Das Verkehrszentrum des Deutschen Museum
(Schwanthalerhöhe/Theresienwiese) stellt ein altes zentrales Uhrwerk von
der Bundesbahn aus. Es gibt vielleicht Infos über die Zeitverteilung in
der Ära kurz nach der Zonentrennung.
Ich habe das Exponat damals abgelichtet, ich kann evtl. nachschauen ob
ich etwas brauchbares habe.
Eine Fachzeitschrift wie "Signal+Draht" wäre ein geeignetes Medium für
Diskussionen über dieses Thema. Die Publikationen des
Eurailpress-Verlags sind recherchierbar:
https://eurailpress-archiv.de/Search.aspx?q=zeitverteilung&o=1
Mit dem Begriff "DCF77" bzw. "DCF 77" bin ich vorerst fündig:
https://eurailpress-archiv.de/Search.aspx?q=dcf77&o=1&o=0
https://eurailpress-archiv.de/Search.aspx?q=dcf%2077&o=1&o=0
Es wird noch ein Bisschen besser mit "uhren+synchronisation":
https://eurailpress-archiv.de/Search.aspx?q=Synchronisation%20uhren&o=1&o=0
https://eurailpress-archiv.de/SingleView.aspx?show=18821
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Technik und Design für die Uhren in Bahnhöfen
November 2003 | Stephan Herrmann
Die Deutsche Bahn AG hat ihre rund 17.000 Bahnhofsuhren in der
Vergangenheit ohne ein einheitliches Regelwerk für die technische und
gestalterische Auslegung von Bahnhofsuhren beschafft. Als Folge davon
entstand eine Vielfalt unterschiedlicher Uhrentypen und –größen. Ein
verbindliches Lastenheft „Zeitdiensttechnik“ regelt seit 1999 sowohl die
technischen Anforderungen als auch das Design. Durch konstruktive
Maßnahmen wird darüber hinaus für eine kostengünstige Wartung gesorgt.
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Mit dem Suchbegriff "Zeitdiensttechnik" wird's schnell klar, dass die
Bürk-Mobatime eine Art Hoflieferant der Bahn für Wand- und
Bahnsteig-Uhren ist.
https://www.buerk-mobatime.de/technik-und-design-fuer-die-uhren-in-bahnhoefen/
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Mit Blick auf die eingangs erwähnten, unterschiedlichen Betriebsarten
gilt die Strategie, möglichst autonome Funkuhren oder DCF
77-Uhrensteuerungen einzusetzen, um dadurch die mit einer Hauptuhr oder
Leitungswegen verbundenen Kosten konsequent zu vermeiden. Dennoch sind
diese Anwendungen – so z.B. in Tunnelbereichen, großen Bahnhöfen etc –
technische Grenzen gesetzt, so dass auch künftig Zeitdienstanlagen,
bestehend aus Haupt- und Nebenuhren mit Impulssteuerung, Verwendung finden.
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Noch dazu:
https://www.deutschebahn.com/resource/blob/6859022/5561c3dfe03f6a9f351aacf65f245d9c/2020-10-Themendienst-Uhrzeit-und-Zeitumstellung-data.pdf
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Zeitsignal für die gesetzlich vorgegebene Uhrzeit in Deutschland
Der Zeitzeichensender DCF77 ist ein Langwellensender, der die meisten
funkgesteuerten Uhren im westlichen Europa mit der in Deutschland
geltenden gesetzlichen (Uhr-)Zeit versorgt. Die Sendefrequenz beträgt
77,5 kHz. Seit dem 1. Januar 1959 versorgt der Langwellensender alle
Uhren der DB stets mit dem gleichen Zeitsignal. Der mit der Atomuhr der
Physikalisch- Technischen Bundesanstalt in Braunschweig gekoppelte
Sender steht in Mainflingen bei Aschaffenburg. Zum Abgleich der Zeit
empfangen alle Bahnfunkuhren das Rufzeichen „DCF77“ dreimal stündlich
als Morsezeichen während der Minuten 19, 39 und 59.
