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EVG: "Das Neun-Euro-Ticket macht krank."

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Paul Muster

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Jul 17, 2022, 4:22:02 AM7/17/22
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<https://www.n-tv.de/wirtschaft/Gewerkschaften-Das-9-Euro-Ticket-macht-krank-article23469303.html>

| Durch die Einführung des 9-Euro-Tickets sind deutlich mehr Menschen
| mit der Bahn unterwegs als sonst - mit Folgen. Gewerkschaften schlagen
| nun Alarm und sprechen von nie dagewesenen Zuständen. Chaos,
| Abnutzung, Krankenstände: "Das ist der absolute Super-Gau", sagt der
| GDL-Vorsitzende Claus Weselsky.

| "Wir stellen schon sehr frühzeitig Schäden durch die starke Nutzung
| des 9-Euro-Tickets fest: Aufzüge sind defekt, Toiletten in Zügen
| funktionieren nicht mehr, es wird einfach alles sehr stark belastet",
| sagte Burkert [der stellvertretende Vorsitzende der Eisenbahn- und
| Verkehrsgewerkschaft (EVG)]. "Viele Kolleginnen und Kollegen sind
| bereits an der Belastungsgrenze." Die Krankenstände stiegen. "Wir
| merken: Das Neun-Euro-Ticket macht krank."


Tja, ein völlig heruntergewirtschaftetes System und dann dieses
9€-Ticket als Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt....


mfG Paul

Andreas M. Kirchwitz

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Jul 17, 2022, 8:48:03 AM7/17/22
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Paul Muster <exp-3...@news.muster.net> wrote:

> Tja, ein völlig heruntergewirtschaftetes System und dann dieses
> 9€-Ticket als Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt....

Populistische Aktionen wie das 9-Euro-Ticket hätten auch ein
intaktes System überlastet. Besonders schlau in der Ferienzeit,
wo die Bahn seit vielen Jahren ihre Wartungsarbeiten durchführt
und das Angebot ohnehin eingeschränkt ist, jedenfalls hier in
Berlin, was zur Folge hat, dass man auch Fernzüge (zum vollen
Preis) nicht mehr erreichen kann, außer man fährt mit dem Auto
hin, aber dann fährt man lieber gleich die gesamte Strecke mit
dem Auto, dann muss man auch nicht unter einer Maske röcheln.

Grüße, Andreas

Till Kinstler

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Jul 17, 2022, 1:39:34 PM7/17/22
to
Am 17.07.22 um 14:48 schrieb Andreas M. Kirchwitz:
> Paul Muster <exp-3...@news.muster.net> wrote:
>
>> Tja, ein völlig heruntergewirtschaftetes System und dann dieses
>> 9€-Ticket als Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt....
>
> Populistische Aktionen wie das 9-Euro-Ticket hätten auch ein
> intaktes System überlastet.

Ich finde, das 9-Euro-Ticket ist echt ein Erfolg, auf mehreren Ebenen:
Es bringt Leute zum ÖPNV, die ihn ewig nicht benutzt haben. Es hat
messbare Auswirkungen auf den Autoverkehr. Und es zeigt insbesondere,
dass ein einfaches, günstiges Angebot im ÖPNV möglich ist und dieses
angenommen wird.
Gerade die überhastete Einführung mag auch Teil des Erfolges sein: Es
war schlicht keine Zeit, sich auf komplizierte Tarifstrukturen zu
einigen, die Leute dann wieder eher abgeschreckt hätten.
Man stelle sich vor, ein Bundesverkehrsminister hätte alle
Aufgabenträger im ÖPNV an den Tisch gebeten, um über ein
kundenfreundliches, günstiges, deutschlandweit gültiges Tarifangebot zu
reden. Was wäre da wohl rausgekommen - vor allem wann? Beispiele, was
man sich in Verkehrsverbünden so ausdenkt, diskutieren wir hier ja
regelmäßig...
Jetzt ist das einfach da, wenn auch zunächst nur für beschränkte Zeit.
Aber man kann das nicht mehr wegdiskutieren, "Geht nicht" ist kein
Argument. Es ist da, und funktioniert - mit allerlei Knirschen. Aber das
wissen alle, die sich darauf einlassen) - und tun es trotzdem.
Ideen, was danach kommen könnte, werden ja schon diskutiert.

> Besonders schlau in der Ferienzeit,
> wo die Bahn seit vielen Jahren ihre Wartungsarbeiten durchführt

Die Sperrung der Stadtbahn hätte es auch ohne 9-Euro-Ticket gegeben, die
mich noch mehr nervende wochenlange Sperrung jeglichen Verkehrs (S-Bahn
und Regionalverkehr) zwischen Grünau und Königs-Wusterhausen - samt
krankheitsbedingt massenhaft ausfallendem SEV - ebenso. Und die RE5 in
Richtung Norden waren auch ohne 9-Euro-Ticket im Sommer regelmäßig
überfüllt. Das 9-Euro-Ticket lenkt die Aufmerksamkeit eher auf diese
sowieso bestehenden Probleme - ja, es verschärft sie natürlich auch. Ob
ich aber den RE5 meide, weil er 120% voll ist oder weil er noch voller
ist und irgendwo unterwegs geräumt wird, ist mir dann auch egal - ich
bin in beiden Fällen nicht mitgefahren. Wenn wegen des 9-Euro-Tickets
aber eine größere öffentliche Aufmerksamkeit darauf und all die anderen
Probleme im öffentlichen Verkehr fällt, finde ich das gut...

> und das Angebot ohnehin eingeschränkt ist, jedenfalls hier in
> Berlin, was zur Folge hat, dass man auch Fernzüge (zum vollen
> Preis) nicht mehr erreichen kann,

Ich habe in den vergangenen Wochen alle Fernzüge gut erreicht - bin ab
Ostbahnhof, Hauptbahnhof, Südkreuz und Gesundbrunnen Fernverkehr
gefahren. Gut, der Hauptbahnhof war nun eine Woche per S-Bahn nicht
erreichbar, die kommenden anderthalb Wochen nur von Westen. Zumindest
von Osten gibt es mit der U5 aber eine brauchbare Alternative.

Grüße,
Till

Andreas M. Kirchwitz

unread,
Jul 17, 2022, 8:23:05 PM7/17/22
to
Till Kinstler <sp...@kinstler.net> wrote:

>> Populistische Aktionen wie das 9-Euro-Ticket hätten auch ein
>> intaktes System überlastet.
>
> Ich finde, das 9-Euro-Ticket ist echt ein Erfolg, auf mehreren Ebenen:
> Es bringt Leute zum ÖPNV, die ihn ewig nicht benutzt haben.

Das 9-Euro-Ticket ist hauptsächlich ein Freizeit-Ticket oder auch
ein Ferien-Ticket für die Regionalbahnen. Man kommt gut ins Umland,
an die Ost-/Nordsee oder - mit etwas Leidensfähigkeit - quer durch
Deutschland. Leute unternehmen Touren, die sie sonst überhaupt
nicht gemacht hätten.

Beim ÖPNV sehe ich nicht, dass es signifikant Leute vom Auto
abbringt, das Ticket richtet sich hauptsächlich an Touristen.
Wer in der Stadt Auto fährt, tut dies, weil er sich leisten kann.
ÖPNV könnte gratis sein, deshalb steigen Autofahrer nicht
scharenweise darauf um. Sicherlich haben sich manche ein
9-Euro-Ticket gekauft, die sonst gelaufen oder mit dem Fahrrad
gefahren wären.

Nett ist das 9-Euro-Ticket natürlich für Leute, die sowieso ÖPNV
oder Regionalbahn genutzt hätten, die sparen nun 3 Monate lang Geld.

Insofern ist das 9-Euro-Ticket durchaus etwas, das bei den Bürgern
entlastend ankommt, aber das bedeutet keine Verkehrswende oder eine
plötzlich Abkehr vom Auto.

> Gerade die überhastete Einführung mag auch Teil des Erfolges sein: Es
> war schlicht keine Zeit, sich auf komplizierte Tarifstrukturen zu
> einigen, die Leute dann wieder eher abgeschreckt hätten.
> Man stelle sich vor, ein Bundesverkehrsminister hätte alle
> Aufgabenträger im ÖPNV an den Tisch gebeten, um über ein
> kundenfreundliches, günstiges, deutschlandweit gültiges Tarifangebot zu
> reden.

Das ist tatsächlich ein sehr guter Punkt. Warum muss ein ÖPNV-Nutzer
in jeder Region ein neues ÖPNV-Ticket lösen? Warum gilt das nicht in
ganz Deutschland? Und warum muss das Preissystem so eine verdammte
Wissenschaft sein? ÖPNV ist sowieso ein solidarisches Konzept, es ist
nicht wichtig, dass jeder exakt für das zahlt, was er fährt, sondern
dass möglichst viele in den Topf einzahlen, um ein flächendeckendes
Netz zu erschaffen.

Ich glaube allerdings nicht, dass es da nach dieser Aktion zeitnah
eine Übereinkunft geben wird, obwohl ich es mir wünschen würde.

Eigentlich wäre das ja mal so ein Ding für die EU. ÖPNV-Ticket EU-weit.
Am EU-weiten Mobiltelefonieren sind die Mobilfunkanbieter ja auch nicht
pleite gegangen, obwohl sie anfangs so getan haben, als ob die Welt
davon untergehe. Sowas scheint also möglich zu sein, wenn man nur will.

Grüße, Andreas

Till Kinstler

unread,
Jul 18, 2022, 3:25:14 AM7/18/22
to
Am 18.07.22 um 02:23 schrieb Andreas M. Kirchwitz:

> ÖPNV könnte gratis sein, deshalb steigen Autofahrer nicht
> scharenweise darauf um. Sicherlich haben sich manche ein
> 9-Euro-Ticket gekauft, die sonst gelaufen oder mit dem Fahrrad
> gefahren wären.

Es gibt zumindest Hinweise darauf, dass das anders ist, z.B.:
<https://www.tagesschau.de/wirtschaft/unternehmen/neun-euro-ticket-verkauf-stau-101.html>.
Hätte ich auch nicht erwartet...

> Das ist tatsächlich ein sehr guter Punkt. Warum muss ein ÖPNV-Nutzer
> in jeder Region ein neues ÖPNV-Ticket lösen?

Weil sich niemand darum gekümmert hat. Man lässt die jeweiligen
Aufgabenträger und Verkehrsträger machen und die machen dann das, was
wir an Tarif- und Verkehrsangeboten haben. Es hat über 20 Jahre
gedauert, in einem überschaubaren Raum mit überschaubarem ÖPNV-Angebot
wie dem Saarland einen Tarifverbund hinzubekommen...

> Ich glaube allerdings nicht, dass es da nach dieser Aktion zeitnah
> eine Übereinkunft geben wird, obwohl ich es mir wünschen würde.

Ich finde, es gibt beachtlich viele öffentliche Äußerungen dazu, wie es
weitergehen könnte - sowohl politische als auch aus der ÖPNV-Branche.
Darunter eigentlich keine der Art "Der Mist darf auf keinen Fall
fortgeführt werden". Auch das überrascht mich.

