leben!
>
>Seltsamerweise ist es es niemals morgen geworden.
>

Also diese Sprüche sind wirklich köstlich!! Was mich dabei interessiert :
welche Strafe stand auf solche Sprüche: ich meine gab es da Gefängnis dafür
oder bloß eine Verwarnung ,etc. falls man erwischt wurde? Hat man über diese
Sprüche öffentlich nur flüsternd gesprochen oder hat jedermann offen darüber
gelacht? Wie hat denn diesbezüglich der Alltag in der ehemaligen DDR
ausgesehen?

Georg


Gernot Zander

unread,
Mar 31, 1999, 3:00:00 AM3/31/99
to
Hi,

in de.etc.sprache.deutsch Frank Schultz <kris...@my-dejanews.com> wrote:
> Ich suche alte DDR-Propagandasprüche, könnt Ihr helfen?

> Etwa:

> Von der Sowjetunion lernen, heißt siegen lernen.

> Arbeite mit, ... mit, regiere mit.

> Lieber Sonne statt Reagan.

> Den Sozialismus in seinem Lauf... ;)

Plakat an der Friedhofsmauer: "Alles heraus zum 1. Mai!"
Wir kennen zwar den Plan nicht, bringen aber das Doppelte.
Die 4 Hauptfeinde des Sozialismus: Frühling, Sommer, Herbst und
Winter.
Wo wir sind, geht alles durcheinander, aber wir können nicht überall sein.
Lieber Brust an Brust mit der Sekretärin als Schulter an Schulter mit
dem Parteigenossen!
Initiative ist Disziplinlosigkeit mit positivem Ausgang.
Ärgere nie einen dümmeren - schon morgen könnte er dein Chef sein.


mfg.
Gernot

--
<hi...@gmx.de> (Gernot Zander)
Ein System-Administrator ist nur so gut wie sein letztes Backup.
(Horst Knobloch)

Dirk Bindmann

unread,
Mar 31, 1999, 3:00:00 AM3/31/99
to
Georg Lenner <le...@aon.at> schrieb:

> >Jeder volle Sack: Ein Schlag gegen die Kriegstreiber! (1951)
> >
> >Die Bewohner dieses Hauses verpflichten sich, nicht mehr den RIAS zu
> >hören! (1954)
> >
> >Jeder Bauer deckt eine Sau mehr! (1955)
> >
> >Einzelschafhalter! Schließt euch zu genossenschaftlichen Herden
> >zusammen! (1956)
> >
> >Radfahrer! Durch Vermeidung von Verkehrsunfällen tragt ihr bei zum
> >Gelingen des zweiten Fünfjahrplans! (1956)
> >
> >Die DDR ist das Vaterland ganz Deutschlands! (1962)
> >
> >Am Bahnhof: Ruhm und Ehre der Partei - alle Signale auf Fahrt frei!
> >
> >An der Friedhofsmauer: Alles heraus zum Ersten Mai!
> >
> >Und ganz bekannt, berühmt und berüchtigt:
> >
> >So wie wir heute arbeiten werden wir morgen leben!
> >
> >Seltsamerweise ist es es niemals morgen geworden.

> Also diese Sprüche sind wirklich köstlich!! Was mich dabei interessiert :
> welche Strafe stand auf solche Sprüche: ich meine gab es da Gefängnis dafür
> oder bloß eine Verwarnung ,etc. falls man erwischt wurde? Hat man über diese
> Sprüche öffentlich nur flüsternd gesprochen oder hat jedermann offen darüber
> gelacht? Wie hat denn diesbezüglich der Alltag in der ehemaligen DDR
> ausgesehen?

Diese Sprüche sind keine Witze. Die sind so echt und ernst wie
"friedenschaffende Maßnahmen".

Herzliche Grüße

Jens Jindrak

unread,
Mar 31, 1999, 3:00:00 AM3/31/99
to
On 31 Mar 1999 18:31:14 +0200, Gernot Zander <hi...@gmx.de> wrote:

>Ärgere nie einen dümmeren - schon morgen könnte er dein Chef sein.

Man könnte den Eindruck gewinnen, daß es doch Ähnlichkeiten zwischen
den Systemen gab und gibt...


Georg Lenner

unread,
Mar 31, 1999, 3:00:00 AM3/31/99
to

>Dirk Bindmann wal...@esperanto.de schrieb:

>Diese Sprüche sind keine Witze. Die sind so echt und ernst wie
>"friedenschaffende Maßnahmen".

Ein von staatlicher Seite propagierter Spruch wie "Jeder Bauer deckt eine
Sau mehr" kann aus heutiger Sicht doch nur mehr als Witz verstanden werden.
Wahrscheinlich haben die Menschen aber auch damals Tränen gelacht. Ein
Spruch auf der Friedhofmauer(!) "Alles heraus zum 1.Mai" denke ich mal, war
in jedem Fall politischer Widerstand durch Witz. In diesem Sinne war meine
Frage auch gemeint.

Georg

Gerald Fix

unread,
Apr 1, 1999, 3:00:00 AM4/1/99
to
On 31 Mar 1999 18:31:14 +0200, Gernot Zander <hi...@gmx.de> wrote:

>Plakat an der Friedhofsmauer: "Alles heraus zum 1. Mai!"
>Wir kennen zwar den Plan nicht, bringen aber das Doppelte.
>Die 4 Hauptfeinde des Sozialismus: Frühling, Sommer, Herbst und
>Winter.
>Wo wir sind, geht alles durcheinander, aber wir können nicht überall sein.
>Lieber Brust an Brust mit der Sekretärin als Schulter an Schulter mit
>dem Parteigenossen!
>Initiative ist Disziplinlosigkeit mit positivem Ausgang.

>Ärgere nie einen dümmeren - schon morgen könnte er dein Chef sein.

Waren die Parolen des Pfarrers Brüsewitz eigentlich ernst gemeint
oder waren es Parodien auf die Standardsprüche?

--
Grüsse, Gerald Fix

Thomas Binder

unread,
Apr 1, 1999, 3:00:00 AM4/1/99
to
Georg Lenner schrieb:

Nein Georg, du bist leider im Unrecht !
Diese Sprüche waren tatsächlich Ernst gemeint. Die Parteifunktionäre waren oft
wirklich so ungebildet, daß Sie die Zweideutigkeit der Parolen (oder die Komik
durch
Anbringung an unpassendster Stelle) nicht erkannten.
Frohe Ostern
TB


Kai-Uwe Thiessenhusen

unread,
Apr 1, 1999, 3:00:00 AM4/1/99
to
Thomas Binder wrote:
>
> Georg Lenner schrieb:

> > Ein
> > Spruch auf der Friedhofmauer(!) "Alles heraus zum 1.Mai" denke ich mal, war
> > in jedem Fall politischer Widerstand durch Witz. In diesem Sinne war meine
> > Frage auch gemeint.

> Diese Sprüche waren tatsächlich Ernst gemeint. Die Parteifunktionäre waren oft


> wirklich so ungebildet, daß Sie die Zweideutigkeit der Parolen (oder die Komik
> durch
> Anbringung an unpassendster Stelle) nicht erkannten.

Es gab wahrscheinlich beides. Bei "20 Jahre DDR - 20 Jahre
sozialistischer
Zirkus" kann ich mir gut vorstellen, dass die Zirkusleute sich dabei
schon
etwas gedacht haben. Dass die schoensten Spaesse, wie so oft im Leben,
unfreiwillig waren (und die Dummheit mancher Funktionaere grenzenlos)
stimmt auch wieder.

Eine Geschichte, die ich mal auf einer Maidemonstration sah, war
(und mein Wort darauf, sie ist echt):

Die Werktaetigen stellen auf mitgefuehrten Fahrzeugen Erzeugnisse aus
ihren Betrieben vor. VEB OGS (Obst, Gemuese und Speisekartoffeln) hat
auf einem Pritschenwagen Faesser mit der Aufschrift "Saure Gurken".
Darueber ein Transparent: "Die Werktaetigen des VEB OGS fordern das
Verbot der Herstellung, Erprobung und Lagerung chemischer Waffen".

Aber eins zur Warnung: _die DDR war kein Witz_. So lustig, wie die hier
gebrachten Losungen, waren die wenigsten. Die meisten Losungen waren
einfach nur langweilig und wurden so oft wiederholt, dass es schmerzte,
oder sogar noch viel oefter.

Und zur Ausgangsfrage: die Losungen in diesem Unterthread sind
anscheinend
echt (oder wurden zumindest als angeblich echt ueber die Jahre
ueberliefert. Vielleicht sind einige auch "urban legends").
Anderes, was hier kam, z.B. die meisten Sprueche in Gernots Posting von
gestern (der mit der Friedhofsmauer vielleicht ausgenommen) sind aber
einfach nur Witze, in denen sich der Volksmund ueber die Originale
lustig
machte, keine echten Losungen.

Kai

Christina Kunze

unread,
Apr 1, 1999, 3:00:00 AM4/1/99
to

Dirk Bindmann schrieb in Nachricht ...

>
>Diese Sprüche sind keine Witze. Die sind so echt und ernst wie
>"friedenschaffende Maßnahmen".


Als ich das erste Mal "Die Partei hat immer recht", wollte ich auch
nicht glauben, daß das mal ernst gemeint war.
Da sind die Sprüche ja noch viel näher an der Realität.

