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Warum soll 'Verschiedenes' groß und 'einiges' klein geschrieben werden?

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Ralf Joerres

unread,
May 17, 2018, 5:31:22 AM5/17/18
to
Nehmen wir Sätze wie

ich habe noch Verschiedenes zu erledigen;
ich habe noch einiges zu erledigen.

Warum wird 'Verschiedenes' lt. Duden groß geschrieben, 'einiges' jedoch
klein?
Das erscheint mir unvernünftig. Gab es früher eine bessere Lösung?
Was könnte eine vernünftige Lösung sein?

Gruß Ralf Joerres

H.-P. Schulz

unread,
May 17, 2018, 5:41:10 AM5/17/18
to
Ralf Joerres <rjoe...@gmail.com> schrieb:

>Nehmen wir Sätze wie
>
> ich habe noch Verschiedenes zu erledigen;
> ich habe noch einiges zu erledigen.
>
>Warum wird 'Verschiedenes' lt. Duden groß geschrieben, 'einiges' jedoch
>klein?

Ich rate mal: Weil der Duden auch mal (MAL!!, ganz gaaanz selten!!)
Stuss enthält?

Lars Bräsicke

unread,
May 17, 2018, 6:08:35 AM5/17/18
to
Am 17.05.2018 um 11:31 schrieb Ralf Joerres:
> Nehmen wir Sätze wie
>
> ich habe noch Verschiedenes zu erledigen;
> ich habe noch einiges zu erledigen.
>
> Warum wird 'Verschiedenes' lt. Duden groß geschrieben, 'einiges' jedoch
> klein?

Verschiedenes ist ein substantiviertes Adjektiv, einiges ein Pronomen.

> Das erscheint mir unvernünftig. Gab es früher eine bessere Lösung?
> Was könnte eine vernünftige Lösung sein?

Alles klein schreiben.

Heinz Lohmann

unread,
May 17, 2018, 6:15:18 AM5/17/18
to
Außer den Namen Gottes (war glaubich früher die Einschränkung).

Oder subjektiv: Schreib alles mit großem Anfangsbuchstaben, was du
wichtig findest. Enorm WIchtiges mit zwei GRoßen Anfangsbuchstaben.
(Das gab's wohl schon mal ...?)

--
mfg
Heinz Lohmann
Tamsui, Taiwan

Gedanken sind nicht stets parat,
man schreibt auch, wenn man keine hat. W.B.

Ralf Joerres

unread,
May 17, 2018, 6:33:19 AM5/17/18
to
Glaub ich nicht, dahinter steckt System, aber kein gutes. RJ

Ralf Joerres

unread,
May 17, 2018, 6:34:27 AM5/17/18
to
Wieso soll 'Verschiedenes' kein Pronomen sein?

RJ

H.-P. Schulz

unread,
May 17, 2018, 8:30:39 AM5/17/18
to
Heinz Lohmann <go...@sofort-mail.de> schrieb:

>Außer den Namen Gottes (war glaubich früher die Einschränkung).
>
>Oder subjektiv: Schreib alles mit großem Anfangsbuchstaben, was du
>wichtig findest. Enorm WIchtiges mit zwei GRoßen Anfangsbuchstaben.
>(Das gab's wohl schon mal ...?)


Die Bibel ist (immer noch?) voll davon: HErr

Ich kenne auch - ich weiß nicht, ob aus der Bibel - oder einer anderen
religiösen Quelle, die Dopplung: HErr HErr!

H.-P. Schulz

unread,
May 17, 2018, 8:37:43 AM5/17/18
to
Ralf Joerres <rjoe...@gmail.com> schrieb:

>Wieso soll 'Verschiedenes' kein Pronomen sein?

Also bitte!, Beweislastumkehr sehen wir gar nicht gern! ;-))

Lars Bräsicke

unread,
May 17, 2018, 10:20:30 AM5/17/18
to
Letztlich sind es Festlegungen und es gibt Grenzbereiche.
"Verschiedenes" stammt von einem Verbalstamm "scheiden" ab und hat die
Vorsilbe "ver-". Das zugrunde liegende Adjektiv kann Abstrakta und
Adverbien bilden und gesteigert werden. Die Grundbedeutung
"unterschiedlich" scheint klar durch und ist ja auch noch immer gemeint.
Irgendwie erscheinen mir das ganz schlechte Voraussetzungen, das Etikett
"Pronomen" zu erhalten.

Ähnlich ja auch "das Gleiche" und "dasselbe", letzteres auch noch mit
dem Artikel zusammengeschrieben. Das eine ist Substantiv und groß, das
andere Pronomen und klein.

Ohne Grenzbereiche zw. den Wortklassen wären Sprachen wohl ärmer.

H.-P. Schulz

unread,
May 18, 2018, 4:30:24 AM5/18/18
to
Das ganze ist übrigens ein ziemlich weites Feld, zumal 'verschieden'
sehr verbreitet als homosem mit 'unterschiedlich' gebraucht wird. Das
macht die Sache nicht übersichtlicher.

'verschiedenes' - und zwar genau so, mit -es am Ende - ist im Lauf der
Zeit zu einem "standalone"-Nomen (also etwas im Grunde
Deklinierbares), zu einem Wort aus der Grauzone zwischen Adjektiv und
Substantiv, geworden. Es bedeutet so viel wie "dies und das",
jedenfalls eine - warum auch immer - nicht genauer klassi- noch
qualifizierte Vielheit.

'verschieden[]', das Adjektiv (also ein Wort, dem ein kongruierendes
Substantiv folgt), tendiert zum Qualifier: Artikel, indef. Numeral.

Und dann ist da eben noch das ugs. Adverb, meint die Homosemie zu
'unterschied[]', zB "Das sind zwei verschiedene Paar Schuhe" - was ja
richtiger "Das sind zwei unterschiedliche Paar Schuhe" heißen muss.

Die Idee nun, die "standalone"-Form groß zu schreiben, ist gar so
abwegig nicht - also in etwa so abwegig, wie 'einiges' (in
vergleichbarer Funktion) groß zu schreiben.
Ich selbst tu 's nicht, aber so etwas sehe ich als eher minder schwere
"Fälle", lässlich, - egal.

Ralf Joerres

unread,
May 18, 2018, 8:51:51 AM5/18/18
to
Wo ist den Dein 'Beweis', damit ich die Last auch umkehren kann?

Ohne das jetzt voll zu überblicken, wage ich die Vermutung, dass
'einiges' und 'Verschiedenes' sich in pronominaler und begleitender
Stellung syntaktisch absolut gleich verhalten. Daneben gibt es auch
ein Adjektiv 'verschieden', das aber eine andere Bedeutung hat, und
ein Adjektiv 'einig', das ebenfalls eine andere Bedeutung hat.

Über Pronomen ist hier leider sowieso kein Konsens herzustellen. Für
die meisten hier sind echte Pronomen sowie Artikel und Determinierer
bzw. Begleiter alles dasselbe, was aus systematischen Gründen sehr
ungünstig ist. Viele hier werfendauch noch einen großen Schwung
Adjektive mit in diesen Topf, und noch ne Portion Zahlwörter. Da
kommt dann ein schönes Gebäu dabei heraus.

Ralf Joerres

Ralf Joerres

unread,
May 18, 2018, 9:30:48 AM5/18/18
to
Am Donnerstag, 17. Mai 2018 16:20:30 UTC+2 schrieb Lars Bräsicke:
> Am 17.05.2018 um 12:34 schrieb Ralf Joerres:
> > Am Donnerstag, 17. Mai 2018 12:08:35 UTC+2 schrieb Lars Bräsicke:
> >> Am 17.05.2018 um 11:31 schrieb Ralf Joerres:
> >>> Nehmen wir Sätze wie
> >>>
> >>> ich habe noch Verschiedenes zu erledigen;
> >>> ich habe noch einiges zu erledigen.
> >>>
> >>> Warum wird 'Verschiedenes' lt. Duden groß geschrieben, 'einiges' jedoch
> >>> klein?
> >>
> >> Verschiedenes ist ein substantiviertes Adjektiv, einiges ein Pronomen.
> >>
> >>> Das erscheint mir unvernünftig. Gab es früher eine bessere Lösung?
> >>> Was könnte eine vernünftige Lösung sein?
> >>
> >> Alles klein schreiben.
> >
> > Wieso soll 'Verschiedenes' kein Pronomen sein?
>
> Letztlich sind es Festlegungen und es gibt Grenzbereiche.
> "Verschiedenes" stammt von einem Verbalstamm "scheiden" ab und hat die
> Vorsilbe "ver-". Das zugrunde liegende Adjektiv kann Abstrakta und
> Adverbien bilden und gesteigert werden. Die Grundbedeutung
> "unterschiedlich" scheint klar durch und ist ja auch noch immer gemeint.

Das bestreite ich. 'Verschiedenes' zu erledigen haben bedeutet lediglich
'ein paar Sachen' zu erledigen haben; dass die 'verschieden' sind, ist
logisch, tritt aber gegenüber der Bedeutung 'mehr als eine' völlig in
der Hintergrund. Den Effekt, den Du 'durchscheinen' nennst, erzielst Du
nur, wenn Du die Taschenlampe dahinter hältst, sprich: wenn Du Deinen
Redefluss unterbrichst und denkst: Momendema, wieso eigentlich 'Verschie-
denes' - ach so, ja, die sind ja auch verschieden, alles klar.

So eine Erklärung sehe ich als eine nachträglich bemühte Affirmation
des orthographischen Status quo.

> Irgendwie erscheinen mir das ganz schlechte Voraussetzungen, das Etikett
> "Pronomen" zu erhalten.

Ein substantiviertes Adjektiv kann von einem Artikel begleitet werden,
ein Pronomen nicht. (Der Kleine ist hingefallen.) Übersehe ich hier
etwas?

> Ähnlich ja auch "das Gleiche" und "dasselbe", letzteres auch noch mit
> dem Artikel zusammengeschrieben. Das eine ist Substantiv und groß, das
> andere Pronomen und klein.

Du vertauschst hier Grund und Folge. Die beiden werden unterschiedlich
geschrieben, weil sie ihnen die Eigenschaften 'Adjektiv' und 'Pronomen /
Begleiter' zugewiesen werden. Es scheint mir dieselbe Inkonsistenz wie
bei Verschiedenes und einiges zu sein.

> Ohne Grenzbereiche zw. den Wortklassen wären Sprachen wohl ärmer.

Es gibt solche Übergänge. Bei 'verschiedene' und 'einige' scheint mir
die Sache einigermaßen klar. Je gröber man die Wortarten definiert,
desto mehr solcher Grenzgänger erhält man. Einige Wortarten sind von
Natur aus doppelgesichtig, im Dt. z.B. die Adjektive, aber auch die
sog. Zahlwörter. Dann muss man sie halt funktional differenzieren,
für die Adjektive etwa anch: attributiv zu N, prädikativ, adverbial
zu V, adverbial zu Adv, Verbpartikel usw.

Gruß Ralf Joerres

Ralf Joerres

unread,
May 18, 2018, 9:46:53 AM5/18/18
to
Ja, das wäre eine Möglichkeit,

> Ich selbst tu 's nicht, aber so etwas sehe ich als eher minder schwere
> "Fälle", lässlich, - egal.

Mir fällt nur auf, dass in einer Gruppe von Wörtern, die alle ähnliche
syntaktische Funktionen und nahe beieinander liegende Bedeutungen haben
[einiges · alles Mögliche · dies und das · dieses und jenes · Diverses ·
etliches · manches · Verschiedenes · vieles · alles Mögliche · das Eine
oder Andere · das eine oder andere] manches nach Duden groß, manches
klein geschrieben werden soll und nur bei der letztgenannten Kombination
die Großschreibung freigestellt ist. Gut zu merken ist das nicht, und
logisch auch nicht.

Ralf Joerres

H.-P. Schulz

unread,
May 18, 2018, 1:41:45 PM5/18/18
to
Ralf Joerres <rjoe...@gmail.com> schrieb:

>Am Donnerstag, 17. Mai 2018 14:37:43 UTC+2 schrieb H.-P. Schulz:
>> Ralf Joerres <rjoe...@gmail.com> schrieb:
>>
>> >Wieso soll 'Verschiedenes' kein Pronomen sein?
>>
>> Also bitte!, Beweislastumkehr sehen wir gar nicht gern! ;-))
>
>Wo ist den Dein 'Beweis', damit ich die Last auch umkehren kann?

Kurz und knapp: 'Verschiedenes' kann kein Pronomen sein, weil keine
anaphorische Struktur denkbar ist, in der 'verschiedenes' ein
vorangegangenes Nomen wieder aufnähme.
Insofern ist 'Verschiedenes' im *syntaktischen* Sinne kein
"Platzhalter" - wie hier manche glauben.
Es mag - semantisch - als eine Art "Container" oder sowas fungieren,
aber das ist eine ganz andere Baustelle.
"indefinit" heißt nicht "Platzhalter"!

