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'rausfahren ins Grüne' oder 'ins Grüne rausfahren'

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Ralf Joerres

unread,
Oct 27, 2021, 4:02:01 PM10/27/21
to
Da es hier ja hinsichtlich Korrektheit eine ziemliche Spannbreite an
Meinungen gibt, frag ich mal sorum (btw: so rum / so 'rum wäre latent
missverständlich, oder?): Was wäre normaler:

- Wir waren Samstag rausgefahren ins Grüne.

oder

- Wir waren Samstag ins Grüne rausgefahren.

Es könnte sein, dass

- Kommst du mit ins Kino? vs. Kommst du ins Kino mit?

ähnlich gelagert ist. Jedenfalls wäre

- *Kommst du spazieren mit?

eindeutig falsch. 'Mit' als potentielle Verbpartikel (mitverhält sich
allerdings von Natur aus ungewöhnlich und ist dann vielleicht keine
reine Verbpartikel - Beispiel: Infinitiv = mitkommen eine rauchen, als
Frage im Präsens 'Kommst du mit eine rauchen?', 3. Person Plqupf 'Er war
mitgegangen eine rauchen' ('kommen' und 'gehen' so gesehen als _ein_
Verb mit mehreren deiktischen Perspektiven). Das ist anders als 'das
Buch in drei Tagen auslesen' - 'Liest du das Buch in drei Tagen aus?'
(für mich ein teils künstlicher Satz, aber...) Er hatte das Buch in drei
Tagen ausgelesen (für mich normal). Zu 'mit' als Sozial-Adverb (= nicht
allein, sondern mit einem/r oder mehreren anderen zusammen) hatte ich
mal eine längere fruchtlose Diskussion hier:

https://german.stackexchange.com/questions/43652/position-of-the-separable-prefix/43839#43839

Da gibt's dann noch etliche weitere Beispiele.

Ich meine mich zu erinnern, dass Christina hier ihre Beobachtung
mitgeteilt hatte, dass Ergänzungen immer häufiger außerhalb der
Satzklammer zu stehen kommen. Umgangssprachlich trifft das auf mich zu.
Ich könnt z.B. ohne weiteres sagen: Der Zug ist gestern auf die Minute
pünktlich angekommen in Köln, wobei das einen topikalisierenden Effekt
hätte.

Grüßle

Ralf Joerres

Quinn C

unread,
Oct 27, 2021, 5:20:56 PM10/27/21
to
* Ralf Joerres:

> Da es hier ja hinsichtlich Korrektheit eine ziemliche Spannbreite an
> Meinungen gibt, frag ich mal sorum (btw: so rum / so 'rum wäre latent
> missverständlich, oder?): Was wäre normaler:
>
> - Wir waren Samstag rausgefahren ins Grüne.
>
> oder
>
> - Wir waren Samstag ins Grüne rausgefahren.

Beim ersten Beispiel wurde "ins Grüne" zunächst vergessen und dann im
Nachklapp ergänzt. In mündlicher Sprache normal, schriftlich/in
formellen Stilen nicht.

> Es könnte sein, dass
>
> - Kommst du mit ins Kino? vs. Kommst du ins Kino mit?
>
> ähnlich gelagert ist.

Nein ,das sind alternative Konstruktionen, wie Du ja selbst später
angemerkt hast (Präposition/Verbpartikel). Das ist natürlich nicht
zufällig, aber der Prozeß, das eine in das andere zu verwandeln, nicht
mehr sonderlich produktiv.

--
Ich habe ein Geschäft verdunkelt Anregung für Sie.
-- SPAMPOESIE

Helmut Richter

unread,
Oct 27, 2021, 5:48:57 PM10/27/21
to
On Wed, 27 Oct 2021, Quinn C wrote:

> * Ralf Joerres:
>
> > Da es hier ja hinsichtlich Korrektheit eine ziemliche Spannbreite an
> > Meinungen gibt, frag ich mal sorum (btw: so rum / so 'rum wäre latent
> > missverständlich, oder?): Was wäre normaler:
> >
> > - Wir waren Samstag rausgefahren ins Grüne.
> >
> > oder
> >
> > - Wir waren Samstag ins Grüne rausgefahren.
>
> Beim ersten Beispiel wurde "ins Grüne" zunächst vergessen und dann im
> Nachklapp ergänzt. In mündlicher Sprache normal, schriftlich/in
> formellen Stilen nicht.

