- Reinhard Greulich / Sat, 27 Oct 2012 18:30:28 +0200
>> Naja, Josef Schmidt (CSU) gegen Dieter Reiter (SPD) ist noch
>> lange nicht ausgemacht - beide sind ziemlich unbekannt und
>> tragen auch farblich nicht besonders auf. Schmidt ist geborener
>> Münchner und Metzgerssohn, Reiter wohnt nicht mal in der Stadt.
> Wäre irgendwo typisch, wenn es die SPD auf sattsam bekannte Weise
> vergeigt. Aber hoffen wir das Beste, die ganzen Zugereisten stehen
> vielleicht nicht so auf Münchner Metzger-Folklore.
Unter 'zugereist' stelle ich mir immer besoffene Japaner vor
(wegen Reiswein) ...
und wie sehr die Leute auf diese Bauerntheater-Folklore stehen,
kann man alljährlich zur Wiesnzeit beobachten - da kleiden sich
sogar vermeintlich vernünftige Menschen in karierte Kasperlhemden
ein und singen Sauflieder in der U-Bahn (letzteres lässt sich
mit vorhandenen technischen Mitteln gut übertünchen).
Aber zurück zum Thema: Ich hatte den ganzen Exkurs deshalb
angefangen, weil inzwischen sogar in unserer katholischen
Einheitspartei die Akzeptanz für die Tram steigt; kürzlich
wurde sogar mit (!) deren Stimmen im Stadtrat eine Neubaustrecke
beschlossen.
Es handelt sich zwar nur um 3 Streckenkilometer, wovon über die
Hälfte schon befahrbar ist (als Zubringer zum Betriebshof).
Noch vor wenigen Jahren ist die grüne Fraktion geradezu mit Mist
beworfen worden, weil sie vorschlug, mittels dieser bestehenden
Gleise und ein paar hundert Metern Gleis nebst Wendekreis ein
(relativ neu erweitertes) Wohn- und Gewerbegebiet anzubinden -
und heute geht das in erweiterter Form einstimmig durch.
Wenn man da noch 5 km weiter baut, hätte man sogar die Messe
angeschlossen und könnte einen (Bedarfs-) Haltepunkt der
Flughafen-S-Bahn anbinden
(bislang ist das so umständlich, dass Messebesucher am
Leuchtenbergring aus der Flughafen-S-Bahn aussteigen und dort
nach dem nicht vorhandenen Taxi-Standplatz suchen).
Vielleicht kommt das ja auch noch ...
[SPD und Tram]
> ... konservativer als die Konservativen.
>
> Das gilt auch, um wieder etwas on-T zu werden, für den Neubau von
> Straßenbahnlinien. Von irgendeinem Tramwayboom haben die noch nichts
> gehört, falls sie nicht ein Koalitionspartner zum Jagen trägt. Siehe
> Hamburg.
Hamburg hatte allerdings zu dem Zeitpunkt, als beschlossen wurde,
die Tram abzuschaffen (1958), eine funktionierende Hochbahn
(mit 2,60 statt 3 m Breite und Betrieb über Gleisbrücken deutlich
billiger als z.B. die U-Bahn München).
Die Erkenntnis, dass Trambahnen gut geeignet sind, überlastete
Bus-Linien zu ersetzen, scheint bei den Hanseaten noch etwas zu
brauchen - aber wenn sogar die Südlichter das langsam kapieren,
dann wird das schon -
"wir machen hier Politik und sind nicht auf der Flucht" ...
Noch was zur U-Bahn München: Z.B. die Strecke zur Messe vom
Landtag aus (nächstgelegener Rand der Altstadt. Max-Weber-Platz
rsp. Ostbahnhof) beträgt auf der Straße etwa 8 km. Die oben
phantasiere Tram kann das in 20 Minuten schaffen (bei ein paar
längeren Haltepunkt-Abständen), der existierende Bus braucht
knapp 30 Minuten (weil er noch einen Kringel fährt, um einen
Anschluss zur S-Bahn herzustellen) - und die U-Bahn braucht satte
25 Minuten. Warum? Weil sie fast die doppelte Wegstrecke fährt,
um nach dem Motto "mit der Kirche ums Dorf" einen weiteren
Stadtteil anzubinden. So sind teure U-Bahn-Bauten Quatsch
(man baut die Dinger im Tunnel, um geradeaus fahren zu können).
Ähja, diese Strecke wurde unter CSU-OB 'Propeller-Erich' Kiesl
[oder despektierlicher: "vorne er, hinten ich"] geplant. Mit
weit ausladender S-Kurve, durch die der Bau weitgehend sinnfrei
wurde. Da ist jedes Klapprad schneller
(ok, mit dem Auto braucht man meist länger).
> Dann gibt es auch noch den Fall, wo der Koalitionspartner bar
> jeglicher Fachkompetenz Entscheidungen herbeiführt, die einfach nur
> hirnrissig und kostspielig sind, und wo dann wirklich die C-Partei
> rein aus Opposition das Schlimmste verhindert. So geschehen hier in
> Hannover.
Expliquez s.v.p. - was war das für ein Projekt?
Als Messebesucher war ich ja immer begeistert, wie gut die dortige
Tram / U-Tram die Messe an Innenstadt und Bahnhof anschließt
("bitte nicht mehr einsteigen, es kommt sofort ein weiterer Zug").
> Aber das ist ein anderes Thema und wir hätten es nicht, wenn
> die SPD überhaupt in der Lage wäre, in Fragen von Stadtverkehr und
> Städtebau kompetent mitzureden - von "richtungweisend" will ich ja gar
> nicht reden.
Sagen wir mal so - wenn politische Parteien Realitäten etwas
besser berücksichtigten (statt sich in Ideologien zu wälzen -
und Ideologien haben ja leider die unschöne Eigenschaft, die
Realität gering zu schätzen, ungeachtet von sonstigen Qualitäten),
wäre schon viel gewonnen.
Was macht die Städte kaputt? In alphabetischer Reihenfolge:
Abzocke/Betrug - Chaos - Dreck - Lärm. Viel mehr ist nicht.
Das ließe sich eigentlich fraktionsübergreifend diskutieren.
jk
--
no sig