Wie ich schon schrieb, verhält sich 'verschieden[]' - also einem Nomen
voranstehend - wie ein Artikel oder sonstiger Determinierer oder
Qualifier (indef. Numeral).

Ulf.K...@web.de

unread,
May 18, 2018, 2:02:57 PM5/18/18
to
Am Freitag, 18. Mai 2018 19:41:45 UTC+2 schrieb H.-P. Schulz:

> >Wo ist den Dein 'Beweis', damit ich die Last auch umkehren kann?
>
> Kurz und knapp: 'Verschiedenes' kann kein Pronomen sein, weil keine
> anaphorische Struktur denkbar ist, in der 'verschiedenes' ein
> vorangegangenes Nomen wieder aufnähme.

Damit ließe sich aber auch recht gut begründen, 'ich' könne
kein Pronomen sein.

Gruß, ULF

H.-P. Schulz

unread,
May 18, 2018, 3:08:33 PM5/18/18
to
Ulf.K...@web.de schrieb:
Nicht nur 'ich', sondern auch 'du', und das ganze auch im Plural!
Ja Potztausend, da ist aber wieder jemand ganz doll schlau! ;-))

Lars Bräsicke

unread,
May 18, 2018, 4:07:48 PM5/18/18
to
Mag sein. Mehr as "bemühte" Gründe wird man kaum finden.
Das Sprachempfinden kommt meist ganz ohne Einteilung in Wortklassen aus.
Rechtschreibregeln zwingen nun dazu, sich damit zu beschäftigen.
Darum wäre das Beste: Alles klein schreiben, was nicht bei 10 am
Satzanfang ist.

>> Irgendwie erscheinen mir das ganz schlechte Voraussetzungen, das Etikett
>> "Pronomen" zu erhalten.
>
> Ein substantiviertes Adjektiv kann von einem Artikel begleitet werden,
> ein Pronomen nicht. (Der Kleine ist hingefallen.) Übersehe ich hier
> etwas?

Kleines - das Kleine
Verschiedenes - das Verschiedene

>> Ähnlich ja auch "das Gleiche" und "dasselbe", letzteres auch noch mit
>> dem Artikel zusammengeschrieben. Das eine ist Substantiv und groß, das
>> andere Pronomen und klein.
>
> Du vertauschst hier Grund und Folge. Die beiden werden unterschiedlich
> geschrieben, weil sie ihnen die Eigenschaften 'Adjektiv' und 'Pronomen /
> Begleiter' zugewiesen werden. Es scheint mir dieselbe Inkonsistenz wie
> bei Verschiedenes und einiges zu sein.

Eben, als ähnliches Beispiel brachte ich es doch.

Christian Weisgerber

unread,
May 18, 2018, 4:30:06 PM5/18/18
to
On 2018-05-17, Ralf Joerres <rjoe...@gmail.com> wrote:

> ich habe noch Verschiedenes zu erledigen;
> ich habe noch einiges zu erledigen.
>
> Warum wird 'Verschiedenes' lt. Duden groß geschrieben, 'einiges' jedoch
> klein?

Auch „vieles“, „weniges“, „anderes“. Die Frage wird hier in der
Gruppe immer wieder angeschnitten und dann findet sich sofort ein
Rudel ein, das stolz sein auswendig Gelerntes anbringt, dass diese
Wörter eben als Pronomen gelten und nicht als substantivierte
Adjektive. Eine Begründung für diese Einordnung zu liefern schafft
man aber nicht.

Es interessiert mich auch, ob es dafür handfeste grammatische Gründe
gibt oder ob es wirklich nur eine willkürliche Festlegung ist.

> Was könnte eine vernünftige Lösung sein?

Eine Faustregel ist, dass, wenn jemand etwas abwertend als „typisch
deutsch“ oder gar „nur deutsch“ bezeichnet, es nichts dergleichen
ist. Eine der wenigen Ausnahmen davon ist die Substantivgroßschreibung;
die tut man sich wirklich nur im Deutschen an.

--
Christian "naddy" Weisgerber na...@mips.inka.de

Ulf.K...@web.de

unread,
May 19, 2018, 4:42:06 AM5/19/18
to
Am Freitag, 18. Mai 2018 21:08:33 UTC+2 schrieb H.-P. Schulz:
> da ist aber wieder jemand ganz doll schlau! ;-))

Ich danke für Deine Infantilität.

Ulf.K...@web.de

unread,
May 19, 2018, 4:43:32 AM5/19/18
to
Am Freitag, 18. Mai 2018 22:30:06 UTC+2 schrieb Christian Weisgerber:
> Die Frage wird hier in der
> Gruppe immer wieder angeschnitten und dann findet sich sofort ein
> Rudel ein, das stolz sein auswendig Gelerntes anbringt,

Wäre es Dir möglich, derlei ohne Herabsetzungen und
Anfeindungen zu veröffentlichen?

Jakob Achterndiek

unread,
May 19, 2018, 5:52:19 AM5/19/18
to
Am 18.05.2018 um 22:14 schrieb Christian Weisgerber:
> On 2018-05-17, Ralf Joerres <rjoe...@gmail.com> wrote:
>
>> Warum wird 'Verschiedenes' lt. Duden groß geschrieben, 'einiges'
>> jedoch klein?
> [..]
> Es interessiert mich auch, ob es dafür handfeste grammatische Gründe
> gibt oder ob es wirklich nur eine willkürliche Festlegung ist.
>
>> Was könnte eine vernünftige Lösung sein?
>

Auch wenn das nicht in vielen anderen Schriftsprachen so gemacht wird:
Ist nicht die willentlich gekürte Regelung, eine wichtige Wortklasse
durch Großschreibung herauszuheben, eine durchaus "vernünftige" Regelung?

Man muß diese Vernunft jetzt nicht dadurch außer Kraft zu setzen
versuchen, daß man künftig den Willen nicht mehr gelten läßt. Ich denke
da immer gern an den Schnack: "Kein Mensch muß müssen." Lessings Nathan
schnackt so und fährt spöttisch fort: "und ein Derwisch müßte? Was müßt'
er denn?" Aber der Derwisch antwortet: "Warum man ihn recht bittet, und
er für gut erkennt: das muß ein Derwisch."

Was lernt uns das? - Wer nicht nur einen eigenen Willen, sondern auch
eine vernunftbegabte Kür zustande bringt, der sollte auch schon mal den
orthographischen Derwisch hervorkehren dürfen! Das heißt dann auch:
"Einiges" und "Verschiedenes" je nach seiner Willkür und Absicht mal der
wichtigeren, mal einer unwichtigeren Wortklasse zuordnen dürfen.
--
;) j/\a

Ralf Joerres

unread,
May 19, 2018, 8:31:37 AM5/19/18
to
'Platzhalter' eines Nomens ist es eben doch, und zwar meist eines
Akkusativobjekts. Kata- oder Anaphorizität ist keine notwendige
Bedingung für ein Pronomen. Wenn ich jetzt z.B. sage 'jeder weiß das',
dann ist nur 'das' anaphorisch, nicht jedoch 'jeder'. Dennoch sind beide
Pronomen. Was Indefinitheit angeht: Auch Du wirst wissen, dass man eine
große Gruppe von Pronomen die indefiniten Pronomen nennt. Es gibt solche also indefinit und 'nicht-indefinit', wobei man die letzteren aber
meines Wissens nicht 'definit' nennt.

Da, wie Du auch nach meiner Auffassung richtig sagst, sich 'verschieden'
vor einem Nomen wie ein Artikel verhält, wäre das ein Argument mehr, es
in freistehender Position, also ohne nachfolgendes Nomen, als Pronomen
zu betrachten, denn dieses Verhalten teilt es mit den meisten 'Artikel-
wörtern und Pronomen', welche durch die Bank diese Doppelfunktion haben,
mit allerdings teilweise voneinander abweichendem Formenbestand (das ist
mein Buch / das ist meins).

Gruß Ralf Joerres

Ulf.K...@web.de

unread,
May 19, 2018, 8:37:18 AM5/19/18
to
Am Samstag, 19. Mai 2018 14:31:37 UTC+2 schrieb Ralf Joerres:
> Am Freitag, 18. Mai 2018 19:41:45 UTC+2 schrieb H.-P. Schulz:

> Da, wie Du auch nach meiner Auffassung richtig sagst, sich 'verschieden'
> vor einem Nomen wie ein Artikel verhält

Wie der Nullartikel des Plurals, nur ohne Nullform?

Gruß, ULF

Ralf Joerres

unread,
May 19, 2018, 8:39:33 AM5/19/18
to
Am Freitag, 18. Mai 2018 22:07:48 UTC+2 schrieb Lars Bräsicke:
> Am 18.05.2018 um 15:30 schrieb Ralf Joerres:
> > Am Donnerstag, 17. Mai 2018 16:20:30 UTC+2 schrieb Lars Bräsicke:
> >> Am 17.05.2018 um 12:34 schrieb Ralf Joerres:
> >>> Am Donnerstag, 17. Mai 2018 12:08:35 UTC+2 schrieb Lars Bräsicke:
> >>>> Am 17.05.2018 um 11:31 schrieb Ralf Joerres:

> >>>> Alles klein schreiben.

Das wäre für mich okay. Bei Satzanfängen und Namen müsste das nicht sein.

> >> Das zugrunde liegende Adjektiv kann Abstrakta und
> >> Adverbien bilden und gesteigert werden. Die Grundbedeutung
> >> "unterschiedlich" scheint klar durch und ist ja auch noch immer gemeint.
> >
> > Das bestreite ich. 'Verschiedenes' zu erledigen haben bedeutet lediglich
> > 'ein paar Sachen' zu erledigen haben; dass die 'verschieden' sind, ist
> > logisch, tritt aber gegenüber der Bedeutung 'mehr als eine' völlig in
> > der Hintergrund. Den Effekt, den Du 'durchscheinen' nennst, erzielst Du
> > nur, wenn Du die Taschenlampe dahinter hältst, sprich: wenn Du Deinen
> > Redefluss unterbrichst und denkst: Momendema, wieso eigentlich 'Verschie-
> > denes' - ach so, ja, die sind ja auch verschieden, alles klar.
> >
> > So eine Erklärung sehe ich als eine nachträglich bemühte Affirmation
> > des orthographischen Status quo.
>
> Mag sein. Mehr as "bemühte" Gründe wird man kaum finden.
> Das Sprachempfinden kommt meist ganz ohne Einteilung in Wortklassen aus.
> Rechtschreibregeln zwingen nun dazu, sich damit zu beschäftigen.
> Darum wäre das Beste: Alles klein schreiben, was nicht bei 10 am
> Satzanfang ist.

Genau.

> > Ein substantiviertes Adjektiv kann von einem Artikel begleitet werden,
> > ein Pronomen nicht. (Der Kleine ist hingefallen.) Übersehe ich hier
> > etwas?
>
> Kleines - das Kleine
> Verschiedenes - das Verschiedene

Ich bitte um einen Satz mit 'das Verschiedene', der erstens korrektes
Deutsch ist und bei dem dieses 'Verschiedene' dieselbe Bedeutung hat
wie 'Verschiedenes' in 'Verschiedenes zu erledigen haben'.

> >> Ähnlich ja auch "das Gleiche" und "dasselbe", letzteres auch noch mit
> >> dem Artikel zusammengeschrieben. Das eine ist Substantiv und groß, das
> >> andere Pronomen und klein.
> >
> > Du vertauschst hier Grund und Folge. Die beiden werden unterschiedlich
> > geschrieben, weil sie ihnen die Eigenschaften 'Adjektiv' und 'Pronomen /
> > Begleiter' zugewiesen werden. Es scheint mir dieselbe Inkonsistenz wie
> > bei Verschiedenes und einiges zu sein.
>
> Eben, als ähnliches Beispiel brachte ich es doch.

Gut, dann sind wir uns im Prinzip einig.

Gruß Ralf Joerres

Ralf Joerres

unread,
May 19, 2018, 9:23:48 AM5/19/18
to
Dieser sog. Nullartikel markiert lediglich 'Nicht-Gezähltheit' (diesen Begriff finde ich präziser als 'Nicht-Zählbarkeit', denn auch nicht
gezählte Dinge sind in der Regel zählbar (Leute), und nicht zählbare
Dinge sind es über Hilfskonstruktionen eben doch (zwei Bier)), egal ob
im Singular oder Plural: Wenn du einkaufen gehst, bring Milch (Sing.,
nciht gezählt) und Brötchen (Plur., nicht gezählt) mit.

'Verschieden/e/r/s' als Artikel kann in ähnlichen Umgebungen vorkommen,
wie der sog. Nullartikel (der artikellose Gebrauch nicht gezählter Nomen):

Im Keller hab ich noch verschiedenes altes Zeug, das kann weg. (Sing.)
Im Keller hab ich noch altes Zeug, das wegkann. (Sing. ohne Art.)
Im Keller hab ich noch verschiedenes, das wegkann (Pron.)