Luthers hat in seine Bibelübersetzung vor allem solche Sätze gebaut, und die
haben alle Revisionen überlebt. Das dürfte heute einen wesentlichen Teil des
Luther-Klanges seiner Übersetzung ausmachen.

Luther, Rev. 2017 (?!):

Habt aber acht, dass ihr eure Gerechtigkeit nicht übt vor den Leuten, um
von ihnen gesehen zu werden; ihr habt sonst keinen Lohn bei eurem Vater im
Himmel. Wenn du nun Almosen gibst, sollst du es nicht vor dir ausposaunen,
wie es die Heuchler tun in den Synagogen und auf den Gassen, damit sie von
den Leuten gepriesen werden.

Heutiges Deutsch wäre (andere Archaismen als die Wortstellung belassen):

Habt aber acht, dass ihr eure Gerechtigkeit nicht vor den Leuten übt, um
von ihnen gesehen zu werden; ihr habt sonst bei eurem Vater im Himmel
keinen Lohn. Wenn du nun Almosen gibst, sollst du es nicht vor dir
ausposaunen, wie es die Heuchler in den Synagogen und auf den Gassen tun,
damit sie von den Leuten gepriesen werden.

Luther (Rev. 1912) hatte noch:

Wenn du Almosen gibst, sollst du nicht lassen vor dir posaunen,

statt

Wenn du Almosen gibst, sollst du nicht vor dir posaunen lassen,

Ein früherer Chef von mir hat sich gewehrt, als ich solche Wortstellungen
(vielleicht eher Interneschenelisms als Archaismen) aus seinen Texten
herauskorrigiert habe – er fand den Pseudo-Luther-Stil scheints besser, selbst
als Katholik.

--
Helmut Richter

Stefan Schmitz

unread,
Oct 28, 2021, 3:08:11 PM10/28/21
to
Am 27.10.2021 um 23:20 schrieb Quinn C:
> * Ralf Joerres:
>
>> Da es hier ja hinsichtlich Korrektheit eine ziemliche Spannbreite an
>> Meinungen gibt, frag ich mal sorum (btw: so rum / so 'rum wäre latent
>> missverständlich, oder?): Was wäre normaler:
>>
>> - Wir waren Samstag rausgefahren ins Grüne.
>>
>> oder
>>
>> - Wir waren Samstag ins Grüne rausgefahren.
>
> Beim ersten Beispiel wurde "ins Grüne" zunächst vergessen und dann im
> Nachklapp ergänzt.

Darum idiomatisch.

> In mündlicher Sprache normal, schriftlich/in
> formellen Stilen nicht.

Dann auch nicht "rausgefahren".


Das zweite finde ich unidiomatisch, weil da das "raus" zu viel ist.

Ralf Joerres

unread,
Oct 28, 2021, 5:04:01 PM10/28/21
to
Am 27.10.2021 um 22:34 schrieb Stefan Ram:
> Ralf Joerres <rjoe...@gmail.com> writes:
>> - Wir waren Samstag ins Grüne rausgefahren.
>> - Wir waren Samstag rausgefahren ins Grüne.
>
> Mir erscheint das oben zuerst Zitierte als normaler.
>
> Beispiele für Treffer des ersten Typs:
>
> |Die Hunde sind ins Lager eingebrochen - ... Tod der heiligen Genoveva
> |Tod und Vorwitz sind ins Proszenium ausgewichen - ... Welttheater
> |Wir sind kaum bis ins Rathaus hineingekommen - Gottsched und ...

Mein Beispiel war aus dem Leben gegriffen, Deine Beispiele sind
anscheinend literarisch, da gelten andere Maßstäbe.

> Treffer zum zweiten Typ:
>
> |So sind die Römer hingezogen In's wilde, alte deutsche Lan - Gedichte
> |Viele, viele sind schon hinuntergesunken ins ewige Schweigen. - Leb.
>
> . Diese zweite Möglichkeit erscheint mir als markiert,
> aber sie erleichtert das Verständnis, weil man erstmal
> einen vollständigen Satz liest. Die dann folgende Erklärung
> mit "ins" wirkt etwas /nach/geschoben,

... gute Erläuterung

> aber sie hat dadurch
> einen besonderen Rhythmus der /Nach/denklichkeit und fast
> Trauer und wirkt wie spontan gesprochen, wo jemandem dann
> noch einfällt, daß er das Verb ja noch etwas besser erklären
> könnte.

