Am 15.01.2024 um 09:34 schrieb Martin K.:
> Michael Landenberger schrieb am Sonntag, 14. Januar 2024 um 23:19:04 UTC+1:
>>
>> Man muss einen Verbrenner-Motor nicht zwingend auseinanderbauen, um seinen
>> Zustand beurteilen zu können. Schon eine schlichte Probefahrt offenbart recht
>> schnell, ob die Maschine irgendwelche grundlegenden Macken hat. Und wenn sie
>> die nicht hat, kann man davon ausgehen, dass auch der Tank in Ordnung ist und
>> das auch noch viele Jahre bleiben wird.
>
> Ich habe den Zustand eines Verbrennungsmotors immer im Urin ;-)
>
> Sorry, selbst wenn ich z.B. klappernde Ventile heraushöre kann ich als Laie nicht
> sicher sagen ob das nicht doch ok ist.
>
>
>> Von daher wäre eine verlässliche Akku-Diagnose bei gebrauchten Elektroautos
>> wirklich essentiell.
>
> Das BMS kennt den Zustand der Batterie:
Das BMS nimmt einen bestimmten errechneten Zustand der Batterie an und
rechnet damit. Es "kennt" aber keinen Zustand der Batterie. Es schätzt
ihn (mit den Routinen, die ihm gegeben sind) aus Sensorwerten und den
Möglichkeiten, die es mit seiner Anzahl Sensoren und Verkabelung halt hat.
> SOH Wert - State of Health
> Restkapazität
> Anzahl durchgeführter Ladezyklen
> Spannungen der einzelnen Zellen
> Spannungsdifferenzen der einzelnen Zellen
> ....
>
> Man kann die Werte des BMS über die OBD Schnittstelle auslesen.
Nur mit der passenden Hardware und Software, die dann noch vom
Fahrzeughersteller kommen sollten für echte Verlässlichkeit. Und selbst
dann hat man einen Berg von Zahlen, aber noch keine Informationen oder
Wissen.
Es ist dann also genau so, wie oben bei den klappernden Ventilen: "kann
ich als Laie nicht sicher sagen ob das nicht doch ok ist".
Dort werden zwei Sachen miteinander vermischt:
* SoC (state of charge), Restkapazität, also der aktuelle Ladezustand,
der ja beim Entladen runter geht, und dann beim Laden wieder rauf
* SoH (state of health) - eine Schätzung der Alterung/Degradation
Manch einer mag das doof finden, denn es ist unklar, wie hier SoC und
SoH miteinander verrechnet werden. Und auch, dass sich der Hersteller
hier selbst mit einmischen kann.
Manch einer mag das mögen, denn eine einfache "Balkenlogik" reicht als
Argumentation des Kunden gegenüber dem Hersteller.
Kundennahe Beschwerden werden anders laufen:
---------------------------------------------
quasi immer über eine Art erzielbare Reichweite (eine Streckenlänge)
nach einer Ladung auf eine bestimmte Anzahl Prozent SoC.
Was dann die ganze Verbrauchskomplexität mit reinbringt.
Für wirklich verlässliche Tests des Batteriepacks (und damit eine Summe
aus Zellen, BMS-Kompenenten, TMS-Komponenten, ggf. weiteren Komponenten
im Batteriepack wie PCS oder DCDC-Wandler) braucht man was anderes:
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1) Batteriepack ausbauen oder mindestens abklemmen - denn mal will ja
nur das Batteriepack testen und nicht seine Umgebung wie z.B.
Ruhestromverbraucher oder dessen Kühlsystem/TMS-Komponenten ringsrum,
noch den Onbord-AC-Lader
2) Batteriepack in definierte Mess-Umgebung mit definierten Bedingungen
bringen und dort konditionieren lassen (einfach dass es die
Umgebungsbedingungen annimmt, wie eben eine Temperatur oder eine
Vibrationsumgebung). Es kann auch sein, dass da z.B. ein Balancing der
Zellen stattfindet.
Batteriepack dabei auch wieder verbinden, mit allem was nötig ist: ein
TMS/Kühlsystem, Steuerung/Monitoring, Lasten, Lader - diese Komponenten
alle in regelmäßig unabhängig überprüfter Mess-Qualität
3) Batteriepack über definierte Entladeprozedur entladen, dabei
Messwerte erheben: Temperaturen, Ströme, Spannungen - und dann
Soll-Ist-Vergleich
4) Batteriepack über definierte Ladeprozedur wieder laden: Temperaturen,
Ströme, Spannungen- und dann Soll-Ist-Vergleich
Schritte 3) und 4) x-mal wiederholen (z.B. x = 15), dann daraus
Mittelwert und Standardabweichung bestimmen. Dann hat man eine recht
gute Information über die Akku-Kapazität unter diesen Messbedingungen.
Braucht man das für verschiedene Testbedingungen, muss man das eben noch
für verschiedene Testbedingungen wiederholen.
Dazu kommen Tests auf
* Gasdichtigkeit
* Wasserdichtigkeit
* Korrosion des Gehäuses
Die Poor-Mans-Variante davon werden sein:
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* wiederholte Fahrstrecken mit definierten Eigenschaften fahren, die man
versucht, halbwegs gleich zu halten
* halbwegs definierte Ladevorgänge
* evt. auch bewusst unterschiedliche Bedingungen
* dann eine Bildung von Mittelwert und Standardabweichung
* und schließlich als Interpretation eine Über-den-Daumen-Abschätzung,
ob das in den vorgefundenen Bedingungen zu den Erwartungen passt, die
der Hersteller in seinen technischen Unterlagen (oder Marketingmaterial)
verbreitet hat
Grüße, Ralf