Grüße,
Till

Ulf Kutzner

unread,
Jul 18, 2022, 3:25:53 AM7/18/22
to
Andreas M. Kirchwitz schrieb am Montag, 18. Juli 2022 um 02:23:05 UTC+2:
> Till Kinstler <sp...@kinstler.net> wrote:
>
> >> Populistische Aktionen wie das 9-Euro-Ticket hätten auch ein
> >> intaktes System überlastet.
> >
> > Ich finde, das 9-Euro-Ticket ist echt ein Erfolg, auf mehreren Ebenen:
> > Es bringt Leute zum ÖPNV, die ihn ewig nicht benutzt haben.

> Das 9-Euro-Ticket ist hauptsächlich ein Freizeit-Ticket oder auch
> ein Ferien-Ticket für die Regionalbahnen. Man kommt gut ins Umland,
> an die Ost-/Nordsee oder - mit etwas Leidensfähigkeit - quer durch
> Deutschland. Leute unternehmen Touren, die sie sonst überhaupt
> nicht gemacht hätten.
>
> Beim ÖPNV sehe ich nicht, dass es signifikant Leute vom Auto
> abbringt, das Ticket richtet sich hauptsächlich an Touristen.

Hörte sich vom Bundesministerium aber anders an.

> Wer in der Stadt Auto fährt, tut dies, weil er sich leisten kann.
> ÖPNV könnte gratis sein, deshalb steigen Autofahrer nicht
> scharenweise darauf um. Sicherlich haben sich manche ein
> 9-Euro-Ticket gekauft, die sonst gelaufen oder mit dem Fahrrad
> gefahren wären.
>
> Nett ist das 9-Euro-Ticket natürlich für Leute, die sowieso ÖPNV
> oder Regionalbahn genutzt hätten, die sparen nun 3 Monate lang Geld.
>
> Insofern ist das 9-Euro-Ticket durchaus etwas, das bei den Bürgern
> entlastend ankommt, aber das bedeutet keine Verkehrswende oder eine
> plötzlich Abkehr vom Auto.

> > Gerade die überhastete Einführung mag auch Teil des Erfolges sein: Es
> > war schlicht keine Zeit, sich auf komplizierte Tarifstrukturen zu
> > einigen, die Leute dann wieder eher abgeschreckt hätten.
> > Man stelle sich vor, ein Bundesverkehrsminister hätte alle
> > Aufgabenträger im ÖPNV an den Tisch gebeten, um über ein
> > kundenfreundliches, günstiges, deutschlandweit gültiges Tarifangebot zu
> > reden.

> Das ist tatsächlich ein sehr guter Punkt.

Hier wird dargestellt, wie sich der BMVI das mit den Auslastungsspitzen vorstellte:

"Ist bei einem deutschlandweiten Geltungsbereich nicht mit einer Überlastung der Züge zu rechnen?

Der bundesweite Geltungsbereich ist von den für den ÖPNV zuständigen
Bundesländern eingebracht worden, um eine zügige und kundengerechte
Umsetzung der Maßnahme sicherzustellen. Der Bund geht davon aus, dass
die Verkehre entsprechend organisiert werden."

https://www.bmvi.de/SharedDocs/DE/Artikel/K/9-euro-ticket-beschlossen.html

Er will also nur die Lorbeeren ernten und die Mühen mit den
Effekten abwälzen. Zugleich will er sich das mit der bundesweiten
Geltung auf die eigene Fahne schreiben. Inkonsequent bis gepalten.

> Warum muss ein ÖPNV-Nutzer
> in jeder Region ein neues ÖPNV-Ticket lösen? Warum gilt das nicht in
> ganz Deutschland?

Wertmarke zum Schwerbehindertenausweis mit Merkzeichen G, aG
gilt mittlerweile auch bundesweit.

Gewisse Fragezeichen seien etwa dort erlaubt, wo auch das Bayernticket
nicht akzeptiert wird; da gibt es eine eigene Liste.

Und noch dazu:

3. ÖPNV-Angebot zum Analysezeitpunkt
3.1.Angebot
Das Angebot des ÖPNV im Landkreis Freising gehört weitestgehend
zum Münchner Verkehrs- und Tarifverbund. Im Kreisgebiet verkehren
insgesamt 42 MVV-Regionalbuslinien (inkl. Stadtverkehr Freising und
drei landkreisüberschreitenden MVV-Regionalbuslinien aus dem LK Erding
sowie drei aus dem LK Dachau), fünf MVV-Ruftaxi-Linien sowie die privatwirtschaftlichen
Verkehre (nicht im MVV-Tarif) im Stadtverkehr Moosburg und die Privatlinien 8 und 9
(Tegernbach – Nandlstadt – Wolnzach, Rudelzhausen – Au – Dellnhausen – Wolnzach.

Sind privatwirtschaftliche Verkehre und Privatlinien nun auch enthalten?

> Und warum muss das Preissystem so eine verdammte
> Wissenschaft sein?

Die will Wissing ja nun an sich reißen. Meines Wissens aber
ohne dauerhafte Finanzierung aus seinem Etat. Und wäre sein
Haus die geeignete Stelle gar zur bundesweiten Angebotsplanung,
dann hätte es schon die Regionalisierung der Bahn nicht gebraucht.

Gut, die Verkehrsverbünde sind teils älter, aber auch der noch niegelnagelneue
Landestarif in BaWü ist unausgegoren. Man stelle sich vor, jemand
wolle da die Grenze zwischen Tarifverbünden nicht auf dem Schienenweg queren.


Und ich bin bei Wissing wirklich gespannt auf seinen Tarifvorschlag, der
Reiseweiten ignoriert, nicht wie die meisten Semestertickets auf einem
Gesamtumlageverfahren beruht, Nutzer auf kürzeren Distanzen nicht
abschreckt und die erwartbar gewesenen DOS-Zustände auf den SPNV-
Rennstrecken soweit eindämmt, daß sich die Dauerabschreckung nicht
fortsetzt.

Wenn er meint, er wolle und könne den Kreis quadrieren, immer her mit
den Vorschlägen!

Gruß, ULF

Ulf Kutzner

unread,
Jul 18, 2022, 3:39:25 AM7/18/22
to
Andreas M. Kirchwitz schrieb am Montag, 18. Juli 2022 um 02:23:05 UTC+2:

> Eigentlich wäre das ja mal so ein Ding für die EU. ÖPNV-Ticket EU-weit.

Du sprichst ein wahres Wort gelassen aus. Die EU-Kommission
scheint sich da nicht sonderlich berufen zu fühlen.

Außerdem hätte wohl nicht nur ich gerne universelle
Durchtarifierbarkeit unter Mitnutzung von Fernzügen
zurück, ohne Ausschluß von Nachtzügen, ohne Ausschluß
von HGV, ohne Globalpreisstückelungszwang, mit
Angebotspreisen für Züge mit passend Resplatzverfügbarkeit.

Und das Ganze auch ohne Interrail, was im Übrigen durch
ebenso pflichtige wie teils extrem schwer erwerbbare
Reservierungsaufpreise recht unattraktiv geworden ist.

Luxembourg - Zaragoza und Nizza - München bitte auf eine Fahrkarte;
geht ja im Zweifel auch auf ein Flugticket.

Und Rumänien bitte auch mal in Sparpreisangebote ex DB einbeziehen,
Bulgarien ist etwas weniger dringlich.

Gruß, ULF

Ulf Kutzner

unread,
Jul 18, 2022, 3:45:37 AM7/18/22
to
Till Kinstler schrieb am Montag, 18. Juli 2022 um 09:25:14 UTC+2:
> Am 18.07.22 um 02:23 schrieb Andreas M. Kirchwitz:

> > Ich glaube allerdings nicht, dass es da nach dieser Aktion zeitnah
> > eine Übereinkunft geben wird, obwohl ich es mir wünschen würde.

> Ich finde, es gibt beachtlich viele öffentliche Äußerungen dazu, wie es
> weitergehen könnte - sowohl politische als auch aus der ÖPNV-Branche.
> Darunter eigentlich keine der Art "Der Mist darf auf keinen Fall
> fortgeführt werden". Auch das überrascht mich.

Überbelastungen findet man im Bereich der SPNV-EVU-Branche.
Stadtverkehrsbetrieben wird das wurscht sein, einigen Verkehrsverbünden auch.

Ist ja nicht so, daß keine SWT-Erfahrungen vorgelegen hätten.

Ich werde demnächst mit Begleitperson den RE1 Ingolstadt - München nutzen.
Ich habe eine Ahnung, auf welchen Touren erträgliche Zustände zumindest
erwartbar sind und auf welchen nicht. Die Zustände, die ich bei meiner letzten
RE1-Nutzung nordwärts vorfand, sind nicht begleitpersonkompatibel.

Gruß, ULF

Tim Landscheidt

unread,
Jul 18, 2022, 4:46:51 AM7/18/22
to
Till Kinstler <sp...@kinstler.net> wrote:

>> ÖPNV könnte gratis sein, deshalb steigen Autofahrer nicht
>> scharenweise darauf um. Sicherlich haben sich manche ein
>> 9-Euro-Ticket gekauft, die sonst gelaufen oder mit dem Fahrrad
>> gefahren wären.

> Es gibt zumindest Hinweise darauf, dass das anders ist,
> z.B.:
> <https://www.tagesschau.de/wirtschaft/unternehmen/neun-euro-ticket-verkauf-stau-101.html>.
> Hätte ich auch nicht erwartet...

Naja, ein Navigationssystemhersteller, der solche Untersu-
chungen regelmäßig nutzt, um in redaktionellen Beiträgen er-
wähnt zu werden, gibt an, das „Stauniveau“ sei um einen be-
zuglosen Betrag gesunken, ohne in irgendeiner Form zu be-
rücksichtigen, welche Faktoren in Form von Baustellen & Co.
dieses Ergebnis beeinflussen könnten. Die hiesige Lokalpres-
se kann das nur insoweit bestätigen, dass der Sprecher eines
der städtischen Verkehrsunternehmen sagt, man bekäme „auch
die Meldung, dass die Straßen leerer sind“
(https://www.ndr.de/nachrichten/hamburg/Positive-Halbzeitbilanz-fuer-Neun-Euro-Ticket-in-Hamburg,neuneuroticket230.html).
Die Stadt, die selber Daten erhebt
(https://www.hamburg.de/verkehrslage/), und das Klappern gut
beherrscht, sagt gar nichts. Das Statistische Bundesamt
(https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2022/07/PD22_284_12.html)
ist da deutlich zurückhaltender.

> […]

>> Ich glaube allerdings nicht, dass es da nach dieser Aktion zeitnah
>> eine Übereinkunft geben wird, obwohl ich es mir wünschen würde.

> Ich finde, es gibt beachtlich viele öffentliche Äußerungen
> dazu, wie es weitergehen könnte - sowohl politische als auch
> aus der ÖPNV-Branche. Darunter eigentlich keine der Art "Der
> Mist darf auf keinen Fall fortgeführt werden". Auch das
> überrascht mich.