Christina

Kris Widenius

unread,
Apr 1, 1999, 3:00:00 AM4/1/99
to

Frank Schultz kirjoitti viestissä <7dp5lq$7h5$1...@nnrp1.dejanews.com>...

>Ich suche alte DDR-Propagandasprüche, könnt Ihr helfen?
>


Ich habe die DDR nur einmal besucht (einen Monat lang im
Karl-Marx-Jahr 1983), aber dies werde ich wohl nie vergessen:

Die Lehre von Marx ist allmächtig, weil sie wahr ist.
-Lenin-

Gruss aus Finnland

Kris

Wolfram Steinacker

unread,
Apr 1, 1999, 3:00:00 AM4/1/99
to
Kai-Uwe Thiessenhusen sah:

> mal auf einer Maidemonstration sah,

> "Saure Gurken".
> Darueber ein Transparent: "Die Werktaetigen des VEB OGS fordern das
> Verbot der Herstellung, Erprobung und Lagerung chemischer Waffen".

Schaufenster eines Naumburger Milchladens ca. 1975:
"Unser Käseangebot"
"Wählt die Kandidaten der Nationalen Front!"

Grüße

Wolfram


Dirk Bindmann

unread,
Apr 1, 1999, 3:00:00 AM4/1/99
to
Gerald Fix <geral...@uumail.de> schrieb:

> Waren die Parolen des Pfarrers Brüsewitz eigentlich ernst gemeint
> oder waren es Parodien auf die Standardsprüche?

Die Sprüche waren ernst gemeint, aber die Person war nur
eingeschränkt ernst zu nehmen.

Brüsewitz hat sich nur einige hundert Meter von meinem Haus
entfernt verbrannt. Die Brandspuren waren noch lange zu sehen. In
westlichen Medien wurde er ja wie ein Märtyrer gefeiert.
Eigenartigerweise war auch das ZDF kurz nach der Verbrennung zur
Stelle. Die müssen ihn mit kühler Berechnung in sein heißes
Unglück laufen gelassen haben. Ich halte Brüsewitz für einen
religiösen Eiferer, der nicht ganz zurechnungsfähig war. Der
ackerte mit seinem Trabi und lief in Unterhosen auf der Straße
herum (das habe ich allerdings nicht selbst gesehen). Mit seiner
politischen Fundamental-Opposition war er natürlich den
Staatsorganen ein Dorn im Auge, aber Zeloten passen in keinen
Staat dieser Welt. Es ist ziemlich schwierig, seine
Selbstverbrennung richtig einzuordnen. Die staatlichen Organe
vermochten auf ihn selbst wohl keinen Druck ausüben, aber
Brüsewitz trübte sicher das Verhältnis zwischen Staat und Kirche
insgesamt. Die Kirchenoberen waren also schon deswegen
interessiert, ihn auf einen weniger exponierten Posten
abzuschieben, doch sicher zweifelte man auch daran, ob eine so
absonderliche Gestalt die Pastorenfunktion würdig wahrnehmen
könne. Als Brüsewitz merkte, dass man ihm die Pfarre nehmen
wollte, erschien ihm das Leben wohl nicht mehr lebenswert. Den
Freitod führte er dann als sein letztes Spektakel auf.

Ein schwieriger Vorfall, der meist nur politisch betrachtet wird,
dessen menschliche Dimension aber nicht außer Acht gelassen
werden sollte.

Herzliche Grüße
Dirk

Gernot Zander

unread,
Apr 1, 1999, 3:00:00 AM4/1/99
to
Hi,

in de.etc.sprache.deutsch Kai-Uwe Thiessenhusen <k...@agnld.uni-potsdam.de> wrote:
> Anderes, was hier kam, z.B. die meisten Sprueche in Gernots Posting von
> gestern (der mit der Friedhofsmauer vielleicht ausgenommen) sind aber
> einfach nur Witze, in denen sich der Volksmund ueber die Originale
> lustig
> machte, keine echten Losungen.

Ja, danke, darauf hätte ich noch hinweisen sollen.

mfg.
Gernot

--
<hi...@gmx.de> (Gernot Zander)
Der Telekom Privatkundenvertrieb
vertreibt die Telekom-Kunden hoechst zuverlaessig! (Ingmar Camphausen)

Gernot Zander

unread,
Apr 1, 1999, 3:00:00 AM4/1/99
to
Hi,

in de.etc.sprache.deutsch Gerald Fix <geral...@uumail.de> wrote:
> On 31 Mar 1999 18:31:14 +0200, Gernot Zander <hi...@gmx.de> wrote:

> >Plakat an der Friedhofsmauer: "Alles heraus zum 1. Mai!"
> >Wir kennen zwar den Plan nicht, bringen aber das Doppelte.
> >Die 4 Hauptfeinde des Sozialismus: Frühling, Sommer, Herbst und
> >Winter.
> >Wo wir sind, geht alles durcheinander, aber wir können nicht überall sein.
> >Lieber Brust an Brust mit der Sekretärin als Schulter an Schulter mit
> >dem Parteigenossen!
> >Initiative ist Disziplinlosigkeit mit positivem Ausgang.
> >Ärgere nie einen dümmeren - schon morgen könnte er dein Chef sein.

> Waren die Parolen des Pfarrers Brüsewitz eigentlich ernst gemeint


> oder waren es Parodien auf die Standardsprüche?

Es ging eine kopierte A4-Seite mit derlei Sachen von Hand
zu Hand (auch durch die des Parteisekretärs).
Aufgeregt hat sich da keiner drüber - jedenfalls nicht in meinem
Umfeld.

mfg.
Gernot

--
<hi...@gmx.de> (Gernot Zander)
Signature out of order.

Igotmail2

unread,
Apr 1, 1999, 3:00:00 AM4/1/99
to
Jens Jindrak schrieb:

>Man könnte den Eindruck gewinnen, daß es doch Ähnlichkeiten zwischen
>den Systemen gab und gibt...

Die Systemkonvergenz ist ein alter Hut und natürlich nicht wahr.
Frage:
Was ist der Unterschied zwischen Kapitalismus und Sozialismus?
Antwort:
Der Kapitalismus ist gekennzeichnet durch die Ausbeutung des Menschen durch den
Menschen. Im Sozialismus ist es genau umgekehrt.
Fazit:
Mein einleitender Satz enthält einen Kommafehler:
Die Systemkonvergenz ist ein alter Hut und natürlich, nicht wahr.

Viele Grüße aus Berlin
Götz Sachse

Carsten Kruse

unread,
Apr 1, 1999, 3:00:00 AM4/1/99
to

Veith schrieb in einer Nachricht an All:

V> P.S. "Je stärker der Sozialismus, desto sicherer der Frieden!"
V> --------------------------------------
V> "Ziel des Spieles ist es, Länder zu überfallen, Kontinente und die
V> Welt zu erobern, sowie Gegner zu schlagen." -- Risiko 1976
V> "Ziel des Spieles ist es, Länder und Kontinente von Besatzungsarmeen
V> zu befreien und in die Unabhängigkeit zu führen." -- Risiko 1990

Ist diese Zusammenstellung bewußt gewählt?

Bye/7, Carsten [G'Car] E-Mail: c...@beg.gera.thur.de
--
... The families of one's friends are always a disappointment.

Wolfram Steinacker

unread,
Apr 2, 1999, 3:00:00 AM4/2/99
to
Dirk Bindmann schrieb:

>
> Die Sprüche waren ernst gemeint, aber die Person war nur
> eingeschränkt ernst zu nehmen.

Die Partei:
"Ohne Gott und Sonnenschein bringen wir die Ernte ein."

Brüsewitz:
"Ohne Sonnenschein und Gott geht die ganze Welt kapott." o.s.ä.

Lieber Dirk!

Ich halte Deine Brüsewitz-Reflexion für ausgewogen. Gleichzeitig frage
ich, ob man mit ausgewogenen Reflexionen solchen Extremen überhaupt
gerecht werden kann. Eine funktionieren wollende Gesellschaft zeichnet
sich für mich dadurch aus, wieviel Platz (=Toleranz) sie ihren
Außenseitern (=schwarzen Schafen) einräumt. Eiferer hat es damals genug
gegeben, nämlich politische. Wieso sind dann ausgerechnet die religiösen
zu disqualifizieren? Das klingt bei Dir so heraus. Und einem Menschen
nachträglich eine Unzurechnungsfähigkeit zu bestätigen, bedeutet
eigentlich, die Reaktionen der staatlichen wie der kirchlichen Seite zu
entschuldigen.
'Die Umstände formen den Menschen' hat man uns eingepaukt. Hier muß ich
dem ausnahmsweise zustimmen: Es war ein unzurechnungsfähiger Staat, der
seine Unduldsamkeit an einem störrischen kleinen Bock ausgelassen hat.
Eigentlich unterscheidet sein Eiferertum ihn nur geringfügig von
Giordano Bruno. Der hätte es ja auch 'einfach lassen können'. Aber nein,
der sagte seine Provokationen ebenso sehenden Auges. Insofern wäre er -
nach unseren Maßstäben - ebenso unzurechnungsfähig.
Es ist schwierig, das weiterzudenken.
Aber die Sprüche halte ich nicht nur für ernst 'gemeint', sondern
irgendwie für prophetisch.

