Am 25.04.2016 um 08:35 schrieb Martin Hofgesang:
> Hallöchen,
>
> wie hierzugroup vielleicht bekannt sein sollte, fahre ich einen Viano
> W639 BJ08 mit 3.0CDI-Motor.
Stimmt das so? (aus einer Viano-Preisliste von 2008)
Viano 3.0 CDI
2987 cm³
V6
Baujahr 2006–2010
150 kW/204 PS
440 Nm bei 1.800 - 2.400 U/min.
Motor: OM 642 DE 30 LA
Und dahinter ist eine 5-Gang-Wandlerautomatik und ein Hinterradantrieb.
Auch für das Getriebe bräuchte man mal die technischen Daten.
> Da mich das Auto, obwohl ich es schon seit 120TKM fahre, immer noch
> begeistert [1], überlege ich derzeit ob ich nicht lebenserhaltende
> Maßnahmen ergreife um einfach sehr lange etwas von dem Auto zu haben.
>
> Dazu gehört zum einen die Karosse mit etwas Hohlraumschutzwachs
> nachzubehandeln und zu Hoffen das es dafür nicht schon zu spät ist,
Karosserie-Vorsorge ist bei einem alternden Auto, und gerade einem MB
V-Klasse Fahrzeug, quasi immer eine gute Idee.
Hohlräume (Schweller), Unterboden und die Karosseriefalze, gerade an den
Türen, Schnittkanten und unter den Dichtungen.
> aber auch über eine vorbeugende Motorüberholung nachzudenken.
>
> Und genau da fangen die Fragen an, da der Viano mein erstes
> eigenes dieselgetriebenes Fahrzeug ist, kenn ich mich mit
> Verbesserungsmöglichkeiten im Rahmen einer Überholung nicht aus,
> daher hoffe ich, dass hier noch ein paar Schrauber sind, die mir
> weiterhelfen können, denn wenn ich schon viel Aufwand und Geld rein
> stecke wäre es doch auch schön aus den 3Liter-Hubraum etwas mehr
> Leistung herauskitzeln zu können.
Also eines muss klar sein: Motorüberholung als "lebenserhaltende
Maßnahme" und Tuning (Mehrleistung unter Akzeptanz von Minderlaufzeit)
passen schlecht zusammen.
Also eine Variante, die es gäbe: Umbau auf die Folgevariante im Viano:
Viano 3.0 CDI BlueEFFICIENCY
OM 642 DE 30 LA
2987 cm³
V6
165 kW /224 PS bei 3800 RPM
440 Nm bei 1.400 - 2.800 U/min.
Baujahr seit 2010
Wie man schon sieht: das bringt kaum was.
Andere Möglichkeiten: gleicher Motor in einer Mercedes-Konfiguration,
aber aus einem anderen Fahrzeug. Da gibt es hier reichlich Auswahl:
https://de.wikipedia.org/wiki/Mercedes-Benz_OM_642
Im OM 642 LS DE 30 LA (LS=Leistungssteigerung) geht das bis
195 kW (265 PS) bei 3800/min, Drehmoment: 620 Nm bei 1600–2400/min.
> Klar kenne ich die Möglichkeit von Chiptuning und würde es bei einem
> überholten Motor auch von Anfang an nutzen, aber darum geht es gerade
> mal nicht.
>
> Hat jemand Tipps?
Dein Ziel Tuning ist ja erstmal unklar definiert.
Man kann so tunen:
* gleiche Maximalleistung und gleiches v_max, aber mehr
Drehmoment/Leistung bei Teildrehzahl -> also ein anderer
Leistungsverlauf => das kann rein über die Steuerung passieren.
* mehr Maximalleistung und v_max => Vermutung: das meinst du dann.
* Änderungen nicht am Motor sondern außenrum (Getriebe, Übersetzung,
Fahrwiderstände)
Naja, was sind die Optionen:
Du hast da einen Motor mit:
Common-Rail Direkteinspritzung
Abgasturbolader mit Variabler Turbinengeometrie (VTG)
Ladeluftkühlung
* reines Software-Tuning mit den vorhandenen Komponenten - Chiptuning.