Da sind noch verschiedene alte Sachen, die können weg. (Plur.)
Da sind noch alte Sachen, die wegkönnen. (Plur. ohne Art.)
[hier kein Pron. 'verschiedene' möglich, nur in einem Satz wie:
ich hab da noch jede Menge alte Sachen, und da sind verschiedene
dabei, die wegkönnen.
Da könnte statt 'verschiedene' auch 'welche' stehen, also ein Pron.]

Gruß Ralf Joerres

Ralf Joerres

unread,
May 19, 2018, 9:48:23 AM5/19/18
to
Am Samstag, 19. Mai 2018 11:52:19 UTC+2 schrieb Jakob Achterndiek:
> Am 18.05.2018 um 22:14 schrieb Christian Weisgerber:
> > On 2018-05-17, Ralf Joerres <rjoe...@gmail.com> wrote:
> >
> >> Warum wird 'Verschiedenes' lt. Duden groß geschrieben, 'einiges'
> >> jedoch klein?
> > [..]
> > Es interessiert mich auch, ob es dafür handfeste grammatische Gründe
> > gibt oder ob es wirklich nur eine willkürliche Festlegung ist.
> >
> >> Was könnte eine vernünftige Lösung sein?
> >
>
> Auch wenn das nicht in vielen anderen Schriftsprachen so gemacht wird:
> Ist nicht die willentlich gekürte Regelung, eine wichtige Wortklasse
> durch Großschreibung herauszuheben, eine durchaus "vernünftige" Regelung?

Warum nicht 'alle wichtigen'?

> Man muß diese Vernunft jetzt nicht dadurch außer Kraft zu setzen
> versuchen, daß man künftig den Willen nicht mehr gelten läßt. Ich denke
> da immer gern an den Schnack: "Kein Mensch muß müssen." Lessings Nathan
> schnackt so und fährt spöttisch fort: "und ein Derwisch müßte? Was müßt'
> er denn?" Aber der Derwisch antwortet: "Warum man ihn recht bittet, und
> er für gut erkennt: das muß ein Derwisch."
>
> Was lernt uns das? - Wer nicht nur einen eigenen Willen, sondern auch
> eine vernunftbegabte Kür zustande bringt, der sollte auch schon mal den
> orthographischen Derwisch hervorkehren dürfen! Das heißt dann auch:
> "Einiges" und "Verschiedenes" je nach seiner Willkür und Absicht mal der
> wichtigeren, mal einer unwichtigeren Wortklasse zuordnen dürfen.

Die Wortklasse bleibt davon unberührt, es wäre ein mentales Betonungs-
zeichen. Angesichts des völligen Durcheinanders, das in diesem Feld
angerichtet wurde, würde ich eine solche Aufhebung des orthographischen
Fraktionszwangs sehr befürworten. Bei denen, die ihre Wortarten nicht kennen, entstünde kein weiterer Schaden, und der Connaisseur erfreute
sich des Zusatznutzens einer eher dezenten Hervorhebungsmöglichkeit.
Ob man die Anwendung der neugewonnenen Freiheit dann dem Banausentum
oder einer souveränen Beherrschung feinster Nuancen zuordnet - auch
darin bestünde Freiheit! Ich sehe voraus, dass dies Verschiedenen
nicht gefallen wird [vorerst halte ich mich an die Regel, auch wenn
zuweilen das Risiko einer Verwechslung mit 'Verblichenen' nicht von
der Hand zu weisen ist].

Gruß Ralf JOerres

Jakob Achterndiek

unread,
May 19, 2018, 11:00:03 AM5/19/18
to
Am 19.05.2018 um 15:48 schrieb Ralf Joerres:
> Am Samstag, 19. Mai 2018 11:52:19 UTC+2 schrieb Jakob Achterndiek:
>> [..]
>> Ist nicht die willentlich gekürte Regelung, eine wichtige Wortklasse
>> durch Großschreibung herauszuheben, eine durchaus "vernünftige" Regelung?
>
> Warum nicht 'alle wichtigen'?
>> [..]
> Die Wortklasse bleibt davon unberührt, es wäre ein mentales Betonungs-
> zeichen. [..]
>

Mir fallen dazu zwei Theater-Inszenierungen der letzten Zeit ein:
die Münchener "Räuber" von 2016 und der Baseler "Woyzek" von 2917.
Beide Male hat sich offenbar auch der Regisseur Ulrich Rasche gesagt:
In so großen Texten von so großen Autoren ist ALLES wichtig und alles
GLEICH wichtig, da muß und darf man nichts hervorheben und nichts
zurückstellen, das muß nur alles in einem Ton aufgesagt werden. Die
"mentale Betonung" muß der Zuschauer selbst leisten - und das bißchen
Action, auf die manche Zuschauer Wert legen, macht die Maschine.
--
j/\a

Ulf.K...@web.de

unread,
May 19, 2018, 12:39:15 PM5/19/18
to
Am Samstag, 19. Mai 2018 15:23:48 UTC+2 schrieb Ralf Joerres:
> Am Samstag, 19. Mai 2018 14:37:18 UTC+2 schrieb Ulf.K...@web.de:
> > Am Samstag, 19. Mai 2018 14:31:37 UTC+2 schrieb Ralf Joerres:
> > > Am Freitag, 18. Mai 2018 19:41:45 UTC+2 schrieb H.-P. Schulz:
> >
> > > Da, wie Du auch nach meiner Auffassung richtig sagst, sich 'verschieden'
> > > vor einem Nomen wie ein Artikel verhält
> >
> > Wie der Nullartikel des Plurals, nur ohne Nullform?
>
> Dieser sog. Nullartikel markiert lediglich 'Nicht-Gezähltheit' (diesen Begriff finde ich präziser als 'Nicht-Zählbarkeit', denn auch nicht
> gezählte Dinge sind in der Regel zählbar (Leute), und nicht zählbare
> Dinge sind es über Hilfskonstruktionen eben doch (zwei Bier)),

Ich habe wenig Geduld. Da brauchst Du schon viel
Mut zur Hilfskonstruktion, um die hochzählen zu können.

> egal ob
> im Singular oder Plural: Wenn du einkaufen gehst, bring Milch (Sing.,
> nciht gezählt) und Brötchen (Plur., nicht gezählt) mit.
>
> 'Verschieden/e/r/s' als Artikel kann in ähnlichen Umgebungen vorkommen,
> wie der sog. Nullartikel (der artikellose Gebrauch nicht gezählter Nomen):
>
> Im Keller hab ich noch verschiedenes altes Zeug, das kann weg. (Sing.)
> Im Keller hab ich noch altes Zeug, das wegkann. (Sing. ohne Art.)

Stümpt, der Singulargebrauch ist mir entfleucht.


Ich dachte an: Im Keller habe ich noch verschiedene (alte) Sachen,
wie von Dir weiter unten beschrieben.

> Im Keller hab ich noch verschiedenes, das wegkann (Pron.)
>
> Da sind noch verschiedene alte Sachen, die können weg. (Plur.)
> Da sind noch alte Sachen, die wegkönnen. (Plur. ohne Art.)
> [hier kein Pron. 'verschiedene' möglich,

Wo genau?

> nur in einem Satz wie:
> ich hab da noch jede Menge alte Sachen, und da sind verschiedene
> dabei, die wegkönnen.
> Da könnte statt 'verschiedene' auch 'welche' stehen, also ein Pron.]

Wenn dann ein Nichtmuttersprachler 'welche' als Indefinitartikel
gebraucht, beginnt das Nägelkräuseln.

Gruß, ULF

H.-P. Schulz

unread,
May 20, 2018, 2:45:26 AM5/20/18
to
Ich schiebe einige weitere Gedanken mal hier ein, ohne im engeren
Sinne auf das vorige zu antworten.

Folgendes ist mir zu diesem "Verschiedenes" noch eingefallen.

Diese "Ableitungen" auf -es sind eine Schnitte für sich. Es sind
Nomen, abgeleitet aus Adjektiv oder Verb (meist PartPerf). Und sie
sind "Singularetantum", wenn wir mal eine Form, die es ausschließlich
im Singular gibt, so nennen wollen.

Beispiele:
Halbgefrorenes, Erbrochenes, Unerfreuliches, Wohlschmeckendes ... und
eben auch *Verschiedenes*

Es sind keine echten Substantive, aber ganz gewiss keine Pronomen. Die
*semantische* Dimension gerade von 'Verschiedenes' mag ein bisschen zu
Spekulation Richtung Pronomen verführen, aber ich schrieb ja bereits
meine Auffassung, dass 'Verschiedenes' ein _Containerwort_ sei, wie
auch 'Alles', 'Vieles', 'Weniges' u.ä.m..

===============

Das alles berührt das _Adjektiv_ 'verschieden' nicht. Das ist ein Ding
für sich. Und dass es praktisch nur im Plural vorkommt (wie andere
Adjektive dieser Klasse auch: wenige, viele, zahlreiche ...), ändert
nichts Grundsätzliches an seiner Eigenschaft.

Oliver Jennrich

unread,
May 20, 2018, 6:58:08 PM5/20/18
to
Gerd Thieme <gerdt...@gmail.com> writes:

> On Sat, 19 May 2018 06:48:21 -0700 (PDT), Ralf Joerres wrote:
>
>> Am Samstag, 19. Mai 2018 11:52:19 UTC+2 schrieb Jakob Achterndiek:
>>> Auch wenn das nicht in vielen anderen Schriftsprachen so gemacht wird:
>>> Ist nicht die willentlich gekürte Regelung, eine wichtige Wortklasse
>>> durch Großschreibung herauszuheben, eine durchaus "vernünftige" Regelung?
>>
>> Warum nicht 'alle wichtigen'?
>
> „Wichtig“ sind Substantive ja nun eher nicht.
>
> Die Satzstruktur wird von Verben aufgespannt.

Ich bin mir nicht sicher ob die von dir gewählte Analogie mit
Programmiersprachen so tatsächlich besteht.

Wenn ich den 'Satz' $PERSON -> $ORT in einer 'Humansprache'
formuliere, z.B. "Oliver geht zum Rathaus", dann sind die wichtigen
Dinge in dem Satz die Person und der Ort. Ob Oliver nun geht,
schlendert, rennt, schleicht oder fährt macht zwar erzählerisch einen
Unterschied, aber nicht für das Endergebnis.

In einer Programmiersprache liegt der Fokus auf dem Prozeduralen. Ob die
Person nun Oliver, Gerd oder Peter heißt und zum Rathaus, der
Polizeiwache oder zum Supermarkt geht, ist im wesentlichen gleichgültig,
wenn man voraussetzt, dass eine Person GEHEN (->) kann und Rathaus,
Polizeiwache und Supermarkt Gebäude sind.


--
Space - The final frontier

Helmut Richter

unread,
May 21, 2018, 5:01:23 AM5/21/18
to
On Sun, 20 May 2018, Gerd Thieme wrote:

> ?„Wichtig“ sind Substantive ja nun eher nicht.
>
> Die Satzstruktur wird von Verben aufgespannt. Wichtige Hilfen für die
> Satzstruktur leisten Präpositionen. Auch Konjunktionen sind nützlich.
>
> Der große Rest, Substantive, Pronomina, Adjektive, Adverbien, ist
> syntaktisches Füllmaterial. Artikel sind eher eine Art Flexionsersatz.

Für einen einzelnen Satz ist in allen mir bekannten Sprachen in der Tat das
Verb der Punkt, an dem der restliche Satz aufgespannt wird. (Außerdem gibt
es reine Nominalsätze, oft ohne Verb wie „mein Vater Lehrer“, aber die sind
wenige kurze.)

Aber: das Substantiv gibt das Thema an, während die Verben über alle Sätze
hinweg immer wieder dieselben sind, auch wenn das Thema wechselt. Mindestens
zum Querlesen eignen sich großgeschriebene Substantive viel besser als
großgeschriebene Verben.

Ich habe mal einen Grundwortschatz zum Lernen einer Sprache zusammengestellt
– ohne ein ausgezähltes Korpus, nur aus dem Gefühl, wie sehr ich ein Wort
vermissen würde, wenn es nicht enthalten wäre. Es sind 265 Verben, 80
Adjektive, 570 Substantive und 115 andere Wörter geworden, also über die
Hälfte Substantive. Ich denke, das liegt daran, dass ein relativ kleiner
Satz Verben für alle Themen genügt, während jedes Thema andere Substantive
braucht.

> Ein Pronomen füllt eine syntaktische Position meist allein aus, während
> ein Substantiv oft Reiseleiter für eine ganze Gruppe sonstiger Wörter
> ist. Für Reiseleiter hat sich das Mitführen einer Fahne bewährt.

Recht poetisch, aber ich denke, das triffts durchaus. Werd ich mir merken.

