On 06.08.2023 17:32, Marco Moock wrote:
> Am 06.08.2023 um 15:01:24 Uhr schrieb Ulli Horlacher:
>
>> Marco Moock <
mo...@posteo.de> wrote:
>>
>>> Wobei ich den Eindruck habe, dass bei den jüngeren Leuten vim nicht
>>> so beliebt ist. Da dominieren nano und Visual Studio Code.
Es kommt immer darauf an, was man mit dem Editor machen möchte.
Und ein wichtiger Punkt ist die Steilheit der Lernkurve; vi/vim
ist da schon extrem anspruchsvoll! Und die Art des Editierens
weicht stark von den gebräuchlichen primitiven Funktionen des
Editierens mit GUI Editoren ab. Man muss es, so meine ich, mal
richtig erklärt bekommen haben und auch den Ausblick erhalten,
was die Mächtigkeit des vi/vim-Editorkonzepts bedeutet und wo
und wie man sie voll zur Geltung bringen kann. Dann hat man
auch ein "Incentive", in den initialen Lernaufwand die nötige
Zeit zu investieren.
>>
>> Meine Studenten nehmen gar keinen Editor. Wozu auch?
>
> Wie editieren die dann Dateien auf dem PC?
Zumindest zum Programmieren werden oft IDEs verwendet, da ist
es wirklich vor allem ein zusammenklicken der Text-Vorschläge
der IDE.
> Macht da wirklich keiner mal Linux?
Davon würde ich mal nicht ausgehen. Selbst Studenten der
Informatik in modernerer Zeit scheinen oft auf der bekannten
und verbreiteten kommerziellen Plattform unterwegs zu sein.
Aber es ist durchaus unterschiedlich; in der Geophysik (nur
ein Beispiel) sehe ich durchaus Linux als Standard-Plattform.
Es ist die Tragik der Geschichte, dass beim schnellen Bedarf
der IT und dem immensen Wachstum der Branche, zum einen die
eher amateurhaften Kenntnisse der breiten Gesellschaft sich
durchsetzten und zudem in der Wirtschaft auch das mittlere
Management sich von Marketingaktivitäten hat einlullen lassen.
(Das ist leider eine jahrzehntelange bittere Erfahrung.)
Besonders tragisch, wenn, wie bei der Landeshauptstadt München,
ein lange betriebenes und vielbeachtetes Linux-Projekt nach
erfolgreicher Etablierung dann (im Zuge eines Bürgermeister-
wechsels) einfach eingestampft wird.
> Ich habe 2018 damit angefangen, fast alles - incl. Schulaufschrieben -
> per vim zu machen. War viel flotter als LibreOffice.
Ich denke, es ist eine Kernbeobachtung, dass viele Systeme
und Applikationen auch mit ihren eigenen Editoren daherkommen.
Und alle orientieren sich an wenigen quasi-standard Editier-
Funktionen, unterscheinden sich aber in allem anderen. Das
hat zur Folge, dass man für jedes Editieren - wenn man in
verschiedenen fachlichen oder technischen Domänen unterwegs
ist - auch eigene Werkzeuge dafür nutzt. Eine m.E. wichtige
Erkenntnis ist es (was du hier implizit ansprichst), dass
man zunächst alle Editieraufgaben mit einem Werkzeug erledigt;
das erlaubt es, auch ein komplexes Werkzeug wie vi/vim in
größerer Tiefe zu erlernen und damit dann auch viel schneller
und zuverlässiger(!) seine (Editier-)Aufgaben zu erledigen.
>
>> Programmieren kann eh keiner mehr.
Das würde ich jetzt wirklich nicht sagen.
>
> Muss man das nicht für bestimmte Studiengänge können?
Du meinst einen Editor wie vi/vim zu kennen und zu können?
Ich hoffe mal nicht - und ich sage das als vim-Begeisterter.
Der Editor ist ein Werkzeug, keine Lösung. Man sollte in der
Wahl seiner Werkzeuge nicht eingeschränkt werden bzw. sein.
Jeder soll zur Erledigung seiner Aufgaben das Werkzeug nutzen
können, mit dem er am besten zurechtkommt. Die Überzeugungs-
arbeit müssen (ggf.) wir leisten, aber jeder darf sich in
seiner selbstgewählten Ignoranz wohlfühlen, wie und solange
er mag. :-) (Soweit jedenfalls meine unmaßgebliche Meinung.)
Janis