Die Äußerungen kommen ja auch normalerweise nicht von denje-
nigen, die die Finanzierung verantworten müssen :-).

Tim

Ulf Kutzner

unread,
Jul 18, 2022, 4:47:07 AM7/18/22
to
Till Kinstler schrieb am Montag, 18. Juli 2022 um 09:25:14 UTC+2:

> Ich finde, es gibt beachtlich viele öffentliche Äußerungen dazu, wie es
> weitergehen könnte - sowohl politische als auch aus der ÖPNV-Branche.
> Darunter eigentlich keine der Art "Der Mist darf auf keinen Fall
> fortgeführt werden". Auch das überrascht mich.

Die passende Äußerung hat der Landkreistagspräsident geliefert.

Gruß, ULF

Till Kinstler

unread,
Jul 18, 2022, 5:35:58 AM7/18/22
to
Am 18.07.22 um 10:47 schrieb Ulf Kutzner:
Du meinst z.B.; "Damit ist viel staatliches Geld verbrannt worden, das
wirkungsvoller hätte in Taktung und Ausstattung investiert werden können."?
"Hätte"! Hat man in der Vergangenheit aber nicht getan (als öffentliches
Geld ja nicht knapp war), warum" hätte" man es also in der Zukunft tun
sollen (in der öffentliches Geld knapp wird)?
Mein sehr zugespitzter Kommentar: Das 9-Euro-Ticket funktioniert, weil
es all jenen, die ÜPNV bisher im besten Fall verwaltet und im
schlechteren Fall verhindert haben, kräftig wohin tritt: Wenn es ein
einfaches, günstiges Angebot im öffentlichen Verkehr gibt, dann wird es
genutzt und es entsteht Nachfrage... Also wird es auch Ausbau brauchen.
Also ran an die Arbeit, Herr Landkreistagspräsident, auch Ihr Job...
Ja, schade, dass man diesen Effekt nicht billiger haben konnte. Aber
immerhin ist das Geld ja nicht bei Bauunternehmen in Beton versickert
oder verbrannt worden, sondern viele Leute machen neue Erfahrungen mit
dem öffentlichen Verkehr und andere sparen einfach Geld, das sie
brauchen werden...
Tschuldigung, mein Bild von Aufgabenträgern im ÖPNV ist sehr geprägt
durch die Erfahrungen im Saarland, z.B. bei Einführung des
Semestertickets dort. Es war damals einfacher, die Kritiker in der
Studierendenschaft zu überzeugen als Aufgabenträger im ÖPNV (Oh Gott, da
will jemand mein "Produkt" nutzen und macht einen neuen Vorschlag dazu).
Obwohl es für letztere kostenneutral war, einschließlich der
Finanzierung von Zusatzverkehr...

Grüße,
Till

Andreas M. Kirchwitz

unread,
Jul 18, 2022, 6:02:08 AM7/18/22
to
Till Kinstler <sp...@kinstler.net> wrote:

>> ÖPNV könnte gratis sein, deshalb steigen Autofahrer nicht
>> scharenweise darauf um. Sicherlich haben sich manche ein
>> 9-Euro-Ticket gekauft, die sonst gelaufen oder mit dem Fahrrad
>> gefahren wären.
>
> Es gibt zumindest Hinweise darauf, dass das anders ist, z.B.:
> <https://www.tagesschau.de/wirtschaft/unternehmen/neun-euro-ticket-verkauf-stau-101.html>.
> Hätte ich auch nicht erwartet...

Solche Nachrichten liest man, doch es fehlt stets eine schlüssige
Analyse des behaupteten Zusammenhangs. Warum soll eine Änderung der
Verkehrssituation am 9-Euro-Ticket liegen? Das ergibt wenig Sinn.
Ferienzeit scheint naheliegender. In Corona-Zeiten sind Vergleiche
mit Vormonaten oder Vorjahren sowieso schwierig geworden, plötzlich
arbeiten viele von zu Hause. Die Gründe können mannigfaltig sein.

Ich meine das keineswegs negativ, doch ich finde es wichtig, wenn
man aus dem 9-Euro-Ticket die *richtigen* Schlüsse zieht, und das
aktuelle Pkw-Bashing halte ich für argumentativen Missbrauch.

Das 9-Euro-Ticket war in erster Linie als Entlastung für diejenigen
gedacht, die ohnehin ÖPNV genutzt hätten. Zusätzlich ist es für
Leute attraktiv, die sonst zu Fuß oder mit Fahrrad mobil sind.
Dieses Kernziel wurde erreicht und darüber kann man sich freuen.

Alles weitere ist ziemlich spekulativ.

>> Ich glaube allerdings nicht, dass es da nach dieser Aktion zeitnah
>> eine Übereinkunft geben wird, obwohl ich es mir wünschen würde.
>
> Ich finde, es gibt beachtlich viele öffentliche Äußerungen dazu, wie es
> weitergehen könnte - sowohl politische als auch aus der ÖPNV-Branche.
> Darunter eigentlich keine der Art "Der Mist darf auf keinen Fall
> fortgeführt werden". Auch das überrascht mich.

Ja, das stimmt allerdings, es gibt erstaunlich wenig Gegenwehr.
Es gab übrigens letztes Jahr bereits eine ÖPNV-Aktion, ebenfalls
auf einen oder zwei Monate beschränkt, wenn ich mich nicht irre,
da konnte man als ÖPNV-Abo-Kunde überall in Deutschland fahren,
das habe ich genutzt und fand es super. Es war aber wirklich
nur lokaler ÖPNV, nicht deutschlandweit Regionalbahn oder so.

Keine Ahnung, ob es dazu Erfahrungswerte gibt.

Grüße, Andreas

Ralph Angenendt

unread,
Jul 18, 2022, 6:11:49 AM7/18/22
to
Well, Till Kinstler <sp...@kinstler.net> wrote:
> Ich habe in den vergangenen Wochen alle Fernzüge gut erreicht - bin ab
> Ostbahnhof, Hauptbahnhof, Südkreuz und Gesundbrunnen Fernverkehr
> gefahren. Gut, der Hauptbahnhof war nun eine Woche per S-Bahn nicht
> erreichbar, die kommenden anderthalb Wochen nur von Westen. Zumindest
> von Osten gibt es mit der U5 aber eine brauchbare Alternative.

Der Hauptbahnhof ist eh gut aus dem Osten erreichbar, gibt ja auch noch
M5/8/10. Wenn die M10 mal bis zur Turmstraße fährt, dann kann der Westen
ebenfalls frohlocken, auch wenn er dafür in die vielgehasste Tram
umsteigen muss.

Ralph
--
Is your mother worried?
Would you like us to assign someone to worry your mother?

Ulf Kutzner

unread,
Jul 18, 2022, 6:21:59 AM7/18/22
to
Till Kinstler schrieb am Montag, 18. Juli 2022 um 11:35:58 UTC+2:
> Am 18.07.22 um 10:47 schrieb Ulf Kutzner:
> > Till Kinstler schrieb am Montag, 18. Juli 2022 um 09:25:14 UTC+2:
> >
> >> Ich finde, es gibt beachtlich viele öffentliche Äußerungen dazu, wie es
> >> weitergehen könnte - sowohl politische als auch aus der ÖPNV-Branche.
> >> Darunter eigentlich keine der Art "Der Mist darf auf keinen Fall
> >> fortgeführt werden". Auch das überrascht mich.
> >
> > Die passende Äußerung hat der Landkreistagspräsident geliefert.

> Du meinst z.B.; "Damit ist viel staatliches Geld verbrannt worden, das
> wirkungsvoller hätte in Taktung und Ausstattung investiert werden können."?
> "Hätte"! Hat man in der Vergangenheit aber nicht getan (als öffentliches
> Geld ja nicht knapp war), warum" hätte" man es also in der Zukunft tun
> sollen (in der öffentliches Geld knapp wird)?

Präziser:

"Von Vorschlägen zur Verlängerung des 9-Euro-Tickets und auch von
Nachfolgemodellen wie einem 365-Euro-Jahresticket halte ich nichts."

Gut, das Versagen vieler Landkreise sieht man ja auch
jenseits des Landkreises von Herrn Sager, nämlich in Bayern.

Man betrachtet die Kreisstadt als Kirchturm, und über Landkreis- oder
gar Bezirksgrenzen hat man oft gar nicht erst fahren zu wollen.

> Mein sehr zugespitzter Kommentar: Das 9-Euro-Ticket funktioniert, weil
> es all jenen, die ÜPNV bisher im besten Fall verwaltet und im
> schlechteren Fall verhindert haben, kräftig wohin tritt: Wenn es ein
> einfaches, günstiges Angebot im öffentlichen Verkehr gibt, dann wird es
> genutzt und es entsteht Nachfrage... Also wird es auch Ausbau brauchen.
> Also ran an die Arbeit, Herr Landkreistagspräsident, auch Ihr Job...

Auch, wobei in vielen Gegenden die Landkreise nicht, nicht einzeln
oder nur für besonders lokale Ausprägungen von SPNV zuständig sind.

Wer darüber hinaus Bereisungsberichte aus Sagers Landkreis vorzuweisen
hat, gerne doch!

Gruß, ULF

Ulf Kutzner

unread,
Jul 18, 2022, 6:28:38 AM7/18/22
to
Till Kinstler schrieb am Sonntag, 17. Juli 2022 um 19:39:34 UTC+2:
> Am 17.07.22 um 14:48 schrieb Andreas M. Kirchwitz:
> > Paul Muster <exp-3...@news.muster.net> wrote:
> >
> >> Tja, ein völlig heruntergewirtschaftetes System und dann dieses
> >> 9€-Ticket als Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt....
> >
> > Populistische Aktionen wie das 9-Euro-Ticket hätten auch ein
> > intaktes System überlastet.

> Ich finde, das 9-Euro-Ticket ist echt ein Erfolg, auf mehreren Ebenen:
> Es bringt Leute zum ÖPNV, die ihn ewig nicht benutzt haben. Es hat
> messbare Auswirkungen auf den Autoverkehr. Und es zeigt insbesondere,
> dass ein einfaches, günstiges Angebot im ÖPNV möglich ist und dieses
> angenommen wird.
> Gerade die überhastete Einführung mag auch Teil des Erfolges sein: Es
> war schlicht keine Zeit, sich auf komplizierte Tarifstrukturen zu
> einigen, die Leute dann wieder eher abgeschreckt hätten.

Da mag etwas dran sein.

> Man stelle sich vor, ein Bundesverkehrsminister hätte alle
> Aufgabenträger im ÖPNV an den Tisch gebeten, um über ein
> kundenfreundliches, günstiges, deutschlandweit gültiges Tarifangebot zu
> reden. Was wäre da wohl rausgekommen - vor allem wann? Beispiele, was
> man sich in Verkehrsverbünden so ausdenkt, diskutieren wir hier ja
> regelmäßig...
> Jetzt ist das einfach da, wenn auch zunächst nur für beschränkte Zeit.
> Aber man kann das nicht mehr wegdiskutieren, "Geht nicht" ist kein
> Argument. Es ist da, und funktioniert - mit allerlei Knirschen. Aber das
> wissen alle, die sich darauf einlassen) - und tun es trotzdem.
> Ideen, was danach kommen könnte, werden ja schon diskutiert.