Um 'spontan gesprochen' geht es ja auch.

> Außerdem wäre für mich mit dem Substantiv "Samstag" eher
> eine adverbiale Bestimmung wie "/am/ Samstag" richtig.
> Ohne "am", zöge ich eher das Adverb "samstags" vor.
> (Selten findet man aber "Samstag" ohne "am", meist mit.)

Da wär' ich nicht so sicher, beim (mündlichen) Sprechen in meiner Gegend
ist TAGESNAME ohne Präposition völlig ausreichend ('Kommst du mit
Freitag ins Kino?'). 'Samstags' hat für mich selbst noch einen starken
Anklang an die Bedeutung von 'jeden Samstag', aber anscheinend wird es
auch für '(am) Samstag' benutzt.

Gruß Ralf Joerres

Quinn C

unread,
Oct 28, 2021, 5:21:41 PM10/28/21
to
* Stefan Schmitz:
Die Umkehrung gilt hier für mich nicht - der zweite Satz ist wegen
"raus" immer noch informell, die Satzstellung alleine ist nur neutral,
weder spezifisch informell noch formell.

--
Wenn Sie interessiert sind, mit mir freundlicherweise nach vorn
unten Angaben arbeiten:
-- SPAMPOESIE

Ralf Joerres

unread,
Oct 28, 2021, 5:21:42 PM10/28/21
to
Am 27.10.2021 um 23:48 schrieb Helmut Richter:
> On Wed, 27 Oct 2021, Quinn C wrote:
>
>> * Ralf Joerres:
>>
>>> Da es hier ja hinsichtlich Korrektheit eine ziemliche Spannbreite an
>>> Meinungen gibt, frag ich mal sorum (btw: so rum / so 'rum wäre latent
>>> missverständlich, oder?): Was wäre normaler:
>>>
>>> - Wir waren Samstag rausgefahren ins Grüne.
>>>
>>> oder
>>>
>>> - Wir waren Samstag ins Grüne rausgefahren.
>>
>> Beim ersten Beispiel wurde "ins Grüne" zunächst vergessen und dann im
>> Nachklapp ergänzt.

Ich denke nicht, dass es 'vergessen' wurde, sondern den in meiner Region
absolut üblichen Sprachgebrauch darstellt, bis zu dem dem Punkt, dass
die Standard-Reihenfolge hier als tendenziell geziert oder irgendwie
abgehoben wahrgenommen würde - allerdings längst nicht so deutlich wie
'wegen + Genitiv', mehr so als 'hört sich irgendwie komisch an, sprichst
du jetzt Lehrerdeutsch oder was?'. Das lässt sich wie alle Aussagen über
den mündlichen Sprachgebrauch jedoch kaum beweisen, weil es dazu keine
Korpora gibt.

>> In mündlicher Sprache normal, schriftlich/in
>> formellen Stilen nicht.

Den Satz kann es im Schriftlichen auch kaum geben, außer als
Textnachricht auf Social Media.

> Luthers hat in seine Bibelübersetzung vor allem solche Sätze gebaut, und die
> haben alle Revisionen überlebt. Das dürfte heute einen wesentlichen Teil des
> Luther-Klanges seiner Übersetzung ausmachen.
>
> Luther, Rev. 2017 (?!):
>
> Habt aber acht, dass ihr eure Gerechtigkeit nicht übt vor den Leuten, um
> von ihnen gesehen zu werden; ihr habt sonst keinen Lohn bei eurem Vater im
> Himmel. Wenn du nun Almosen gibst, sollst du es nicht vor dir ausposaunen,
> wie es die Heuchler tun in den Synagogen und auf den Gassen, damit sie von
> den Leuten gepriesen werden.

Das's ja mal 'ne wirklich schöne Beobachtung!