--
Helmut Richter

Jakob Achterndiek

unread,
May 21, 2018, 5:02:48 AM5/21/18
to
Am 21.05.2018 um 00:58 schrieb Oliver Jennrich:
>
> Ich bin mir nicht sicher ob die von dir gewählte Analogie mit
> Programmiersprachen so tatsächlich besteht.
>
> Wenn ich den 'Satz' $PERSON -> $ORT in einer 'Humansprache'
> formuliere, z.B. "Oliver geht zum Rathaus", dann sind die wichtigen
> Dinge in dem Satz die Person und der Ort. Ob Oliver nun geht,
> schlendert, rennt, schleicht oder fährt macht zwar erzählerisch einen
> Unterschied, aber nicht für das Endergebnis.
>

Zween Jünger gingen nach Emmaus. [Lukas 24,13 ff.]
Es war nicht nur einer, es waren nicht drei:
*Zween* Jünger gingen nach Emmaus.
Das wolle, oh Christ, bedenken!

Zween Jünger gingen nach Emmaus.
Sie fuhren nicht, sie ritten nicht:
Zween Jünger *gingen* nach Emmaus.
Das wolle, oh Christ bedenken!

[ Und so weiter. ]
--
j/\a

Helmut Richter

unread,
May 21, 2018, 5:11:11 AM5/21/18
to
On Sun, 20 May 2018, Gerd Thieme wrote:

> Als ich vor mehr als 50 Jahren anfing zu programmieren, schrieben wir
> noch ALLES GROSS.

und auf den gängigen Fernschreibern alles klein. Deren Texte wollte man ja
auch lesen können.

> Was bleibt sind mehr oder weniger Substantive, und die
> schreibt man nicht nur gern mit großen Anfangsbuchstaben, sondern auch
> noch in KamelRückenSchreibweise.

Ja leider. warum die leserlichere Mit_Abstand_Schreibweise weggefallen ist,
weiß ich nicht. COBOL hatte noch die BINDESTRICH-SCHREIBWEISE, aber den
anderen Sprachen war ein kompress gesetztes Minuszeichen zu wichtig, als
dass man es der Lerserlichkeit von Namen opfern wollen. Die
Nicht-COBOL-Programmierer („SUBTRACT LOHNSTEUER FROM BRUTTO-EINKOMMEN.“)
waren ja damals nur schwer zu bewegen, lange und aussagekräftige Namen zu
verwenden.

--
Helmut Richter

Ralf Joerres

unread,
May 21, 2018, 6:31:18 AM5/21/18
to
Am Sonntag, 20. Mai 2018 08:45:26 UTC+2 schrieb H.-P. Schulz:
> Ich schiebe einige weitere Gedanken mal hier ein, ohne im engeren
> Sinne auf das vorige zu antworten.
>
> Folgendes ist mir zu diesem "Verschiedenes" noch eingefallen.
>
> Diese "Ableitungen" auf -es sind eine Schnitte für sich. Es sind
> Nomen, abgeleitet aus Adjektiv oder Verb (meist PartPerf). Und sie
> sind "Singularetantum", wenn wir mal eine Form, die es ausschließlich
> im Singular gibt, so nennen wollen.
>
> Beispiele:
> Halbgefrorenes, Erbrochenes, Unerfreuliches, Wohlschmeckendes ... und
> eben auch *Verschiedenes*
>
> Es sind keine echten Substantive,

Doch: Sie können von einem Artikel begleitet sein (das Halbgefrorene,
sein Erbrochenes, viel Unerfreuliches, manches Wohlschmeckende - bei
'verschiedenes' fällt mir ein Beispiel schwer. Diese Substantive
können darüber hinaus dekliniert werden und die Rollen der üblichen
Funktionsträger eines Substantivs im Satz besetzen (Subjket, Objekt,
Prädikativ...) und auch mit einem Pronomen in den Satz eingebettet
werden.

> aber ganz gewiss keine Pronomen.

Die anderen nicht, 'verschiedenes' wahrscheinlich schon. Vermutlich
arbeitest Du einfach nach im Wörterbuch eingetragener Wortartzuge-
hörigkeit - machen viele. Sätze funktionieren jedoch anders.

> Die
> *semantische* Dimension gerade von 'Verschiedenes' mag ein bisschen zu
> Spekulation Richtung Pronomen verführen

Man braucht da nicht spekulieren, die üblichen syntaktischen Verfahren
(Ersatzprobe, Verschiebeprobe ...) genügen.

> , aber ich schrieb ja bereits
> meine Auffassung, dass 'Verschiedenes' ein _Containerwort_ sei, wie
> auch 'Alles', 'Vieles', 'Weniges' u.ä.m..

'Containerwort' versteh ich leider nicht.

> ===============
>
> Das alles berührt das _Adjektiv_ 'verschieden' nicht.

Genau. Es gibt aber auch einen Artikel / Determinanten 'verschieden'.

> Das ist ein Ding
> für sich. Und dass es praktisch nur im Plural vorkommt

verschiedenes altes Zeug - hört sich ziemlich merkwürdig an, wahr-
scheinlich doch nur Plural

(wie andere
> Adjektive dieser Klasse auch: wenige, viele, zahlreiche ...)

Wenn das Adjektive sind, dann sind es Adjektive mit artikelähnlicher
Funktion. Z.B. nimmt 'viele' in einer Reihe von Fällen das syntaktische
Verhalten eines Artikelworts an, d.h. ein nachfolgendes Adjektiv wird
nicht, wie bei einem Adjektiv zu erwarten, parallel gebeugt, sondern
schwach wie nach einem Artikel. Außerdem kann es vor sog. nicht-zähl-
baren Substantiven auch singularisch benutzt werden:

vieles andere Zeug (??vieles anderes Zeug)

Es muss wie ein Artikel in der Nominalphrase immer vorne stehen:

kleine türkische Kinder > türkische kleine Kinder
viele kleine Kinder > *kleine viele Kinder

> ändert
> nichts Grundsätzliches an seiner Eigenschaft.

Sagtest Du nicht 'ein weites Feld?

Gruß Ralf Joerres

Andreas Karrer

unread,
May 21, 2018, 8:06:22 AM5/21/18
to
* Helmut Richter <hr.u...@email.de>:
> On Sun, 20 May 2018, Gerd Thieme wrote:
>
>> Als ich vor mehr als 50 Jahren anfing zu programmieren, schrieben wir
>> noch ALLES GROSS.

Nunja, im CDC Display Code gabs keine Kleinbuchstaben.

> und auf den gängigen Fernschreibern alles klein. Deren Texte wollte man ja
> auch lesen können.
>
>> Was bleibt sind mehr oder weniger Substantive, und die
>> schreibt man nicht nur gern mit großen Anfangsbuchstaben, sondern auch
>> noch in KamelRückenSchreibweise.
>
> Ja leider. warum die leserlichere Mit_Abstand_Schreibweise weggefallen ist,
> weiß ich nicht.

Ich finde da keinen entscheidenden Unterschied bezüglich
Leserlichkeit; sicher auch eine Frage der Gewöhnung. Jedenfalls ist
der Unterschied im Vergleich zu ALL CAPS marginal.

> Nicht-COBOL-Programmierer („SUBTRACT LOHNSTEUER FROM BRUTTO-EINKOMMEN.“)
> waren ja damals nur schwer zu bewegen, lange und aussagekräftige Namen zu
> verwenden.

Niklaus Wirth hat in seinen Programmbeispielen sehr oft einbuchstabige
Variablen- und sogar auch Funktionsnamen benutzt. Das Bonmot war, dass
er Modula-2 nur deshalb case-sensitive gemacht hat, damit er mehr als
26 Namen zur Verfügung hatte.

- Andi

Helmut Richter

unread,
May 21, 2018, 3:00:35 PM5/21/18
to
On Sat, 19 May 2018, Jakob Achterndiek wrote:

> Was lernt uns das? - Wer nicht nur einen eigenen Willen, sondern auch
> eine vernunftbegabte Kür zustande bringt, der sollte auch schon mal den
> orthographischen Derwisch hervorkehren dürfen! Das heißt dann auch:
> "Einiges" und "Verschiedenes" je nach seiner Willkür und Absicht mal der
> wichtigeren, mal einer unwichtigeren Wortklasse zuordnen dürfen.

Ich stimme zu, dass es nicht wichtig ist, dass alle Leute alles ganz genau
gleich schreiben, und dass man dem Schreiber zugestehen sollte, dass er die
Betonung und Gliederung auch durch eine nicht zu eingezwängten Einsatz von
Groß- und Kleinschreibung, Auseinander- und Zusammenschreibung oder den
Gebrauchvon oder den Verzicht auf Kommata ausdrücken dürfen soll. Warum
nicht Rechtschreibregeln so formulieren, dass sie die eindeutigen Fälle
eindeutig festlegen und die Zeifelsfälle dem Schreiber überlassen?

Bei „einiges“ sehe ich keinen rechten Grund zu unterschiedlicher Schreibung,
bei „verschiedenes“ dagegen schon: „Verschiedenes“ ist „nicht dasselbe“,
„verschiedenes“ ist „dies und das“.

Und „Unterschiedliches“ ist „nicht Gleiches“ im umgangssprachlichen, nicht
im mathematischen Sinn.

--
Helmut Richter

Helmut Richter

unread,
May 21, 2018, 3:15:51 PM5/21/18
to
On Sun, 20 May 2018, Gerd Thieme wrote:

> So schwer ist es nun auch wieder nicht. Man verabschiede sich von dem
> Gedanken, daß eine orthographische Wortform eindeutig zu einer
> bestimmten Wortart gehört.

> Vielmehr ist es erst der syntaktische Gebrauch einer Wortform, der die
> Wortart bestimmt. Ursprüngliche Adjektiv- und Partizipformen sind im
> Deutschen äußerst flexibel und wechseln die Wortart gern per
> Nullableitung.

[von weiter unten]
> Im heutigen Deutsch ist sogar die (einst sinnvolle) Unterscheidung von
> Adjektiv und Adverb hinfällig geworden. Der Trend geht wohl eher zum
> englischen Modifier hin, orthographisch auf jeden Fall.

... ich denke die Wortart gehört zum Wort, nicht zu seinem syntaktischen
Einbau im Satz. Ein Substantiv kann ein Subjekt oder Objekt oder Teil
eines Präpositionalgefüges sein, es bleibt dasselbe Substantiv. Völlig
analog: Ein Adjektiv kann attributiv, prädikativ der adverbiell gebraucht
werden, es bleibt dasselbe Adjektiv. Beispiel:

Das Auto fährt schnell.

„schnell“ ist als Wortart ein Adjektiv und als Satzteil ein Adverbial.

Die Wortart Adverb bezeichnet Wörter, die allein ein Adverbial bilden
können, ohne Adjektiv zu sein (gestern, draußen, vielleicht). Dazu
gehören auch Adjektivformen, die nicht mehr als Adjektiv gebraucht
werden können (glücklicherweise, ewiglich).

> Möglicherweise stellen manche Grammatiken einfach ein paar Wortarten
> zuviel bereit. Beispielsweise die erwähnten Zahlwörter oder auch die
> Farbwörter, die allein aus semantischen Gründen angeblich eine eigene
> Wortart bilden, was syntaktisch schwer zu rechtfertigen ist.

Zahlwörter verhalten sich unterschiedlich: manche wie Adjektive,
manche wie Substantive, manche wie eine Art Artikel. Quer durch viele
Sprachen sowieso, aber auch innerhalb einer Sprache (hundert,
zweihundert, aber eine Million, zwei Millionen). Sie bilden eine
eigene Wortart nur deswegen, weil in keine der anderen nahtlos
hineinpassen.

--
Helmut Richter

Ralf Joerres

unread,
May 21, 2018, 4:46:01 PM5/21/18
to
Am Montag, 21. Mai 2018 21:15:51 UTC+2 schrieb Helmut Richter:
> On Sun, 20 May 2018, Gerd Thieme wrote:
>
> > So schwer ist es nun auch wieder nicht. Man verabschiede sich von dem
> > Gedanken, daß eine orthographische Wortform eindeutig zu einer
> > bestimmten Wortart gehört.
>
> > Vielmehr ist es erst der syntaktische Gebrauch einer Wortform, der die
> > Wortart bestimmt. Ursprüngliche Adjektiv- und Partizipformen sind im
> > Deutschen äußerst flexibel und wechseln die Wortart gern per
> > Nullableitung.
>
> [von weiter unten]
> > Im heutigen Deutsch ist sogar die (einst sinnvolle) Unterscheidung von
> > Adjektiv und Adverb hinfällig geworden. Der Trend geht wohl eher zum
> > englischen Modifier hin, orthographisch auf jeden Fall.
>
> ... ich denke die Wortart gehört zum Wort, nicht zu seinem syntaktischen
> Einbau im Satz. Ein Substantiv kann ein Subjekt oder Objekt oder Teil
> eines Präpositionalgefüges sein, es bleibt dasselbe Substantiv. Völlig
> analog: Ein Adjektiv kann attributiv, prädikativ der adverbiell gebraucht
> werden, es bleibt dasselbe Adjektiv. Beispiel:

Vermutlich ist das derjenige Ansatz von Wortartdefinition, wegen dessen man
unvermeidlich in Widersprüchen landet. Welche Wortart vorliegt, definiert
sich womöglich ausschließlich aus der syntaktischen Position, wobei die
funktionalen Kategorien 'Subjekt', 'Objekt' usw. auf der Ebene der Wortart-
definition ab einer bestimmten Ebene der Abstraktion keinen Beitrag leisten.