> > Besonders schlau in der Ferienzeit,
> > wo die Bahn seit vielen Jahren ihre Wartungsarbeiten durchführt

> Die Sperrung der Stadtbahn hätte es auch ohne 9-Euro-Ticket gegeben, die
> mich noch mehr nervende wochenlange Sperrung jeglichen Verkehrs (S-Bahn
> und Regionalverkehr) zwischen Grünau und Königs-Wusterhausen - samt
> krankheitsbedingt massenhaft ausfallendem SEV - ebenso.

Da fallen wohl hauptsächlich Direktbusse aus, hörte ich.

Bei Mehrfachführungen könnte es natürlich sein,
daß die Kapazität ohne Neunerticket auch mit
weniger Fahrzeugen hingereicht hätte/hinreichen
würde.

Wie steht es mit Umfahrung qua regulärem Linienbus?
Nichts zu wollen?

Allgemein hört man zweierlei:

Die ganz großen Überbesetzungen außer zum Ostseestrand
hätten nach Juni mit seinen langen Wochenenden nachgelassen,
der Absatz von Neunertickets allerdings auch. Letzteres spricht
für erhebliche Zahlen solcher Nutzer, die 'the nose painted full' hatten.

Gruß, ULF

Ulf Kutzner

unread,
Jul 18, 2022, 6:32:58 AM7/18/22
to
Andreas M. Kirchwitz schrieb am Montag, 18. Juli 2022 um 12:02:08 UTC+2:
> Till Kinstler <sp...@kinstler.net> wrote:
>
> >> ÖPNV könnte gratis sein, deshalb steigen Autofahrer nicht
> >> scharenweise darauf um. Sicherlich haben sich manche ein
> >> 9-Euro-Ticket gekauft, die sonst gelaufen oder mit dem Fahrrad
> >> gefahren wären.
> >
> > Es gibt zumindest Hinweise darauf, dass das anders ist, z.B.:
> > <https://www.tagesschau.de/wirtschaft/unternehmen/neun-euro-ticket-verkauf-stau-101.html>.
> > Hätte ich auch nicht erwartet...

> Solche Nachrichten liest man, doch es fehlt stets eine schlüssige
> Analyse des behaupteten Zusammenhangs. Warum soll eine Änderung der
> Verkehrssituation am 9-Euro-Ticket liegen? Das ergibt wenig Sinn.

In Heidenfahrt wird gerade der Parkplatz wegen Überfüllung durch
Rheinuferspaziergänger ausgebaut.

> Ferienzeit scheint naheliegender.

Klar. Sind ja auch die ersten Pfingst- und Sommerferien seit Bestehen der
Republik.

> In Corona-Zeiten sind Vergleiche
> mit Vormonaten oder Vorjahren sowieso schwierig geworden, plötzlich
> arbeiten viele von zu Hause.

Hat das Homeoffice in den letzten Monaten stark zugenommen?

> Die Gründe können mannigfaltig sein.
>
> Ich meine das keineswegs negativ, doch ich finde es wichtig, wenn
> man aus dem 9-Euro-Ticket die *richtigen* Schlüsse zieht, und das
> aktuelle Pkw-Bashing halte ich für argumentativen Missbrauch.
>
> Das 9-Euro-Ticket war in erster Linie als Entlastung für diejenigen
> gedacht, die ohnehin ÖPNV genutzt hätten.

Kommuniziert wurde es als Ermutigung zum ÖPNV-Berufspendeln.

Gruß, ULF

Rolf Mantel

unread,
Jul 18, 2022, 6:40:58 AM7/18/22
to
Am 18.07.2022 um 12:02 schrieb Andreas M. Kirchwitz:
> Till Kinstler <sp...@kinstler.net> wrote:
>
>>> ÖPNV könnte gratis sein, deshalb steigen Autofahrer nicht
>>> scharenweise darauf um. Sicherlich haben sich manche ein
>>> 9-Euro-Ticket gekauft, die sonst gelaufen oder mit dem Fahrrad
>>> gefahren wären.
>>
>> Es gibt zumindest Hinweise darauf, dass das anders ist, z.B.:
>> <https://www.tagesschau.de/wirtschaft/unternehmen/neun-euro-ticket-verkauf-stau-101.html>.
>> Hätte ich auch nicht erwartet...
>
> Solche Nachrichten liest man, doch es fehlt stets eine schlüssige
> Analyse des behaupteten Zusammenhangs. Warum soll eine Änderung der
> Verkehrssituation am 9-Euro-Ticket liegen? Das ergibt wenig Sinn.
> Ferienzeit scheint naheliegender. In Corona-Zeiten sind Vergleiche
> mit Vormonaten oder Vorjahren sowieso schwierig geworden, plötzlich
> arbeiten viele von zu Hause. Die Gründe können mannigfaltig sein.

Punkt 1: sinnvolle Vergleichsplanung aufsetzen
Ich möchte sehen, ob die zum 1.6. eingeführten Fahrtsubventionen
(Benzinpreis und 9-EUR Ticket) einen Enfluss auf den Fahrzeugverkehr in
der Stadt hatte. Hierzu möchte ich mindestens eine Woche abdecken.

(Punkt 1A: ich möchte sehen, ob die Benzinsubvention einen Einfluss auf
den Fahrzeugverkehr insegesamt hatte; hierzu ist eine Auswertung über
die Verkäufe an Tankstellen zielführender).

Wegen Corona ist ein Vergleich zum Vorjahr sinnlos. Einzig halbwegs
sinnvoller Vergleichspunkt ist zum Vormonat.
Wegen Feiertagen fällt die erste Junihälfte in die Tonne, also bleibt
nur die 3. oder die 4. Juniowoche (wahlweise MO - SO oder SA - FR).

Punkt 2: Korrelation feststellen.
In 23 von 26 Konurbationen sind verringerte Stauniveaus feststellbar, in
einer war der Verkehr gleichbleibend, in 2 stieg das Stauniveau an.

> Ich meine das keineswegs negativ, doch ich finde es wichtig, wenn
> man aus dem 9-Euro-Ticket die *richtigen* Schlüsse zieht, und das
> aktuelle Pkw-Bashing halte ich für argumentativen Missbrauch.
>
> Das 9-Euro-Ticket war in erster Linie als Entlastung für diejenigen
> gedacht, die ohnehin ÖPNV genutzt hätten. Zusätzlich ist es für
> Leute attraktiv, die sonst zu Fuß oder mit Fahrrad mobil sind.
> Dieses Kernziel wurde erreicht und darüber kann man sich freuen.

Diese beiden Kernziele sind alleine aus dem Fahrkartenverkauf erkennbar;
hierzu ist es unwichtig, wie viele Fahrten zustätzlich und wie viele
Fahrten verkehrsverlagernd im ÖPNV statt MIV stattfanden.

> Alles weitere ist ziemlich spekulativ.

Punkt 3: Korrelation analysieren
In einer der beiden Konurbationen mit trotz 9-EUR Ticket höherem
Stauniveau ist ein Sondereffekt bekannt (Kieler Woche), was die
Aussagekraft des Ergebnisses erhöht.

Zwingendes Ergebnis:
Die zum 1.6. eingeführte Benzinsubvention zusammen mit dem zum 1.6.
eingeführten 9-EUR Ticket hat die Leute nicht dazu verleitet
innerstädtisch das Auto mehr zu benutzen.

Spekulatives Ergebnis: Es gibt Anzeichen, dass das 9-EUR Ticket zu einer
Verkehrsverlagerung innerhalb des Stadtverkehrs geführt hat.

Rolf

Ulf Kutzner

unread,
Jul 18, 2022, 7:47:53 AM7/18/22
to
Jein, denn Abozeitkarten wurden quasi per Teilrückzahlung
für hier relevante Zeiträume zu Neunertickets umgewidmet.

> hierzu ist es unwichtig, wie viele Fahrten zustätzlich und wie viele
> Fahrten verkehrsverlagernd im ÖPNV statt MIV stattfanden.

> > Alles weitere ist ziemlich spekulativ.

> Punkt 3: Korrelation analysieren
> In einer der beiden Konurbationen mit trotz 9-EUR Ticket höherem
> Stauniveau ist ein Sondereffekt bekannt (Kieler Woche), was die
> Aussagekraft des Ergebnisses erhöht.

Äh, ja, hm. Vergleichzeitraum insoweit ungünstig gewählt.
Juni 2021 hatte allerdings keine oder keine ernstzunehmende Kieler Woche.

> Zwingendes Ergebnis:
> Die zum 1.6. eingeführte Benzinsubvention zusammen mit dem zum 1.6.
> eingeführten 9-EUR Ticket hat die Leute nicht dazu verleitet
> innerstädtisch das Auto mehr zu benutzen.

Der Steuerabschlag wurde, was zu einer halbwegs vollständigen
Darstellung dazugehört hätte, weder zeitnah noch überwiegend
an die Tankkundschaft weitergegeben.

> Spekulatives Ergebnis: Es gibt Anzeichen, dass das 9-EUR Ticket zu einer
> Verkehrsverlagerung innerhalb des Stadtverkehrs geführt hat.

Ich beobachte, wenn auch ohne hinreichende statistische Basis,
eine Zunahme von Kundschaft ohne jedwede Liniennetzkenntnis
im Stadtverkehr. Das sind weniger Merkbefreite, sondern zumeist
Auswärtige.

Stefan Reuther

unread,
Jul 18, 2022, 1:21:58 PM7/18/22
to
Am 17.07.2022 um 19:39 schrieb Till Kinstler:
> Am 17.07.22 um 14:48 schrieb Andreas M. Kirchwitz:
>> Paul Muster <exp-3...@news.muster.net> wrote:
>>> Tja, ein völlig heruntergewirtschaftetes System und dann dieses
>>> 9€-Ticket als Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt....
>>
>> Populistische Aktionen wie das 9-Euro-Ticket hätten auch ein
>> intaktes System überlastet.
>
> Ich finde, das 9-Euro-Ticket ist echt ein Erfolg, auf mehreren Ebenen:
> Es bringt Leute zum ÖPNV, die ihn ewig nicht benutzt haben. Es hat
> messbare Auswirkungen auf den Autoverkehr. Und es zeigt insbesondere,
> dass ein einfaches, günstiges Angebot im ÖPNV möglich ist und dieses
> angenommen wird.

Eben. Und es macht ein Preisschild an die Dienstleistung "Öffi-Flat". Es
zeigt, dass Verbund-Kleinstaaterei eben nicht gottgegeben ist, sondern
eine Fahrt von "Bahratal Grenzübergang" nach "Point Alpha, Geisa"
problemlos auf ein Ticket gepackt werden kann, ohne, dass irgendwelche
Abrechnungen implodieren.

