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Wortsuche "läge"

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Alexander Skwar

unread,
Aug 12, 2003, 10:42:10 AM8/12/03
to
Hallo!

Gestern abend beim Scrabble spielen haben wir uns ziemlich lange in den
Haaren gelegen, ob es das Wort "läge" gibt. Gemeint ist sowas, wie:

*Wenn es das Wort gibt, _läge_ es daran dass...*

also im Sinne von:

*Wenn es das Wort gibt, _würde_ es daran _liegen_, dass...*

Also als Ableitung von *liegen*.

Mir ist klar das nur dadurch das einige wenige andere das Wort verwenden,
es noch lange nicht existent und richtig ist. Trotzdem habe ich mal bei
Google gesucht und gefunden:

http://morgenpost.berlin1.de/archiv2002/021121/wirtschaft/story563837.html:
«Als *läge* Mehltau über Deutschland». Aus einem Interview mit Roland
Berger.

http://sozialisten.de/partei/strukturen/parteitag/08at/reden/11bautz.htm:
"Ohne uns *läge* die Hürde für kommende Kriege niedriger", Rede von
Christian Bautz

Auch abgeleitet von "legen" kann ich mir das Wort vorstellen. Und zwar:

*_Läge_ er die Karten doch an!*

(Oder sowas...). Wieder im Sinne von:

*Würde er die Karten doch an_legen_!*

Also, wie ist eure "Meinung"? _Läge_ ich falsch, wenn ich behaupten würde
das es das Wort geben würde?

Danke,

Alexander Skwar
--
panic("mother...");
2.2.16 /usr/src/linux/drivers/block/cpqarray.c

Oliver Schad

unread,
Aug 12, 2003, 11:00:31 AM8/12/03
to
Alexander Skwar wrote:

> Gestern abend beim Scrabble spielen haben wir uns ziemlich lange in den
> Haaren gelegen, ob es das Wort "läge" gibt. Gemeint ist sowas, wie:

Das Wort "liegen" heißt im Konjunktiv "läge". Lässt sich aber im Web und im
Duden und in Wörterbüchern problemlos nachschlagen.

mfg
Oli

René

unread,
Aug 12, 2003, 10:59:32 AM8/12/03
to
Alexander Skwar wollte richtigerweise schreiben::
> _Läge_ ich falsch, wenn ich behaupten würde, dass es das Wort gibt?

Nein, keineswegs. Dieses Wort gibt es durchaus.


Dirk Schneider

unread,
Aug 12, 2003, 11:05:13 AM8/12/03
to
Alexander Skwar schrieb:

Dirk Schneider

unread,
Aug 12, 2003, 11:17:33 AM8/12/03
to
Alexander Skwar schrieb:

> [...läge...]

> Mir ist klar das nur dadurch das einige wenige andere das Wort

, dass , dass Andere

> verwenden, es noch lange nicht existent und richtig ist. Trotzdem
> habe ich mal bei Google gesucht und gefunden:

Der Duden behauptet, das läge am Konjunktiv (Möglichkeitsform)!

Gruß Dirk.


Michael Hemmer

unread,
Aug 12, 2003, 11:22:23 AM8/12/03
to
Dirk Schneider wrote:
> Der Duden behauptet, das läge am Konjunktiv (Möglichkeitsform)!

Er sagt aber auch, der Konjunktiv I liege ihm in diesem Fall mehr,
zumal er eindeutig als solcher erkennbar sei.

Gruß,

Michael

Michael Pronay

unread,
Aug 12, 2003, 11:28:10 AM8/12/03
to
Alexander Skwar <use...@alexander.skwar.name> wrote:

> Auch abgeleitet von "legen" kann ich mir das Wort vorstellen.
> Und zwar:
>
> *_Läge_ er die Karten doch an!*

Nein. Da müsste "legte" stehen.

M.

Joachim Wiesemann

unread,
Aug 12, 2003, 11:57:30 AM8/12/03
to
Am Tue, 12 Aug 2003 16:42:10 +0200, verlautete Alexander Skwar:

> Hallo!
>
> Läge ich falsch, wenn ich behaupten würde das es das Wort geben würde?
, s

Besser: Läge ich falsch, wenn ich behauptete, es gäbe dieses Wort?

Nein, Du lägst goldrichtig.

Viele Grüße
Joachim

--
Dr. Joachim Wiesemann
mailto:newsa...@JWiesemann.de
http://www.bestviewed.de/ Seiten über Webdesign und Usability
"Die schärfsten Kritiker der Elche waren früher selber welche!"

Ralf Heinrich Arning

unread,
Aug 12, 2003, 1:50:37 PM8/12/03
to
Alexander Skwar <use...@alexander.skwar.name> wrote:

> Gestern abend beim Scrabble spielen haben wir uns ziemlich lange in den
> Haaren gelegen, ob es das Wort "läge" gibt.

Beherrschtet Ihr den Konjunktiv, läget Ihr Euch wegen eines solchen
Problems nicht in den Haaren.

Ralf
--
It is easier to get into something than to get out of it.
Donald Rumsfeld

Lars Bräsicke

unread,
Aug 12, 2003, 1:56:47 PM8/12/03
to

"Joachim Wiesemann" <newsa...@jwiesemann.de> schrieb im Newsbeitrag
news:bhb2pa$107j3p$1...@ID-70505.news.uni-berlin.de...

> Am Tue, 12 Aug 2003 16:42:10 +0200, verlautete Alexander Skwar:
>
> > Hallo!
> >
> > Läge ich falsch, wenn ich behaupten würde das es das Wort geben würde?
> , s
>
> Besser: Läge ich falsch, wenn ich behauptete, es gäbe dieses Wort?
>
> Nein, Du lägst goldrichtig.

Ist im Konjunktiv nicht die Endung -est statt -st üblich? (lägest)

Lars


Alexander Skwar

unread,
Aug 12, 2003, 2:19:02 PM8/12/03
to
On Tue, 12 Aug 2003 19:50:37 +0200, Ralf Heinrich Arning wrote:

> Beherrschtet Ihr den Konjunktiv, läget Ihr Euch wegen eines solchen
> Problems nicht in den Haaren.

:-P

Okay, ich habe quasi nach solchen "Abfuhren" gerufen. Is' schon recht.

Vielen Dank an Euch alle!

Alexander Skwar
--
Sig zum kaufen oder mieten gesucht.
Angebote an: sig.for...@spamgourmet.com

Bernd Gramlich

unread,
Aug 12, 2003, 2:30:19 PM8/12/03
to
Alexander Skwar wrote:

> Gestern abend beim Scrabble spielen haben wir uns ziemlich lange in
> den Haaren gelegen, ob es das Wort "läge" gibt.

