Am 16.10.2020 um 07:04 schrieb Andreas Hartmann:
> Fakt ist aber eben auch, dass es schlussendlich keinen besseren
> Provider über alles gesehen gibt in D. Die Telekom ist am Ende des
> Tages nach wie vor der Einzige, der ein belastbares und *weitgehend*
> flächendeckendes Netz baut und betreibt und das sehrviel Geld
> kostet.
Richtig, nur:
a) Was hilft das gute Zugangsnetz und der perfekte Backbone, wenn die
Zusammenschaltungen mit anderen Netzen bewusst schlecht gehalten werden?
b) Die Mittbewerber bekommen Vorleistungen aus dem flächendeckenden
Zugangsnetz nicht geschenkt, das wirkt nur gerne in den PMs der Telekom so.
> Der Rest jammert doch bloß rum, dass ihn die "böse"Telekom nicht auf
> ihre Kosten mitspielen lassen will (wie im Kindergarten) - statt
> selber zu bauen. Für mich sind das Schmarotzer, welche ich
> grundsätzlich nicht unterstütze.
Wie gesagt: Die Vorleistungen (TAL, xDSL-Anschluss, L2-BSA, L3-BSA)
werden nicht verschenkt. Da kann also von "Schmarotzer" keine Rede sein.
Im Gegenteil:
a) Es ist im Interesse der Telekom, dass keine alternativen
CuDA-Zugangstechnik (mehr) vor Ort ist, weil (S)VVDSL nur funktioniert,
wenn es nur einen CuDA-Zugangstechnikbetreiber am Hauptkabel gibt.
b) Auch möglichst wenig alternative Infrastrukturen bis in die Häuser
sind im Interesse der Telekom, damit sie - egal wer der Vertragspartner
des Endkunden ist - immer mindestens an der Vorleistung mit verdient.
Also fall' bitte nicht auf das "Schmarotzer"-Gejammer der Telekom
herein. Die ist mit der aktuellen Situation - bis auf ihren Neid auf die
Kabelnetze - nicht so unzufrieden, wie sie immer tut, sondern hat eine
bequeme Position.
Die Telekom hat in der Vergangenheit, als die Vorleistung "TAL" noch
eine größere Rolle gespielt hat, genau drauf geachtet, dass die TAL
nicht zu billig und die Vorleistung "xDSL" nicht zu teuer wird. Warum?
Damit sich der Aufbau eigener Zugangstechnik für die Mitbewerber
möglichst nicht lohnt.
-> Sie hat das Preisniveau, über dass sie heute so gerne jammert,
bewusst selbst herbeigeführt (mit dem ersten Kontingentvertrag mit 1&1).
> Zum Thema Peering / Internet: Ich bin mir sicher, dass bei jedem
> anderen es genauso vereinzelt Probleme gibt, die man mit Umgehungs-
> lösungen umschiffen muss. Auch die machen nur das Nötigste.
Da gibt es einen großen Unterschied, weswegen alle anderen
Endkunden-Provider in Deutschland motiviert sind, zu peeren, aber die
Telekom nicht:
Die Telekom ist mit AS3320 ein "Tier-1", d.h. sie hat kostenneutrale
Peerings mit allen anderen "Tier-1" und kann darüber das ganze Internet
kostenneutral erreichen. D.h. die Telekom hat _keine_ Transitkosten für
Traffic.
Kein anderer deutscher Endkunden-(Eyeball)-Provider ist Tier-1, d.h.
diese müssen immer bei irgendwem Transit einkaufen. D.h. diese Provider
haben Transitkosten für Traffic. Diese Kosten können sie reduzieren,
indem sie kostenneutrale Peerings eingehen. Je mehr Traffic sie über
kostenneutrale Peerings austauschen, umso niedriger sind ihre Transitkosten.
Vergleiche wir mal die Peeringkapazitäten an öffentlichen Austauschkonten:
Telekom: 51 GBit/s (davon 20 GBit/s in Deutschland)
1&1: 1900 GBit/s (davon 1300 GBit/s in Deutschland)
O2: 2300 GBit/s (alles in Deutschland)
Vodafone: 1720 GBit/s (davon 1420 GIbt/s in Deutschland)
Diese Zahlen sehen eher nach "die Telekom macht nur das nötigste" aus. ;-)
> Ich bin mir auch todsicher, dass die dieselbe Peeringpolicy fahren
> würden - wenn sie denn könnten.
Unwahrscheinlich, Punkte die dagegen sprechen:
1. Wie schonmal geschrieben: Kein anderer europäischer Eyeball-Provider,
der Tier-1-Status hat, treibt das Spiel so extrem wie es die Telekom
macht. Weder Orange (France Telecom) noch Telecom Italia noch Telefonica
ES noch Telia (gerade letztere sind sogar das krasse Gegenbeispiel).
2. Die diversen Telekom-Töchter in anderen europäischen Ländern könnten
versuchen dieses Spiel zu spielen, versuchen sie aber nicht. In den
Niederlanden wurde es vor einem Jahr mit der dortigen Tochter versucht
und man ist krachend gescheitert:
https://medium.com/@rudolfvanderberg/t-mobile-nl-routed-all-internet-traffic-through-germany-and-broke-the-internet-for-small-firms-a176855d2b0
3. Die Provider sind vorgewarnt, dass solche Praktiken mittlerweile
genauer regulatorisch beobachtet werden und wollen Peering-Regulierung
vermeiden. Wodurch sind sie vorgewarnt? Eine Auflage der EU-Kommission
für die Unitymedia-Übernahme durch Vodafone war, dass Vodafone auferlegt
wurde, solche Interkonnektionsspielchen nicht zu spielen.
Ciao
Daniel