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Faust, der Komödie erster Teil - Faust verschreibt seine Seele dem Teufel

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Walter Anger

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Mar 29, 2009, 10:20:46 AM3/29/09
to

(Vorbemerkung: Raffaela und Michaela treten hier erstmals auf. Sie sind
(weibliche) Erzengel des Teufels. Später kommt auch noch eine Gabriela
hinzu.)

--------------

Nacht, Stadt, nebelig und feucht. Faust spaziert durch die Straßen,
teils in recht einsamen und unheimlichen Winkeln, immer neue Eindrücke
suchend. Oft begegnen ihm seltsame Gestalten, Nachtschwärmer,
Gothic-Freaks; zwei mal kreuzt Raffaela seinen Weg, die ihn beobachtet.

Faust (denkt, während des Gehens): <goethe>Habe nun, ach! Philosophie,
Juristerei und Medizin, und leider auch Theologie durchaus studiert,
mit heißem Bemühn. Da /geh/ ich nun, ich armer Tor! und bin so klug als
wie zuvor -- sehe, daß wir nichts wissen können! Das will mir schier
das Herz verbrennen. Zwar bin ich gescheiter als all die Laffen,
Doktoren, Magister, Schreiber und Pfaffen; mich plagen keine Skrupel
noch Zweifel, fürchte mich weder vor Hölle noch Teufel -- dafür ist mir
auch alle Freud entrissen, bilde mir nicht ein, was Rechts zu wissen,
bilde mir nicht ein, ich könnte was lehren, die Menschen zu bessern und
zu bekehren. Auch hab ich weder Gut noch Geld, noch Ehr und
Herrlichkeit der Welt; es möchte kein Hund so länger
leben! ... /Selbst/ der Magie /hatt/ ich mich ergeben; daß ich erkenne,
was die Welt im Innersten zusammenhält.</goethe> -- doch als ich sie
durchschaute, war's wie ein Hohn. ... (blickt gen Himmel) <goethe>Welch
Schauspiel! Aber ach! ein Schauspiel nur! Wo faß ich dich, unendliche
Natur?</goethe>

Eine leere Bierflasche kommt angeflogen und zerbricht zu seinen Füßen.
Faust bleibt stehen und sieht indigniert nach dem Werfer. Dieser kommt
grinsend aus einer Nebelschwade -- es ist Mephisto.

Mephisto: <jürgen>Komm mit, ich zeig dir meine Welt.</jürgen>

Faust: <goethe>Wie nennst du dich?</goethe>

Mephisto: <goethe>Die Frage scheint mir klein für einen, der, weit
entfernt von allem Schein, nur in der Wesen Tiefe trachtet.</goethe>

Faust: <goethe>Nun gut, wer bist du denn?</goethe>

Mephisto: <goethe>Ein Teil von jener Kraft, die stets das Böse will und
stets das Gute schafft.</goethe>

Faust: <goethe>Was ist mit diesem Rätselwort gemeint?</goethe>

Mephisto: <goethe>Ich bin der Geist, der stets verneint! Und das mit
Recht; denn alles, was entsteht, ist wert, daß es zugrunde geh
--</goethe>

Faust (unterbricht, laut, unwirsch): Komm endlich zur Sache!

Mephisto: ... Äh ... Nun gut ... Ich bin der Teufel ... Du kannst
Mephisto zu mir sagen.

Faust sieht Mephisto an, zuerst ungläubig mit leicht offenem Mund, dann
immer mehr belustigt.

Faust geht wortlos, lachend an Mephisto vorbei und weiter.

Mephisto ihm nach.

Sie reden nun während des Gehens.

Faust (belustigt): Was wünschst du noch, Entsprungener? ... Oder
spielst du einen Streich?

Mephisto: Der Mann, der mit beiden Beinen auf der Erde steht, meint,
ich wäre verrückt oder scherze. Der Mann, der mit beiden Beinen auf der
Erde steht, wird die Erde nie verlassen.

Faust bleibt stehen und blickt Mephisto von der Seite an.

Mephisto: Soll ich dir etwa Zaubereien vorführen, die dich nur nach dem
Trick dahinter fragen ließen? Laß dir einfach meine Macht nach und nach
offenbaren.

Faust geht langsam weiter, Mephisto neben ihm.

Faust: Warum bist du gekommen?

Mephisto: <goethe>Du hast mich mächtig angezogen.</goethe>

Faust: Was bietest du? Was kannst du lehren?