Das Streiflicht der Süddeutschen Zeitung, also gleich nach dem Papst
die zweithöchste Autorität auf Erden, empfahl vor Jahren einmal das
Wort QUÖLLE als Punktebringer im Scrabble und beschrieb unmittelbar
anschließend die Argumentationstechnik, die man gegenüber zweifelnden
Gegnern anzuwenden habe. Das Schema paßt auch auf LÄGE.

--
Bernd Gramlich Quod scripsi, scripsi.

Rainer Sokoll

unread,
Aug 12, 2003, 5:08:48 PM8/12/03
to
Thus Michael Hemmer wrote:

Offensichtlich hat das ja etwas mit Ablauten zu tun. Und wohl mit den
beiden(?) deutschen Lautverschiebungen - es ist zu lang her, als daß ich
mich wirklich daran erinnerte ;-)
Also: Lassen sich Regeln aufstellen?
Indikativ: liegen
Konjunktiv: liegten
lägten
lögten
lügten

Rainer
--
If you're killed, you've lost a very important part of your life.
(Brooke Shields)

helge willkowei

unread,
Aug 12, 2003, 6:40:25 PM8/12/03
to
Rainer Sokoll wrote:
> Thus Michael Hemmer wrote:
>
>
>> Dirk Schneider wrote:
>>
>>>Der Duden behauptet, das läge am Konjunktiv (Möglichkeitsform)!
>>
>>
>> Er sagt aber auch, der Konjunktiv I liege ihm in diesem Fall mehr,
>> zumal er eindeutig als solcher erkennbar sei.
>
>
> Offensichtlich hat das ja etwas mit Ablauten zu tun. Und wohl mit den
> beiden(?) deutschen Lautverschiebungen - es ist zu lang her, als daß ich
> mich wirklich daran erinnerte ;-)
> Also: Lassen sich Regeln aufstellen?
> Indikativ: liegen
> Konjunktiv: liegten
> lägten
> lögten
> lügten

Regeln wofür? Was willst du denn jett wissen? Starke Verben haben
Ablaut, ja. Und oft noch einmal Umlaut im Konjunktiv II, ja. Schwache
Verben haben keinen Ablaut, und auch keinen Umlaut im Konjunktiv II.
Konjunktiv II ersetzt Konjunktiv I dann, wenn die jeweilige Konjunktiv
I-Form mit der Indikativform zusammenfällt. Also:

Er sagt, ich sei groß.
Er sagt, ich hieße Fritz (weil heiße Konj I=Ind.)
aber: Er sagt, er heiße Fritz (weil heiße != heißt)

usw.

-helge

Message has been deleted

Gerd Thieme

unread,
Aug 12, 2003, 9:10:50 PM8/12/03
to
Lars Bräsicke wrote:

> Ist im Konjunktiv nicht die Endung -est statt -st üblich? (lägest)

Der Konjunktiv I kann auf das -e- nicht verzichten, denn es ist sein
einziges Erkennungsmerkmal (liegest, legest).

Beim Konjunktiv II starker Verben kann das -e- ausfallen, weil der
Kontrast durch den Ablaut gegeben ist (lägest/lägst). Schriftsprachlich
bevorzuge ich die ungekürzte Form.

Der Konjunktiv II schwacher Verben verlangt das -e- aus lautlichen
Gründen (legtest).

Gerd

Ivo Angelo Carobbio

unread,
Aug 13, 2003, 1:13:28 AM8/13/03
to
Bernd Gramlich <be...@tenuki.de> erhob die Stimme und sprach:

einleuchtende Begründungen oder Beispiele findet man in Karl Kraus:
Die Sprache

mfg
Ivo

--
Oxymoron: Microsoft Works

Michael Pronay

unread,
Aug 13, 2003, 3:03:50 AM8/13/03
to
Ivo Angelo Carobbio <ivo.angel...@aon.at> wrote:

> Bernd Gramlich <be...@tenuki.de> erhob die Stimme und sprach:

Bernd Gramlich sprach hier kein Wort, er äußerte sich über "Quölle".

> einleuchtende Begründungen oder Beispiele findet man in Karl
> Kraus: Die Sprache

Begründungen und Beispiele wofür? Für "Quölle?"

Dunkel ist Deiner Rede Sinn.

M.

Ivo Angelo Carobbio

unread,
Aug 13, 2003, 3:37:07 AM8/13/03
to
Michael Pronay <m...@privacy.net> erhob die Stimme und sprach:

Hmgrrrr - hab mich im Thread vertan, bitte um Entschuldigung.

Michael Pronay

unread,
Aug 13, 2003, 5:49:55 AM8/13/03
to
Ivo Angelo Carobbio <ivo.angel...@aon.at> wrote:

> Hmgrrrr - hab mich im Thread vertan, bitte um Entschuldigung.

Kein Problem. Wobei man vielleicht dazusagen sollte, dass KKs "Die
Sprache" zwar auf ihn zurückgeht, tatsächlich zu seinen Lebzeiten
aber nicht erschienen ist. Es existiert in drei Druclfassung:
herausgegeben von Philipp Berger (Verlag "Die Fackel", Wien 1937),
Heinrich Fischer (Kösel-Verlag, München 1954) und Christian
Wagenknecht (Suhrkamp-Verlag, Frankfurt 1987).

M.

Ivo Angelo Carobbio

unread,
Aug 13, 2003, 5:58:44 AM8/13/03
to
Michael Pronay <m...@privacy.net> erhob die Stimme und sprach:

> Kein Problem. Wobei man vielleicht dazusagen sollte, dass KKs "Die


> Sprache" zwar auf ihn zurückgeht, tatsächlich zu seinen Lebzeiten
> aber nicht erschienen ist. Es existiert in drei Druclfassung:
> herausgegeben von Philipp Berger (Verlag "Die Fackel", Wien 1937),
> Heinrich Fischer (Kösel-Verlag, München 1954) und Christian
> Wagenknecht (Suhrkamp-Verlag, Frankfurt 1987).

Ich glaube ich habe die Suhrkamp - Ausgabe. Schwer zu lesen fuer einen
Laien wie mich, da ich mich ein wenig schwertue mit Kraus' Ironie. Er
scheint im Vergleich zur Sprache alles andere nicht fuer wichtig zu halten.
So, als interessiere er sich *nur* fuer die Verpackung, wenig fuer den
Inhalt.

fg
IAC


--
Und wenn du zu lange in einen Abgrund blickst,
dann blickt der Abgrund auch in dich hinein.