Das kostet 'ne Milliarde im Monat? Bei 30 Millionen Tickets ist also
jedes mit 33 EUR subventioniert. OK, ab September zahl ich die 33 EUR
selber, absoluter no-brainer, her damit!

> Gerade die überhastete Einführung mag auch Teil des Erfolges sein: Es
> war schlicht keine Zeit, sich auf komplizierte Tarifstrukturen zu
> einigen, die Leute dann wieder eher abgeschreckt hätten.
> Man stelle sich vor, ein Bundesverkehrsminister hätte alle
> Aufgabenträger im ÖPNV an den Tisch gebeten, um über ein
> kundenfreundliches, günstiges, deutschlandweit gültiges Tarifangebot zu
> reden. Was wäre da wohl rausgekommen - vor allem wann?

Eben. Wenn man sich nur mal anschaut, wie lange es dauert, um
Übergangstarife zwischen nur zwei Verbünden auszutüfteln...

> Die Sperrung der Stadtbahn hätte es auch ohne 9-Euro-Ticket gegeben, die
> mich noch mehr nervende wochenlange Sperrung jeglichen Verkehrs (S-Bahn
> und Regionalverkehr) zwischen Grünau und Königs-Wusterhausen - samt
> krankheitsbedingt massenhaft ausfallendem SEV - ebenso.

Eben, irgendwas ist immer. 9-Euro-Ticket im Sommer? Könnt ihr doch nicht
machen, Ferienzeit! 9-Euro-Ticket im Herbst/Winter? Könnt ihr doch nicht
machen, in der Corona-Zeit Leute in Busse locken!


Stefan

Stephan Seitz

unread,
Jul 18, 2022, 3:50:13 PM7/18/22
to
Stefan Reuther <stefa...@arcor.de> wrote:
> Eben. Und es macht ein Preisschild an die Dienstleistung "Öffi-Flat". Es
> zeigt, dass Verbund-Kleinstaaterei eben nicht gottgegeben ist, sondern
> eine Fahrt von "Bahratal Grenzübergang" nach "Point Alpha, Geisa"
> problemlos auf ein Ticket gepackt werden kann, ohne, dass irgendwelche
> Abrechnungen implodieren.

Aber das System implodiert doch. Es fahren zu viele damit, es ist noch
voller, aber es wird keinen Ausbau geben, weil jede Form von Ausbau
mehr Personal und Fahrmittel benötigen wird, und das Geld will keiner
ausgeben (bzw. wie es hier vor einiger Zeit im Saarland war: es will
keiner diesen Job machen).

> Das kostet 'ne Milliarde im Monat? Bei 30 Millionen Tickets ist also
> jedes mit 33 EUR subventioniert. OK, ab September zahl ich die 33 EUR
> selber, absoluter no-brainer, her damit!

Für 33€ hole ich mir kein Ticket. Dafür fahre ich a) überhaupt zu
wenig und b) ist das Angebot zu schlecht. Für den Preis erwarte ich,
daß ich zu jeder Zeit an jedem Tag an eine Haltestelle gehen kann und
in spätestens zehn Minuten ist ein Bus da.

Das 9€-Ticket funktioniert jetzt im Sommer. Spätestens wenn das Wetter
wieder schlechter wird, wird das alles sehr stark nachlassen, weil am
Ende die Qualität dafür zu schlecht ist.

> machen, Ferienzeit! 9-Euro-Ticket im Herbst/Winter? Könnt ihr doch nicht
> machen, in der Corona-Zeit Leute in Busse locken!

Das ist ein weiterer Grund. So wie die Leute trotz Maskenpflicht im
Bus mit Masken umgehen, will ich gar nicht mit dem Bus fahren, wenn es
sich vermeiden läßt.

Stephan

--
| Stephan Seitz E-Mail: stse+...@rootsland.net |
| If your life was a horse, you'd have to shoot it. |

Marc Haber

unread,
Jul 19, 2022, 4:05:17 AM7/19/22
to
Stephan Seitz <stse+...@rootsland.net> wrote:
>Für 33€ hole ich mir kein Ticket. Dafür fahre ich a) überhaupt zu
>wenig und b) ist das Angebot zu schlecht. Für den Preis erwarte ich,
>daß ich zu jeder Zeit an jedem Tag an eine Haltestelle gehen kann und
>in spätestens zehn Minuten ist ein Bus da.

Und ich will ein Pony. Und mehr Upstream.

--
-------------------------------------- !! No courtesy copies, please !! -----
Marc Haber | " Questions are the | Mailadresse im Header
Mannheim, Germany | Beginning of Wisdom " |
Nordisch by Nature | Lt. Worf, TNG "Rightful Heir" | Fon: *49 621 72739834

Ulf Kutzner

unread,
Jul 19, 2022, 4:41:15 AM7/19/22
to
Marc Haber schrieb am Dienstag, 19. Juli 2022 um 10:05:17 UTC+2:
> Stephan Seitz <stse+...@rootsland.net> wrote:

> >Für 33€ hole ich mir kein Ticket. Dafür fahre ich a) überhaupt zu
> >wenig und b) ist das Angebot zu schlecht. Für den Preis erwarte ich,
> >daß ich zu jeder Zeit an jedem Tag an eine Haltestelle gehen kann und
> >in spätestens zehn Minuten ist ein Bus da.

> Und ich will ein Pony.

Aber Du hast Dir noch nicht viel Gedanken darüber
gemacht, was das Pony so alles erwartet/braucht.

Stefan Reuther

unread,
Jul 19, 2022, 12:18:50 PM7/19/22
to
Am 18.07.2022 um 21:50 schrieb Stephan Seitz:
> Stefan Reuther <stefa...@arcor.de> wrote:
>> Das kostet 'ne Milliarde im Monat? Bei 30 Millionen Tickets ist also
>> jedes mit 33 EUR subventioniert. OK, ab September zahl ich die 33 EUR
>> selber, absoluter no-brainer, her damit!
>
> Für 33€ hole ich mir kein Ticket. Dafür fahre ich a) überhaupt zu
> wenig und b) ist das Angebot zu schlecht. Für den Preis erwarte ich,
> daß ich zu jeder Zeit an jedem Tag an eine Haltestelle gehen kann und
> in spätestens zehn Minuten ist ein Bus da.

Ich zahle regulär irgendwas um die 50 EUR im Monat und bekomme dafür
eine Tarifzone von übern nassen Daumen 250 km². Ja, da ist an vielen
Haltestellen in 10 Minuten ein Bus da. Großstadt eben.

Und ja, es gibt Monate, da fahre ich im ganzen Monat einmal 2 Stationen.
So what? Ich *könnte* jederzeit fahren, wenn ich keinen Bock auf Fahrrad
oder laufen hab. Für den Luxus des jederzeit-fahren-können geben andere
zehntausende Euro aus.


Stefan

Ulf Kutzner

unread,
Jul 20, 2022, 3:18:09 AM7/20/22
to
Eine Preisdifferenzierung für bundesweit gültige Fahrberechtigungen
nach Angebotsqualität am Wohnort würde eine Flut von Scheinummeldungen
nach sich ziehen.

Ulf Kutzner

unread,
Jul 22, 2022, 6:32:57 AM7/22/22
to
Till Kinstler schrieb am Sonntag, 17. Juli 2022 um 19:39:34 UTC+2:

> Und die RE5 in
> Richtung Norden waren auch ohne 9-Euro-Ticket im Sommer regelmäßig
> überfüllt. Das 9-Euro-Ticket lenkt die Aufmerksamkeit eher auf diese
> sowieso bestehenden Probleme - ja, es verschärft sie natürlich auch. Ob
> ich aber den RE5 meide, weil er 120% voll ist oder weil er noch voller
> ist und irgendwo unterwegs geräumt wird, ist mir dann auch egal - ich
> bin in beiden Fällen nicht mitgefahren. Wenn wegen des 9-Euro-Tickets
> aber eine größere öffentliche Aufmerksamkeit darauf und all die anderen
> Probleme im öffentlichen Verkehr fällt, finde ich das gut...

Der RE2 hier wurde verstärkt und bringt nun aus verspäteter Vorleistung
den lieben langen Tag so um +35 bis +55. Gewendet wird in (Frankfurt und) Koblenz.

Treppenabgang zur Unterführung kann die nicht richtungssortierte Reisendenflut
nicht fassen Unterführung wohl auch nicht.

Als Notbehelf zumindest für die Fg ohne Anschlußzug soll ein alter Treppenabgang
in die Stadt reaktiviert werden.

Das mit der zweiten Unterführung in
https://www.bahnhof.de/resource/blob/1032624/543af170d1cc9369cb2167284a1f67a3/Koblenz-Hbf_locationPdf-data.pdf
ist mir nicht ganz klar. Handelt es sich tatsächlich um einen Stumpftunnel nur mit
Aufzugszugängen zu den Bahnsteigen?

Gruß, ULF

Hannes Kuhnert

unread,
Jul 22, 2022, 7:35:35 AM7/22/22
to
Ulf Kutzner hat geschrieben:
> Der RE2 hier wurde verstärkt und bringt nun aus verspäteter Vorleistung
> den lieben langen Tag so um +35 bis +55. Gewendet wird in (Frankfurt und) Koblenz.
>
> Treppenabgang zur Unterführung kann die nicht richtungssortierte Reisendenflut
> nicht fassen Unterführung wohl auch nicht.
>
> Als Notbehelf zumindest für die Fg ohne Anschlußzug soll ein alter Treppenabgang
> in die Stadt reaktiviert werden.
>
> Das mit der zweiten Unterführung in
> https://www.bahnhof.de/resource/blob/1032624/543af170d1cc9369cb2167284a1f67a3/Koblenz-Hbf_locationPdf-data.pdf
> ist mir nicht ganz klar. Handelt es sich tatsächlich um einen Stumpftunnel nur mit
> Aufzugszugängen zu den Bahnsteigen?

Ist das vielleicht ein ehemaliger Post- oder Gepäcktunnel?
--
Hannes Kuhnert

Ulf Kutzner

unread,
Jul 22, 2022, 8:44:24 AM7/22/22
to
Hannes Kuhnert schrieb am Freitag, 22. Juli 2022 um 13:35:35 UTC+2:
> Ulf Kutzner hat geschrieben:

> > Das mit der zweiten Unterführung in
> > https://www.bahnhof.de/resource/blob/1032624/543af170d1cc9369cb2167284a1f67a3/Koblenz-Hbf_locationPdf-data.pdf
> > ist mir nicht ganz klar. Handelt es sich tatsächlich um einen Stumpftunnel nur mit
> > Aufzugszugängen zu den Bahnsteigen?

> Ist das vielleicht ein ehemaliger Post- oder Gepäcktunnel?

Gepäcktunnel, lese ich gerade. War wohl auch mal vor Jahren
kurz reingelaufen und hatte mich gewundert.

https://de.wikipedia.org/wiki/Koblenz_Hauptbahnhof#Zweiter_Weltkrieg_und_danach

Und jetzt hätte ich gerne die Fluchtwege erklärt bekommen.