Herzliche Grüße

Wolfram


Gerald Fix

unread,
Apr 2, 1999, 3:00:00 AM4/2/99
to
On 1 Apr 1999 20:58:25 GMT, wal...@esperanto.de (Dirk Bindmann)
wrote:

> ....


>Ein schwieriger Vorfall, der meist nur politisch betrachtet wird,
>dessen menschliche Dimension aber nicht außer Acht gelassen
>werden sollte.

Vielen Dank für die Erläuterungen. Ich habe Brüsewitz nur aus der
Ferne wahrgenommen (und im Westen war zur damaligen Zeit ein
Kritiker der DDR oftmals auch bei der westdeutschen Linken nicht
gern gesehen). Neu war für mich vor allen Dingen, dass die
Selbstverbrennung persönliche Gründe hatte und nicht politisch
begründet war. Ich will allerdings meinen Respekt vor diesem Mann
nicht verhehlen.

Um on-topic zu bleiben ein Brüsewitz-Beispiel:
Original: Ohne Gott und Sonnenschein fahren wir die Ernte ein
Brüsewitz: Ohne Regen, ohne Gott geht die ganze Welt bankrott!

--
Grüsse, Gerald Fix

Veith

unread,
Apr 2, 1999, 3:00:00 AM4/2/99
to
Hi Carsten,

> V> P.S. "Je stärker der Sozialismus, desto sicherer der Frieden!"
> V> --------------------------------------
> V> "Ziel des Spieles ist es, Länder zu überfallen, Kontinente und die ...

>
>Ist diese Zusammenstellung bewußt gewählt?

:-) Sowohl als auch,
obiges viel mir im Zusammenhang von DDR-Sprüchen und den gegenwärtigen
Kriegen ein, das andere ist meine übliche Sig.

MfG
Veith
--------------------------------------
"Ziel des Spieles ist es, Länder zu überfallen, Kontinente und die Welt zu


erobern, sowie Gegner zu schlagen." -- Risiko 1976

"Ziel des Spieles ist es, Länder und Kontinente von Besatzungsarmeen zu

Wolfram Steinacker

unread,
Apr 2, 1999, 3:00:00 AM4/2/99
to
Dirk Bindmann schrieb:
>
> Die Sprüche waren ernst gemeint, aber die Person war nur
> eingeschränkt ernst zu nehmen.

Die Partei:
"Ohne Gott und Sonnenschein bringen wir die Ernte ein."

Brüsewitz:
"Ohne Sonnenschein und Gott geht die ganze Welt bankrott." o.s.ä.

Dirk Bindmann

unread,
Apr 2, 1999, 3:00:00 AM4/2/99
to
Wolfram Steinacker <Wolfram.S...@t-online.de> schrieb:

> Dirk Bindmann schrieb:
> >
> > Die Sprüche waren ernst gemeint, aber die Person war nur
> > eingeschränkt ernst zu nehmen.
>
> Die Partei:
> "Ohne Gott und Sonnenschein bringen wir die Ernte ein."
>
> Brüsewitz:

> "Ohne Sonnenschein und Gott geht die ganze Welt kapott." o.s.ä.

Den ersten Spruch kannte ich nicht. Der stammt wohl aus den
frühen Jahren der DDR. Die Replik von Brüsewitz
hätte ich also nur halb verstanden.

> Ich halte Deine Brüsewitz-Reflexion für ausgewogen. Gleichzeitig frage
> ich, ob man mit ausgewogenen Reflexionen solchen Extremen überhaupt
> gerecht werden kann.

Davon bin ich überzeugt. Oder sollte ich das Extrem extrem
reflektieren? So etwas liegt mir nicht.

> Eine funktionieren wollende Gesellschaft zeichnet
> sich für mich dadurch aus, wieviel Platz (=Toleranz) sie ihren
> Außenseitern (=schwarzen Schafen) einräumt.

Brüsewitz hatte seinen Platz in der Gesellschaft: er war Pfarrer.
Das war er bis zu seinem Lebensende, obwohl er nicht unumstritten
war. Das Außenseiter umstritten sind, das ist in jeder
Gesellschaft normal. Das kann man zwar bedauern, kann es aber
nicht ändern.

> Eiferer hat es damals genug
> gegeben, nämlich politische. Wieso sind dann ausgerechnet die religiösen
> zu disqualifizieren? Das klingt bei Dir so heraus.

Also hältst Du meine Brüsewitz-Reflexion doch nicht für
ausgewogen. Um eines klarzustellen: ich meine, jeder Eiferer
schadet der Sache, für die er zu streiten vorgibt. Das Thema war
aber Brüsewitz, nicht Mielke oder Kader-Müller. Zudem war auch
Brüsewitz nicht nur religiöser, sondern auch politischer Eiferer.

> Und einem Menschen
> nachträglich eine Unzurechnungsfähigkeit zu bestätigen, bedeutet
> eigentlich, die Reaktionen der staatlichen wie der kirchlichen Seite zu
> entschuldigen.
> 'Die Umstände formen den Menschen' hat man uns eingepaukt. Hier muß ich
> dem ausnahmsweise zustimmen: Es war ein unzurechnungsfähiger Staat, der
> seine Unduldsamkeit an einem störrischen kleinen Bock ausgelassen hat.

Hier kann ich Dir nicht ganz folgen. Niemand hat Brüsewitz auf
den Scheiterhaufen gezerrt, er hat sich selbst verbrannt. Wieso
sollte ich die Reaktionen der staatlichen wie der kirchlichen
Seite entschuldigen? Tragen sie denn die Schuld an dieser
Verbrennung? Offene Repressionen der Kommunisten gegen den
Antikommunisten Brüsewitz hat es meines Wissens nie gegeben. Als
Pfarrer konnte er tun und lassen, was er wollte. Und der Kirche
kann man wohl erlauben, über Personalfragen _nachzudenken_.
_Entschieden_ hatte sie ja nichts, weil auch die Kirchenführung
vor der politischen Interpretation einer solchen Entscheidung
scheute.

Herzliche Grüße
Dirk

Dirk Bindmann

unread,
Apr 2, 1999, 3:00:00 AM4/2/99
to
Gerald Fix <geral...@uumail.de> schrieb:

> On 1 Apr 1999 20:58:25 GMT, wal...@esperanto.de (Dirk Bindmann)
> wrote:
>
> > ....
> >Ein schwieriger Vorfall, der meist nur politisch betrachtet wird,
> >dessen menschliche Dimension aber nicht außer Acht gelassen
> >werden sollte.
>
> Vielen Dank für die Erläuterungen. Ich habe Brüsewitz nur aus der
> Ferne wahrgenommen (und im Westen war zur damaligen Zeit ein
> Kritiker der DDR oftmals auch bei der westdeutschen Linken nicht
> gern gesehen). Neu war für mich vor allen Dingen, dass die
> Selbstverbrennung persönliche Gründe hatte und nicht politisch
> begründet war.

Die Selbstverbrennung war politisch _und_ persönlich begründet.
Die politische Seite ist für die Medien nur verwertbarer.

> Ich will allerdings meinen Respekt vor diesem Mann
> nicht verhehlen.

Dann will ich nicht verhehlen, dass ich für Selbstverbrennungen
wenig Verständis aufbringe. Jeglicher religiöser oder politischer
Fanatismus ist mir suspekt.

Herzliche Grüße
Dirk

Dirk Bindmann

unread,
Apr 2, 1999, 3:00:00 AM4/2/99
to
Frank Pruefer <fp...@t-online.de> schrieb:

> DB> Der
> DB> ackerte mit seinem Trabi und lief in Unterhosen auf der Straße
> DB> herum (das habe ich allerdings nicht selbst gesehen).
>
> ... und soll mit einer Gemeindejugendgruppe in Urlaub gefahren sein
> uund dabei _völlig nackt_ am FKK-Strand mit denen Ball gespielt haben.
> So einer _muß_ doch "geistesgestört" sein, genau! :-(

Die nachträgliche Verleumdung als "Selbstentblößer" habe ich
bewusst nicht erwähnt. Vom Trabi mit angehängtem Pflug gibt es
ein Foto. Die Episode mit der für einen Pfarrer unschicklichen
Kleidung war Straßengespräch. So etwas bekommt man eben mit, wenn
man jeden Tag durch das Dorf läuft, in dessen Kirche Brüsewitz
gepredigt hat.

> Hast Du das vielleicht schon mal als Form des Protestes oder einfachen
> "Andersseins" in einer prüden und verlogenen Gesellschaft gesehen?

Apropos prüde Gesellschaft: Ich gehe nicht davon aus, dass in der
BRD Nacktbaden verbreiteter war als in der DDR. Jedenfalls wurden
nach der Wende viele FKK-Strände in Textilstrände umgewandelt,
weil sich Westdeutsche nicht an den Anblick unbekleideter
Menschen gewöhnen konnten.

Apropos verlogene Gesellschaft: Ein Blick in die derzeitigen
Massenmedien genügt, um zu erkennen, dass Verlogenheit kein
spezielles Problem der DDR-Gesellschaft war.

> Brüsewitz war ein Märtyrer,

Märtyrer schätze ich nicht besonders. Fanatiker haben genug
Unglück über die Menschheit gebracht.