Der Mann ist sehr groß. > Art+N Verb Gradadv.+Adj.
Er ist ein Riese. > Pron. Verb Art.+N

Subjekt Verb Prädikativ

> Das Auto fährt schnell.
>
> „schnell“ ist als Wortart ein Adjektiv und als Satzteil ein Adverbial.

Die Frage ist: Was macht ein sog. Adjektiv zu einem Adjektiv.

> Die Wortart Adverb bezeichnet Wörter, die allein ein Adverbial bilden
> können, ohne Adjektiv zu sein (gestern, draußen, vielleicht). Dazu
> gehören auch Adjektivformen, die nicht mehr als Adjektiv gebraucht
> werden können (glücklicherweise, ewiglich).

Zu einfach. Satzadverbien (Kommentaradverbien) sind von Lokaladverbien
u.ä. und diese wiederum von Gradadverbien u.ä. wesensverschieden.

> > Möglicherweise stellen manche Grammatiken einfach ein paar Wortarten
> > zuviel bereit. Beispielsweise die erwähnten Zahlwörter oder auch die
> > Farbwörter, die allein aus semantischen Gründen angeblich eine eigene
> > Wortart bilden, was syntaktisch schwer zu rechtfertigen ist.
>
> Zahlwörter verhalten sich unterschiedlich: manche wie Adjektive,
> manche wie Substantive, manche wie eine Art Artikel. Quer durch viele
> Sprachen sowieso, aber auch innerhalb einer Sprache (hundert,
> zweihundert, aber eine Million, zwei Millionen). Sie bilden eine
> eigene Wortart nur deswegen, weil in keine der anderen nahtlos
> hineinpassen.

Mit den 'Zahlwörtern' tun sich alle schwer, die ich kenne.

Ralf Joerres

Sergio Gatti

unread,
May 21, 2018, 5:31:43 PM5/21/18
to
Ralf Joerres hat am 21.05.2018 um 22:45 geschrieben:
> Die Frage ist: Was macht ein sog. Adjektiv zu einem Adjektiv.

Deklination eines Adjektivs:
Nominativ: schnell - schnelle - schnell
schnelles - schnelle - schnelles
usw.

Selbst bei eigentlich unveränderlichen Adjektiven kann man
eine Tendenz beobachten, sie doch zu deklinieren.
orangene, rosanes usw.

Deklination eines Adverbs:
Glücklicherweise, gestern - und dann?

Helmut Richter

unread,
May 21, 2018, 5:49:26 PM5/21/18
to
Ich hatte attributiv, prädikativ und adverbiell gebrauchte Adjektive
unterschieden. Nur die ersten werden nach Genus, Numerus und Kasus
gebeugt, die zweiten und dritten gar nicht. Wenn das den Unterschied der
Wortarten ausmacht, sind es also zwei Wortarten, und die prädikativ
gebrauchten gehören zu den Adverbien.

Eigentlich gar nicht dumm: dann ist das Wort "sein" ein normales Verb und
keine Kopula, und ein dahinter stehendes Adjektiv in Wirklichkeit ein
Adverb.

Er ist schnell. – Wie ist er? – Schnell.
Er fährt schnell. – Wie fährt er? - Schnell.

Beidemale Adverbien, weil nicht gebeugt. So habe ich das noch nie
betrachtet.

--
Helmut Richter

Helmut Richter

unread,
May 21, 2018, 6:19:37 PM5/21/18
to
On Mon, 21 May 2018, Ralf Joerres wrote:

> Vermutlich ist das derjenige Ansatz von Wortartdefinition, wegen dessen man
> unvermeidlich in Widersprüchen landet. Welche Wortart vorliegt, definiert
> sich womöglich ausschließlich aus der syntaktischen Position, wobei die
> funktionalen Kategorien 'Subjekt', 'Objekt' usw. auf der Ebene der Wortart-
> definition ab einer bestimmten Ebene der Abstraktion keinen Beitrag leisten.

Das heißt, es gibt gar keine Wortarten, sondern nur Satzglieder.

> Der Mann ist sehr groß. > Art+N Verb Gradadv.+Adj.
> Er ist ein Riese. > Pron. Verb Art.+N
>
> Subjekt Verb Prädikativ
>
> > Das Auto fährt schnell.
> >
> > „schnell“ ist als Wortart ein Adjektiv und als Satzteil ein Adverbial.
>
> Die Frage ist: Was macht ein sog. Adjektiv zu einem Adjektiv.

Ich schrieb, ein Adjektiv könne attributiv, prädikativ und adverbiell
gebraucht werden – und hätte ergänzen können, es würden im ersten Fall und
nur dort gebeugt. Was ist, wenn es nicht alle diese Verwendungen zulässt?

ein hiesiger Handwerker – *dieser Handwerker ist hiesig – *er arbeitet hiesig
*eine pleite Firma – diese Firma ist pleite – (*?)sie geht pleite
eine deutsche Frau – *diese Frau ist deutsch – diese Frau spricht deutsch
das linke Bein – *dieses Bein ist link – *er sitzt link

Welche davon sind Adjektive, und wie ist die Adjektiveigenschaft mit Beugung
korreliert?

Ich gebe zu, dass ich es mir einfach gemacht habe, aber du nicht minder.

> > Die Wortart Adverb bezeichnet Wörter, die allein ein Adverbial bilden
> > können, ohne Adjektiv zu sein (gestern, draußen, vielleicht). Dazu
> > gehören auch Adjektivformen, die nicht mehr als Adjektiv gebraucht
> > werden können (glücklicherweise, ewiglich).
>
> Zu einfach. Satzadverbien (Kommentaradverbien) sind von Lokaladverbien
> u.ä. und diese wiederum von Gradadverbien u.ä. wesensverschieden.

Das kann man unterscheiden und bekommt dann eben mehr verschiedene
Wortarten. Aber es gibt ja auch sonst Unterwortarten, z.B. Substantive kann
man in konkrete und abstrakte unterteilen und noch ein paar Sorten, oder in
welche, die Singular, Plural oder beides haben.

Das ändert nichts daran, dass man zwanglos einen Oberbegriff „Adverb“ bilden
kann, und Unveränderlichkeit ist eines seiner Merkmale. Woraus mitnichten
folgt, dass jeder Gebrauch von Wörtern anderer Wortarten notwendig mit deren
Veränderlichkeit einhergeht.

Aber ich bleibe dabei: die Wortart ist primär eine Eigenschaft eines Wortes
und nicht seines Verwendungszusammenhangs.

--
Helmut Richter

H.-P. Schulz

unread,
May 22, 2018, 3:09:00 AM5/22/18
to
Ralf Joerres <rjoe...@gmail.com> schrieb:

>'Containerwort' versteh ich leider nicht.

Behälter für eine nicht näher angesprochene Vielheit, Diversität.
"Verschiedenes" heißt: Auf die "Bestandteile" dieses "Verschiedenes",
die einzelnen Elemente sozusagen, wird nicht eingegangen; sie bleiben
ungenannt. (Ob sie un*bekannt* seien, ist nicht relevant; liegt
außerhalb des Textes.)

Und wenn ich es recht betrachte, sind auch alle anderen auf -es
abgeleiteten Wörter just solche Container:

Erbrochenes: Das ist eine Bezeichnung für dieses Durcheinander, dessen
einzelne Bestandteile weder man weder spezifizieren kann noch mag. (In
einer etwa forensischen Analyse mag das anders aussehen, - aber das
sind Spezialfälle.)

Halbgefrorenes: Eine Mischung, oder doch eine virtuelle solche, deren
einzige Gemeinsamkeit die Halbgefrorenheit ist.

Unerfreuliches: Allerhand Meldungen, Umstände, Vorkommnisse, die
gemeinsam unter der Überschrift "Unerfreulich" gefasst werden.

Also, statt "Container" könnte man auch "Überschriftwort" sagen, oder
meinetwegen auch "Topikale".

Und diese folgen eben gewissen eigentümlichen Regeln, wobei sie weit
gehend natürlich Nomen sind. zB habensie keinen Plural - was sie
allerdings mit anderen semantischen Klassen aber teilen, etwa einer
große Untermenge der Abstrakta: Liebe, Traurigkeit, Gegenwart, Zukunft
...

Die Verführung, sie unter die Pronomen zu rechnen, sehe ich auch. Aber
Pronomen verweisen, - und zwar auf etwas *innerhalb* eines Textes. Ein
"Pronomen", das auf etwas außerhalb Liegendes (etwa eine virtuelle
Aufzählung) verweist, käme mir irgendwie widersinnig vor.
Deshalb mein Ausweischen ins quasi-Semantische, zur Annhme einer
Gruppe von Wörtern: Container (Überschriftwörter, Topikale).

Jakob Achterndiek

unread,
May 22, 2018, 3:55:21 AM5/22/18
to
Am 21.05.2018 um 23:49 schrieb Helmut Richter:
>
> Eigentlich gar nicht dumm: dann ist das Wort "sein" ein normales
> Verb und keine Kopula, und ein dahinter stehendes Adjektiv in
> Wirklichkeit ein Adverb.
> Er ist schnell. – Wie ist er? – Schnell.
> Er fährt schnell. – Wie fährt er? - Schnell.
> Beidemale Adverbien, weil nicht gebeugt. So habe ich das noch nie
> betrachtet.
>

Bei genauerer Betrachtung wäre jedoch "schnell" einmal die Art
des Fahrens, das andere Mal die Art des Seins. Das wird aber kaum
gemeint sein.
Die Wortart-Huberei halte ich aber auch für verfehlt. "Schnell" ist
doch offenbar beidemale dasselbe Wort; es wird aber unterschiedlich
gebraucht.
--
j/\a

Jakob Achterndiek

unread,
May 22, 2018, 4:09:12 AM5/22/18
to
Am 22.05.2018 um 00:19 schrieb Helmut Richter:
>
> Aber ich bleibe dabei: die Wortart ist primär eine Eigenschaft eines
> Wortes und nicht seines Verwendungszusammenhangs.
>

Und GOtt schuf sie beide, ein Adverb und ein Adjektiv. Und er gab ihnen
das Gebot, daß sie auf gar keinen Fall sollten fremdgehen.

ps.:
Spätere Chronisten erzählten, daß in Wahrheit das eine aus einer Rippe
des anderen gemacht sei - und daß dabei schon die Schlange im Apfelbaum
gehangen und gefeixt habe.
--
j/\a

Bertel Lund Hansen

unread,
May 22, 2018, 9:40:22 AM5/22/18
to
Ralf Joerres skrev:

> Was könnte eine vernünftige Lösung sein?

Kleinschreibung.

--
/Bertel - aus Dänemark

Helmut Richter

unread,
May 23, 2018, 6:25:01 AM5/23/18
to
On Wed, 23 May 2018, Gerd Thieme wrote:

> On Mon, 21 May 2018 23:49:24 +0200, Helmut Richter wrote:
>
> > dann ist das Wort "sein" ein normales Verb und keine Kopula, und ein
> > dahinter stehendes Adjektiv in Wirklichkeit ein Adverb.
>
> Warum auch nicht. Die einzige Besonderheit ist, daß ein optionales
> Objekt überraschenderweise im Nominativ steht, so daß man zur
> Unterscheidung vom Subjekt auf die Stellung im Satz (oder auf die
> Semantik) zurückgreifen muß.

Ja, auch ich betrachte das gern als Nominativobjekte. Subjekte haben
darüberhinaus die Eigenschaft, die Form des Verbs zu bestimmen:

Wir sind das Volk.
Der Staat bin ich.

Da ist "wir" bzw. "ich" das Subjekt. In anderen Sprachen ist das manchmal
anders:

L'état c'est moi. (Der Staat, das ist ich.)
C'est moi qui viens. (Es ist ich der komme.)

> Das tun wir im Deutschen aber auch in anderen Zweifelsfällen, wenn die
> Kasus von Subjekt und Objekt nicht erkennbar sind, typischer Fall: Mann
> beißt Hund vs. den Mann beißt der Hund.

Bei "Frau beißt Katze" helfen die Artikel auch nichts.

--
Helmut Richter

Bertel Lund Hansen

unread,
May 23, 2018, 6:37:31 AM5/23/18
to
Gerd Thieme skrev:

>>> Was könnte eine vernünftige Lösung sein?

>> Kleinschreibung.

> Auch Eigennamen?

Nein.

> Auch den Satzanfang?

Nein, auch nicht.

> Zurück zur Natur? Nur Primitive haben die wahre Kultur?

Kleinschreibung ist nicht primitiv. Sie ist Grossschreibung
überlegen, weil sie viele Probleme auflöst. Dennoch kostet sie
weniger Papier und Tinte und nutzt den Bildschirm besser aus.