Und das von einem Tuner. Mit Typgenehmigung für das Fahrzeug. Da stehen
dann auch alle Bedingungen mit dabei (z.B. an die Bremsanlage).
Was würde Chiptuning machen:
* die VTG-Laderverstellung anders ansteuern
* die Injektoren anders ansteuern
* und das in den Zulassungsgrenzen, aber unter Kompromiss der Lebensdauer
Aber Chiptuning meinst du nicht, ok, denn das würdest du gleich nutzen.
Also komponentenveränderndes Tuning am Motor:
Mehr Spitzenleistung P_max in einem Motor braucht: mehr Luft, mehr
Kraftstoff. Und mehr Abgas raus.
* mehr Luft: Änderung des Turboladers und/oder Ladeluftkühlers
* mehr Kraftstoff: Änderung an den Injektoren, die über eine Änderung
der Ansteuerung hinausgehen: größere Durchflussrate der Injektoren
und/oder mehr Rail-Druck über die CR-Pumpe oder das das Druckregelventil
oder über das SCV
Ausgleichende Schutzmaßnahmen:
* Aufwertung der Bremsleistung/Bremsanlage
* Aufwertung der Motorkühlung
* Aufwertung des Getriebes auf das höhere Drehmoment
Wenn man mal im Rahmen der Mercedes-Serienvarianten bleibt, könnte man
z.B. diese Konfiguration für den Motor anstreben:
Hubraum: 2987 cm³, Leistung: 195 kW (265 PS) bei 3800/min, Drehmoment:
620 Nm bei 1600–2400/min
Hier braucht man halt erstmal ein intensives Studium, was Mercedes da so
verbaut hat:
* im Rumpfmotor: innermotorische Komponenten (z.B. Pleuel, Kurbelwelle,
Nockenwellen für die Ventilsteuerung)
* Ladeluftkühler
* CR-System
* Abgasturbolader und Abgasanlage
* Motorsteuerung inkl. der enthaltenen Maps
* Wandler, Getriebe
Andere Variante: suchen eines Sportgetriebes (kürzere Übersetzungen).
Für dein 5-Gang-Automatikgetriebe selbst wird das ne teure Sache.
Relativ billig: Getriebe so lassen, aber Tuning über eine verkürzte
Übersetzung am Hinterachsdifferenzial (und zusätzlich Anpassung in der
Sw-Konfiguration der Steuergeräte). Das Ziel ist hier, dass das
Drehmoment/Leistung des Motors schon bei weniger Raddrehzahl anliegt,
weil die Gesamtübersetzung kürzer ist. Damit verbessert sich die
Beschleunigung, aber die Endgeschwindigkeit sinkt. Da musst du dann
entscheiden, was dir wichtiger ist. Vorteil: relativ geringe
Auswirkungen auf Zulassungssachen. Auch da sollte man erstmal alle
MB-Serienvarianten in allen Fahrzeugen mit ihren konstruktorischen
Daten tabellieren.
> Legale bevorzugt :-D
Legal heißt ja: das Auto bekommt danach wieder eine Zulassung und alles
passt zusammen.
Aber der Legalität ist ja die Haltbarkeit egal. Man darf also freiwillig
Kompromisse bei der Lebensdauer machen.
Keine Kompromisse sind bei den Zulassungskriterien erlaubt: Emissionen.
Und Sicherheit: Bremsanlage zum Motor. Und alle technischen Daten
ringsrum: gerade die ganzen zulässigen Massen/Lasten. Verbrauch und
Lautheit müssen neu ermittelt werden.
Konkrete Schritte:
Schritt 0) Anzeigen innen mit konkreten Werten der Motorsteuerung. z.B.
Ladedruck, Einspritzdauern. Lernen über deinen Motor und seine Steuerung.