> DB> Ein schwieriger Vorfall, der meist nur politisch betrachtet wird,
> DB> dessen menschliche Dimension aber nicht außer Acht gelassen
> DB> werden sollte.
>
> Ja, er hat anschließend in seiner Gemeinde ein großes Loch
> hinterlassen.

Das kann ich nicht beurteilen. Ich war in einer anderen Gemeinde.

Herzliche Grüße
Dirk

Wolfram Steinacker

unread,
Apr 2, 1999, 3:00:00 AM4/2/99
to
Dirk Bindmann ist überzeugt, daß:

>
> > man mit ausgewogenen Reflexionen solchen
> > Extremen überhaupt gerecht werden kann.
>
> Davon bin ich überzeugt. Oder sollte ich das Extrem extrem
> reflektieren?

:-)

> So etwas liegt mir nicht.

Mir auch nicht. Aber 'Ausgewogenheit' scheint mir in unserer
Gesellschaft zu einem windelweicher Begriff geraten, der es irgendwie
versucht, jeder Seite - nach dem Motto - wir tun keinem weh, denn alle
wollten doch das beste, 'gerecht' zu werden. Das halte ich für
fragwürdig, wie Du unten auch angemerkt hast. Mir käme es schon schon
auf radikalere (im Sinne von 'an die Wurzel gehenden') Nachforschungen
und damit verbundene Bewertungen an.



> > Eine funktionieren wollende Gesellschaft zeichnet
> > sich für mich dadurch aus, wieviel Platz (=Toleranz) sie ihren
> > Außenseitern (=schwarzen Schafen) einräumt.
>
> Brüsewitz hatte seinen Platz in der Gesellschaft: er war Pfarrer.

Ist's möglich, daß sich eine bestimmte Institution herausnahm, eben
diesen 'Platz' einer Macht des Schicksals gleich, zuzuweisen und
gleichzeitig abzugrenzen. Freilich - innerhalb dieses seltsamen Zaunes
herrschte Narrenfreiheit. (Vielleicht waren die Geistlichen - cum grano
salis - auch nur pars pro toto des DDR-Bürgers in seinem Nischenglück?)

> Das war er bis zu seinem Lebensende, obwohl er nicht unumstritten
> war. Das Außenseiter umstritten sind, das ist in jeder
> Gesellschaft normal. Das kann man zwar bedauern,

Darum ging es allerdings gar nicht. Sondern, wie weit eine echte
Lebensmöglichkeit auch außerhalb dieses Zaunes möglich war.

> kann es aber nicht ändern.

Haben wir nicht einmal alle so geredet, die Hände den Taschen geballt?

> ...Um eines klarzustellen: ich meine, jeder Eiferer
> schadet der Sache, für die er zu streiten vorgibt...Zudem war auch


> Brüsewitz nicht nur religiöser, sondern auch politischer Eiferer.

Wofür soll das ein Argument sein?
Moses, Mohammed, Jesus traten - zumindest phasenweise - als Eiferer,
religiöse wie politische, in Erscheinung. Es gibt unzählige weitere
Beispiele, wobei die "politischen" häufig durch ein geradezu religiöses
Sendungsbewußtsein auffielen. Hat wirklich das Eiferertum ihrer Sache
geschadet? Beweisen die Märtyrer nicht gerade das Gegenteil?
Oder ist es doch eher die nichtige 'Sache' selbst? So mußte die DDR
untergehen, ganz ungeachtet der Zahl ihrer eifernden Verfechter.



> > Es war ein unzurechnungsfähiger Staat, der seine Unduldsamkeit an
> > einem störrischen kleinen Bock ausgelassen hat.
>

> Niemand hat Brüsewitz auf
> den Scheiterhaufen gezerrt, er hat sich selbst verbrannt. Wieso
> sollte ich die Reaktionen der staatlichen wie der kirchlichen
> Seite entschuldigen? Tragen sie denn die Schuld an dieser
> Verbrennung?

Das 'Neue Deutschland' hat überaus geschwind recherchiert und in einer
beispiellosen posthumen Rufmordkampagne publizistische
'Leichenfledderei' (Richard Schröder) betrieben. War das - wenn es
wirklich nur der arme 'kranke Irre' aus Dingsda gewesen sein sollte -
wirklich der Mühe wert?

Herzlichst

Wolfram


Gitti Goetz

unread,
Apr 3, 1999, 3:00:00 AM4/3/99
to
Lieber Wolfram, lieber Dirk,

> 'Die Umstände formen den Menschen' hat man uns eingepaukt. Hier muß ich

> dem ausnahmsweise zustimmen: Es war ein unzurechnungsfähiger Staat, der


> seine Unduldsamkeit an einem störrischen kleinen Bock ausgelassen hat.

imho habt Ihr beide ein Stück weit recht...
was mir nur gerade durch den Kopf gegangen ist: warum war Brüsewitz ein
Märtyrer, aber sich verbrennende KurdInnen sind Terroristen?
Ich finde diese Aktionsform generell nicht so angebracht (sorry für off-
topic).

Was die DDR-Sprüche eingeht, scheint es eine Gemeinsamkeit mit Helmut Kohl
zu geben, über den Dietrich Kittner mal gesagt hat: "Ich karikiere ihn
nicht mehr. Ich habe es verschärft, ich zitiere ihn" :-)
Ich hab mich, als ich Anfang 90 nach Jena kam, obwohl politisch
sympathisierend und neugierig auf alles, ziemlich amüsiert und gewundert,
nicht nur über die Sprüche, sondern über die Durchdringung des gesamten
Alltags mit diesem Vokabular, auch da, wo es gar nicht passt. Jedes
Hinweisschild auf irgendeinem Hinterhof fängt mit "sozialistisch" an.

Neue Frage: Kommt mir das z.T. vielleicht nur so merkwürdig vor, weil ich
ein Wessi bin und damit nicht aufgewachsen bin? Gibt es auch BRD-
Propagandasprueche/-sprache, die nur weniger aufdringlich sind/ist (einen
freiheitlich-demokratischen Hinterhof hab ich noch nicht gesehen)? Mir
geht es jetzt nicht um einen politischen Systemvergleich (der hier
offtopic waere und bei dem wir uns auch bestimmt nicht einig werden),
sondern um die unterschiedliche Sprachentwicklung.


schöne Grüße
:-) Gitti


--
Gitti Goetz
http://home.link-m.de/ggoetz/
à bientôt à Cologne!

Dirk Bindmann

unread,
Apr 3, 1999, 3:00:00 AM4/3/99
to
Wolfram Steinacker <Wolfram.S...@t-online.de> schrieb:

> Dirk Bindmann ist überzeugt, daß:
> >
> > > man mit ausgewogenen Reflexionen solchen
> > > Extremen überhaupt gerecht werden kann.
> >
> > Davon bin ich überzeugt. Oder sollte ich das Extrem extrem
> > reflektieren?
>
> :-)
>
> > So etwas liegt mir nicht.
>
> Mir auch nicht. Aber 'Ausgewogenheit' scheint mir in unserer
> Gesellschaft zu einem windelweicher Begriff geraten,

Nun habe ich den Begriff "Ausgewogenheit" nie benutzt, lehne ihn
allerdings auch nicht aus Deinem Munde ab. Vielleicht passt
"Nüchternheit" besser. Seit der Selbstverbrennung ist ein
Vierteljahrhundert vergangen. Da kann man den Vorfall auch etwas
unaufgeregter betrachten, ohne uniformierte Gedanken in die
Propagandaschlacht zu schicken. Alles, was ich bisher über
Brüsewitz gelesen habe, war Propaganda der einen oder anderen
Seite.

> Mir käme es schon schon
> auf radikalere (im Sinne von 'an die Wurzel gehenden') Nachforschungen
> und damit verbundene Bewertungen an.

Zu diesem Thema wurden ja schon viele Nachforschungen angestellt.
Grundlegend neue Fakten wird wohl niemand mehr finden. Es ist
aber möglich, die bekannten Tatsachen zur Kenntnis zu nehmen und
dadurch zu eigenen, anstatt zu vorgegebenen Bewertungen zu
kommen. Bisher lief das Bewerten immer nach dem gleichen Schema
ab: pro Brüsewitz = contra DDR, contra Brüsewitz = pro DDR.
Darauf lasse ich mich nicht ein. Ich bin überhaupt nicht für oder
gegen die Person Brüsewitz; ich bin grundsätzlich gegen
Selbstverbrennungen, gegen Märtyrer, gegen Fanatiker. Ich bin
auch nicht für oder gegen die DDR. Ich stelle mir überhaupt nicht
die Frage, wie ich mich zu irgendeinem Staat verhalte; ich stelle
mir die Frage, wie ich mich zu mir selbst verhalte.

> > > Es war ein unzurechnungsfähiger Staat, der seine Unduldsamkeit an
> > > einem störrischen kleinen Bock ausgelassen hat.
> >

> > Niemand hat Brüsewitz auf
> > den Scheiterhaufen gezerrt, er hat sich selbst verbrannt. Wieso
> > sollte ich die Reaktionen der staatlichen wie der kirchlichen
> > Seite entschuldigen? Tragen sie denn die Schuld an dieser
> > Verbrennung?
>
> Das 'Neue Deutschland' hat überaus geschwind recherchiert und in einer
> beispiellosen posthumen Rufmordkampagne publizistische
> 'Leichenfledderei' (Richard Schröder) betrieben.