Michael Pronay

unread,
Aug 13, 2003, 6:14:47 AM8/13/03
to
Ivo Angelo Carobbio <ivo.angel...@aon.at> wrote:

[Karl Kraus, "Die Sprache"]

> Ich glaube ich habe die Suhrkamp - Ausgabe. Schwer zu lesen fuer
> einen Laien wie mich, da ich mich ein wenig schwertue mit Kraus'
> Ironie.

Da bist Du nicht allein. KK ist auch für Muttersprachler nicht
leicht zu lesen.

> Er scheint im Vergleich zur Sprache alles andere nicht fuer
> wichtig zu halten. So, als interessiere er sich *nur* fuer die
> Verpackung, wenig fuer den Inhalt.

Da kennst Du KK offenbar wirklich schlecht. Er hat sich so sehr
für andere Dinge interessiert, dass er dieses Buchprojekt, mit dem
er seit 1921/22 schwanger ging, bis zu seinem Tode 1936 nicht
fertiggestellt hat. Lies mal die editorische Notiz, gleich zu
Beginn des Anhangs. (Und schnupper in die übrigen 19 Bände der
Ausgabe hinein!)

M.

Buda Dan

unread,
Aug 13, 2003, 10:51:08 AM8/13/03
to

"Alexander Skwar" <use...@alexander.skwar.name> schrieb im Newsbeitrag
news:cvcwsiypkc7l$.dlg@just-for-message-id.alexander.skwar.name...
> Hallo!

>
>
> Also, wie ist eure "Meinung"? _Läge_ ich falsch, wenn ich behaupten würde
> das es das Wort geben würde?


Das Wort "läge" gibt es. Seine Infinitivform ist "liegen".
"Liegen" ist ein starkes Werb.
"läge" ist Konjunktiv II des "liegen".
(Die starken Verben mit den Vokalen a, o, und u haben Umlaut!)


--
Buda
.


Michael Pronay

unread,
Aug 13, 2003, 11:50:52 AM8/13/03
to
Martin Gerdes <martin...@gmx.de> wrote:

>>Michael Pronay <m...@privacy.net> erhob die Stimme und sprach:

> ... senkte die Finger (auf die Klaviatur nämlich) und schrob.
>
> Oder?

Muss nicht sein. Metaphorisch reden wir hier alle miteinander.
("Miteinander schreiben" geht ja wohl nicht.)

M.

Matthias Opatz

unread,
Aug 13, 2003, 11:54:20 AM8/13/03
to
Michael Pronay schrieb:

> Metaphorisch reden wir hier alle miteinander.
> ("Miteinander schreiben" geht ja wohl nicht.)

Geht schon, aber es ist etwas anderes.

Wir zwei könnten miteinander einen Text schreiben. Dabei reicht es, wenn
einer (i. e. S.) schreibt, während wir die Inhalte erötern.

Matthias

--
Er kennt mich nicht; ich bin nicht der Herr Professor Kries, ich
bin der Professor Galletti, und wenn er zu Herrn Professor Kries
geht, so wird er ihm das Umgekehrte sagen. Prof. Galletti
** Wer zum Teufel ist Galletti? => http://www.galletti.de/ **

Michael Pronay

unread,
Aug 13, 2003, 12:20:33 PM8/13/03
to
Matthias Opatz <use0...@onlinehome.de> wrote:


>> Metaphorisch reden wir hier alle miteinander.
>> ("Miteinander schreiben" geht ja wohl nicht.)

> Geht schon, aber es ist etwas anderes.

Eh klar.

> Wir zwei könnten miteinander einen Text schreiben. Dabei reicht
> es, wenn einer (i. e. S.) schreibt, während wir die Inhalte
> erötern.

Was schreibst Du schon wieder, dass man erröten muss?!

M.

Oliver Cromm

unread,
Aug 13, 2003, 1:39:30 PM8/13/03
to
Martin Gerdes meinte:

> Matthias Opatz <use0...@onlinehome.de> schrieb:


>
>>> ("Miteinander schreiben" geht ja wohl nicht.)
>
>>Geht schon, aber es ist etwas anderes.
>

> Nicht ganz. Ein "wir schreiben uns" (genauer müßte es eigentlich
> "einander" heißen) wird in diesen Zeiten der E-Mail gängig.

Und das war es in Zeiten des Briefes nicht? Naja, ich sagte wohl damals
meist "ich schreibe (dir) wieder", aber obiges sollte auch möglich
gewesen sein.
--
Oliver Cromm
> Elektropostadresse, ...
Nein: Bernkraftzustellanschrift
Volker Gringmuth in desd

Christina Kunze

unread,
Aug 13, 2003, 2:29:07 PM8/13/03
to
"Martin Gerdes" <martin...@gmx.de> schrieb

> Nicht ganz. Ein "wir schreiben uns" (genauer müßte es eigentlich
> "einander" heißen) wird in diesen Zeiten der E-Mail gängig.

Wir haben früher auch "wir schreiben uns" gesagt, da war von E-Mail noch
nicht die Rede.
Ist das Berlinisch?

chr


Bernd Schwegmann

unread,
Aug 13, 2003, 5:36:22 PM8/13/03
to
Ivo Angelo Carobbio wrote:

snip

> Ich glaube ich habe die Suhrkamp - Ausgabe. Schwer zu lesen fuer einen
> Laien wie mich, da ich mich ein wenig schwertue mit Kraus' Ironie. Er
> scheint im Vergleich zur Sprache alles andere nicht fuer wichtig zu halten.
> So, als interessiere er sich *nur* fuer die Verpackung, wenig fuer den
> Inhalt.

Das war IMHO KKs Lebenswerk:Kritik an der Sprache der Politik, des
Kommis, der Journaille.

Die Verpackung/Form war/ist der Inhalt, und zu AH fiel ihm bekanntlich
nichts mehr ein..


BS+

Sebastian Koppehel

unread,
Aug 13, 2003, 3:50:26 PM8/13/03
to
Rainer Sokoll schrieb:

> Thus Michael Hemmer wrote:
>
>> Dirk Schneider wrote:
>> > Der Duden behauptet, das läge am Konjunktiv (Möglichkeitsform)!
>>
>> Er sagt aber auch, der Konjunktiv I liege ihm in diesem Fall mehr,
>> zumal er eindeutig als solcher erkennbar sei.
>
> Offensichtlich hat das ja etwas mit Ablauten zu tun.

Die indirekte Rede?!