Gruß, ULF

Stephan Gerlach

unread,
Jul 29, 2022, 7:23:15 PM7/29/22
to
Andreas M. Kirchwitz schrieb:
> Paul Muster <exp-3...@news.muster.net> wrote:
>
>> Tja, ein völlig heruntergewirtschaftetes System und dann dieses
>> 9€-Ticket als Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt....
>
> Populistische Aktionen wie das 9-Euro-Ticket hätten auch ein
> intaktes System überlastet.

Sicher? Wenn "intakt" hauptsächlich bedeutet, daß mehr/größere Züge
vorhanden (gewesen) wären sowie mehr Personal, dann vielleicht nicht.


--
> Eigentlich sollte Brain 1.0 laufen.
gut, dann werde ich mir das morgen mal besorgen...
(...Dialog aus m.p.d.g.w.a.)

Stephan Gerlach

unread,
Jul 29, 2022, 7:37:39 PM7/29/22
to
Andreas M. Kirchwitz schrieb:
> Till Kinstler <sp...@kinstler.net> wrote:
>
>>> Populistische Aktionen wie das 9-Euro-Ticket hätten auch ein
>>> intaktes System überlastet.
>> Ich finde, das 9-Euro-Ticket ist echt ein Erfolg, auf mehreren Ebenen:
>> Es bringt Leute zum ÖPNV, die ihn ewig nicht benutzt haben.
>
> Das 9-Euro-Ticket ist hauptsächlich ein Freizeit-Ticket oder auch
> ein Ferien-Ticket für die Regionalbahnen. Man kommt gut ins Umland,
> an die Ost-/Nordsee oder - mit etwas Leidensfähigkeit - quer durch
> Deutschland. Leute unternehmen Touren, die sie sonst überhaupt
> nicht gemacht hätten.

Das kann ich zumindest für mich nicht bestätigen. Ich hab' seit Juni 3
längere Touren mit der Bahn "erledigt", für die ich sonst (einmal) eine
(teurere) Busfahrt gebucht hätte sowie zweimal mit Auto gefahren wäre.

> Beim ÖPNV sehe ich nicht, dass es signifikant Leute vom Auto
> abbringt, das Ticket richtet sich hauptsächlich an Touristen.

Die Fahrten waren zwar (bei mir) touristisch; trotzdem hat mich das
9-EURO-Ticket vom Auto abgebracht.
Im "nicht-touristischen" Verkehr habe ich einfach dankend mitgenommen,
daß ich in der Zeit kaum Fahrtkosten hatte.

> Wer in der Stadt Auto fährt, tut dies, weil er sich leisten kann.

Oder weil er sich den ÖPNV *nicht* leisten kann, weil im Vergleich zum
Auto (sogar wenn man dort Parkgebühren dazuzählt) zu teuer.
Das trifft vor allem auf Gelegenheitsfahrer zu. Wenn man z.B. hier zum
Einkaufen mit der Straßenbahn in den Innenstadt-Bereich (oder sonstwohin
in der Stadt) fahren will, dann ist Autofahren billiger, v.a. wenn man
mit mindestens einer weiteren Person unterwegs ist.

Im übrigen geht es nicht nur um Fahrten in der Stadt, sondern z.B. auch
in umliegende Städte/Dörfer.

> ÖPNV könnte gratis sein, deshalb steigen Autofahrer nicht
> scharenweise darauf um.

Es reicht ja, wenn *einige* umsteigen.
Denjenigen, die *nicht* umsteigen, ist entweder der Preis egal oder die
haben eben tatsächlich andere Gründe, z.B. weil bei denen kein ÖPNV
fährt oder die oft große Lasten zu transportieren haben.

> Sicherlich haben sich manche ein
> 9-Euro-Ticket gekauft, die sonst gelaufen oder mit dem Fahrrad
> gefahren wären.

Ich hab's einfach dankend mitgenommen für die Strecken, die ich ohnehin
mit ÖPNV gefahren wäre sowie auch tatsächlich für Strecken genutzt, die
ich sonst anderweitig zurückgelegt hätte. Wie gesagt wurden auch längere
Autofahrten dadurch ersetzt.

> Nett ist das 9-Euro-Ticket natürlich für Leute, die sowieso ÖPNV
> oder Regionalbahn genutzt hätten, die sparen nun 3 Monate lang Geld.

Genau. Und es ist ungemein praktisch, sich nicht jedesmal Gedanken
machen zu müssen, ob man jetzt die passende Fahrkarte dabei hat oder wo
man die her bekommt oder welche man überhaupt nehmen müßte.

> Insofern ist das 9-Euro-Ticket durchaus etwas, das bei den Bürgern
> entlastend ankommt, aber das bedeutet keine Verkehrswende oder eine
> plötzlich Abkehr vom Auto.

Für einige der "Immer-Noch-Autofahrer" ist entweder der Sprit immer noch
zu billig, oder für bestimmte Zwecke (Lastentransport etc.) ist der ÖPNV
schlicht unpraktisch.

>> Gerade die überhastete Einführung mag auch Teil des Erfolges sein: Es
>> war schlicht keine Zeit, sich auf komplizierte Tarifstrukturen zu
>> einigen, die Leute dann wieder eher abgeschreckt hätten.
>> Man stelle sich vor, ein Bundesverkehrsminister hätte alle
>> Aufgabenträger im ÖPNV an den Tisch gebeten, um über ein
>> kundenfreundliches, günstiges, deutschlandweit gültiges Tarifangebot zu
>> reden.
>
> Das ist tatsächlich ein sehr guter Punkt. Warum muss ein ÖPNV-Nutzer
> in jeder Region ein neues ÖPNV-Ticket lösen? Warum gilt das nicht in
> ganz Deutschland? Und warum muss das Preissystem so eine verdammte
> Wissenschaft sein? ÖPNV ist sowieso ein solidarisches Konzept, es ist
> nicht wichtig, dass jeder exakt für das zahlt, was er fährt, sondern
> dass möglichst viele in den Topf einzahlen, um ein flächendeckendes
> Netz zu erschaffen.

Es wäre durchaus sinnvoll, wenn man das Ticket in irgendeiner Form an
die tatsächlich zurückgelegte Strecke koppelt. Nicht jeder braucht z.B.
einen ganzen Monat lang ein Ticket für ganz Deutschland.

Andreas M. Kirchwitz

unread,
Jul 29, 2022, 8:18:53 PM7/29/22
to
Stephan Gerlach <mam9...@t-online.de> wrote:

>> Wer in der Stadt Auto fährt, tut dies, weil er sich leisten kann.
>
> Oder weil er sich den ÖPNV *nicht* leisten kann, weil im Vergleich zum
> Auto (sogar wenn man dort Parkgebühren dazuzählt) zu teuer.

Die Rechnung würde ich gern sehen. Und damit ist nicht ein Exot
gemeint, das interessiert nicht, sondern für die Masse. Auto fährt
man, weil man es sich leisten kann.

> Das trifft vor allem auf Gelegenheitsfahrer zu. Wenn man z.B. hier zum
> Einkaufen mit der Straßenbahn in den Innenstadt-Bereich (oder sonstwohin
> in der Stadt) fahren will, dann ist Autofahren billiger, v.a. wenn man
> mit mindestens einer weiteren Person unterwegs ist.

Kann ich nicht nachvollziehen. Bei Bedarf kann man sich einen
Wagen mieten, ist billiger, als selbst einen zu unterhalten.

Klar, eigenes Auto ist bequemer. Das ist mein Punkt. Man zahlt
freiwillig mehr, weil man den Komfort wünscht.

>> ÖPNV könnte gratis sein, deshalb steigen Autofahrer nicht
>> scharenweise darauf um.
>
> Es reicht ja, wenn *einige* umsteigen.

Es muss (leider) die Masse umsteigen, das ist ein wichtiger Punkt.
ÖPNV rechnet sich nicht für wenige Nutzer.

> Es wäre durchaus sinnvoll, wenn man das Ticket in irgendeiner Form an
> die tatsächlich zurückgelegte Strecke koppelt. Nicht jeder braucht z.B.
> einen ganzen Monat lang ein Ticket für ganz Deutschland.

Das ist eine unkluge Denkweise, dadurch scheitert ÖPNV, dann nimmt
man nämlich lieber das Auto, wenn man für seine Kompromissbereitschaft,
sich für lange Strecken mit dem ÖPNV rumzuquälen, auch noch finanziell
abgestraft wird.

Grüße, Andreas

Ulf Kutzner

unread,
Jul 30, 2022, 6:49:18 AM7/30/22
to
Zu Fremdfahren siehe unten. Beim Beiblatt zum Schwerbehindertenausweis
mit passenden Merkzeichen ging das die letzten Jahre auch schon.

> > Insofern ist das 9-Euro-Ticket durchaus etwas, das bei den Bürgern
> > entlastend ankommt, aber das bedeutet keine Verkehrswende oder eine
> > plötzlich Abkehr vom Auto.

> Für einige der "Immer-Noch-Autofahrer" ist entweder der Sprit immer noch
> zu billig, oder für bestimmte Zwecke (Lastentransport etc.) ist der ÖPNV
> schlicht unpraktisch.

> >> Gerade die überhastete Einführung mag auch Teil des Erfolges sein: Es
> >> war schlicht keine Zeit, sich auf komplizierte Tarifstrukturen zu
> >> einigen, die Leute dann wieder eher abgeschreckt hätten.
> >> Man stelle sich vor, ein Bundesverkehrsminister hätte alle
> >> Aufgabenträger im ÖPNV an den Tisch gebeten, um über ein
> >> kundenfreundliches, günstiges, deutschlandweit gültiges Tarifangebot zu
> >> reden.
> >
> > Das ist tatsächlich ein sehr guter Punkt. Warum muss ein ÖPNV-Nutzer
> > in jeder Region ein neues ÖPNV-Ticket lösen? Warum gilt das nicht in
> > ganz Deutschland? Und warum muss das Preissystem so eine verdammte
> > Wissenschaft sein? ÖPNV ist sowieso ein solidarisches Konzept, es ist
> > nicht wichtig, dass jeder exakt für das zahlt, was er fährt, sondern
> > dass möglichst viele in den Topf einzahlen, um ein flächendeckendes
> > Netz zu erschaffen.

> Es wäre durchaus sinnvoll, wenn man das Ticket in irgendeiner Form an
> die tatsächlich zurückgelegte Strecke koppelt. Nicht jeder braucht z.B.
> einen ganzen Monat lang ein Ticket für ganz Deutschland.

Der Aufwand, den jemand verursacht, wenn er irgendwo
in Oberbayern im Landbus unterwegs ist, ist nun auch
nicht größer als bei Nutzung des RMV. Beides schließt
einander für gleiche Zeiträume aus.

Überlastung findet man also weniger durch Fremd- als
durch Fernfahren, bei Dir als 'längere Touren' bezeichnet.