Mephisto: <goethe>Allwissend bin ich nicht; doch viel ist mir bewußt.
Willst du, mit mir vereint, deine Schritte durchs Leben nehmen, so will
ich mich gern bequemen, dein zu sein, auf der Stelle. Ich bin dein
Geselle, und mach ich dir's recht, bin ich dein Diener, bin dein
Knecht!</goethe>

Faust: <goethe>Und was soll ich dagegen dir erfüllen?</goethe>

Mephisto: <goethe>Dazu hast du noch eine lange Frist.</goethe>

Faust: <goethe>Nein, nein! der Teufel ist ein Egoist, und tut nicht
leicht um Gottes willen, was einem andern nützlich ist. Sprich die
Bedingung deutlich aus.</goethe>

Mephisto: <goethe>Ich will mich hier zu deinem Dienst verbinden, auf
deinen Wink nicht rasten und nicht ruhn; wenn wir uns drüben
wiederfinden, so sollst du mir das gleiche tun.</goethe>

Faust: ... Du bist mir also zu Diensten nach deinen Möglichkeiten?

Mephisto: So war es gedacht.

Faust: Wir halten uns an die Gesetze.

Mephisto (erschrocken): ... Das ist peinlich!

Faust: Das ist Bedingung.

Mephisto: Und wie entscheiden wir, ob die Gesetze erfüllt sind?

Faust: Wir diskutieren es aus.

Mephisto (lacht, denkt): Diskutieren will er mit mir! Genausogut könnt
er sich auf einen Beißwettbewerb mit Tyrannosaurus Rex einlassen!

Mephisto: Nun, gut!

Faust: Und wir halten uns ans Recht!

Mephisto (entsetzt, ringt fast nach Luft): ... Das ist ekelhaft!

Faust: Das ist Bedingung.

Mephisto (schlau): Was ist denn das, das Recht?

Faust: Du weißt es.

Mephisto: ... Und wir dikutieren es wieder aus?

Faust: Ja. Aber wer entscheidet, wenn wir uns nicht einigen?

Mephisto: Das ist einfach -- alle Geister.

Faust (der das alles noch immer nicht ernst nimmt): Alle Geister? Ach
ja, natürlich! (Faust lacht)

Mephisto: Es wird nicht einfach sein, dich zufrieden zu stellen. Doch
wird es mir gelingen, mein Freund.

Faust: So höre: <goethe>Werd ich zum Augenblicke sagen: Verweile doch!
du bist so schön! Dann magst du mich in Fesseln schlagen, dann will ich
gern zugrunde gehn! Dann mag die Totenglocke schallen, dann bist du
deines Dienstes frei, die Uhr mag stehn, der Zeiger fallen, es sei die
Zeit für mich vorbei!</goethe>

Mephisto (begeistert): <goethe>Bedenk es wohl, wir werden's nicht
vergessen.</goethe> (sachlich) Doch müssen wir's noch schriftlich
niederlegen.

Faust: <goethe>Auch was Geschriebenes forderst du Pedant? Hast du noch
keinen Mann, nicht Manneswort gekannt?</goethe>

Mephisto (lacht, denkt): Und das fragt er ausgerechnet den Teufel!

Mephisto: Es gilt sonst nicht.

Faust: Nun gut. Doch ich will kein Wort anders lesen, als wie wir es
hier vereinbarten. Ich kenne die kleinen Teufeleien. Seh ich auch nur
eine, verjag ich dich von mir für alle Zeit.

Mephisto klatscht in die Hände. Michaela kommt mit einem Blatt vorbei
und übergibt sie Mephisto. Sie geht wieder weg. Dieser reicht es dem
Faust. Der schaut ungläubig. Dann liest er es durch.

Mephisto (hat eine Feder mit Stahlspitze in der Hand, hält die Hand
nach den Blättern aus): Nun?

Faust nickt und gibt die Blätter zurück.

Mephisto rammt die Feder in die Hand des Faust. Faust schreit und hält
sich die Hand.

Faust (sehr laut): Spinnst du?!

Mephisto: Es muß mit Blut unterschrieben werden, sonst gilt es nicht.
(fixiert die Federspitze, heiser, gierig) <goethe>Blut ist ein ganz
besondrer Saft!</goethe>

Mephisto unterschreibt. Er reicht Faust die Feder und das Blatt. Faust
nimmt es. Dann rammt er Mephisto die Feder in die Hand. Mephisto
schreit laut und hält sich die Hand.

Mephisto (laut): Das war nicht notwendig!

Faust (ungerührt, monoton, während er unterschreibt): <goethe>Blut ist
ein ganz besondrer Saft.</goethe>

Faust gibt ein Blatt Mephisto zurück, das andere faltet er.

Mephisto umkreist triumpierend, den Vertrag hochhaltend, den Faust. Die
Umgebung verändert sich, Lichter tauchen auf, Gothic-Gestalten, die
Geister erscheinen aus dem Nichts.

ein Geist (zu Faust): Du hast grad einen Vertrag mit dem Teufel gemacht.

Faust schaut unheimelnd.

--
Walter Anger

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