> Also: Lassen sich Regeln aufstellen?
> Indikativ: liegen
> Konjunktiv: liegten
> lägten
> lögten
> lügten

Ganz grob gesagt geht das so: Bei schwachen Verben entspricht der
Konj. II der Imperfektform, bei starken Verben wird noch ein "e"
angehängt/eingefügt und im Falle von a, u und o umgelautet.

- Sebastian

--
War das der erste Krieg dieser Art, oder werden weitere folgen?

(M. Friedman)

Ivo Angelo Carobbio

unread,
Aug 14, 2003, 3:29:08 AM8/14/03
to
Bernd Schwegmann <bernd.sc...@ewetel.net> erhob die Stimme und
sprach:


> Die Verpackung/Form war/ist der Inhalt, und zu AH fiel ihm bekanntlich
> nichts mehr ein..

Ja. Ich hab vor ein paar Tagen versucht, dies Buch zu lesen. Schon die
ersten Seiten haben mir aber gezeigt, daß man entweder schon KK-Insider
sein muß oder wenigstens ein paar Jahre in jener Zeit gelebt haben muß.
Nicht daß die Sprache so schwer ist, aber unzählige Anspielungen auf
damalige Ereignisse, die zu kennen ich mich nicht rühmen darf, machen die
Lektüre zu einem Stolperstein.
KK schlägt mit seiner Satire unbarmherzig gegen Alles und Jedes, das seinem
Sprachempfinden widerspricht.

mfg
I

Reinhard Gonaus

unread,
Aug 14, 2003, 3:52:08 AM8/14/03
to
On Wed, 13 Aug 2003 23:36:22 +0200, Bernd Schwegmann
<bernd.sc...@ewetel.net> wrote:

>> So, als interessiere er sich *nur* fuer die Verpackung, wenig fuer den
>> Inhalt.
>
>Das war IMHO KKs Lebenswerk:Kritik an der Sprache der Politik, des
>Kommis, der Journaille.
>
>Die Verpackung/Form war/ist der Inhalt, und zu AH fiel ihm bekanntlich
>nichts mehr ein..
>

So, mein ich, ist er schon kräftig missdeutet. Meiner Meinung nach
ging er davon aus, dass Verpackung und Inhalt einander unausweichlich
entsprechen. Oder anders gesagt: Gesinnung offenbart sich durch die
Sprache. In logischer Konsequenz fiel ihm zu AH nichts ein. Er fand
ihn wohl buchstäblich unsäglich. Von seiner Auffassung her das
vernichtendste Urteil, das sich denken lässt.

Reinhard
--
Keiner hat einen Mund, groß genug,
um die ganze Sache auszusprechen.
(Alan Watts)

Michael Pronay

unread,
Aug 14, 2003, 3:55:01 AM8/14/03
to
Bernd Schwegmann <bernd.sc...@ewetel.net> wrote:

> Die Verpackung/Form war/ist der Inhalt, und zu AH fiel ihm
> bekanntlich nichts mehr ein..

Dass KK zu AH nix eingefallen wäre, ist eine dieser nicht
umzubringenden Legenden. Der vielzitierte und selbstverständlich
satirisch überhöhte Einleitungssatz der fertig gesetzten, aber
dennoch nie erschienenen Fackel (die dann 1952 von Heinrich
Fischer unter dem Titel "Die Dritte Walpurgisnacht" herausgegeben
wurde) macht manche Leser offenbar so blind, dass sie die drauf
folgenden 300 Seiten schonungsloser Abrechnung mit dem Naziregime
nimmer zur Kenntnis nehmen wollen.

Es sollte übrigens zur Pflichtlektüre jener gehören, die da immer
behaupten, man hätte nix gewusst. Was KK da - alles aus
offiziellen Quellen der NS-Medien! - herausdestilliert, ist ein
höchst lesenwertes Lehrstück.

M.

Reinhard Gonaus

unread,
Aug 14, 2003, 4:06:16 AM8/14/03
to

Kriegt man das wo?
Da bin ich jetzt auf eine wahrhaftige Wissenslücke gestoßen, die zu
schließen mir wichtig wäre.

Michael Pronay

unread,
Aug 14, 2003, 4:18:05 AM8/14/03
to
Reinhard Gonaus <er...@aon.at> wrote:

["Dritte Walpurgisnacht"]

> Kriegt man das wo?

Freilich:

Kraus, Karl
Schriften
Abt. I:
Dritte Walpurgisnacht
Band 12
Verlag : Suhrkamp /KNO
ISBN : 3-518-37822-8
Einband : Kartoniert
Seiten/Umfang : 350 Seiten - 17,5 в 10,5 cm
Erschienen : 1988
Preisinfo : 10,00 Eur[D] / 10,30 Eur[A] / 17,80 sFr
Aus der Reihe : st 1322

HTH,

M.

Michael Pronay

unread,
Aug 14, 2003, 4:21:07 AM8/14/03
to
Michael Pronay <m...@privacy.net> wrote:

> ["Dritte Walpurgisnacht"]
>
>> Kriegt man das wo?
>
> Freilich:

> [...]
> st 1322

Bessere Buchhändler sollten das Suhrkamp-Taschenbuch

<http://www.buchhandel.de/index.html?http://www.buchhandel.de/vlb/vlb
.cgi?T=1060851201&ID=0218x0851078x24654x-
213&fullsearch=stichwort%3Dkraus%2520walpurgisnacht%26qstring%3DT1%25
3Dst%253Dkraus%252A%252BUND%252Bwalpurgisnacht%252A&subcount=1&subsou
rce=suche&type=voll&artnr=3-518-37822-8>

oder

<http://makeashorterlink.com/?E27821695>

vorrätig haben.

Ich seh übrigens grad, dass man auf der VLB-Seite sogar bestellen
kann.

M.

Reinhard Gonaus

unread,
Aug 14, 2003, 6:34:49 AM8/14/03
to
On 14 Aug 2003 08:18:05 GMT, Michael Pronay <m...@privacy.net> wrote:

>Reinhard Gonaus <er...@aon.at> wrote:
>
>["Dritte Walpurgisnacht"]
>
>> Kriegt man das wo?
>
>Freilich:
>
>Kraus, Karl
>Schriften
>Abt. I:
>Dritte Walpurgisnacht
>Band 12
>Verlag : Suhrkamp /KNO
>ISBN : 3-518-37822-8
>Einband : Kartoniert

>Seiten/Umfang : 350 Seiten - 17,5 × 10,5 cm

>Erschienen : 1988
>Preisinfo : 10,00 Eur[D] / 10,30 Eur[A] / 17,80 sFr
>Aus der Reihe : st 1322
>
>HTH,
>

Certainly!
Thanks a lot!

Wird sofort bestellt.