Helmut Richter

unread,
May 23, 2018, 6:41:01 AM5/23/18
to
On Wed, 23 May 2018, Gerd Thieme wrote:

> On Tue, 22 May 2018 15:40:20 +0200, Bertel Lund Hansen wrote:
>
> >> Was könnte eine vernünftige Lösung sein?
> >
> > Kleinschreibung.
>
> Auch Eigennamen?
>
> Auch den Satzanfang?

Wohl nicht, weil es beim englischen Vorbild und anderswo auch nicht
gemacht wird, und um die Abschaffung eines deutschen
Alleinstellungsmerkmals geht es doch primär.

Alles klein wird in Schriften mit Groß- und Kleinschreibung generell nicht
gemacht, aber das ist eigentlich tautologisch, denn wenn man nur
Kleinbuchstaben verwenden würde, wäre es ja keine Schrift mit Groß- und
Kleinschreibung mehr.

--
Helmut Richter

Helmut Richter

unread,
May 23, 2018, 6:57:39 AM5/23/18
to
On Wed, 23 May 2018, Bertel Lund Hansen wrote:

> Date: Wed, 23 May 2018 12:37:31 +0200
> From: Bertel Lund Hansen <gade...@lundhansen.dk>
> Newsgroups: de.etc.sprache.deutsch
> Subject: Re: Warum soll 'Verschiedenes' groß und 'einiges' klein geschrieben
> werden?
Es ist einfach ein Verlust von Information. Der Leser muss raten, was es
heißen soll, statt dass man es ihm sagt. Er wird in der Regl richtig
raten, kein Zweifel, aber er wurde beim Lesen ausgebremst.

Überzeugende Beispiele (ich bin aber zu faul, eines zu konstruieren) wären
solche mit vielen substantivierten Adjektiven: mit Kranken, mit kranken
Versicherten, mit versicherten kranken Angestellten im Unterschied zu
unversicherten oder versicherten gesunden, mit angestellten Versicherten
usw. Wir bekommen dann englische Verhältnisse, wo man öfter als im
Deutschen einen Satz zweimal anfangen muss, bevor man ihn einmal richtig
analysiert.

--
Helmut Richter

Jakob Achterndiek

unread,
May 23, 2018, 7:05:24 AM5/23/18
to
Am 23.05.2018 um 12:25 schrieb Helmut Richter:
>
> Ja, auch ich betrachte das gern als Nominativobjekte. Subjekte haben
> darüberhinaus die Eigenschaft, die Form des Verbs zu bestimmen:
> Wir sind das Volk.
> Der Staat bin ich.
>

Mich hat immer schon die Bezeichnung "Objekt" gestört, weil ich mit
den Objekten etwas verbinde, *worauf* die Handlung eines handelnden
Subjekts gerichtet ist. "Prädikatsnomen" war ja wohl die überkommene
Bezeichnung. Hans Glinz hat dafür "Gleichsetzungs-Nominativ" gesagt;
das habe ich (zumal im Unterricht) gern übernommen.
--
j/\a

Bertel Lund Hansen

unread,
May 23, 2018, 7:11:27 AM5/23/18
to
Helmut Richter skrev:

> Es ist einfach ein Verlust von Information.

Und ein Gewinn von Information. Auf Dänisch weiss man sofort,
wenn ein Name da steht. Das weiss man nicht auf Deutsch.

> Der Leser muss raten, was es heißen soll,

Und wie ich mehrmals gesagt habe: Der Zuhörer muss auch - und
immer.

> Wir bekommen dann englische Verhältnisse, wo man öfter als im
> Deutschen einen Satz zweimal anfangen muss, bevor man ihn einmal richtig
> analysiert.

Das ist richtig - aber spezifisch für Englisch. Das deutsche
Kasussystem sichert, dass es nicht (oft) im Deutschen geschieht.
Es ist sehr selten, dass ich Dänisch zweimal lesen muss, und dann
ist es jedes Mal schlecht formuliert.

Es ist nur eine Frage von Gewohnheit.

Ulf.K...@web.de

unread,
May 23, 2018, 7:32:01 AM5/23/18
to
Am Mittwoch, 23. Mai 2018 13:05:24 UTC+2 schrieb Jakob Achterndiek:
> Am 23.05.2018 um 12:25 schrieb Helmut Richter:
> >
> > Ja, auch ich betrachte das gern als Nominativobjekte. Subjekte haben
> > darüberhinaus die Eigenschaft, die Form des Verbs zu bestimmen:
> > Wir sind das Volk.
> > Der Staat bin ich.
> >
>
> Mich hat immer schon die Bezeichnung "Objekt" gestört, weil ich mit
> den Objekten etwas verbinde, *worauf* die Handlung eines handelnden
> Subjekts gerichtet ist. "Prädikatsnomen" war ja wohl die überkommene
> Bezeichnung.

Prädikatvum ist doch schön.

> Hans Glinz hat dafür "Gleichsetzungs-Nominativ" gesagt;
> das habe ich (zumal im Unterricht) gern übernommen.

In manchen Gegenden sagt man:
"Ich bin Ihrn Azzt" oder "Qu'est que c'est?"

Helmut Richter

unread,
May 23, 2018, 7:46:54 AM5/23/18
to
On Wed, 23 May 2018, Bertel Lund Hansen wrote:

> Helmut Richter skrev:
>
> > Es ist einfach ein Verlust von Information.
>
> Und ein Gewinn von Information. Auf Dänisch weiss man sofort,
> wenn ein Name da steht. Das weiss man nicht auf Deutsch.
>
> > Der Leser muss raten, was es heißen soll,
>
> Und wie ich mehrmals gesagt habe: Der Zuhörer muss auch - und
> immer.

Nein. Der Zuhörer, anders als der Leser, bekommt ja nicht nur die
Buchstaben, sondern auch die Betonung als zusätzliche Information.

Stell dir vor, es gäbe eine Stadt namens Hannov, und die veranstalten eine
Industriemesse, die dann die Hannover Messe heißt. Das würde ganz anders
ausgesprochen und betont (Hannóver Mésse) als wenn in einer Stadt namens
Hannover eine Messe namens Hannover-Messe (Hannóvermesse) stattfindet. Die
Buchstaben wären dieselben, aber in der Betonung wären die beiden
Messenamen ganz verschieden.

Ich stolpere jedesmal, wenn ich "Hannover Messe" lese, weil ich es spontan
zuerst als "Messe in Hannov" lese, bis mir natürlich sofort einfällt, dass
es sich um ein falsch geschriebenes "Hannover-Messe" handeln muss, weil es
Hannov nicht gibt und daher auch keine Messe dort.

Vollends unübersichtlich wird es, wenn vom englischen inspiriertes klein
schreiben von haupt wörtern sich mit ebenfalls vom englischen inspiriertem
aus einander schreiben zusammen gesetzer wörter zu schwer lesbarem
geschriebenen verbindet.

Wie gesagt, die meisten dieser Rätsel sind sicher lösbar, aber gar kein
Rätsel wäre einfacher.

--
Helmut Richter

Ulf.K...@web.de

unread,
May 23, 2018, 8:59:41 AM5/23/18
to
Am Mittwoch, 23. Mai 2018 13:46:54 UTC+2 schrieb Helmut Richter:

> Ich stolpere jedesmal, wenn ich "Hannover Messe" lese, weil ich es spontan
> zuerst als "Messe in Hannov" lese, bis mir natürlich sofort einfällt, dass
> es sich um ein falsch geschriebenes "Hannover-Messe" handeln muss,

Die dortige Leibniz Universität schreibt sich wegen Internationalität
auch bewußt falsch.

> weil es
> Hannov nicht gibt und daher auch keine Messe dort.

Essling gibt es auch nicht, ebensowenig den 'Wander'
zur Bildung der Femininform. Manche Endungen
werden gelegentlich entsorgt.

Zu -er-Städten fehlen mir derzeit Beispiele.

Gruß, ULF

Henning Sponbiel

unread,
May 23, 2018, 8:59:58 AM5/23/18
to
On Wed, 23 May 2018 11:33:12 +0000, Gerd Thieme wrote:

>Sinn des Schreibens ist nicht das Einsparen von Schreibmaterial. Nicht
>einmal für Typographen ist das ein ernsthaftes Kriterium. Im Gegenteil:
>Wörter sollen leichter lesbar sein. Der Wiedererkennungswert steht ganz
>oben auf der Wunschliste.

Sinn des Schreibens ist die Kommunikation. Und die umfasst den Sender
und den Empfänger.

Freunde des Großschreibens sind besonders auf den Empfänger fixiert und
berücksichtigen selten die Probleme des Senders, da sie diese seit der
Schulzeit gemeistert haben.


Henning

Henning Sponbiel

unread,
May 23, 2018, 8:59:59 AM5/23/18
to
On Wed, 23 May 2018 12:57:36 +0200, Helmut Richter wrote:

>On Wed, 23 May 2018, Bertel Lund Hansen wrote:
>
[...]

>> Kleinschreibung ist nicht primitiv. Sie ist Grossschreibung
>> überlegen, weil sie viele Probleme auflöst. Dennoch kostet sie
>> weniger Papier und Tinte und nutzt den Bildschirm besser aus.
>
>Es ist einfach ein Verlust von Information. Der Leser muss raten, was es
>heißen soll, statt dass man es ihm sagt. Er wird in der Regl richtig
>raten, kein Zweifel, aber er wurde beim Lesen ausgebremst.

Ich weigere mich zu glauben, dass deutschsprachige Leser dümmer sind als
die Verwender anderer europäischer Schriftsprachen.


Henning

Sergio Gatti

unread,
May 23, 2018, 9:04:10 AM5/23/18
to
Helmut Richter hat am 23.05.2018 um 13:46 geschrieben:

> Vollends unübersichtlich wird es, wenn vom englischen inspiriertes klein
> schreiben von haupt wörtern sich mit ebenfalls vom englischen inspiriertem
> aus einander schreiben zusammen gesetzer wörter zu schwer lesbarem
> geschriebenen verbindet.


Einige Hinweise:
- Nicht nur die englische Sprache, sondern eigentlich fast
alle Sprachen mit dem lateinischen Alphabet werden nicht
dadurch unübersichtlich oder sogar unverständlich, dass man
Hauptwörter meistens kleinschreibt.
Dänisch ist der beste Beweis. Früher schrieben die Dänen
Hauptwörter groß, seit einigen Jahrhzehnten klein. Die
mitlesenden Dänen können sicher bestätigen, dass man sich
immer noch auf Dänisch verständigen kann. ;-)

- Ich bin immer noch nicht so sicher, dass die tatsächlichen
oder konstruierten Fälle, in denen die Großschreibung
unterschiedliche Bedeutungen auseinanderzuhalten hilft,
schwerer wiegen, als die unzähligen Probleme, die auch und
gerade deutsche Muttersprachler haben bei der Frage:
Schreibe ich nun dieses Wort groß oder klein?

- Niemand hat meines Wissens vorgeschlagen, die englische
Aneinanderreihung mehrerer Hauptwörter ohne Bindestriche
oder Zusammenschreibung zu übernehmen. Insbesondere in
technischen Texten wird es dadurch in der Tat oft schwierig,
die Begriffsgrenzen festzulegen.

Ulf.K...@web.de

unread,
May 23, 2018, 9:11:08 AM5/23/18
to
Am Mittwoch, 23. Mai 2018 15:04:10 UTC+2 schrieb Sergio Gatti:

> - Niemand hat meines Wissens vorgeschlagen, die englische
> Aneinanderreihung mehrerer Hauptwörter ohne Bindestriche
> oder Zusammenschreibung zu übernehmen.

Deswegen steht auch nirgendwo, wenn auch noch mit Großbuchstaben,
"Hannover Messe".

Gruß, ULF

Helmut Richter

unread,
May 23, 2018, 9:15:41 AM5/23/18
to
Sind sie nicht, deswegen raten sie ja in der Regel richtig, bis auf wirklich
Mehrdeutiges, das es in allen Sprachen und Schriftsystemen gibt.

Also: die Leser sind nicht dümmer, sondern nur die Schreiber hilfsbereiter.
Und Hilfsbereitschaft setzt keineswegs voraus, dass der, dem geholfen wird,
ohne die Hilfe hilflos gewesen wäre.

--
Helmut Richter

Helmut Richter

unread,
May 23, 2018, 9:40:17 AM5/23/18
to
On Wed, 23 May 2018, Gerd Thieme wrote:

> On Mon, 21 May 2018 21:15:49 +0200, Helmut Richter wrote:
>
> > ich denke die Wortart gehört zum Wort, nicht zu seinem syntaktischen
> > Einbau im Satz
>
> Diese Sichtweise nimmt in Kauf, daß viele Wörter mehrfach existieren.

Das habe ich nicht verstanden. Es ist eher umgekehrt: manche Wörter
existieren dann nur noch einmal, z.B. das Adjektiv "schnell", das auch
adverbiell gebraucht wird, statt zweier homonymer Wörter "schnell", eines
davon ein Adverb.

> Sie hat uns beispielsweise den rein orthographischen das-daß-Schlamassel
> eingebrockt.