> Heutiges Deutsch wäre (andere Archaismen als die Wortstellung belassen):
>
> Habt aber acht, dass ihr eure Gerechtigkeit nicht vor den Leuten übt, um
> von ihnen gesehen zu werden; ihr habt sonst bei eurem Vater im Himmel
> keinen Lohn. Wenn du nun Almosen gibst, sollst du es nicht vor dir
> ausposaunen, wie es die Heuchler in den Synagogen und auf den Gassen tun,
> damit sie von den Leuten gepriesen werden.
>
> Luther (Rev. 1912) hatte noch:
>
> Wenn du Almosen gibst, sollst du nicht lassen vor dir posaunen,
>
> statt
>
> Wenn du Almosen gibst, sollst du nicht vor dir posaunen lassen,
>
> Ein früherer Chef von mir hat sich gewehrt, als ich solche Wortstellungen
> (vielleicht eher Interneschenelisms als Archaismen) aus seinen Texten
> herauskorrigiert habe – er fand den Pseudo-Luther-Stil scheints besser, selbst
> als Katholik.

Danke soweit, aber was ist ein 'Interneschenelism'? Muss was Englisches
sein, nur: was?

Gruß Ralf Joerres

Quinn C

unread,
Oct 28, 2021, 5:28:08 PM10/28/21
to
* Ralf Joerres:
Wenn man Swahili oder Japanisch lernen möchte, dann ist es besser, sich
diese Fähigkeit anzueignen, englische Wörter aus einer Verschriftlichung
der lokalen Aussprache zu rekonstruieren.

Japanisch wäre das intānashonarizumu, türkisch enternasyonalizm.

--
(1) Vollstandiger Name:
(2) parmanent Adresse & Country:
(3) Sex & Alter:
-- SPAMPOESIE

Heinrich Pfeifer

unread,
Oct 29, 2021, 5:27:11 AM10/29/21
to
Am 27.10.2021 um 22:01 schrieb Ralf Joerres:
>
> - Wir waren Samstag rausgefahren ins Grüne.
>
> oder
>
> - Wir waren Samstag ins Grüne rausgefahren.

für mich klingen beide Varianten zumindest komisch, aber aus einem
anderen Grund.

Für mich heißt das nicht "waren", sondern "wir sind rausgefahren", egal
ob vor oder nach dem Grünen. Bin aber dialektgeprägt, Südwestecke der
Republik.


--
Heinrich
mail: new<at>pfei.eu

Detlef Meißner

unread,
Oct 29, 2021, 5:31:14 AM10/29/21
to
Sind das nicht zwei verschiedene Zeiten?

Detlef

Heinrich Pfeifer

unread,
Oct 29, 2021, 6:32:20 AM10/29/21
to
Ja, schon. Die Frage ist, ob hier das Perfekt oder das Plusquamperfekt
hingehört. Für mich eben ersteres.

Detlef Meißner

unread,
Oct 29, 2021, 7:55:22 AM10/29/21
to
Was dahin gehört, sollte sich aus dem weiteren Kontext ergeben.

Detlef

Diedrich Ehlerding

unread,
Oct 29, 2021, 2:03:36 PM10/29/21
to
Ralf Joerres meinte:

> Was wäre normaler:
>
> - Wir waren Samstag rausgefahren ins Grüne.
>
> oder
>
> - Wir waren Samstag ins Grüne rausgefahren.

Geht MUSEN beides, hingegen ...
>
> Es könnte sein, dass
>
> - Kommst du mit ins Kino? vs. Kommst du ins Kino mit?

... mag MUSE da nur die erste Versionb.
>
> ähnlich gelagert ist.
--
gpg-Key (DSA 1024) D36AD663E6DB91A4
fingerprint = 2983 4D54 E00B 8483 B5B8 C7D1 D36A D663 E6DB 91A4
HTML-Mail wird ungeleſen entſorgt.

Ralf Joerres

unread,
Oct 29, 2021, 6:19:44 PM10/29/21
to
Am 28.10.2021 um 23:28 schrieb Quinn C:
> * Ralf Joerres:
>
>> Am 27.10.2021 um 23:48 schrieb Helmut Richter:
>>> Ein früherer Chef von mir hat sich gewehrt, als ich solche Wortstellungen
>>> (vielleicht eher Interneschenelisms als Archaismen) aus seinen Texten
>>> herauskorrigiert habe – er fand den Pseudo-Luther-Stil scheints besser, selbst
>>> als Katholik.
>>
>> Danke soweit, aber was ist ein 'Interneschenelism'? Muss was Englisches
>> sein, nur: was?
>
> Wenn man Swahili oder Japanisch lernen möchte, dann ist es besser, sich
> diese Fähigkeit anzueignen, englische Wörter aus einer Verschriftlichung
> der lokalen Aussprache zu rekonstruieren.
>
> Japanisch wäre das intānashonarizumu, türkisch enternasyonalizm.
>
Danke für den Tipp. In deiner türkischen Variante gibt's das 'y' in
'nasyion', das ich im Englischen schmerzlich vermisst hatte:
'internejschenelizm' wäre für mich eher rekonstruierbar gewesen. So kam
ich auf eine ganz falsche Fährte, ich hatte was mit (organisations-)
'interne' gesucht und konnte mir auf 'schenelism' so gar keinen Reim machen.