Ulf Kutzner

unread,
Jul 30, 2022, 6:55:21 AM7/30/22
to
Andreas M. Kirchwitz schrieb am Samstag, 30. Juli 2022 um 02:18:53 UTC+2:
> Stephan Gerlach <mam9...@t-online.de> wrote:
>
> > Es wäre durchaus sinnvoll, wenn man das Ticket in irgendeiner Form an
> > die tatsächlich zurückgelegte Strecke koppelt. Nicht jeder braucht z.B.
> > einen ganzen Monat lang ein Ticket für ganz Deutschland.
> Das ist eine unkluge Denkweise, dadurch scheitert ÖPNV, dann nimmt
> man nämlich lieber das Auto, wenn man für seine Kompromissbereitschaft,
> sich für lange Strecken mit dem ÖPNV rumzuquälen, auch noch finanziell
> abgestraft wird.

Das ist die Frage, ob er scheitert, wenn er nicht mit
Milchkannenfernverkehr belastet wird.

Hatten wir ja ähnlich beim SWT, das dann irgendwann
nur noch für Fernfahrten im Nahverkehr taugte.

Hartmut Ott

unread,
Jul 30, 2022, 9:30:18 AM7/30/22
to
Hej,

Am 30.07.22 um 02:18 schrieb Andreas M. Kirchwitz:


>> Oder weil er sich den ÖPNV *nicht* leisten kann, weil im Vergleich zum
>> Auto (sogar wenn man dort Parkgebühren dazuzählt) zu teuer.
>
> Die Rechnung würde ich gern sehen. Und damit ist nicht ein Exot
> gemeint, das interessiert nicht, sondern für die Masse. Auto fährt
> man, weil man es sich leisten kann.


Wenn man, wie ich in der Provinz in einem kleinen Dorf wohnt, ist man
nun mal auf ein Auto angewiesen. Das ist viel zeitunabhängiger als mit
den ÖPNV, auch wenn der inzwischen hier nicht mehr nur 3 Mal in jede
Richtung am Tag fährt sondern öfter.


> Kann ich nicht nachvollziehen. Bei Bedarf kann man sich einen
> Wagen mieten, ist billiger, als selbst einen zu unterhalten.


Nächste Mietmöglichkeit ist die Kreisstadt, da müsste man dann erst mal
hin kommen


> Klar, eigenes Auto ist bequemer. Das ist mein Punkt. Man zahlt
> freiwillig mehr, weil man den Komfort wünscht.


Und der Komfort besteht z.B. auch darin, das man pünktlich zum
Arzttermin erscheinen kann ohne ein Taxi zu rufen oder Stundenlang
vorher mit dem Bus zu fahren und dann lange warten muss. Das ist dann
vergeudete Zeit. Und nicht zuletzt, dass man nach dem einkaufen, wenn
man Kühl bzw. Tiefkühlware gekauft hat sofort nach Hause fahren kann.


> Es muss (leider) die Masse umsteigen, das ist ein wichtiger Punkt.
> ÖPNV rechnet sich nicht für wenige Nutzer.


Und da wird es in der Fläche dann schon problematisch, weil da keine
Masse ist.

Achja, hier im Dorf gibt es keine Geschäfte wo man etwas einkaufen könnte.


--
--
mfg
Hartmut Ott

Ulf Kutzner

unread,
Jul 30, 2022, 9:43:09 AM7/30/22
to
Moin,

Hartmut Ott schrieb am Samstag, 30. Juli 2022 um 15:30:18 UTC+2:

> Am 30.07.22 um 02:18 schrieb Andreas M. Kirchwitz:

> > Es muss (leider) die Masse umsteigen, das ist ein wichtiger Punkt.
> > ÖPNV rechnet sich nicht für wenige Nutzer.
> Und da wird es in der Fläche dann schon problematisch, weil da keine
> Masse ist.
>
> Achja, hier im Dorf gibt es keine Geschäfte wo man etwas einkaufen könnte.

Laß raten: Wurde(n) infolge Automobilisierung geschlossen?

Gruß, ULF

Andreas M. Kirchwitz

unread,
Jul 30, 2022, 12:32:20 PM7/30/22
to
Hartmut Ott <ho...@arcor.de> wrote:

>> Die Rechnung würde ich gern sehen. Und damit ist nicht ein Exot
>> gemeint, das interessiert nicht, sondern für die Masse. Auto fährt
>> man, weil man es sich leisten kann.
>
> Wenn man, wie ich in der Provinz in einem kleinen Dorf wohnt, ist man
> nun mal auf ein Auto angewiesen.

Du bist darauf "angewiesen"? Ohne Auto ereilt Dich der Tod?

> Das ist viel zeitunabhängiger als mit
> den ÖPNV, auch wenn der inzwischen hier nicht mehr nur 3 Mal in jede
> Richtung am Tag fährt sondern öfter.

Aha, Du bist keineswegs aufs Auto angewiesen, Du findest es
einfach bloß bequemer als ÖPNV, und weil Du es Dir leisten
kannst, fährst Du Auto. Angewiesen bist Du darauf nicht.

>> Kann ich nicht nachvollziehen. Bei Bedarf kann man sich einen
>> Wagen mieten, ist billiger, als selbst einen zu unterhalten.
>
> Nächste Mietmöglichkeit ist die Kreisstadt, da müsste man dann erst mal
> hin kommen

Meine nächste Autovermietung ist auch nicht gleich um die Ecke.
Für die wenigen Fälle, wo man ein Auto braucht, muss man halt
mal einen kleinen Weg machen. Unbequem? Lieber eigenes Auto?
Genau mein Punkt, Bequemlichkeit, nicht Notwendigkeit.

>> Es muss (leider) die Masse umsteigen, das ist ein wichtiger Punkt.
>> ÖPNV rechnet sich nicht für wenige Nutzer.
>
> Und da wird es in der Fläche dann schon problematisch, weil da keine
> Masse ist.

Genau, deshalb muss die Masse woanders rekrutiert werden,
damit ÖPNV überall machbar ist. Es reicht eben nicht, nur
ein paar wenige Nutzer hier und da einzufangen, man braucht
richtig viele zur Querfinanzierung.

Auto ist keine Notwendigkeit, sondern Bequemlichkeit.
Das ist kein Vorwurf, ich sage nur, wie es ist, weil ich
das verlogen finde, man wäre auf ein Auto "angewiesen",
weil das die riesengroße Mehrheit keineswegs ist, sondern
es ist eben bequem, und dafür hat man schließlich Geld,
um sich das Leben bequem zu machen. Unser Leben ist endlich,
also macht man es sich schön.

Skaliert nur leider nicht mehr, und in manchen Städten schafft
man die Strassen für Autos bereits ab, und zwar großflächig.
Gefällt mir zwar auch nicht, aber die Mehrheit wählt diese
Parteien und nun müssen wir zusehen, was wir daraus machen.

Grüße, Andreas

Tim Landscheidt

unread,
Jul 30, 2022, 5:54:20 PM7/30/22
to
"Andreas M. Kirchwitz" <a...@spamfence.net> wrote:

> […]

> Auto ist keine Notwendigkeit, sondern Bequemlichkeit.
> Das ist kein Vorwurf, ich sage nur, wie es ist, weil ich
> das verlogen finde, man wäre auf ein Auto "angewiesen",
> weil das die riesengroße Mehrheit keineswegs ist, sondern
> es ist eben bequem, und dafür hat man schließlich Geld,
> um sich das Leben bequem zu machen. Unser Leben ist endlich,
> also macht man es sich schön.

> Skaliert nur leider nicht mehr, und in manchen Städten schafft
> man die Strassen für Autos bereits ab, und zwar großflächig.
> Gefällt mir zwar auch nicht, aber die Mehrheit wählt diese
> Parteien und nun müssen wir zusehen, was wir daraus machen.

Das gleiche Argument kann man auch bei dem ÖPNV anbringen
(oder praktisch überall): Niemand ist darauf „angewiesen“,
und von dem Himmel fallen Fahrkarten auch nicht.

De facto sind viele Maßnahmen der „Verkehrswende“ Gentrifi-
zierungen mit besserer Öffentlichkeitsarbeit; wer keine Aus-
sicht auf ein Leben als Gleitzeit-Home-Office-besser-als-
Durchschnitt-Verdienender hat, kann sich mit einem Umzug
sein eigenes deutlich erleichtern.

Tim

Ulf Kutzner

unread,
Jul 31, 2022, 4:59:06 AM7/31/22
to
Stephan Gerlach schrieb am Samstag, 30. Juli 2022 um 01:23:15 UTC+2:
> Andreas M. Kirchwitz schrieb:
> > Paul Muster <exp-3...@news.muster.net> wrote:
> >
> >> Tja, ein völlig heruntergewirtschaftetes System und dann dieses
> >> 9€-Ticket als Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt....
> >
> > Populistische Aktionen wie das 9-Euro-Ticket hätten auch ein
> > intaktes System überlastet.

> Sicher? Wenn "intakt" hauptsächlich bedeutet, daß mehr/größere Züge
> vorhanden (gewesen) wären sowie mehr Personal, dann vielleicht nicht.

Moment. Nehmen wir einmal die Verbindung Sterbfritz - Burghaun.

Wer will da fahren, auch für geschenkt? Kaum jemand.

Also kann man wenige und kleine Transportgefäße beschaffen.
(Tatsächlich läßt man die Fahrgäste in Schlüchtern (oder Flieden)
und zumeist in Fulda umsteigen.

Wenn man nun aber für fast geschenkt längerstreckige Fahrmöglichkeiten
eröffnet, etwa NDS <-> Würzburg, dann hat man plötzlich große Nachfrage
durch Langstreckenbummelreisende.

Natürlich kann man versuchen, Reisezugmaterial aus Berufs- und ggf.
Schülerverkehrszügen umzudisponieren, aber es ist nichttrivial wegen
unterschiedlicher Betreiber je nach Ausschreibungsgewinn, unterschiedlicher
Streckenkunde und weitgehend fehlender Fahrzeugreserve "für übergeordnete
Zwecke".

Man behilft sich ja mit Nonstop-"RE" zwischen München und Nürnberg etc.,
geht aber kaum flächendeckend.

Hartmut Ott

unread,
Jul 31, 2022, 9:40:22 AM7/31/22
to
Hej,

Am 30.07.22 um 18:32 schrieb Andreas M. Kirchwitz:


>> Wenn man, wie ich in der Provinz in einem kleinen Dorf wohnt, ist man
>> nun mal auf ein Auto angewiesen.
>
> Du bist darauf "angewiesen"? Ohne Auto ereilt Dich der Tod?


Eine ziemlich blöde Frage, sollte ich einen Unfall erleiden oder einen
Herzinfarkt, Vorhofflimmern hatte ich ja schon, dürfte es ohne Auto
tatsächlich mein Tod sein. Klar, das ist dann zwar nicht mein Auto,
sondern der Rettungswagen.


>> Das ist viel zeitunabhängiger als mit
>> den ÖPNV, auch wenn der inzwischen hier nicht mehr nur 3 Mal in jede
>> Richtung am Tag fährt sondern öfter.
>
> Aha, Du bist keineswegs aufs Auto angewiesen, Du findest es
> einfach bloß bequemer als ÖPNV, und weil Du es Dir leisten
> kannst, fährst Du Auto. Angewiesen bist Du darauf nicht.