Ich habe zwar sonst wenig mit Richard Schröder gemein, aber sein
Ausdruck trifft wohl den Kern. Doch das Neue Deutschland war vor
1990 sowieso nicht ernst zu nehmen. Wer glaubte, in dieser
Postille etwas anderes als Propaganda zu finden, war ein
hoffnungsloser Phantast.

Es liegt in der Natur der Sache, dass diese nachträgliche
Rufmordkampagne nicht zur Selbstverbrennung geführt haben kann.

Herzliche Grüße
Dirk

p. s.: Wir müssten nun entweder wieder auf das Gruppenthema
kommen oder diese Diskussion beenden/verlagern.

Wolfram Steinacker

unread,
Apr 3, 1999, 3:00:00 AM4/3/99
to
Liebe Gitti!

Wir halten wohl alle derlei Aktionen des

> Brüsewitz...
und
> sich verbrennende KurdInnen ...
> generell nicht so angebracht.

Ich möchte allerdings verhindern, daß durch ein Abschieben aufs rein
Pathologische des Opfers die Kompliziertheit der damaligen Situation aus
dem Blick gerät.



> Neue Frage: Kommt mir das z.T. vielleicht nur so merkwürdig vor, weil
> ich ein Wessi bin und damit nicht aufgewachsen bin? Gibt es auch BRD-
> Propagandasprueche/-sprache, die nur weniger aufdringlich sind/ist
> (einen freiheitlich-demokratischen Hinterhof hab ich noch nicht

> gesehen)? Mir geht es ... um die unterschiedliche Sprachentwicklung.

Natürlich gab es und gibt es die. Und nicht zu knapp. Es ist die
Werbung. Sie ist das Grundpropagandamedium des Westens. Sie ist viel
effizienter als die plumpe Ostpropaganda es je zu sein vermochte. Sie
kann alles: Sie ist subtil, ist sublim, ist grell, ist faszinierend.
Das Raffinierte an der Westpropaganda scheint mir, daß Du sie 'nicht
merkst'. Sie wirkt vielmehr da wo sie soll, nämlich unterschwellig.
Gegen etwas 'Aufgesetztes' vermag unser Menschenverstand eine gesunde
Skepsis als eine Art Schutzmechanismus zu entwickeln. Derlei Dingen
jedoch bist Du ausgeliefert, bzw. bedarf es einer hohen
Reflexionsanstrengung, sich aus diesen Verstrickungen zu lösen.
Es ist schön, Werbung herzustellen (berühmte Filmregisseure lieben sie)
und schön, sie zu konsumieren.
Nicht nur Du im Westen hast sie 'mit der Muttermilch' aufgesogen,
sondern wir im Osten ebenso, auf eine gewisse Weise viel intensiver.
Betrachten wir Werbung als das 'Zeichen' für die 'Sache', so hatte der
Westen beides, konnte irgendwie 'nüchterner' mit dem so Präsentierten
umgehen (Er konnte die Sache kritisch überprüfen, und ggf. feststellen,
auch hier wird nur mit Wasser gekocht). Im Osten - und jetzt komme ich
zum Politisch-Propagandistischen - war 'beides' nicht möglich. Der Osten
hatte medial vermittelt 'nur' die Werbung, also die Zeichen, aber nicht
die Sache. Damit wurde die Klaviatur der Minderwertigkeiten voll
ausgespielt. Der 'Hunger', die Begehrlichkeiten wurden so geschürt und
wuchsen lawinenartig, daß keinerlei 'Ostpropaganda' dieser längst
vorhandenen Flut Einhalt gebieten konnte.
In einem propagandistischen Lehrbuch der FDJ hieß es in bezug auf die
Westpropaganda (und darunter verstand man sehr wohl die 'Werbung',
weniger die 'freiheitlich-demokratischen Phrasen'): "Wir müssen unsere
Funktionäre 'immunisieren!'" Die Westpropaganda als Epidemie, als
Seuche. Das hat nicht nur Bestechendes, sondern sogar etwas Wahres, wie
jedermann bestätigen kann, der je eines der flugs aufgemachten
McDonalds-Restaurants aufgesucht hat.
Diese Propanganda hat etwas Kriegsähnliches. Es gibt ausgefeilte
Strategien und Werbefeldzüge. Durch bunte Fahnen und Firmenflaggen wird
Terrain abgesteckt und Zugehörigkeit demonstriert.
Was die Sprachentwicklung betrifft: Sprachforscher haben beobachtet:
Nach Wegfall der deutsch-deutschen Grenze gab es ebensowenig wie die DDR
keine eigenständigen östlichen Sprachschöpfungen, die in den Westen
wanderten.
Das Rinnsal des Ost-Sprachflusses wurde umgehend vom West-Main-stream
aufgesogen.
Und er saugt weiter, europäisch und global: Wir kennen das Coca-Cola
Schild in der Sahara. DAS ist wirksame Propaganda.

Herzliche Grüße

Wolfram


Gerald Fix

unread,
Apr 3, 1999, 3:00:00 AM4/3/99
to
On Sat, 03 Apr 1999 10:17:04 +0200,
Wolfram.S...@t-online.de (Wolfram Steinacker) wrote:


>Natürlich gab es und gibt es die. Und nicht zu knapp. Es ist die
>Werbung. Sie ist das Grundpropagandamedium des Westens. Sie ist viel
>effizienter als die plumpe Ostpropaganda es je zu sein vermochte. Sie
>kann alles: Sie ist subtil, ist sublim, ist grell, ist faszinierend.

>......

Ehrlich gesagt, kann ich mich auf die Schnelle nicht entscheiden,
ob das obige stimmt oder nur oberflächlich gut klingt. Auf den
ersten Blick schließe ich mich an.

Aber: Die Politpropaganda im Westen veränderte sich von platten
Sprüchen (Alle Wege des Sozialismus führen nach Moskau) über
eingängige politische Parolen (Freiheit statt Sozialismus) zu den
heutigen Allerweltsaussagen, die mehr nach Persil als nach
Schröder klingen. In diesem Sinne gab es bis in 70er-Jahre diesen
allumfassenden Anspruch der Werbung, den Westen zu
repräsentieren, nicht. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang,
dass die DDR just zum selben Zeitpunkt als politische Alternative
in der westdeutschen Linken aufhörte zu existieren, zu dem die
Wahlpropaganda unpolitisch wurde. Wahrscheinlich musste sich der
Westen einfach nicht mehr beweisen, das bessere System zu sein.

--
Grüsse, Gerald Fix

Carsten Baumgardt

unread,
Apr 3, 1999, 3:00:00 AM4/3/99
to
In article <7EArH...@lm107.link-m.de>,
Gitti Goetz <g.g...@link-m.de> writes:

Hi!

> Neue Frage: Kommt mir das z.T. vielleicht nur so merkwürdig vor, weil ich
> ein Wessi bin und damit nicht aufgewachsen bin? Gibt es auch BRD-
> Propagandasprueche/-sprache, die nur weniger aufdringlich sind/ist (einen
> freiheitlich-demokratischen Hinterhof hab ich noch nicht gesehen)? Mir

> geht es jetzt nicht um einen politischen Systemvergleich (der hier
> offtopic waere und bei dem wir uns auch bestimmt nicht einig werden),
> sondern um die unterschiedliche Sprachentwicklung.

Die Sache ist so groß, daß sie Dir schon gar nicht mehr auffällt. ;) In
Westdeutschland bzw. heute hat/te diese Funktion die Werbung und die
Schlagwörter, die sie geprägt hat. Ist Dir noch nie aufgefallen, wie oft im
alltäglichen Smalltalk Slogans aus Werbespots bzw. Abwandlungen davon
eingebaut sind ("Das ist kein Jim Beam!", "Sind wir nicht alle ein bißchen
Bluna?"), oder wie sehr Trendworte aus Werbespots entstammen?
Ich finde übrigens, keine Parole für den sozialistischen Aufbau kann und
konnte mein ästhetisches und intellektuelles Empfinden so beleidigen wie
Alles Müller oder was, Gut besser Paulaner, Was gut ist setzt sich durch oder
Nicht fragen kaufen. Die Ostparolen waren alle, sowohl die mit sinnvollem
Inhalt als auch die ohne, so hausbacken plump, daß ohne jede Vorsicht zu
erkennen war, daß man da gerade einen Wink mit dem Zaunpfahl erhält. Da ist
die Konsumsprache bei weitem heimtückischer. Die DDR-Parolen sind als
Propaganda ettikettiert gewesen, die BRD-Parolen sind es nicht. Und Werbung
ist politische Propaganda, denn die marktwirtschaftliche Pluralismusdoktrin
ist das politische Koordinatensystem der Warenwirtschaftsgesellschaft. Im
Gegensatz zu 'gewöhnlicher' politischer Propaganda zielt sie auf das
Koordinatensystem als solches und nicht auf einen bestimmten Punkt darin. Das
ist im Westen nur im Wahlkampf und in politischen Kampagnen (gegen die
doppelte Staatsbürgerschaft, für die NATO als Weltpolizei mit Deutschland an
der Front etc.) nötig.