Ralf Joerres

Ralf Joerres

unread,
Oct 29, 2021, 7:47:40 PM10/29/21
to
Am 29.10.2021 um 00:09 schrieb Stefan Ram:
> Ralf Joerres <rjoe...@gmail.com> writes:
>> Am 27.10.2021 um 23:48 schrieb Helmut Richter:
>>> On Wed, 27 Oct 2021, Quinn C wrote:
>>>> * Ralf Joerres:
>>>>> - Wir waren Samstag rausgefahren ins Grüne.
>>>>> - Wir waren Samstag ins Grüne rausgefahren.
>>>> Beim ersten Beispiel wurde "ins Grüne" zunächst vergessen und dann im
>>>> Nachklapp ergänzt.
>> Ich denke nicht, dass es 'vergessen' wurde, sondern den in meiner Region
>> absolut üblichen Sprachgebrauch darstellt
>
> Das erinnert mich daran, daß ich kürzlich las, wie Sanders
> den französische Satzbau besser findet als den deutschen.
>
> Er nennt dann ein Beispiel, wo, ähnlich wie in Deinem
> Beispiel, das Verb früher kommt und die Objekte später.
>
> (Bei "Wir waren Samstag rausgefahren" rückt das "rausgefahren"
> näher an "waren", wie unten "verdeutlichen" näher an "wollen",
> obwohl die Struktur nicht vollkommen gleichartig ist.)
>
> Sanders stellt gegenüber:
>
> (de) Wir wollen das Gesagte an Beispielen verdeutlichen.
> (fr) Wir wollen verdeutlichen das Gesagte an Beispielen.
>
> Dazu schreibt er:
>
> | § 32. Deutsche und französische Wortstellung
> |
> | 1) Es ist unbestreitbar und unbestritten, daß die
> |deutsche Wortstellung an Klarheit, Deutlichkeit und
> |Übersichtlichkeit z. B. hinter der französischen zurücksteht.
> |Hier, und ähnlich z. B. in der englischen Sprache, herrscht,
> |abgesehen von einigen geringfügigen und verschwindenden
> |Ausnahmen, die streng gedankenmäßige (logische) Anordnung und
> |Folge, und zwar dieselbe in Haupt= und Nebensätzen; hier
> |steht im Großen und Ganzen immer und überall der regierende
> |Satztheil vor dem davon abhängenden; hier giebt es keine
> |unecht zusammengesetzten Verba, deren Theile durch dazwischen
> |Tretendes aus einander gerissen werden (s. § 12); hier gieht
> |es eben so wenig ein Auseinanderreißen der Satzformen eines
> |Verbums und der dazu gehörigen ruhenden Formen u. ä. m.
> | 2) Wir wollen das Gesagte an Beispielen verdeutlichen -,
> |wofür es in der französischen ɔc. Worstellung lauten würde:
> |"Wir wollen verdeutlichen das Gesagte an Beispielen."
> |...
> Satzbau und Wortfolge der deutschen Sprache - Daniel Sanders (1883)
>
> Nun ist das Japanische wohl für die höchste Regelhaftigkeit
> bekannt. Dort steht das Determinans /immer/ vor dem Determinatum.
> Das hätte Sanders vielleicht gefallen.