>M.

Reinhard Gonaus

unread,
Aug 14, 2003, 6:38:14 AM8/14/03
to
On 14 Aug 2003 08:21:07 GMT, Michael Pronay <m...@privacy.net> wrote:

>Michael Pronay <m...@privacy.net> wrote:
>
>> ["Dritte Walpurgisnacht"]
>>
>>> Kriegt man das wo?
>>
>> Freilich:
>> [...]
>> st 1322
>
>Bessere Buchhändler sollten das Suhrkamp-Taschenbuch
>

Tja.
Das mit den besseren Buchhändlern ist so eine Sache.
Ich bestell eigentlich nur mehr übers Internet.
Bei uns in Krems gibt's nur einen Buchhändler.
Der hat's nicht nötig, ein besserer zu sein.

Oliver Jennrich

unread,
Aug 14, 2003, 6:47:33 AM8/14/03
to
* Reinhard Gonaus writes:

> On 14 Aug 2003 08:21:07 GMT, Michael Pronay <m...@privacy.net> wrote:
>> Michael Pronay <m...@privacy.net> wrote:
>>
>>> ["Dritte Walpurgisnacht"]
>>>
>>>> Kriegt man das wo?
>>>
>>> Freilich:
>>> [...]
>>> st 1322
>>
>> Bessere Buchhändler sollten das Suhrkamp-Taschenbuch
>>
> Tja.
> Das mit den besseren Buchhändlern ist so eine Sache.
> Ich bestell eigentlich nur mehr übers Internet.

'Versandfertig in 2 Tagen', behauptet amazon.de

--
Space - the final frontier

Buda Dan

unread,
Aug 14, 2003, 7:12:07 AM8/14/03
to

"helge willkowei" <NOS...@tkkg-forum.de> Rainer Sokoll wrote:
> Thus Michael Hemmer wrote:

Ich schaue mir genau an:

>Er sagt, ich sei groß.
^^^
Jawohl, das ist Konjunktiv I vom Hilfverb "sein". Das ist auch indirekte
Rede.(Art der Verwendung).

>Er sagt, ich hieße Fritz (weil heiße Konj I=Ind.)
^^^^
Ok, "hieße" ist Konjunktiv II( Konjunktiv II: Präteritum + e( bei ich) also
hieß+e= hieße).

>aber: Er sagt, er heiße Fritz (weil heiße != heißt)
^^^^
Ok, hier handelt sich um Konjuntiv I wieder, Verwendungsart ist indirekte
Rede.
Konstruktion des Konjuntiv I: Präsens + e, also heiß(Präsens,er) + e= heiße.

Naja, es ist recht kompliziert!

--
Buda


Michael Pronay

unread,
Aug 14, 2003, 8:27:13 AM8/14/03
to
Reinhard Gonaus <er...@aon.at> wrote:

>>Bessere Buchhändler

> Tja.
> Das mit den besseren Buchhändlern ist so eine Sache.
> Ich bestell eigentlich nur mehr übers Internet.
> Bei uns in Krems gibt's nur einen Buchhändler.
> Der hat's nicht nötig, ein besserer zu sein.

Alles klar, wusste ich als viennozentriertes Wesen nicht.

M.

Reinhard Gonaus

unread,
Aug 14, 2003, 8:40:32 AM8/14/03
to

So genau hab ich darauf nicht geachtet. Immerhin krieg ich alles, was
ich bestelle, innerhalb von längstens einer Woche. Unser Buchhändler,
als einziger am Platz, gibt sich als Lesestoff-Versorgungsamt und
macht sich nicht einmal die Mühe, zu suchen. Wenn man nicht genauen
Titel, Autor, Verlag und ISBN-Nummer weiß, erklärt er's einfach für
unauffindbar.

Christian Feldhaus

unread,
Aug 14, 2003, 8:56:26 AM8/14/03
to
Michael Pronay <m...@privacy.net> wrote:

> Alles klar, wusste ich als viennozentriertes Wesen nicht.

^ ^
Sind da nicht zwei Buchstaben zuviel?

SCNR,
Christian

Michael Pronay

unread,
Aug 14, 2003, 9:22:43 AM8/14/03
to
ignor...@feldhausnet.de (Christian Feldhaus) wrote:

>> Alles klar, wusste ich als viennozentriertes Wesen nicht.
> ^ ^
> Sind da nicht zwei Buchstaben zuviel?

Eher nicht; da würde mir "önozentriert" besser gefallen.

M.

Michael Baumgartner

unread,
Aug 14, 2003, 2:07:50 PM8/14/03
to
Michael Pronay schrieb

[vinozentriert


>
>Eher nicht; da würde mir "önozentriert" besser gefallen.

Warum eigentlich? Mir gefallen solche griechisch-lateinischen
Mischungen nicht besonders.

Gruß, Michael

Bernd Schwegmann

unread,
Aug 14, 2003, 4:32:52 PM8/14/03
to
Michael Pronay wrote:

> Dass KK zu AH nix eingefallen wäre, ist eine dieser nicht
> umzubringenden Legenden. Der vielzitierte und selbstverständlich
> satirisch überhöhte Einleitungssatz der fertig gesetzten, aber
> dennoch nie erschienenen Fackel (die dann 1952 von Heinrich
> Fischer unter dem Titel "Die Dritte Walpurgisnacht" herausgegeben
> wurde) macht manche Leser offenbar so blind, dass sie die drauf
> folgenden 300 Seiten schonungsloser Abrechnung mit dem Naziregime
> nimmer zur Kenntnis nehmen wollen.
>
> Es sollte übrigens zur Pflichtlektüre jener gehören, die da immer
> behaupten, man hätte nix gewusst. Was KK da - alles aus
> offiziellen Quellen der NS-Medien! - herausdestilliert, ist ein
> höchst lesenwertes Lehrstück.

obiges voll kraß gebongt, gleichzeitig aber, und mit IMHO mindestens
gleicer Verve liefen die Kampagnen gegen die Isidore(?) aus Czernowitz;
(Neue Freie Presse), die damaligen Leser hatten nach Ansicht KKs IMHO
die Wahl zwischen Pest und Cholera..

Wofür sie sich entschieden hatten, war den meisten erst 45 klar.

BS+


Michael Pronay

unread,
Aug 14, 2003, 5:31:47 PM8/14/03
to
"Michael Baumgartner" <michael...@hotmail.com> wrote:

>>Eher nicht; da würde mir "önozentriert" besser gefallen.

> Warum eigentlich?

Weil's auch Önologie und nicht Vinologie heißt.

> Mir gefallen solche griechisch-lateinischen Mischungen nicht
> besonders.