Wie im anderen Thread:

Ich bin der Ansicht, man solle so schreiben, das Lesen möglichst sackgassenfrei
möglich ist.

Anders ausgedrückt:

Ich bin der Ansicht, man solle sich bemühen, dass Lesen möglichst sackgassenfrei
zu gestalten.

*Das* wäre "das-daß-Schlamassel".

Ich weiß, dass "das" und "dass" aus derselben Wurzel stammen, aber sie
haben sich wirklich auseinanderentwickelt und werden auch in manchen
Dialekten verschieden ausgesprochen.

> Wissenschaft geht anders.

Den habe ich auch nicht verstanden.

> Ich leg mal Ockhams Messer in die Signatur.
>
> Entia non sunt multiplicanda praeter necessitatem

Da kann ich nur mit Einstein kontern (Zitat m.W. unbelegt):
Man muß die Dinge so einfach wie möglich machen. Aber nicht einfacher.

Einstein war sicher ein treuer Jünger Ockhams in dieser Frage.

Abr uer en Knsunntnschrft wi di arabsch wrklch infachr? Spart Tnt und
Papir, get schnellr zu schrebn und di Lesr findn hrus, ws gment ist,
in dr Regl sogar mihlus.
(ein paar Matres lectionis habe ich stehen gelassen; bin ja kein Unmnsch)

Aber wäre eine Konsonantenschrift wie die arabische wirklich
einfacher? Spart Tinte und Papier, geht schneller zu schreiben und die
Leser finden heraus, was gemeint ist, in der Regel sogar mühelos.

--
Helmut Richter

Helmut Richter

unread,
May 23, 2018, 10:01:13 AM5/23/18
to
On Wed, 23 May 2018, Sergio Gatti wrote:

> Einige Hinweise:
> - Nicht nur die englische Sprache, sondern eigentlich fast
> alle Sprachen mit dem lateinischen Alphabet werden nicht
> dadurch unübersichtlich oder sogar unverständlich, dass man
> Hauptwörter meistens kleinschreibt.
> Dänisch ist der beste Beweis. Früher schrieben die Dänen
> Hauptwörter groß, seit einigen Jahrhzehnten klein. Die
> mitlesenden Dänen können sicher bestätigen, dass man sich
> immer noch auf Dänisch verständigen kann. ;-)

Habe ich auch nur angedeutet, dass ich das bezweifle? Im Gegenteil, ich habe
ausdrücklich gesagt, dass die Leser in aller Regel sofort richtig raten
werden.

> - Ich bin immer noch nicht so sicher, dass die tatsächlichen
> oder konstruierten Fälle, in denen die Großschreibung
> unterschiedliche Bedeutungen auseinanderzuhalten hilft,
> schwerer wiegen, als die unzähligen Probleme, die auch und
> gerade deutsche Muttersprachler haben bei der Frage:
> Schreibe ich nun dieses Wort groß oder klein?

Das liegt zu einem gewissen Anteil am Versuch, die Regeln perfektionistisch
zu gestalten, so dass jedes Wort in jedem Kontext nur eine Schreibung haben
kann. Das trifft aber die sprachliche Realität nicht. In den meisten Fällen
ist es völlig eindeutig, was ein Substantiv ist und was keines, in anderen
ist es klar, dass ein in der Nähe befindliches Substantiv nur weggelassen
statt wiederholt wurde (hier eben: "in anderen" = "in anderen Fällen"), und
wieder Anderes kann man dann halt groß oder klein schreiben. (Ich hätte es
klein geschrieben, aber mich juckt nicht der Rotstift in der Tasche, wenn
ich es groß geschrieben sehe.) Also: was sich nach wenigen klaren Regeln als
Substantiv oder Nichtsubstantiv erweist, soll groß bzw. klein geschrieben
werden, der Rest ist egal. Kompetente Schreiber werden es sehr oft
untereinander gleich machen, inkompetente machen es eh wie sie wollen, und
Schüler sollen sich auf die Sprache als Ganze und klaren Ausdruck
konzentrieren dürfen statt auf linguistisch fragwürdige orthographische
Haarspaltereien.

> - Niemand hat meines Wissens vorgeschlagen, die englische
> Aneinanderreihung mehrerer Hauptwörter ohne Bindestriche
> oder Zusammenschreibung zu übernehmen. Insbesondere in
> technischen Texten wird es dadurch in der Tat oft schwierig,
> die Begriffsgrenzen festzulegen.

Wird aber zunehmend gemacht, wenn auch nicht so krass wie im Beispiel.

--
Helmut Richter

Bertel Lund Hansen

unread,
May 23, 2018, 11:11:58 AM5/23/18
to
Helmut Richter skrev:

> Ich stolpere jedesmal, wenn ich "Hannover Messe" lese, weil ich es spontan
> zuerst als "Messe in Hannov" lese,

Dabei hilft Grossschreibung nicht.

> Vollends unübersichtlich wird es, wenn vom englischen inspiriertes klein
> schreiben von haupt wörtern sich mit ebenfalls vom englischen inspiriertem
> aus einander schreiben zusammen gesetzer wörter zu schwer lesbarem
> geschriebenen verbindet.

Klar. Schlechte Formulierungen sind auch schwer zu lesen. Das hat
nichts mit Gross/Kleinschreibung zu tun.

Bertel Lund Hansen

unread,
May 23, 2018, 11:19:55 AM5/23/18
to
Helmut Richter skrev:

> Also: die Leser sind nicht dümmer, sondern nur die Schreiber hilfsbereiter.

Die dänische Leser sind hilfsbereit. Wir haben alle Schreiber
viel überflüssige Mühe gespart, und alle dänische Schüler haben
in 1948 aus Erleichterung geseufzt.

Bertel Lund Hansen

unread,
May 23, 2018, 11:25:58 AM5/23/18
to
Gerd Thieme skrev:

>> Sie ist Grossschreibung überlegen, weil sie viele Probleme auflöst.

> Welche, bitte?

Selbst in dieser Gruppe kommen Fragen vor, die um Klein- oder
Grossschreibung handeln. Und die Leute, die hier schreiben,
dürften relativ erfahrene sein.

> Solange Du Eigennamen noch groß schreiben wollst,
> verschiebst Du die Abgrenzungsprobleme nur von einer Ecke in eine
> andere.

Nein. Namen sind leicht erkennbar.
Substantivierte/nonsubstantivierte Wörter aber nicht (immer).

> Sinn des Schreibens ist nicht das Einsparen von Schreibmaterial.

Klar. Ich habe es auch nur als Spass geschriieben - es ist aber
wahr.

> Dänemark ist ja auch nicht der besseren Lesbarkeit wegen zur
> primitiveren Form zurückgekehrt, sondern aus Trotz (nach den 12 Jahren
> in denen sich der südliche Nachbar nicht mit Ruhm bekleckert hat).

Die Lesbarkeit war unändert. Die Schreibung wurde erleichtert.
Vergess nicht, dass man damals auch drei Verbenbeugungen änderte,
was nichts mit Deutsch-Trotz zu tun hat.

Bertel Lund Hansen

unread,
May 23, 2018, 11:29:05 AM5/23/18
to
Bertel Lund Hansen skrev:

> Selbst in dieser Gruppe kommen Fragen vor, die um Klein- oder
> Grossschreibung handeln.

Sieh den Überschrift.

Ulf.K...@web.de

unread,
May 23, 2018, 11:37:12 AM5/23/18
to
Am Mittwoch, 23. Mai 2018 17:11:58 UTC+2 schrieb Bertel Lund Hansen:
> Helmut Richter skrev:
>
> > Ich stolpere jedesmal, wenn ich "Hannover Messe" lese, weil ich es spontan
> > zuerst als "Messe in Hannov" lese,
>
> Dabei hilft Grossschreibung nicht.

Man könnte "in Hannover Messe halten"...

Gruß, ULF

Mathias Böwe

unread,
May 23, 2018, 1:29:26 PM5/23/18
to
Bertel Lund Hansen <gade...@lundhansen.dk> wrote:

> Kleinschreibung ist nicht primitiv. Sie ist Grossschreibung
> überlegen, weil sie viele Probleme auflöst. Dennoch kostet sie
> weniger Papier und Tinte und nutzt den Bildschirm besser aus.

Naja, es mag dem Alter geschuldet sein, aber ich bevorzuge mittlerweile
eine mindestens elf Punkt große Schrift. Da verzichte ich gerne auf den
Vorteil der Ersparnis von Tinte und Papier. Kleinschreibung schafft
nämlich mindestens ebenso viele Probleme wie sie (vorgeblich?) löst.

Mathias
--
Ich bin wieder hier, in meinem Revier,
war nie wirklich weg, hab' mich nur versteckt.

Bertel Lund Hansen

unread,
May 25, 2018, 2:54:14 AM5/25/18
to
Gerd Thieme skrev:

> Du spuckst große Töne. Offenbar hast Du Dich mit diesem Problem nie
> ernstlich befaßt. Die Übergangszone von Namen zu Gattungsbezeichnungen
> ist nicht weniger breit als die von Substantiven zu Pronomen.

Diese Probleme sind eine kleine Teilmenge von den generellen,
deutschen Grossschreibungsproblemen. Und wenn man in seltenen
Fällen fehl wählt, geht der Sinn doch nicht verloren.

> Wenn Du Substantive klein, aber Namen groß schreiben willst, wie
> schreibst Du dann Nutella oder Tempo? Nutella als Markenname groß?

Klar. Ich brauche nicht einmal zu nachdenken.

> Aber Tempo ist Gattungsbezeichnung und nicht nur Markenname. Es
> müßte also je nach Anwendungsfall mal so, mal so geschrieben
> werden, in der Regel klein.

Nur eine Schreibweise soll als korrekt gelten. Natürlich will man
in Praksis beide sehen. Man sieht ja auch
falschgetrenntgeschriebene Wörter.

> Es gibt Eselsbrücken (Eigennamen haben normalerweise keinen Plural und
> vertragen keinen unbestimmten Artikel), aber belastbar sind sie nicht.
> Wie sumpfig diese Angelegenheit ist, sieht man an den Sprachen, die auf
> dem Wege von der Eigennamen- zur Substantivgroßschreibung sind.

Welche Sprachen sind das?

Helmut Richter

unread,
May 25, 2018, 8:03:49 AM5/25/18
to
On Wed, 23 May 2018, Jakob Achterndiek wrote:

> Mich hat immer schon die Bezeichnung "Objekt" gestört, weil ich mit
> den Objekten etwas verbinde, *worauf* die Handlung eines handelnden
> Subjekts gerichtet ist.

Das ist schon beim gewöhnlichen Passiv (dem mit Subjekt) nicht der Fall:
dort ist das grammatische Subjekt das semantische Objekt in deinem Sinn.

Der Grammatik-Begriff "Subjekt" ist recht schillernd. Die semantische
Rolle (Handelnder) ist ein häufiges Merkmal, die Thema-Eigenschaft (das
wozu man etwas Zusätzliches zu sagen hat) eine anderes und es gibt ein
paar weitere.

Beispiel für die Thema-Eigenschaft: "Karl wurde von einem Auto angefahren"
sagt etwas über Karl aus, während "ein Auto hat Karl angefahren" etwas
über ein im Kontext unbekanntes Auto aussagt. Nur der erste Satz ist eine
Antwort auf die Frage "Weißt du, warum Karl nicht gekommen ist?"

Nach der Schule dachte ich, das Subjekt sei durch den Inhalt des Satzes
bestimmt und man verwende den Nominativ dafür. Heute denke ich umgekehrt:
nach komplexen Regeln gibt es meist eine Wortgruppe in einem Satz, die
Genus und Numerus des Verbs bestimmt und die im Nominativ steht, und die
nennt man das Subjekt. Manchmal gibts auch kein Subjekt.

> "Prädikatsnomen" war ja wohl die überkommene
> Bezeichnung. Hans Glinz hat dafür "Gleichsetzungs-Nominativ" gesagt;
> das habe ich (zumal im Unterricht) gern übernommen.

Die verwende ich auch, wenn ich verstanden werden will, also
normalerweise. Unorthodoxe Begriffe verwende ich nur, wenn ich jemanden
zum Nachdenken über die orthodoxen bringen will.

--
Helmut Richter

Ulf.K...@web.de

unread,
May 25, 2018, 8:32:54 AM5/25/18
to
Moin,

Am Freitag, 25. Mai 2018 14:03:49 UTC+2 schrieb Helmut Richter:
> On Wed, 23 May 2018, Jakob Achterndiek wrote:
>
> > Mich hat immer schon die Bezeichnung "Objekt" gestört, weil ich mit
> > den Objekten etwas verbinde, *worauf* die Handlung eines handelnden
> > Subjekts gerichtet ist.
>
> Das ist schon beim gewöhnlichen Passiv (dem mit Subjekt) nicht der Fall:
> dort ist das grammatische Subjekt das semantische Objekt in deinem Sinn.
>
> Der Grammatik-Begriff "Subjekt" ist recht schillernd. Die semantische
> Rolle (Handelnder) ist ein häufiges Merkmal, die Thema-Eigenschaft (das
> wozu man etwas Zusätzliches zu sagen hat) eine anderes und es gibt ein
> paar weitere.
>
> Beispiel für die Thema-Eigenschaft: "Karl wurde von einem Auto angefahren"
> sagt etwas über Karl aus, während "ein Auto hat Karl angefahren" etwas
> über ein im Kontext unbekanntes Auto aussagt. Nur der erste Satz ist eine
> Antwort auf die Frage "Weißt du, warum Karl nicht gekommen ist?"