Buchtipps:
* "Autos schneller machen" von Gert Hack, 2008 (gesamtheitlich, nicht
nur Motor, sondern auch Getriebe und Fahrwiderstände)
* "Common-Rail-Systeme in der Werkstattpraxis" (Krafthand Fachwissen)
von Hubertus Günther über Krafthand Verlag
* Moderne Diesel-Einspritzsysteme: Common Rail und Einzelzylindersysteme
– 2010 von Konrad Reif
* Dieselmotor-Management im Überblick - Komponenten und Systeme moderner
Diesel-Einspritzsysteme verstehen - 2014 von Konrad Reif
Hier ein Überblick:
https://www.krafthand-shop.de/index.php?lang=0&cl=search&searchparam=common
Dann auch: Messwerte loggen über einen OBD-Logger. Jedes Tuning braucht
Messwerte als Grundlage.
Hier könnten sich anbieten für dich:
* Drivedeck - für Fahrdaten an sich -
https://drivedeck.de/
* Und da Carsoft Ultimate diesen MB-Motor nicht abdeckt und da es
WinStar Mercedes nicht mehr gibt: wohl eher doch ein richtiges StarScan.
Ja, das kostet. Billiger ist sowas wie ein AUTEL MaxiDAS DS708. Da muss
man dann schauen, was es wirklich kann in MB-Spezifika.
Schritt 1) mehrere Messungen auf nem geeichten Leistungs-Prüfstand
vorher bei einer Lufttemperatur, die später wieder zu erreichen ist. Da
ist dann der gesamte Leistungsverlauf wichtig. Und auch die Streuung der
Messungen, nicht nur die beste.
Schritt 2) Studium der Motorkonfigurationen über den MB-Teilekatalog in
allen Modellen rund um dem OM 642 (LS) DE 30 LA Motor. Und dann die
innermotorischen und außermotorischen Komponenten.
Schritt 3) Studium der Getriebeoptionen und Antriebsoptionen in allen
betroffenen Modellen.
Schritt 4) Absprachen mit Motorenbauer (fürs Machen am Motor) und deiner
Prüforganisation, die für Zulassungen verantwortlich ist (für die
Legalität des Machens und die Abnahme).
Absprachen mit einer Werkstatt und Prüforg für die Änderungen abseits
vom Motor (z.B. Hinterachsdifferenzial).
---------------
Doch die Alternative Fahrzeugwechsel durchdenken.
Für einen Viano 3.0 CDI habe ich hier die Werte:
9,2 sec, 198 km/h.
Das ist an sich schon einer der besten Werte für Pkw-Busse auf dem
deutschen Markt. Selbst der Viano mit 3.5 V6-Benziner kommt da nicht
wesentlich besser raus.
Legales Tuning kann in DE eine verdammt aufwendige und teure Sache mit
unklarem Ergebnis werden, wenn man sich nicht selbst vorher Grenzen
setzt, was man eigentlich erreichen will. Billiger kann da sein, wenn du
in der Bussle-Liga und beim Stern bleiben willst: der Wechsel auf eine
R-Klasse. Da hat es MB nämlich für den US-Markt gleich richtig krachen
lassen.
V6-Diesel:
Mercedes R 350 CDI 4Matic 7G-Tronic (2010-2011)
7,6 bis 7,7 sec, 235 km/h
(richtig großes bezahlbares Angebot)
V8-Benziner:
Mercedes R 500 4Matic 7G-Tronic (2007-2010)
je nach Version 6,1 bis 7 sec, 245 oder 250 km/h
(den gibt's noch in bezahlbar)
Mercedes R 63 AMG (2006 bis 2007) 4Matic 7G-Tronic
5 sec, 250 km/h abgeregelt (ist aber sehr selten auf dem Gw-Markt,
Preise um 40.000 EUR gebraucht, da wird's also schon heftig)
Die haben bedeutend mehr V_max und bessere Beschleunigung. In einem
zugelassenen Gesamtpaket. Sind halt kein Viano mehr.
Auch viele weitere Fahrzeug-Alternativen (z.B. mit V8-Diesel) könnte ich
nennen, aber danach war ja nicht gefragt.
Grüße,
Ralf
PS: Bin kein Schrauber, eher ein Denker. Aber da deine Anforderung ist:
soll legal sein, kommt Denken vor Schrauben. Und so nützen dir meine
Hinweise vielleicht etwas.