Also Autokinet oder Ipsomobil anstatt Automobil?

M.

Michael Pronay

unread,
Aug 14, 2003, 5:46:04 PM8/14/03
to
Bernd Schwegmann <bernd.sc...@ewetel.net> wrote:

[KKs "Dritte Walpurgisnacht" als Lehrstück wider das NS-Regime]

> obiges voll kraß gebongt, gleichzeitig aber, und mit IMHO
> mindestens gleicer Verve liefen die Kampagnen gegen die
> Isidore(?) aus Czernowitz; (Neue Freie Presse), die damaligen
> Leser hatten nach Ansicht KKs IMHO die Wahl zwischen Pest und
> Cholera..

Kannst Du mir erklären, was der Satz formal (Semikolon vor dem
Klammerausdruck?) und inhaltlich ("Isidore aus Czernowitz"?)
bedeuten soll?

> Wofür sie sich entschieden hatten, war den meisten erst 45 klar.

Dunkel ist Deiner Rede Sinn.

M.

Michael Baumgartner

unread,
Aug 15, 2003, 5:43:01 AM8/15/03
to
Michael Pronay schrieb:

>"Michael Baumgartner" wrote:
>
>> Mir gefallen solche griechisch-lateinischen Mischungen nicht
>> besonders.
>
>Also Autokinet oder Ipsomobil anstatt Automobil?

Jaja, damit habe ich gerechnet. Aber man muß solche Dinger ja nicht
noch neubilden.

Gruß, Michael

Michael Pronay

unread,
Aug 15, 2003, 6:08:28 AM8/15/03
to
"Michael Baumgartner" <michael...@hotmail.com> wrote:

>>Also Autokinet oder Ipsomobil anstatt Automobil?

> Jaja, damit habe ich gerechnet. Aber man muß solche Dinger ja
> nicht noch neubilden.

Gibt's aber längst. Die Verbindung mit "Öno" ist fachsprachlich
häufiger als die mit "Vino": Önotannin, Oenococcus oeni, Önologie,
auch Önothek neben Vinothek. In Italien gibt's überhaupt nur die
enoteca, keine vinoteca - dabei sollten's die wohl noch besser
wissen.

M.

Michael Baumgartner

unread,
Aug 15, 2003, 7:26:30 AM8/15/03
to
Michael Pronay schrieb:

>Gibt's aber längst. Die Verbindung mit "Öno" ist fachsprachlich
>häufiger als die mit "Vino": Önotannin, Oenococcus oeni, Önologie,
>auch Önothek neben Vinothek. In Italien gibt's überhaupt nur die
>enoteca, keine vinoteca - dabei sollten's die wohl noch besser
>wissen.

Eben. "-thek" kommt ja auch aus dem Griechischen, da paßt's ja. Ebenso
"-logie" und die Kokken. Wo das Tannin herkommt, weiß ich nicht.
Mir geht's nur um die Mischbildungen. Andererseits ist das auch wieder
nicht soo wichtig.

Gruß, Michael


Michael Pronay

unread,
Aug 15, 2003, 7:43:59 AM8/15/03
to
"Michael Baumgartner" <michael...@hotmail.com> wrote:

> Wo das Tannin herkommt, weiß ich nicht.

Auf dem französichen "tanin", Gerbstoff, tanneur ist Gerber.
Sicherlich nix Griechisches.

M.

Ralf Heinrich Arning

unread,
Aug 15, 2003, 10:16:53 AM8/15/03
to
Michael Pronay <m...@privacy.net> wrote:

Vermutlich keltisch:
<http://users.skynet.be/sky37816/Mots_gaulois.html>
s. v. "tan"

Ralf
--
It is easier to get into something than to get out of it.
Donald Rumsfeld

Michael Pronay

unread,
Aug 16, 2003, 2:47:31 AM8/16/03
to
Martin Gerdes <martin...@gmx.de> wrote:

> Gibts: "In oeno veritas!" auch schon?

Das nicht, aber "oenotria tellus" sehr wohl.

M.

Stephen Hust

unread,
Aug 16, 2003, 12:59:40 PM8/16/03
to
Michael Pronay <m...@privacy.net> wrote:

> Ivo Angelo Carobbio <ivo.angel...@aon.at> wrote:
>
> [Karl Kraus, "Die Sprache"]

>> Ich glaube ich habe die Suhrkamp - Ausgabe. Schwer zu lesen fuer
>> einen Laien wie mich, da ich mich ein wenig schwertue mit Kraus'
>> Ironie.

> Da bist Du nicht allein. KK ist auch für Muttersprachler nicht
> leicht zu lesen.

Elias Canetti schreibt über seine erste Begegnung mit "Die Fackel":

| Ich bekam das rote Heft in die Hand gedrückt, und so sehr mir
| gefiel, daß es "Die Fackel" hieß, es war mir ganz unmöglich, es
| zu lesen. Ich stolperte über die Sätze, ich verstand sie
| nicht. Wenn ich einmal etwas verstand, so schien es mir ein
| Witz und dafür hatte ich gar nichts übrig. Auch war von
| lokalen Vorfällen und Druckfehlern die Rede, die mir höchst
| unwichtig erschienen. "Das ist doch lauter Zeug, wie könnt ihr
| so etwas lesen. Da ist mir sogar eine Zeitung interessanter,
| die versteht man wenigstens, hier soll man sich plagen, und
| dann kommt erst nichts heraus!"

- Elias Canetti, "Die Fackel im Ohr", Carl Hanser Verlag, 1980.

>> Er scheint im Vergleich zur Sprache alles andere nicht fuer
>> wichtig zu halten. So, als interessiere er sich *nur* fuer die


>> Verpackung, wenig fuer den Inhalt.

> Da kennst Du KK offenbar wirklich schlecht. Er hat sich so sehr
> für andere Dinge interessiert, dass er dieses Buchprojekt, mit dem
> er seit 1921/22 schwanger ging, bis zu seinem Tode 1936 nicht
> fertiggestellt hat.