Historisches: 1893 - Die Eisenbahn als Initiator der Zeitsynchronisation
in Deutschland
Im 19. Jahrhundert gab es mehr als 60 Zeitzonen in Deutschland. Große
Städte legten ihre Ortszeit nach Sonnenstand in eigener Verantwortung
fest. Das führte dazu, dass zwischen zwei benachbarten Orten ein
Zeitunterschied von mehreren Minuten bestehen konnte. Mit diesen
Zeitunterschieden hatten verständlicherweise gerade die
Eisenbahngesellschaften in Deutschland bei ihren betrieblichen Abläufen
erhebliche Probleme. Aus der Zeit stammt die auch noch heute gültige
Vorschrift, nach der jeder Mitarbeiter im Eisenbahnbetrieb und
insbesondere jeder Lokführer eine genau gehende Uhr mit sich zu führen
hat. Diese zeigte die maßgebliche Zeit. Eine richtiggehende Taschenuhr
wurde zum Statussymbol der Lokführer.
Das Deutsche Reich führte auf Drängen der Eisenbahngesellschaften 1893
die Mitteleuropäische Zeit ein. Somit kann man die Eisenbahn als
Initiator der Zeitsynchronisation in Deutschland bezeichnen. Mit der
Einführung der Zeitsynchronisation begann auch die Ausbreitung der
mechanischen Bahnuhr, die nach einem bestimmten Ritual zweimal pro Woche
aufgezogen werden musste, um die Ganggenauigkeit zu gewährleisten.
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DCF77 ist also der Taktgeber der Bahn. Allerdings 1959 ist ziemlich früh
für eine automatisierte Lösung. Am Anfang wurden Morsezeichen gesendet,
wie im Text erwähnt, aber erst seit den 70er Jahren wird eine für die
Automatisierung geeignete Zeitkode verwendet.
https://www.vde.com/de/geschichte/karte/hessen/sendeanlage-mainflingen
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Die Ausstrahlung des gesetzlichen Zeitzeichens begann am 1. Januar 1959,
zunächst nur vormittags, seit 1970 im 24-Stunden-Dauerbetrieb.
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Daher nehme ich an, dass damals die Zeit-Signale zunächst zur manueller
Synchronisation der zentralen Bahn-Uhr, und die resultierende Pulsen ins
bestehende Kabelnetz der Bahn eingespeist. Heute wäre das System
wahrscheinlich viel dezentraler, mit billigen DCF77 Empfänger überall,
fast wie in handelsüblichen Wanduhren.
Die deutsche Patentanmeldung DE102018219679 der DBAG bestätigt im
Allgemein meine Annahme:
https://worldwide.espacenet.com/publicationDetails/biblio?DB=de.worldwide.espacenet.com&II=0&ND=3&adjacent=true&locale=en_ep&FT=D&date=20200520&CC=DE&NR=102018219679A1&KC=A1#
https://register.dpma.de/DPMAregister/pat/register?AKZ=1020182196796
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[0002] Es ist aus dem Stand der Technik bekannt, dezentrale
automatisierte Anlagen, deren Steuerung eine Systemzeit benötigt,
mittels eines Funksignals zu synchronisieren. So werden beispielsweise
die meisten funkgesteuerten Uhren in Westeuropa mittels eines von einem
sogenannten „Zeitzeichensender“ ausgesendeten Langwellen-Signals mit
einer Trägerfrequenz von 77,5 MHz [SIC!] mit der in Deutschland jeweils
geltenden Uhrzeit versorgt und auf diese Weise synchronisiert. Dieses
Verfahren ist unter dem internationalen Rufzeichen dieses Senders
„DCF77“ bekannt. Ein solches Funksignal kann jedoch keine Anlagen
erreichen, die sich tief im Innern von größeren Gebäuden befinden, da
die Funksignale beispielsweise durch Metallkonstruktionen oder
Eisenbewehrungen in Betonbauteilen abgeschirmt werden könnten. Für
solche Anlagen müssen nach gegenwärtigem Stand der Technik kabelbasierte
Datenübertragungssysteme genutzt werden, deren Installation in Gebäuden
jedoch mit hohen Kosten verbunden ist.
[...]
[0008] Die erfindungsgemäß zu steuernde Vorrichtung umfasst eine
innerhalb eines größeren Gebäudes, z.B. eines Bahnhofsgebäudes,
angeordnete dezentrale Uhr, welche über eine Zentraluhr mit der
korrekten Zeit, d.h. der gesetzlich am Ort des Gebäudes geltenden
Zeitangabe, versorgt wird. Die dezentrale Uhr verfügt über ein Uhrwerk,
das mit einem Steuerungsgerät bzw. Controller signaltechnisch gekoppelt
ist, welcher zugleich als Datenfunk-Modul nach dem sog. LoRaWAN-Standard
(= „Long Range Wide Area Network“) ausgeführt und zum Empfangen bzw.