Jean-Marie Zemb zieht ähnliche Vergleiche, wobei er für den deutschen
Satzbau allerdings von der Nebensatz-Wortstellung ausgeht, bei der das
Bauprinzip deutscher Sätze klarer hervortritt:

- (parce qu') [1] il [2] avait [3] dû [4] être [5] à la maison [6] hier
[7] à huit heures

- (weil) [1] er [6] gestern [7] um 8 Uhr [5] zu Hause [4] gewesen sein
[3] muss- [2] -te

Es wäre im Prinzip noch klarer, wenn auch im deutschen Satz das
Modalverb im Plusquamperfekt stünde, aber derartige Konstruktionen
(hatte zu Hause gewesen sein müssen) sind einerseits unüblich und
andererseits gibt es hier die Sonderregelung des Vorziehens des finiten
Verbs, das sonst immer am Ende steht (zu Hause sein gemusst hatte).

Zemb nennt in seiner "Vergleichende[n] Grammatik Französisch-Deutsch"
den deutschen Satzbau vor allem in Bezug auf das Verbaltaxem (= grosso
modo 'das Prädikat') zentripetal, den französischen hingegen
'zentrifugal'. Belege dafür gibt's en masse:

(sobald er das) verstanden haben wird
(dès qu'il) aura compris

(weil das) geschrieben worden sein kann
(parce que cela) peut avoir été écrit

usw.

Mit Blick aufs Japanische hätte Zemb möglicherweise darauf verwiesen,
dass im deutschen Verbaltaxem die Reihenfolge bedeutungsmäßig irrelevant
ist (es sind zwar nicht alle Reihenfolgen zulässig, aber regional gibt's
relativ große Spielräume, 'kann worden geschrieben sein' kann man
jedenfalls noch verstehen, und wenn, dann in derselben Bedeutung wie bei
der Standardreihenfolge), anders als etwa bei den Substantivkomposita,
wo eine Salatkartoffel durchaus nicht dasselbe ist wie ein Kartoffelsalat.

Im Französischen lassen sich mit Hilfe der Voran- oder Nachstellung der
Adjektive spezielle semantische Effekte erzielen: << d'importants
investissements >> sind "erhebliche / umfangreiche (massive)
Investitionen", << des investissements importants >> sind "wichtige
Investitionen".

Gruß Ralf Joerres

Ralf Joerres

unread,
Oct 29, 2021, 7:58:18 PM10/29/21
to
Am 28.10.2021 um 21:08 schrieb Stefan Schmitz:
> Am 27.10.2021 um 23:20 schrieb Quinn C:
>> * Ralf Joerres:
>>
>>> Da es hier ja hinsichtlich Korrektheit eine ziemliche Spannbreite an
>>> Meinungen gibt, frag ich mal sorum (btw: so rum / so 'rum wäre latent
>>> missverständlich, oder?): Was wäre normaler:
>>>
>>> - Wir waren Samstag rausgefahren ins Grüne.
>>>
>>> oder
>>>
>>> - Wir waren Samstag ins Grüne rausgefahren.
>>
>> Beim ersten Beispiel wurde "ins Grüne" zunächst vergessen und dann im
>> Nachklapp ergänzt.
>
> Darum idiomatisch.

Nee, man würde genauso sagen 'rausgefahren in die Berge' oder 'mal
rausgefahren aufs Land'. Das wäre dann ein multivariables Idiom.

>> In mündlicher Sprache normal, schriftlich/in
>> formellen Stilen nicht.
>
> Dann auch nicht "rausgefahren".

Ja.

> Das zweite finde ich unidiomatisch, weil da das "raus" zu viel ist.

Das mit dem 'raus zu viel' stimmt, und mit 'unidiomatisch' ist
möglicherweise 'unüblich' gemeint; dem würde ich dann zustimmen. Man
sieht hier schon: Das 'raus-' hat eine spezielle Wirkung, es ist so
etwas wie die Ankündigung der nachfolgenden präzisierenden
Ortsergänzung, so wie man hier im Ruhrgebiet (und woanders teilweise
ebenfalls) mit doppelter Ortsergänzung auch sagt 'den Schrank ganz dicht
an die Wand ranstellen'.

Gruß Ralf Joerres

Ralf Joerres

unread,
Oct 29, 2021, 8:12:56 PM10/29/21
to
Ja. Ich hatte an eine Geschichte gedacht, die so anfängt. Da bezeichnet
das sogenannte Plusquamperfekt eine Hintergrundzeit, es ist eher ein
Aspekt und kein Tempus: Wir waren draußen im Grünen und dafür extra ein
Stück rausgefahren, oder noch auf der Fahrt dahin, und da passierte dann
dies oder das ... Das Perfekt wäre für mich eher Erzählzeit: Wir sind
ins Grüne gefahren und haben uns da einen schönen Tag gemacht. Der Ingo
hat natürlich wieder geangelt ... Man liest auch, dass im Ruhrgebiet im
Plusquamperfekt auch erzählt werden kann. Das könnte hinkommen, meiner
Erfahrung nach. Es könnte die Antwort auf eine Frage sein: Und, was hast
du so gemacht die letzten Tage? - Wir waren ...