Canettis Erinnerungen an die Zeit nach dem 15. Juli 1927, der Tag, an
dem der Justizpalast in Wien brannte und neunzig Menschen im
Kugelhagel der Polizei starben, zeigen einen Karl Kraus, der sich
nicht nur für die Sprache interessierte:

| In den Tagen und Wochen tiefster Niedergeschlagenheit
| unmittelbar danach, als man an nichts anderes denken konnte
| und die Ereignisse, deren Zeuge man gewesen war, sich immer
| wieder vor einem abspielten - sie verfolgten einen Nacht für
| Nacht bis in den Schlaf -, gab es noch _einen_ legitimen
| Zusammenhang mit Literatur, und das war Karl Kraus. Meine
| abgöttische Verehrung für ihn erreichte damals ihren höchsten
| Stand. Diesmal war es Dankbarkeit für eine ganz bestimmte
| öffentliche Tat, ich wüßte nicht, wem ich je für etwas so
| dankbar gewesen wäre. Er hatte, unter dem Eindruck des
| Massakers dieses Tages, überall in Wien Plakate anschlagen
| lassen, in denen er den Polizeipräsidenten Johann Schober, der
| für den Schießbefehl und neunzig Tote verantwortlich war,
| aufforderte "abzutreten". Er tat es allein, er war die
| einzige öffentliche Figur, die es tat, und während die
| übrigen Berühmtheiten, an denen es in Wien nie mangelte, sich
| nicht exponieren oder vielleicht auch nicht lächerlich machen
| wollten, fand er allein den Mut zu seiner Empörung. Seine
| Plakate waren das einzige, was einen in diesen Tagen
| aufrechterhielt. Ich ging von einem zum anderen, blieb vor
| jedem stehen, und es war mir, als sei alle Gerechtigkeit dieser
| Erde in die Buchstaben seines Namens eingegangen.

- Elias Canetti, "Die Fackel im Ohr", Carl Hanser Verlag, 1980.

--
Steve

My e-mail address works as is.

Michael Pronay

unread,
Aug 16, 2003, 2:17:13 PM8/16/03
to
Stephen Hust <shNO...@a1.net> wrote:

> | [KK] hatte, unter dem Eindruck des Massakers dieses Tages,


> | überall in Wien Plakate anschlagen lassen, in denen er den
> | Polizeipräsidenten Johann Schober, der für den Schießbefehl
> | und neunzig Tote verantwortlich war, aufforderte "abzutreten".


Das Plakat, Format 83 x 53 cm, schwarz auf helloliv, sah ungefähr so
aus:

____________________________________
| |
| |
| An den Polizeipräsidenten von Wien |
| |
| J O H A N N S C H O B E R |
| |
| |
| |
| |
| |
| |
| Ich fordere Sie auf, |
| |
| abzutreten. |
| |
| |
| |
| |
| |
| |
| KARL KRAUS |
| Herausgeber der Fackel |
| |
|____________________________________|

Einige Tage darauf ließ ein findiger Schreibwarenhändler diese
Parodie plakatieren (gleiches Format, schwarz auf hellgrau):


____________________________________
| |
| |
| An den Polizeipräsidenten von Wien |
| |
| J O H A N N S C H O B E R |
| |
| |
| |
| |
| |
| Ich fordere Sie auf, |
| n i c h t |
| abzutreten. |
| |
| |
|Gegeben Wien, am 22. Sept. 1927 |
| |
| |
| |
| |
| |
| Goldfüllfederkönig |
| E. W. |
|____________________________________|

KK ließ unter anderem diesen Leserbrief in der Fackel (766-770) in
Originalorthographie abdrucken, ein echter Beweis für das Goldene
Wienerherz:

| An den Karl Krauß mit dem Affenponem. —
|
| Sie in Menschenhaut Hineingestohlenes Schwein. — Wer sind Sie
| denn! Ein Revolver Journalist, wegen dem sich jeder andere
| Reporter schämen muß. — Ersparen Sie sich Ihre Plakatspesen, Sie
| sind ja in Wien nur ein geduldetes Individuum, welches nichts
| mehr zu Fressen hat. — Überspannen Sie nicht ihre Frechheit, —
| die Watschen und Hundspeitschen sind für Sie reservirt um Ihnen
| Ihr Affengefrieß zu moderniesiren, Sie Dreckfrechling. —
|
| Viele Wiener aus den
| III. u. XI. Bezirk.

Wir stellen fest: Kreative Ortographie inklusive Zwangstrennungen
sind keinswegs ausschließliche Produkte der RSR.

M.

Felix Neumann

unread,
Aug 16, 2003, 2:28:13 PM8/16/03
to
Michael Pronay scripsit:

> KK ließ unter anderem diesen Leserbrief in der Fackel (766-770) in
> Originalorthographie abdrucken, ein echter Beweis für das Goldene
> Wienerherz:
>
> | An den Karl Krauß mit dem Affenponem. —

Benutzt man "Ponem" heute noch? Per Google habe ich nur niederländische
Seiten gefunden. Und wie kommt ein niederländisches Wort in die
österreichische Umgangssprache?

-fn-

Andreas Prilop

unread,
Aug 16, 2003, 3:24:02 PM8/16/03
to
Felix Neumann <felix....@inka.de> wrote:

> Benutzt man "Ponem" heute noch? Per Google habe ich nur niederländische
> Seiten gefunden. Und wie kommt ein niederländisches Wort in die
> österreichische Umgangssprache?

AFAIK ist das jiddisch.

Andreas Prilop

unread,
Aug 16, 2003, 3:26:38 PM8/16/03
to
Felix Neumann <felix....@inka.de> wrote:

> Benutzt man "Ponem" heute noch? Per Google habe ich nur niederländische
> Seiten gefunden. Und wie kommt ein niederländisches Wort in die
> österreichische Umgangssprache?

AFAIK ist das jiddisch.
http://www.google.com/search?q=ponem+yiddish

Bernd Schwegmann

unread,
Aug 16, 2003, 5:21:44 PM8/16/03
to
Michael Pronay wrote:

> Kannst Du mir erklären, was der Satz formal (Semikolon vor dem
> Klammerausdruck?) und inhaltlich ("Isidore aus Czernowitz"?)
> bedeuten soll?
>
>
>>Wofür sie sich entschieden hatten, war den meisten erst 45 klar.
>
>
> Dunkel ist Deiner Rede Sinn.

Deine Achtung für KK scheint nicht auf ausreichender Kenntnis der
Fackelbände 1920-36 zu beruhen.

Wenn Dir im Zusammenhang mit NFP, Bekessy, Schober und Czernowitz
nichts einfällt, sprengt eine erhellende Erklärung den Rahmen von desd.

EOD

BS+

Volker Gringmuth

unread,
Aug 16, 2003, 6:38:16 PM8/16/03
to
Michael Pronay (m...@privacy.net) wrote:

> Wir stellen fest: Kreative Ortographie inklusive Zwangstrennungen
> sind keinswegs ausschließliche Produkte der RSR.