Carsten
--
E = ERFAHRUNG * HASS^2

Dirk Bindmann

unread,
Apr 3, 1999, 3:00:00 AM4/3/99
to
Gitti Goetz <g.g...@link-m.de> schrieb:

> Ich hab mich, als ich Anfang 90 nach Jena kam, obwohl politisch
> sympathisierend und neugierig auf alles, ziemlich amüsiert und gewundert,
> nicht nur über die Sprüche, sondern über die Durchdringung des gesamten
> Alltags mit diesem Vokabular, auch da, wo es gar nicht passt. Jedes
> Hinweisschild auf irgendeinem Hinterhof fängt mit "sozialistisch" an.
>

> Neue Frage: Kommt mir das z.T. vielleicht nur so merkwürdig vor, weil ich
> ein Wessi bin und damit nicht aufgewachsen bin? Gibt es auch BRD-
> Propagandasprueche/-sprache, die nur weniger aufdringlich sind/ist (einen
> freiheitlich-demokratischen Hinterhof hab ich noch nicht gesehen)? Mir
> geht es jetzt nicht um einen politischen Systemvergleich (der hier
> offtopic waere und bei dem wir uns auch bestimmt nicht einig werden),
> sondern um die unterschiedliche Sprachentwicklung.

Das Thema ist interessant und wurde hier auch schon mehrmals
behandelt. Ich lehne aber die Voraussetzungen ab, unter denen
diese Diskussion beginnen soll.

Erstens kenne ich keine sozialistischen Hinterhöfe. Das ist
irgendeine gedankliche Verkürzung, die Du beim Erinnern gebildet
hast. Wahrscheinlich hast Du mal drei Schilder mit
"sozialistisch" auf einmal gesehen, und das hat Dich sehr
beeindruckt. Im Moment fällt mir auch nicht ein, welche
Hinweisschilder überhaupt auf Hinterhöfen angebracht sein
könnten. Hinweisschilder zur Leerung der Müllkübel, zu
Teppichklopfzeiten? Auf solchen Schildern war bestimmt nicht das
Wort "sozialistisch" zu finden. Vielleicht hatten die Schilder
auch etwas mit "Hausgemeinschaften" zu tun. Das ist so ein
Begriff, den es nur in der DDR gab. Ebenso: Hausversammlung,
Hausgemeinschaftsleitung, Hausvertrauensmann. Ob hinter Häusern,
in denen es Hausgemeinschaften gab, Schilder aufgehängt waren mit
dem Wort "sozialistisch", weiß ich nicht mehr. Hausgemeinschaften
gab es nur in Häusern, deren Bewohner irgendwie systemtreu waren
oder systemtreu taten. Leute in solchen Häusern bildeten kleine
sich selbst überwachende Massen, die mit anderen Massen im
"sozialistischen Wettbewerb" um das sterilste Vorgärtchen oder
die vollständigste Feiertagsbeflaggung standen und je nach Erfolg
dafür staatliche Prämien kassierten, mit denen sie sich
Kellerbars einrichteten, wo sie in Anfällen "sozialistischer
Demokratie" "Hausgemeinschaftsleitungen" wählten und sich danach
hausgemeinschaftlich besoffen, was sie noch heute als Gipfel
zwischenmenschlichen Zusammenhalts verklären. Die meisten DDR-
Bürger hatten aber Besseres zu tun, als sich ihre Blockwarte
selber zu wählen. Deshalb sind solche sozialistischen Hinterhöfe
nicht als das Übliche anzusehen.

Zweitens muss man unterscheiden zwischen Propagandasprache und
Alltagssprache. Die Propagandasprache durchdrang eben nicht die
Alltagssprache. Die Mauer hieß auch in der DDR nicht
"Antifaschistischer Schutzwall", sondern Mauer. Es hat sich zwar
in der Alltagssprache ein eigenständiges DDR-Vokabular gebildet,
aber das hat nichts mit Propaganda zu tun: Broiler, Datsche,
Hühnergott. Auch Alltagswörter aus dem staatlichen oder
wirtschaftlichen Bereich sind nicht als Propaganda zu verstehen:
Babyjahr, Haushaltstag, Toniwagen, Intershop, Brigade.

So, nun zur BRD, die ich allerdings nur als Nachwende-Deutschland
wahrnehme. Für eine plakative Staatspropaganda wie in der DDR
fehlen in der BRD die gesellschaftlichen Voraussetzungen. In der
DDR war der verselbständigte Staat das eigentliche
Herrschaftswesen. In der BRD ist der Staat lediglich ein
Hilfsinstrument, mit dem Herrschaft befördert wird. Deshalb gibt
es weniger plakative Staatspropaganda, denn Wirtschaftspropaganda
auf Plakaten: Reklame. Der alles ausdrückende Propagandaspruch,
der über der BRD-Gesellschaft hängt, lautet: "Kauf mich!"

Natürlich gibt es auch in der BRD politische Propaganda. Eine
beispiellose Propagandaschlacht erleben wir ja derzeit in den
Medien: Krieg heißt jetzt "Friedenseinssatz". Raketenangriffe und
Bombardierungen heißen jetzt "chirurgische Luftschläge".
Völkerrecht und Grundgesetz werden "irgendwelche Rechte" genannt
(Koschnik).

Ich muss jetzt abbrechen. Der Artikel ist ein bisschen lang
geworden.

Herzliche Grüße
Dirk

Carsten Kruse

unread,
Apr 3, 1999, 3:00:00 AM4/3/99
to

Veith schrieb in einer Nachricht an All:

V> :-) Sowohl als auch,
V> obiges viel mir im Zusammenhang von DDR-Sprüchen und den
V> gegenwärtigen Kriegen ein, das andere ist meine übliche Sig.

Aber bedenkenswert ist es schon, leider.

Bye/7, Carsten [G'Car] E-Mail: c...@beg.gera.thur.de
--

... Be wary of strong drink. It can make you shoot at tax collectors and
miss.

Dirk Bindmann

unread,
Apr 4, 1999, 4:00:00 AM4/4/99
to
Wolfgang Schwanke <wo...@berlin.snafu.de> schrieb:

> >in der Alltagssprache ein eigenständiges DDR-Vokabular gebildet,
> >aber das hat nichts mit Propaganda zu tun: Broiler, Datsche,
> >Hühnergott.

> ^^^^^^^^^^
> Was ist das?

"Hühnergott" ist eine Lehnübersetzung des russischen "Kurinij
Bog", so der Titel einer Liebesgeschichte von Jewgenij
Jewtuschenko, deren deutsche Übersetzung 1966 im Verlag Volk und
Welt erschienen ist.

Die Geschichte beginnt so:
"Ein Hühnergott -- das ist ein Meeressteinchen mit einem kleinem
Loch. Man sagt, die Krimtataren hätten geglaubt, dass ein solches
Steinchen, mit einem Faden an die Hühnerstange gehängt, das
Federvieh zu verbesserter Legetätigkeit ansporne. Daher auch der
Name Hühnergott."

Ich glaube nicht, dass Millionen DDR-Bürger Jewtuschenko kannten.
Trotzdem wusste fast jeder DDR-Bürger, der schon mal am Meer war,
was ein Hühnergott ist. Der Titel hatte sich verselbständigt. Das
ist wohl ein Traum jedes Dichters. Johannes R. Becher drückte ihn
im Schlussvers eines Sonetts so aus: "Als namenloses Lied durchs
Volk zu gehn."

Jedenfalls hatte der Hühnergott den Marsch durch die Instanzen
der Volksgemeinschaft erfolgreich durchgestanden. 1985 -- also
nach 19 Jahren -- wurde er in den DDR-Duden aufgenommen. Im
"Einheitsduden" fehlt das Lemma natürlich. Woher sollen die
Mannheimer auch Jewtuschenko kennen oder gar wissen, wie man in
der DDR redet.

> >Auch Alltagswörter aus dem staatlichen oder
> >wirtschaftlichen Bereich sind nicht als Propaganda zu verstehen:
> >Babyjahr, Haushaltstag, Toniwagen, Intershop, Brigade.

> ^^^^^^^^^
> und das?

Das war ein Funkstreifenwagen der Deutschen Volkspolizei. Dieses
Wort gehört allerdings nur zu meinem passiven Wortschatz. Ich
sage dafür: Polizeiauto. Die Herkunft des Wortes kenne ich nicht.

Herzliche Grüße
Dirk

Peter Conrad

unread,
Apr 4, 1999, 4:00:00 AM4/4/99
to
Dirk Bindmann <wal...@esperanto.de> wrote:

> > >Auch Alltagswörter aus dem staatlichen oder
> > >wirtschaftlichen Bereich sind nicht als Propaganda zu verstehen:
> > >Babyjahr, Haushaltstag, Toniwagen, Intershop, Brigade.
> > ^^^^^^^^^
> > und das?
>
> Das war ein Funkstreifenwagen der Deutschen Volkspolizei. Dieses
> Wort gehört allerdings nur zu meinem passiven Wortschatz. Ich
> sage dafür: Polizeiauto. Die Herkunft des Wortes kenne ich nicht.