Juristen vermöchten die Antwort auch noch aus dem
zweiten Satz herauszulesen. Das im Kontext unbekannte
Auto steht unterschiedlich prominent in beiden Sätzen.

Mag sein, daß die Subjektprominenz mehr Verwunderung und
Nachfrage auslöst.

"Petra hat Karl von den Einbrechern berichtet, die gerade
im Begriff waren, durch sein Schlafzimmerfenster einzusteigen."

Willst das auch ins Passiv gesetzt wissen?


Gruß, ULF

Florian Ritter

unread,
May 25, 2018, 8:37:53 AM5/25/18
to
Am Dienstag, 22. Mai 2018 09:55:21 UTC+2 schrieb Jakob Achterndiek:

>> Er ist schnell. – Wie ist er? – Schnell.
>> Er fährt schnell. – Wie fährt er? - Schnell.
>> Beidemale Adverbien, weil nicht gebeugt. So habe ich das noch nie
>> betrachtet.

> Bei genauerer Betrachtung wäre jedoch "schnell" einmal die Art
> des Fahrens, das andere Mal die Art des Seins. Das wird aber kaum
> gemeint sein.
> Die Wortart-Huberei halte ich aber auch für verfehlt. "Schnell" ist
> doch offenbar beidemale dasselbe Wort; es wird aber unterschiedlich
> gebraucht.

Der Schnell hingegen ist eine Prager Bierschwemme am Fuße
des Aufganges zur Burg - FR

Jakob Achterndiek

unread,
May 25, 2018, 9:05:34 AM5/25/18
to
Am 25.05.2018 um 14:32 schrieb Ulf.K...@web.de:
>
> Mag sein, daß die Subjektprominenz mehr Verwunderung und
> Nachfrage auslöst.

Noch mehr Verwunderung und Nachfragen, als bei deinem Beispiel?

> "Petra hat Karl von den Einbrechern berichtet, die gerade
> im Begriff waren, durch sein Schlafzimmerfenster einzusteigen."

Weil: Was hat sie ihm denn von diesen Einbrechern berichtet?
Und woher wußte sie das alles, was sie berichtet hat? Und warum
haben sich die beiden bei diesem Bericht soviel Zeit gelassen,
während doch die Einbrecher und so weiter und so fort - Fragen
über Fragen!

> Willst das auch ins Passiv gesetzt wissen?

Oh ja, bitte!
Vielleicht wird dann alles viel einfacher? Zum Beispiel, wenn Karl
von Petra davon unterrichtet wird, daß gerade Einbrecher dabei sind,
durch sein Schlafzimmerfenster bei ihm einzudringen.
--
j/\a

Ulf.K...@web.de

unread,
May 25, 2018, 12:46:43 PM5/25/18
to
Moin,

Am Montag, 21. Mai 2018 23:49:26 UTC+2 schrieb Helmut Richter:
> On Mon, 21 May 2018, Sergio Gatti wrote:
>
> > Ralf Joerres hat am 21.05.2018 um 22:45 geschrieben:
> > > Die Frage ist: Was macht ein sog. Adjektiv zu einem Adjektiv.
> >
> > Deklination eines Adjektivs:
> > Nominativ: schnell - schnelle - schnell
> > schnelles - schnelle - schnelles
> > usw.
> >
> > Selbst bei eigentlich unveränderlichen Adjektiven kann man
> > eine Tendenz beobachten, sie doch zu deklinieren.
> > orangene, rosanes usw.
> >
> > Deklination eines Adverbs:
> > Glücklicherweise, gestern - und dann?
>
> Ich hatte attributiv, prädikativ und adverbiell gebrauchte Adjektive
> unterschieden. Nur die ersten werden nach Genus, Numerus und Kasus
> gebeugt, die zweiten und dritten gar nicht. Wenn das den Unterschied der
> Wortarten ausmacht, sind es also zwei Wortarten, und die prädikativ
> gebrauchten gehören zu den Adverbien.
>
> Eigentlich gar nicht dumm: dann ist das Wort "sein" ein normales Verb und
> keine Kopula, und ein dahinter stehendes Adjektiv in Wirklichkeit ein
> Adverb.
>
> Er ist schnell. – Wie ist er? – Schnell.
> Er fährt schnell. – Wie fährt er? - Schnell.
>
> Beidemale Adverbien, weil nicht gebeugt.

Hatten wir nicht die Beugung von Prädikativadjektiven
in Walserdialekten erörtert?

> So habe ich das noch nie
> betrachtet.

Nur verträgt die Kopula eigentlich keine
Adverbien als Prädikativa.

* Er ist heute.
* Er ist lange.

Außerdem müßtest Du Prädikativsubstantive ggf.
neu einordnen; allerdings nehmen diese auch Pluralformen an.

Gruß, ULF

Ulf.K...@web.de

unread,
May 25, 2018, 12:51:46 PM5/25/18
to
Moin,

Am Montag, 21. Mai 2018 23:31:43 UTC+2 schrieb Sergio Gatti:
> Ralf Joerres hat am 21.05.2018 um 22:45 geschrieben:
> > Die Frage ist: Was macht ein sog. Adjektiv zu einem Adjektiv.
>
> Deklination eines Adjektivs:
> Nominativ: schnell - schnelle - schnell
> schnelles - schnelle - schnelles
> usw.
>
> Selbst bei eigentlich unveränderlichen Adjektiven kann man
> eine Tendenz beobachten, sie doch zu deklinieren.
> orangene, rosanes usw.
>
> Deklination eines Adverbs:
> Glücklicherweise, gestern - und dann?

Man behilft sich notfalls mit deadverbialen Formen wie
'gestrige'. Die 'Weise' kann man wieder abhängen.

Gruß, ULF

Ulf.K...@web.de

unread,
May 26, 2018, 4:27:01 AM5/26/18
to
Moin,

Am Montag, 21. Mai 2018 21:15:51 UTC+2 schrieb Helmut Richter:

> ... ich denke die Wortart gehört zum Wort, nicht zu seinem syntaktischen
> Einbau im Satz. Ein Substantiv kann ein Subjekt oder Objekt oder Teil
> eines Präpositionalgefüges sein, es bleibt dasselbe Substantiv. Völlig
> analog: Ein Adjektiv kann attributiv, prädikativ der adverbiell gebraucht
> werden, es bleibt dasselbe Adjektiv. Beispiel:
>
> Das Auto fährt schnell.
>
> „schnell“ ist als Wortart ein Adjektiv und als Satzteil ein Adverbial.

Zwischenzeitlich sind mir auch gültige
Prädikativadverbialkonstruktionen eingefallen.
Es hilft, das Subjekt hinreichend zu abstrahieren.

- Mein Vorstellungsgespräch/Vernehmungstermin ist am 26.
- Das ist heute!

> Die Wortart Adverb bezeichnet Wörter, die allein ein Adverbial bilden
> können, ohne Adjektiv zu sein (gestern, draußen, vielleicht). Dazu
> gehören auch Adjektivformen, die nicht mehr als Adjektiv gebraucht
> werden können (glücklicherweise

Die 'Weise' wurde als adverbbildendes Suffix angehängt,
im Zweifel als Kurzform zu 'in glücklicher Weise'.

Vgl. auch das inzwischen durchaus seltene 'amtsweise',
es braucht zu dieser Adverbbildung nicht notwendigerweise ein Adjektiv.

Gruß, ULF

Bertel Lund Hansen

unread,
May 28, 2018, 4:02:49 AM5/28/18
to
Gerd Thieme skrev:

> Sowohl im Englischen als auch im Russischen wird reichlich
> großgeschrieben, auch wenn kein Eigenname vorliegt. Davon sind, anders
> als im Deutschen, nicht nur Substantive betroffen.

Das ist nicht eine Bewegung nach Grossschreibung von
Substantiven. Das ist nur Verwirrung (oder überflüssige
Hervorhebung). Die findet man auch auf Dänish.

Sergio Gatti

unread,
May 28, 2018, 4:17:44 AM5/28/18
to


Gerd Thieme hat am 28.05.2018 um 09:47 geschrieben:
> On Fri, 25 May 2018 08:54:14 +0200, Bertel Lund Hansen wrote:
>
>> Gerd Thieme skrev:
>>
>>> Wie sumpfig diese Angelegenheit ist, sieht man an den Sprachen, die auf
>>> dem Wege von der Eigennamen- zur Substantivgroßschreibung sind.
>>
>> Welche Sprachen sind das?
>
> Sowohl im Englischen als auch im Russischen wird reichlich
> großgeschrieben, auch wenn kein Eigenname vorliegt. Davon sind, anders
> als im Deutschen, nicht nur Substantive betroffen.


Na ja, nehmen wir einen beliebigen Artikel aus
<www.faz.net>
<https://www.theguardian.com>
<www.pravda.ru>
und zählen wir den Anteil der großgeschriebenen Wörter.
Dann kann man sehen, was "reichlich" ist.

Jakob Achterndiek

unread,
May 28, 2018, 8:43:19 AM5/28/18
to
Am 28.05.2018 um 10:17 schrieb Sergio Gatti:
> Gerd Thieme hat am 28.05.2018 um 09:47 geschrieben:
>>
>> Sowohl im Englischen als auch im Russischen wird reichlich
>> großgeschrieben, auch wenn kein Eigenname vorliegt. Davon sind,
>> anders als im Deutschen, nicht nur Substantive betroffen.
>
> Na ja, nehmen wir einen beliebigen Artikel aus
> <www.faz.net>
> <https://www.theguardian.com>
> <www.pravda.ru>
> und zählen wir den Anteil der großgeschriebenen Wörter.
> Dann kann man sehen, was "reichlich" ist.
>

Weil mich das selbst interessiert hat, habe ich mit Hilfe eines schnell
gebastelten Progrämmchens mal kurz nachgezählt. Danach sieht das bei
vier zufällig ausgewählten deutschsprachigen Texten für den Schul-
gebrauch so aus:

Autor klein groß klein groß
----------------------------------------------------------------------
BAHRO (Essay) 4348 Zeichen 94% : 6% 835 Wörter 71% : 29%
CLAUREN (Romanauszug) 2147 Zeichen 95% : 5% 416 Wörter 73% : 27%
HALLER (Geschichte) 2912 Zeichen 95% : 5% 546 Wörter 73% : 27%
M.S. über LUTHER 41956 Zeichen 94% : 6% 7595 Wörter 68% : 32%

Ergebnis ohne Gewähr. Ich hoffe, das Programm hat keine Fehler gemacht.
--
j/\a

Jakob Achterndiek

unread,
May 28, 2018, 2:32:04 PM5/28/18
to
Am 28.05.2018 um 14:43 schrieb Jakob Achterndiek:
>
> Autor klein groß klein groß
> ----------------------------------------------------------------------
> BAHRO (Essay) 4348 Zeichen 94% : 6% 835 Wörter 71% : 29%
> CLAUREN (Romanauszug) 2147 Zeichen 95% : 5% 416 Wörter 73% : 27%
> HALLER (Geschichte) 2912 Zeichen 95% : 5% 546 Wörter 73% : 27%
> M.S. über LUTHER 41956 Zeichen 94% : 6% 7595 Wörter 68% : 32%

Als Nachtrag die Auszählung zweier Sammlungen von Privatbriefen, die
erste aus den Jahren 1895 bis 1900, die zweite zwei Generationen später
von 1970 bis 1974.
Den Unterschied bei den Wörtern halte ich für signifikant und für
*nicht* zufällig. Bei den Zeichen macht sich das nicht so bemerkbar.
------------------------------------------------------------------------
Briefe 1895 bis 1900 581433 Zeichen 95% : 5% 116051 Wörter 77% : 23%
Briefe 1970 bis 1974 296725 Zeichen 95% : 5% 56053 Wörter 74% : 26%
--
j/\a

Erik Meltzer

unread,
May 29, 2018, 6:58:06 AM5/29/18
to
Moin!

On 29.05.2018 12:47, Enzo Pontiere wrote:
> Und wenn nun dieser Goethe selbst auch bloß ein Goethe ist? Wat nu?

"Sie sind Arthur Dent? *Der* Arthur Dent?"
"Nein, ich bin nicht *der* Arthur Dent, ich bin nur *ein*
Arthur Dent. Wußten Sie nicht, daß wir in Sixpacks verkauft
werden?"

EKNW und übersetzte frei.

Liebe Grüße,
Ermel.
--
Nach 10 Jahren oder so zurück im Usenet.
Schmeckt wie früher.
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