Was mich wundert, ist "Dreckfrechling" - MUSE verlangt hier ein
Fugen-s, zu dem doch ihr Ösis angeblich ein so viel herzlicheres
Verhältnis habt als wir Piefkes ;-)


vG

--
~~~~~~ Volker Gringmuth ~~~~~~~~~~~ http://einklich.net/ ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

Würde ich dir jemals eine rhetorische Frage stellen?

Michael Pronay

unread,
Aug 17, 2003, 4:36:52 AM8/17/03
to
Felix Neumann <felix....@inka.de> wrote:

>> | An den Karl Krauß mit dem Affenponem. —

> Benutzt man "Ponem" heute noch?

Selten.

> Per Google habe ich nur niederländische Seiten gefunden. Und wie
> kommt ein niederländisches Wort in die österreichische
> Umgangssprache?

Das ist jiddisch für Gesicht.

M.

Michael Pronay

unread,
Aug 17, 2003, 5:29:25 AM8/17/03
to
Bernd Schwegmann <bernd.sc...@ewetel.net> wrote:

So, zuerst wollen wir uns einmal das von Dir stammende, aber
(wohlweislich?) weggeschnibbelte Satzungetüm in Erinnerung rufen,
ohne das der Leser nicht versteht, worum's hier eigentlich geht:

| obiges voll kraß gebongt, gleichzeitig aber, und mit IMHO
| mindestens gleicer Verve liefen die Kampagnen gegen die
| Isidore(?) aus Czernowitz; (Neue Freie Presse), die damaligen
| Leser hatten nach Ansicht KKs IMHO die Wahl zwischen Pest und
| Cholera..

>> Kannst Du mir erklären, was der Satz formal (Semikolon vor dem

>> Klammerausdruck?) und inhaltlich ("Isidore aus Czernowitz"?)
>> bedeuten soll?

Formal ist Dein Satz unverständlich. Das Semikolon trennt
Satzteile, bei denen ein Komma als zu schwach, ein Punkt als zu
stark empfunden wird. Der zweite Satzteil beginnt mit dem Namen
einer Zeitung in Klammern, dahinter steht ein Komma, und das ganze
steht also völlig beziehungslos im Raum. Dahinter folgte dann ein
verständlicher Satzteil, der unverständlicherweise mit zwei
Punkten abgeschlossen wird.

Wie man's dreht und wendet, da wird nix draus.

>>>Wofür sie sich entschieden hatten, war den meisten erst 45
>>>klar.

>> Dunkel ist Deiner Rede Sinn.

> Deine Achtung für KK scheint nicht auf ausreichender Kenntnis
> der Fackelbände 1920-36 zu beruhen.

Meine Kenntnis der Fackel zwischen 1920 und 1936 lassen wir
vorderhand mal draußen - diesen Vorwurf brauch ich mir von
jemandem, der schreibt

| [...] und zu AH fiel ihm [KK] bekanntlich nichts mehr ein..

beileibe nicht machen zu lassen, ganz abgesehen davon, dass das
Wörtchen "mehr" nicht von KK stammt, sondern Deine Erfindung ist.

> Wenn Dir im Zusammenhang mit NFP, Bekessy, Schober und
> Czernowitz nichts einfällt, sprengt eine erhellende Erklärung
> den Rahmen von desd.
>
> EOD

Und das ist ja wohl das Seltsamste, was ich seit langem gelesen
habe. Du schreibst formal unverständliches Zeugs - und wenn man
Aufklärung will, kommt das Ad-hominem-Argument ("Du hast ja
offensichtlich keine Ahnung") mit einem nachgesetzten EOD als
Gesprächsverweigerung.

So hab ich mir Diskurs immer vorgestellt.

M.

Reinhard Gonaus

unread,
Aug 24, 2003, 12:01:48 PM8/24/03
to
On 16 Aug 2003 18:17:13 GMT, Michael Pronay <m...@privacy.net> wrote:


>KK ließ unter anderem diesen Leserbrief in der Fackel (766-770) in
>Originalorthographie abdrucken, ein echter Beweis für das Goldene
>Wienerherz:
>
>| An den Karl Krauß mit dem Affenponem. —
>|
>| Sie in Menschenhaut Hineingestohlenes Schwein. — Wer sind Sie
>| denn! Ein Revolver Journalist, wegen dem sich jeder andere
>| Reporter schämen muß. — Ersparen Sie sich Ihre Plakatspesen, Sie
>| sind ja in Wien nur ein geduldetes Individuum, welches nichts
>| mehr zu Fressen hat. — Überspannen Sie nicht ihre Frechheit, —
>| die Watschen und Hundspeitschen sind für Sie reservirt um Ihnen
>| Ihr Affengefrieß zu moderniesiren, Sie Dreckfrechling. —
>|
>| Viele Wiener aus den
>| III. u. XI. Bezirk.
>
>Wir stellen fest: Kreative Ortographie inklusive Zwangstrennungen
>sind keinswegs ausschließliche Produkte der RSR.
>

Und meine Vermutung, KK sei der Meinung, Gesinnung bilde sich in der
Sprache ab, erhält neue Nahrung.

Michael Pronay

unread,
Aug 24, 2003, 12:01:59 PM8/24/03
to
Reinhard Gonaus <er...@aon.at> wrote:

> Und meine Vermutung, KK sei der Meinung, Gesinnung bilde sich in
> der Sprache ab, erhält neue Nahrung.

Und das völlig zu Recht.

M.

Reinhard Gonaus

unread,
Aug 24, 2003, 12:14:26 PM8/24/03
to
On Sun, 17 Aug 2003 00:38:16 +0200, Volker Gringmuth
<eink...@gmx.net> wrote:

>Michael Pronay (m...@privacy.net) wrote:
>
>> Wir stellen fest: Kreative Ortographie inklusive Zwangstrennungen
>> sind keinswegs ausschließliche Produkte der RSR.
>
>Was mich wundert, ist "Dreckfrechling" - MUSE verlangt hier ein
>Fugen-s, zu dem doch ihr Ösis angeblich ein so viel herzlicheres
>Verhältnis habt als wir Piefkes ;-)
>

Ja, schon.
Aber du übersiehst, dass Leute, die aus der Ecke kommen, in welcher
der Leserbriefschreiber offensichtlich zu Hause war
(weltschanschaulich betrachtet), sich häufig durch mangelhafte
Kenntnis elementarer Bildungsgesetze der deutschen Sprache
auszeichnen.

Nele Abels

unread,
Aug 24, 2003, 4:23:52 PM8/24/03
to
Michael Pronay schrieb:

Wäre ja auch ein Unrecht, eine Vermutung einfach so verhungern zu
lassen... (Sorry, ich hab' heut irgendwie den blödeligen.)

Nele

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