Auch das ist eine Abhängigkeit, wäre es besser wenn ich ein elektrisch
angetriebenes Lastenrad mit Kühl und Tiefkühleinheit fahren würde? So
was gibt es im Moment noch nicht, was ich bisher gesehen habe war ein
Prototyp mit einer Kühleinheit.


>> Nächste Mietmöglichkeit ist die Kreisstadt, da müsste man dann erst mal
>> hin kommen
>
> Meine nächste Autovermietung ist auch nicht gleich um die Ecke.
> Für die wenigen Fälle, wo man ein Auto braucht, muss man halt
> mal einen kleinen Weg machen. Unbequem? Lieber eigenes Auto?
> Genau mein Punkt, Bequemlichkeit, nicht Notwendigkeit.


Da man dazu dann den ÖPNV benutzen muss, mit der Einkaufskiste in der
Hand, dann sich ein Auto mieten, einkaufen, die Sachen nach Hause
bringen und das Auto zurück, auch ein ziemlicher Aufwand.

btw: Für mein Auto Baujahr 2015 zahle ich 25 Euro Steuern im Jahr.


>> Und da wird es in der Fläche dann schon problematisch, weil da keine
>> Masse ist.
>
> Genau, deshalb muss die Masse woanders rekrutiert werden,
> damit ÖPNV überall machbar ist. Es reicht eben nicht, nur
> ein paar wenige Nutzer hier und da einzufangen, man braucht
> richtig viele zur Querfinanzierung.


Die hier bisher dann von der Gemeinde kam, damit man überhaupt eine
Busanbindung hat.


> Auto ist keine Notwendigkeit, sondern Bequemlichkeit.
> Das ist kein Vorwurf, ich sage nur, wie es ist, weil ich
> das verlogen finde, man wäre auf ein Auto "angewiesen",
> weil das die riesengroße Mehrheit keineswegs ist, sondern
> es ist eben bequem, und dafür hat man schließlich Geld,
> um sich das Leben bequem zu machen. Unser Leben ist endlich,
> also macht man es sich schön.


Das kommt auf die Sichtweise an. Lebenszeit zu verschwenden finde ich
nicht schön, aber genau das passiert, wenn man kein Auto hat. Ich
erinnere mich noch gut an meine Tante, die wir vor ca. 50 Jahren
besuchten, als meine Großmutter in ein Pflegeheim kam, mein Vater fuhr
uns mit seinem DKW zum Pflegeheim und meine Tante meine "So ein Auto ist
geschickt, da sind wir in 25 Minuten da, wenn ich den Bus nehme brauche
ich einen halben Tag". Nicht ganz so wild mal der Weg zur Arbeit, mit
dem Auto 45 Minuten, Alternative, mit dem Auto bis zum Bahnhof (Nein
ÖPNV wäre nicht möglich gewesen, da ich da schon am Nachmittag, während
meiner Arbeitszeit also in Richtung Bahnhof hätte fahren müssen), dann
mit der Bahn mit Umsteigen und am Zielort noch mit dem Bus oder zu Fuß,
wäre jeweils eine halbe Stunde gewesen, um pünktlich zu sein, hätte ich
eine Verbindung nehmen müssen, wo ich 45 Minuten vor Dienstbeginn
angekommen wäre. Da nähert sich die Hin- und Rückfahrt schon bedenklich
der täglichen Arbeitszeit.


> Skaliert nur leider nicht mehr, und in manchen Städten schafft
> man die Strassen für Autos bereits ab, und zwar großflächig.
> Gefällt mir zwar auch nicht, aber die Mehrheit wählt diese
> Parteien und nun müssen wir zusehen, was wir daraus machen.

Von einem dieser Projekte habe ich was gelesen, das wurde wohl nicht so
richtig angenommen, weshalb jetzt alles wieder umgestaltet werden soll
damit dort Fußgänger flanieren.

Wobei Projekte, die nur die Zahl der Autos beschränken, wohl viel öfter
durchgeführt werden. Da wo mein Geburtshaus steht wurden die
Bürgersteige verbreitet, großzügige Parkplätze auf der einen Seite,
unterbrochen von neu gepflanzten Bäumen und einer dieser Platze wurde
mit Bank und Tisch ausgestattet (ich habe bisher dort noch nie jemanden
sitzen gesehen). Auf der anderen Seite kann man auch parken, die Post
kommt da mit ihren eAutos noch durch, aber wenn da was breiteres kommt,
wird es verdammt knapp.

Hartmut Ott

unread,
Jul 31, 2022, 9:40:22 AM7/31/22
to
Hej,

Am 30.07.22 um 15:43 schrieb Ulf Kutzner:


>> Achja, hier im Dorf gibt es keine Geschäfte wo man etwas einkaufen könnte.
>
> Laß raten: Wurde(n) infolge Automobilisierung geschlossen?


Das einzige sehr kleine Geschäft hier, als wir 1976 hier her zogen, hat
ein paar Monate später altersbedingt aufgegeben, das im Nachbardorf nur
ein paar Jahre später. Das es keine Nachfolger gab, ist sicherlich der
Automobilisierung zuzuschreiben.

Klaus Mueller

unread,
Jul 31, 2022, 12:42:00 PM7/31/22
to
Hartmut Ott <ho...@arcor.de> wrote:
>
> Achja, hier im Dorf gibt es keine Geschäfte wo man etwas einkaufen könnte.
>
Könnte das auch mit dran liegen, dass jeder mit dem Auto zum Discounter
gefahren ist und den Dorfladen links liegen gelassen hat bis dieser mangels
Kundschaft aufgab?

Hier ist es zumindest in so manchem Dorf so und jetzt jammern die
gesundheits- und/oder altersbedingt nicht mehr autofahrfähigen
Dorfladenignorierer dass es keinen mehr gibt.




Andreas M. Kirchwitz

unread,
Jul 31, 2022, 1:25:22 PM7/31/22
to
Hartmut Ott <ho...@arcor.de> wrote:

> Das kommt auf die Sichtweise an. Lebenszeit zu verschwenden finde ich
> nicht schön, aber genau das passiert, wenn man kein Auto hat.

Das will ich die ganze Zeit damit sagen, es eine Form von Luxus,
wir können es uns leisten, mit dem Auto Lebenszeit zu gewinnen
gegenüber anderen Verkehrsmitteln. Ist zwar teuerer als die
Alternativen, aber Geld haben wir allermeist mehr als Zeit.

Das Problem dabei ist, es skaliert nicht. Wo ich wohne, kommt
ein Auto auf zwei Einwohner. Funktioniert nicht, sieht man jeden
Tag auf den Straßen. Man müsste die Straßeninfrastruktur massiv
ausbauen, aber sie wird gerade mit hoher Geschwindigkeit
abgerissen, merkwürdigerweise leidet darunter auch ein wichtiger
Teil des ÖPNV, nämlich die flexibel einsetzbaren Busse.

Wer diese Parteien gewählt hat, ich weiß es nicht, es passt
nicht zu der Zahl zugelassener Autos und zum tatsächlichen
Verhalten der Menschen, die immer mehr und immer größere
Autos kaufen.

Ich bin gespannt, wie sich die Zukunft entwickelt.

Grüße, Andreas

Hannes Kuhnert

unread,
Jul 31, 2022, 2:23:20 PM7/31/22
to
Andreas M. Kirchwitz hat geschrieben:
> […] es eine Form von Luxus,
> wir können es uns leisten, mit dem Auto Lebenszeit zu gewinnen
> gegenüber anderen Verkehrsmitteln. Ist zwar teuerer als die
> Alternativen, aber Geld haben wir allermeist mehr als Zeit.
>
> Das Problem dabei ist, es skaliert nicht. Wo ich wohne, kommt
> ein Auto auf zwei Einwohner. Funktioniert nicht, sieht man jeden
> Tag auf den Straßen. Man müsste die Straßeninfrastruktur massiv
> ausbauen, aber sie wird gerade mit hoher Geschwindigkeit
> abgerissen, […]
Hauptverkehrsstraßen? Parkraum? Welche Gegend ist das, wo das „mit hoher
Geschwindigkeit abgerissen“ wird – nicht nur punktuell, sondern insgesamt?
--
Hannes Kuhnert

Stephan Seitz

unread,
Jul 31, 2022, 4:26:42 PM7/31/22
to
Klaus Mueller <usenet...@radwegweg.info> wrote:
> Könnte das auch mit dran liegen, dass jeder mit dem Auto zum Discounter
> gefahren ist und den Dorfladen links liegen gelassen hat bis dieser mangels
> Kundschaft aufgab?

Naja, ein Dorfladen wird zum einen nie die Auswahl eines Discounters
haben noch wird er die Preise eines Discounters anbieten können.

Und dann wird das wieder ein Rechenspiel.

Ralph Angenendt

unread,
Aug 1, 2022, 5:22:59 AM8/1/22
to
Well, Hartmut Ott <ho...@arcor.de> wrote:
> Am 30.07.22 um 02:18 schrieb Andreas M. Kirchwitz:
>
>>> Oder weil er sich den ÖPNV *nicht* leisten kann, weil im Vergleich zum
>>> Auto (sogar wenn man dort Parkgebühren dazuzählt) zu teuer.
>>
>> Die Rechnung würde ich gern sehen. Und damit ist nicht ein Exot
>> gemeint, das interessiert nicht, sondern für die Masse. Auto fährt
>> man, weil man es sich leisten kann.
>
> Wenn man, wie ich in der Provinz in einem kleinen Dorf wohnt, ist man
> nun mal auf ein Auto angewiesen.

Deswegen hat Stefan ja extra dazu geschrieben, dass er von der *STADT*
spricht. Jedes Mal. Wirklich. Jedes mal wenn es in dieser Diskussion um
die *STADT* geht, kommt jemand und sagt: "Aber bei mir auf dem Dorf …"

Ralph
--
Is your mother worried?
Would you like us to assign someone to worry your mother?

Ralph Angenendt

unread,
Aug 1, 2022, 5:26:11 AM8/1/22
to
Well, Hartmut Ott <ho...@arcor.de> wrote:
> Am 30.07.22 um 02:18 schrieb Andreas M. Kirchwitz:
>
>>> Oder weil er sich den ÖPNV *nicht* leisten kann, weil im Vergleich zum
>>> Auto (sogar wenn man dort Parkgebühren dazuzählt) zu teuer.
>>
>> Die Rechnung würde ich gern sehen. Und damit ist nicht ein Exot
>> gemeint, das interessiert nicht, sondern für die Masse. Auto fährt
>> man, weil man es sich leisten kann.
>
> Wenn man, wie ich in der Provinz in einem kleinen Dorf wohnt, ist man
> nun mal auf ein Auto angewiesen.

Deswegen hat Stephan ja extra dazu geschrieben, dass er von der *STADT*

Hartmut Ott

unread,
Aug 1, 2022, 9:17:36 AM8/1/22