Gruß Ralf Joerres

Quinn C

unread,
Oct 29, 2021, 8:51:47 PM10/29/21
to
* Ralf Joerres:
"Nation" und "national" haben eine je andere Aussprache der ersten
Silbe. So viel Spaß darf im Englischen halt sein.

--
£ 570.000,00 (fünfhundertsiebzig Eintausend Pfund Sterling) wurde
Ihnen für emarging als die ausgezeichnet Gewinner des ersten Preises
von Samsung zeichnen diese 42RD Jahrestag Jahr 2012.
-- SPAMPOESIE

Quinn C

unread,
Oct 29, 2021, 8:59:21 PM10/29/21
to
* Ralf Joerres:

> Am 27.10.2021 um 23:48 schrieb Helmut Richter:
>> On Wed, 27 Oct 2021, Quinn C wrote:
>>
>>> * Ralf Joerres:
>>>
>>>> Da es hier ja hinsichtlich Korrektheit eine ziemliche Spannbreite an
>>>> Meinungen gibt, frag ich mal sorum (btw: so rum / so 'rum wäre latent
>>>> missverständlich, oder?): Was wäre normaler:
>>>>
>>>> - Wir waren Samstag rausgefahren ins Grüne.
>>>>
>>>> oder
>>>>
>>>> - Wir waren Samstag ins Grüne rausgefahren.
>>>
>>> Beim ersten Beispiel wurde "ins Grüne" zunächst vergessen und dann im
>>> Nachklapp ergänzt.
>
> Ich denke nicht, dass es 'vergessen' wurde, sondern den in meiner Region
> absolut üblichen Sprachgebrauch darstellt, bis zu dem dem Punkt, dass
> die Standard-Reihenfolge hier als tendenziell geziert oder irgendwie
> abgehoben wahrgenommen würde - allerdings längst nicht so deutlich wie
> 'wegen + Genitiv', mehr so als 'hört sich irgendwie komisch an, sprichst
> du jetzt Lehrerdeutsch oder was?'.

Ah ja. Na gut, daran bin ich gewöhnt, daß ich für so manchen wie ein
Buch oder zumindest wie's Fernsehen klinge, habe ja auch nie Dialekt
gelernt.

Interessanterweise klinge ich wohl im Japanischen noch am
volkstümlichsten von allen meinen Sprachen, weil da mein gelahrter
Wortschatz begrenzter ist.

--
Dieser Antrag wird uns erlauben, Ihre E-Mail-Adresse in 
Auftragslist e, es nicht zu Ende des vorhergehenden 
Kurierdienst Ya hoo verlieren.
-- SPAMPOESIE

Ralf Joerres

unread,
Oct 30, 2021, 4:49:15 AM10/30/21
to
Am 30.10.2021 um 02:51 schrieb Quinn C:
> * Ralf Joerres:
>
>> Am 28.10.2021 um 23:28 schrieb Quinn C:
>
>>> Japanisch wäre das intānashonarizumu, türkisch enternasyonalizm.
>>>
>> Danke für den Tipp. In deiner türkischen Variante gibt's das 'y' in
>> 'nasyion', das ich im Englischen schmerzlich vermisst hatte:
>> 'internejschenelizm' wäre für mich eher rekonstruierbar gewesen. So kam
>> ich auf eine ganz falsche Fährte, ich hatte was mit (organisations-)
>> 'interne' gesucht und konnte mir auf 'schenelism' so gar keinen Reim machen.
>>
>> Ralf Joerres
>
> "Nation" und "national" haben eine je andere Aussprache der ersten
> Silbe. So viel Spaß darf im Englischen halt sein.

Stimmt, 'internäschenelizm' wäre meine halb-deutsche ('sch') halb
phonetische ('zm') Transkription, das mit dem i/y/j war falsch gedacht.

Ralf Joerres
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