Konkret war es AFAIR ein Funkstreifenwagen der Deutschen Volkspolizei in
Berlin, Hauptstadt der DDR. "Toni" war Teil der Funkkennung, folgen tat
üblicherweise eine Nummer - also genau wie auch im "Westen" der
Hamburger Peterwagen u.ä.

Ich könnte jedoch nicht sagen, daß Toniwagen zum allgemeinen
Sprachgebrauch zählte, zumindest nicht republikweit. Hier in Leipzig
haben wir schon immer einen "Löwen" angefordert, keinen "Toni".

Gruß
Peter

Gerald Fix

unread,
Apr 4, 1999, 4:00:00 AM4/4/99
to
On 04 Apr 1999 08:52:00 +0200, fp...@t-online.de (Frank Pruefer)
wrote:

>Yepp, die Prüderie und Doppelmoral war/ist in der BRD _noch_ ausgepräg-
>ter als in der Ex-DDR. Ist ja logisch, bei dem Anteil von Christen und
>unter Berücksichtigung der Tatsache, daß die BRD sogar lt. Verfassung
>de facto ein christlicher Gottesstaat ist (siehe Präambel und Art 2(1)
>"Sittengesetz" im Grundgesetz;
....
>hergaben (die Christenspießer in der Alt-BRD hatten und haben als
>Wichsvorlagen bekanntlich _hunderte_ von Schmuddelpostillen, Videos,
>etc. pp. zum Ausleben ihrer Doppelmoral).
....
>kann ich's auch nicht. Und wie gesagt - als Atheisten interessieren
>mich interne Belange der Kirche einen feuchten Kehricht, solange die
>Religiösen aller Couleur mich in Ruhe lassen. Leider ist das nicht so
>unbedingt der Fall! Aber das ist jetzt hier reichlich OT...

und in

<7ECmc...@fp666.t-online.de>

>Paßt hervorragend zum Topic dieser GABELN hier, denn allein die
>Sprache dieser Artikel ist eine Analyse wert - sie verrät sich nämlich
>selber.

Schön gesagt.

--
Grüsse, Gerald Fix

Peter Ringeisen

unread,
Apr 4, 1999, 4:00:00 AM4/4/99
to
On 04 Apr 1999 08:52:00 +0200, fp...@t-online.de (Frank Pruefer) wrote
in <7ECmb...@fp666.t-online.de>:

>Ack. Ich meinte den Vergleich _nicht_ in bezug auf die BRD (BTW, muß
>hier "Bezug" groß oder klein geschrieben werden? Das ist genau die
>Regel, die ich nie kapieren werde - ansonsten beherrsche ich die

Hier war es "alt" klein richtig (aber: mit Bezug auf); nach neuer
Rechtschreibung wird dir die Regel keine Probleme mehr bereiten, denn
hier ist "Bezug" immer groß.

Gruß
pcr


Peter Ringeisen
p...@gmx.de | Amberg, Bavaria (Germany)
"Remarkable bird, the Norwegian Blue, beautiful plumage, innit?" (Monty Python)

Dirk Bindmann

unread,
Apr 4, 1999, 4:00:00 AM4/4/99
to
Peter Conrad <Conrad....@t-online.de> schrieb:

[Toniwagen]


> > Das war ein Funkstreifenwagen der Deutschen Volkspolizei. Dieses
> > Wort gehört allerdings nur zu meinem passiven Wortschatz. Ich
> > sage dafür: Polizeiauto. Die Herkunft des Wortes kenne ich nicht.
>
> Konkret war es AFAIR ein Funkstreifenwagen der Deutschen Volkspolizei in
> Berlin, Hauptstadt der DDR. "Toni" war Teil der Funkkennung, folgen tat
> üblicherweise eine Nummer - also genau wie auch im "Westen" der
> Hamburger Peterwagen u.ä.
>
> Ich könnte jedoch nicht sagen, daß Toniwagen zum allgemeinen
> Sprachgebrauch zählte, zumindest nicht republikweit. Hier in Leipzig
> haben wir schon immer einen "Löwen" angefordert, keinen "Toni".

Ich war noch nie in der Verlegenheit, ein Polizeiauto anfordern
zu müssen. Ich kenne weder Löwen- noch Peterwagen. Wie gesagt:
auch "Toniwagen" gehört nicht zu meinem aktiven Wortschatz.
Dennoch weiß ich, was damit gemeint ist. Das Wort muss also durch
irgendwelche Medien in der DDR verbreitet worden sein. Sogar im
Einheits-Duden ist der Begriff noch verzeichnet:

"²Toni, der ; -s, -s (ehem. ugs. für Funkstreifenwagen der
Volkspolizei in der DDR)"

Herzliche Grüße
Dirk

Peter Conrad

unread,
Apr 4, 1999, 4:00:00 AM4/4/99
to
Dirk Bindmann <wal...@esperanto.de> wrote:

> Ich war noch nie in der Verlegenheit, ein Polizeiauto anfordern
> zu müssen. Ich kenne weder Löwen- noch Peterwagen. Wie gesagt:
> auch "Toniwagen" gehört nicht zu meinem aktiven Wortschatz.
> Dennoch weiß ich, was damit gemeint ist. Das Wort muss also durch
> irgendwelche Medien in der DDR verbreitet worden sein. Sogar im
> Einheits-Duden ist der Begriff noch verzeichnet:
>
> ""Toni, der ; -s, -s (ehem. ugs. für Funkstreifenwagen der
> Volkspolizei in der DDR)"

Stimmt schon, bekannt war es wohl DDR-weit. Wirklich benutzt wurde es
wohl nur in den jeweiligen Regionen. Wobei natürlich "Toni" dadurch daß
es aus der "Hauptstadt" und somit dem Lieblingskind der Oberen kam auch
anderswo von diesen Oberen sicherlich gern gesehen war.

Gruß
Peter

Wolfram Steinacker

unread,
Apr 4, 1999, 4:00:00 AM4/4/99
to
Frank Pruefer schrieb:

> Paßt hervorragend zum Topic dieser GABELN hier, denn allein die
> Sprache dieser Artikel ist eine Analyse wert - sie verrät sich
> nämlich selber.

Ein vollmundiges und vielversprechendes Wort.
Folgt jetzt auch die pruefende Sprach-Analyse?
Denn einzig zu diesem Behufe sind wir schließlich hier versammelt.
Oder bleibt es bei dem leeren sozialistischen Versprechen?

Ungeduldig harrend
Mit sozialistischem Gruße

Wolfram


Wolfram Steinacker

unread,
Apr 4, 1999, 4:00:00 AM4/4/99
to
Arno Zopf teilte mit:
>
> Weitere urban legends die keine sind:
> ...
Anfang der 70er wurde ein Bekannter von der Stasi aufgesucht und seine
Wohnung einer Inspektion unterzogen. Warum?
Anläßlich der Händel-Festpiele in Halle pflegte man anläßlich der
Gästeehrung auch den britischen Union Jack zu hissen. Der wurde geklaut.
Zeugen der Untat gaben an, der Täter habe eine Afro-Frisur gehabt.
Eifrige Recherchen hatten erbracht, daß es 40 Afro-Look-Träger in der
Stadt gab. Die wurden alle 'inspiziert'. Ob der Delinquent auch
geschnappt wurde, entzieht sich meiner Kennntnis.
Naja, so gab es wenigstens keine "Arbeits"losen! ;)

Grüße

Wolfram

Sebastian Rittau

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Apr 4, 1999, 4:00:00 AM4/4/99
to
Frank Pruefer <fp...@t-online.de> wrote:

>unter Berücksichtigung der Tatsache, daß die BRD sogar lt. Verfassung
>de facto ein christlicher Gottesstaat ist (siehe Präambel und Art 2(1)

>"Sittengesetz" im Grundgesetz; dagegen ist die vielgescholtene
>"führende Rolle der SED" lt. DDR-Verfassung ja noch geradezu harmlos,
>da weniger gummihaft, als ein Verweis auf etwas Nichtexistentes - eben
>dieser sog. "Gott" - als höchste Staatsnorm, die infolgedessen belie-
>big auslegbar ist).

Quatsch. Die Präambel ist kein Teil des Grundgesetzes. Sie ist eine
Erklärung desselben. Über die Erwähung von Gott darin bis ich auch
nicht sonderlich glücklich.

Aber wo siehst du in Artikel 2(1) eine Referenz auf Gott?

| Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit,
| soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die
| verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittenrecht verstößt.

Das "Sittenrecht" hat erstmal nichts mit Gott zu tun. Es ist ein
Grundkonsens in der Bevölkerung, was rechtens (sittengemäß) ist und
was nicht. Natürlich spielen in Deutschland christliche Elemente
eine wichtige Rolle in diesem Empfinden der Leute, aber das liegt
am Einfluss, das das Christentum lange Zeit hatte und auch noch hat,
nicht daran, dass dieses Empfinden "von oben" angeordnet wurde.

Dieser Grundkonsens kann sich theoretisch leicht ändern und damit
ändert sich auch das "Sittenrecht".

- Sebastian

Frank Schultz

unread,
Apr 5, 1999, 3:00:00 AM4/5/99
to

> Ungeduldig harrend
> Mit sozialistischem Gruße

Lieber Jugendfreund!