Senden von Nachrichten eingerichtet ist. Das Steuerungsgerät gibt an die
dezentrale Uhr im Abstand von jeweils 60 Sekunden einen sekundengenauen
Impuls zur Weiterschaltung von dessen Uhrwerk um eine Minute. Zur
Vermeidung von Ungenauigkeiten ist in größeren zeitlichen Abständen eine
wiederkehrende Synchronisation mit einer von einer zentralen Uhr
bereitgestellten korrekten Zeit erforderlich. Die Zeitsynchronisation
ist beispielsweise erforderlich, wenn die Uhrzeit bei der dezentralen
Uhr unbekannt ist (z.B. nach Neuinstallation oder temporärer
Abschaltung) oder die letzte erfolgreiche Synchronisierung der
dezentralen Uhr so lange zurückliegt, dass ein Abweichen des Gangfehlers
der zentralen Uhr von einem akzeptierten Grenzwert befürchtet werden
muss. Die Vorrichtung kann auch derart ausgelegt sein, dass die
Zentraluhr ein Aufforderungs-Signal zur Durchführung einer
Zeitsynchronisation an die dezentrale Uhr übermitteln kann.
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Aber eine reine DCF77 Funk-Lösung wäre anfällig auf einen evtl. Ausfall
des Senders ("Single Point of Failure"). Eine alternative wäre
vielleicht eine zusätzliche Verwendung von GPS- oder Galileo-Signale.
Übrigens, der Betrieb des Senders wird nicht mehr vom Staat unmittelbar
gewährleistet:
https://pro-physik.de/nachrichten/auch-weiterhin-auf-sendung-das-zeitsignal-auf-langwelle
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DCF77 konkurriert heute mit modernen Formen der Zeitverbreitung über
Internetprotokolle und über den Mobilfunk. Aber der Empfang der
Signale von DCF77 ist europaweit ohne Verkabelung mit preiswerten
Empfängern möglich. Das erklärt die andauernde Bedeutung dieses
Zeitsignals.
Deshalb wurde der Vertrag zum Betrieb der Sendeeinrichtung mit der
Firma Media Broadcast bis zum Jahr 2031 verlängert. Um die
Zuverlässigkeit der Aussendung und auch die Wartungsfreundlichkeit
durch den Betreiber zu verbessern, hat Media Broadcast angekündigt, im
nächsten Jahr einen zweiten fernsteuerbaren Hochleistungssender zu
errichten. Die Einrichtungen werden dann vor Ort komplett doppelt
vorhanden sein. Auch die von der PTB betriebenen Steuereinrichtungen
vor Ort und die Überwachung in Braunschweig werden fortlaufend
modernisiert. Die Zeitverbreitung über Langwelle mag altmodisch
erscheinen – aber sie passt so immer noch in unsere Zeit.
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Das DCF77 Signal ist leider leicht zu fälschen. Dafür reicht ein
moderner Laptop über die Kopfhörerschnittstelle, ein Raspberry Pi, oder
gar ein Arduino, jeweils mit einer Induktionsspule, aus.
https://www.changpuak.ch/electronics/Arduino-DCF77.php
https://blog.blinkenlight.net/experiments/dcf77/dcf77-generator/
Man muss nur nah genug zum Empfänger sein. (Kleine Langwellenantennen
sind extrem ineffizient, und mehr Leistung bringt wenig).
Ich habe mir oft gedacht, wie einfach es wäre, eine Lichtsignalanlage in
Straßenverkehr willkürlich zu steuern. Was passiert Z.B. wenn ein
angeblicher "DCF77" Sender im Gebüsch an der Straßenecke immer die selbe
Zeitcode sendet? Die Zeitprogramme einer LSA ist oft für eine sog.
Autler-freundliche "Grüne Welle", und laufen im Grunde genommen nach
einem festgelegtem Zeitplan. Die LSA-Steuerung kann nicht sooo klug
sein... Ich habe es jedoch nie probiert.
Ich nehme auch an, dass die oben geschriebene "Standardlösung" für Uhren
auch für Stellwerke gilt. Die Zugsicherung ist aber nicht von der
genauen Uhrzeit abhängig.
Alexandre