DDR-Sprache, DDR-Parolen nebst einem Volksbegehrten zum Wiederaufbau der Mauer
und der Neugründung der DDR zum 7. Oktober 1999 findet der geneigte
sozialistische Leser und DDR-Bürger hier:

http://www.geocities.com/CapitolHill/9450/


Freundschaft!

-----------== Posted via Deja News, The Discussion Network ==----------
http://www.dejanews.com/ Search, Read, Discuss, or Start Your Own

Gernot Zander

unread,
Apr 5, 1999, 3:00:00 AM4/5/99
to
Hi,

in de.etc.sprache.deutsch Arno Zopf <arn...@gmx.de> wrote:
> > Paßt hervorragend zum Topic dieser GABELN hier,

> GABELN? Toitsch und GROSS geschrieben? Weshalb? Wo liegt das Geheimnis?
> Du meinst Fäden, Drähte, Äste, Zweige, ßretts?

Gruppen, Areas, Bretter, Echos, L<ist mir entfallen>, Newsgroup.

mfg.
Gernot

--
<hi...@gmx.de> (Gernot Zander)
Lieber von Picasso gemalt als vom Schicksal gezeichnet.

Carsten Kruse

unread,
Apr 5, 1999, 3:00:00 AM4/5/99
to

Dirk Bindmann schrieb in einer Nachricht an All:

DB> "Toniwagen" gehört nicht zu meinem aktiven Wortschatz. Dennoch
DB> weiß ich, was damit gemeint ist. Das Wort muss also durch
DB> irgendwelche Medien in der DDR verbreitet worden sein. Sogar im
"Toniwagen" ist mir als gebürtigem Cottbuser recht vertraut. Hier in Gera habe
ich es allerdings auch öfter mal gehört.
Gab es nicht sogar eine Krimiheft-Reihe namens "Toni 30, bitte kommen!"?

Bye/7, Carsten [G'Car] E-Mail: c...@beg.gera.thur.de
--

... I'm frequently appalled by the low regard you Earthmen have for life.

Carsten Kruse

unread,
Apr 5, 1999, 3:00:00 AM4/5/99
to

Arno Zopf schrieb in einer Nachricht an All:

AZ> DDR-Regionalzeitungen waren ja dünn, selten mehr als 4 Blättchen.
Ähm, wie jetzt? Meist Du vier (Doppel)Blätter? Das wären dann in der Tat 16
Seiten. Hier in Gera gabs die Volkswacht, in Cottbus die Lausitzer Rundschau,
die waren nicht dünn. Natürlich nicht so fett wie heute, wo die Zeitungen zu
50% aus Werbebeilagen bestehen ;-]

AZ> unauffällig (eine serifenlose 14-Punkt-Schrift) FREIE FRESSE. Das
AZ> war irgendwann zwischen 1987 und 1989.
:-))))))))

> Paßt hervorragend zum Topic dieser GABELN hier,

AZ> GABELN? Toitsch und GROSS geschrieben? Weshalb? Wo liegt das
Das ist m.W. ein Akronym. Gruppe, Area, Brett, Echo, Liste, Newsgroup - in
verschiedenen Netzen gibts verschiedene Begriffe für (fast) die gleiche Sache.

Bye/7, Carsten [G'Car] E-Mail: c...@beg.gera.thur.de
--

... A communist is one who has nothing and wishes to share it with the world.

Oliver Gassner

unread,
Apr 6, 1999, 3:00:00 AM4/6/99
to
On 4 Apr 1999 07:16:25 GMT, wal...@esperanto.de (Dirk Bindmann) wrote:

>Im
>"Einheitsduden" fehlt das Lemma natürlich. Woher sollen die
>Mannheimer auch Jewtuschenko kennen oder gar wissen, wie man in
>der DDR redet.

_An sich_ sollten die Mannheimer entsprechende Sprachproben ebenfalls
auswerten bzw. sich bei den Kollegen bedienen koennen.

OG
--
Literatur am Draht:
http://www.carpe.com/lit/
Mailingliste Netzliteratur - Die Homepage:
http://www.netzliteratur.de

Oliver Gassner

unread,
Apr 6, 1999, 3:00:00 AM4/6/99
to
On 3 Apr 1999 20:30:41 GMT, wo...@berlin.snafu.de (Wolfgang Schwanke)
wrote:

>Lies mal BZ:
>
>"Im Krieg mit unseren deutschen Soldaten!"
>"Ab 19 Uhr 40 wird jetzt geschossen!"
>
>Da is irgendwie der Rinderwahnsinn ausgebrochen.

Kann es sein, dass Du diese Formulierungen nicht PC findest?

OG
--
> "Das brachte mich dazu, nachzudenken, was ich falsch mache,
> wenn ich mit Klonen von mir Probleme haette und habe ein
> paar Sachen in meinem Leben geaendert :-)" - Wau Holland in dang
Literatur am Draht --> http://www.carpe.com/lit/ Link me, I'm a Klick!

Sebastian Rittau

unread,
Apr 7, 1999, 3:00:00 AM4/7/99
to
Frank Pruefer <fp...@t-online.de> wrote:
>_sri...@jroger.in-berlin.de_ (Sebastian Rittau) schrieb am 04.04.99
>zum Thema _"Re: DDR-Propagandasprueche"_ unter anderem
>folgende Dinge, die ich einfach nicht unkommentiert lassen kann:

>> Quatsch. Die Präambel ist kein Teil des Grundgesetzes. Sie ist eine
>> Erklärung desselben. Über die Erwähung von Gott darin bis ich auch
>> nicht sonderlich glücklich.

Bitte das obige "Quatsch. " gedanklich streichen, danke.

>> Das "Sittenrecht" hat erstmal nichts mit Gott zu tun. Es ist ein
>> Grundkonsens in der Bevölkerung, was rechtens (sittengemäß) ist und
>> was nicht. Natürlich spielen in Deutschland christliche Elemente
>> eine wichtige Rolle in diesem Empfinden der Leute

>Vgl. dazu das niemals aufgehobene Grundsatzurteil des Bundesver-
>fassungsgerichts vom 10. Mai 1957.

>"[...] Von größerem Gewicht ist, [...was] die
>_öffentlichen Religionsgesellschaften, insbesondere die beiden großen_
>_christlichen Konfessionen, aus deren Lehren große Teile des Volkes_
>_die Maßstäbe für ihr sittliches Verhalten entnehmen, [...] als_
>_unsittlich verurteilen._ {Hervorhebung F.P} [...] Nicht darauf kommt
>es an, auf Grund welcher geschichtlichen Erfahrungen ein sittliches
>Werturteil sich gebildet hat, sondern _nur_ {! Hervorhebung F.P.}
>darauf ob es allgemein anerkannt wird und als Sittengesetz gilt."

Ich finde hier den letzten Satz entscheidend. Die Erwähnung der
"öffentlichen Religionsgemeinschaften" finde ich störend, aber
auch der folgende Satz ist grundsätzlich eine Bestätigung dessen,
was ich oben schrieb.

Da das Urteil von 1957 ist, kann sich jedoch das "allgemein Anerkannte"
inzwischen geändert haben. (Und hat es IMO auch.)

- Sebastian

Oliver Gassner

unread,
Apr 8, 1999, 3:00:00 AM4/8/99
to
On 7 Apr 1999 14:40:35 GMT, wo...@berlin.snafu.de (Wolfgang Schwanke)
wrote:

>oliver-...@bigfoot.de (Oliver Gassner) writes:
>
>>On 3 Apr 1999 20:30:41 GMT, wo...@berlin.snafu.de (Wolfgang Schwanke)
>>wrote:
>
>>>Lies mal BZ:
>>>
>>>"Im Krieg mit unseren deutschen Soldaten!"
>>>"Ab 19 Uhr 40 wird jetzt geschossen!"
>>>
>>>Da is irgendwie der Rinderwahnsinn ausgebrochen.
>
>>Kann es sein, dass Du diese Formulierungen nicht PC findest?
>

>Ich finde eher, dass sowohl PC-deutsch als auch BZ-deutsch
>verschiedene Symptome von Rinderwahnsinn sind.

Das find ich jetzt nicht PC, wie Du Dich ausdrueckst.

*duck*

OG
--
>"Daß man jedes Posting erst nach Hinweisen durchsuchen soll, um eine evtl.
>gültige Reply-Adresse zu erhalten, macht das Usenet unbenutzbarer als
>der Spam." -- A.M. Kirchwitz in dnq ueber Tippfehler in der Mailadresse

Martin Ebert

unread,
Apr 12, 1999, 3:00:00 AM4/12/99
to
Frank Pruefer wrote:

[...]
> Ist das echt Fakt? Ich hielt gerade diese Story, die ich genauso auch
> schon gehört hatte, eher für eine "urban legend".

Ich auch. Oder besser: Schwer nachzupruefen.
In der TeTeReh war ja der politische Witz durchaus
verbreitet. Ein Teil dieser Witze nahm sich Losungen vor.

Am oertlichen Theater:
"30 Jahre DDR - 30 Jahre sozialistisches Theater"

An der Friedhofsmauer:
"Alle heraus zum 1.Mai!"

Gruesse, Martin

adlj...@gmail.com

unread,
May 1, 2016, 12:30:40 PM5/1/16
to
Kiesinger und Strauß die bösen Wichte,werfen wir auf den Müllhaufen der Geschichte
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