On 16.10.20 at 08:27 Daniel Weber wrote:
> Am 16.10.2020 um 07:04 schrieb Andreas Hartmann:
>> Fakt ist aber eben auch, dass es schlussendlich keinen besseren
>> Provider über alles gesehen gibt in D. Die Telekom ist am Ende des
>> Tages nach wie vor der Einzige, der ein belastbares und *weitgehend*
>> flächendeckendes Netz baut und betreibt und das sehrviel Geld
>> kostet.
>
> Richtig, nur:
>
> a) Was hilft das gute Zugangsnetz und der perfekte Backbone, wenn die
> Zusammenschaltungen mit anderen Netzen bewusst schlecht gehalten werden?
Das ist IMHO v.a. eines: eine Unterstellung! Bitte mit Fakten belegen!
> b) Die Mittbewerber bekommen Vorleistungen aus dem flächendeckenden
> Zugangsnetz nicht geschenkt, das wirkt nur gerne in den PMs der Telekom so.
Doch - die bekommen das relativ betrachtet durchaus geschenkt - denn sie
würden selbst bauen, wenn das günstiger wäre - ist es aber
offensichtlich nicht. Ein Grundproblem in D: die Mieter sind am Ende des
Tages erheblich besser gestellt als die Vermieter (die tragen alle
Kosten und alle Risiken und der Vermieter kann weitgehend jederzeit
machen was er will fast ohne jedes Risiko - der muss nur laut genug
jammern über die ach so bösen Vermieter - dass das Problem (bzw. dessen
Lösung) bei ihnen selbst liegen könnte - auf die Idee kommen die erst
gar nicht - wäre ja ungemütlich, selbst aktiv werden zu müssen).
>
>> Der Rest jammert doch bloß rum, dass ihn die "böse"Telekom nicht auf
>> ihre Kosten mitspielen lassen will (wie im Kindergarten) - statt
>> selber zu bauen. Für mich sind das Schmarotzer, welche ich
>> grundsätzlich nicht unterstütze.
>
> Wie gesagt: Die Vorleistungen (TAL, xDSL-Anschluss, L2-BSA, L3-BSA)
> werden nicht verschenkt. Da kann also von "Schmarotzer" keine Rede sein.
Doch - die Vorleistungen sind qua Regulierung offensichtlich zu günstig.
Wenn die teurer wären, würden die entweder selber bauen oder es eben
bleiben lassen. Aber völlig unabhängig davon steht es jedem frei, selbst
zu bauen. Auch ich könnte mir via MBfm GF holen. Mache es derzeit aber
(noch) nicht.
> Im Gegenteil:
>
> a) Es ist im Interesse der Telekom, dass keine alternativen
IMHO wieder eine Unterstellung
> CuDA-Zugangstechnik (mehr) vor Ort ist, weil (S)VVDSL nur funktioniert,
> wenn es nur einen CuDA-Zugangstechnikbetreiber am Hauptkabel gibt.
=> Die sollen durchgängig eigene Technik bis zum Haus aufbauen. Da gibt
es dann keine Abhängigkeiten! Machen sie aber nicht, weil das Mieten
natürlich sehr viel einfacher und billiger ist. Die sind doch an
relevanten Stellen nur Durchlauferhitzer! Wer zwingt die, CuDA
aufzubauen. GF würde ja auch gehen. Haben sie aber keinen Bock drauf,
weil sie in Summe nicht in der Lage sind, ein konkurrenzfähiges Produkt
aufzubauen.
> b) Auch möglichst wenig alternative Infrastrukturen bis in die Häuser
> sind im Interesse der Telekom, damit sie - egal wer der Vertragspartner
> des Endkunden ist - immer mindestens an der Vorleistung mit verdient.
Mag sein, dass die Telekom da Interesse haben könnte (entzieht sich
meiner Kenntnis und auch das ist IMHO wieder eine Unterstellung). Deren
Interesse ist schlussendlich doch völlig egal -
wir sind in einem freien Land. Mich als potentiellen Konkurrenten
interessiert doch nicht, ob ein anderer daran Interesse hat, ob ich
aktiv werde oder nicht.
Am Ende geht die derzeitige Praktik so mancher Konkurrenten aber nur
deshalb auf, weil der Endkunde der Dumme ist (die meisten bemerken es
eben nicht bzw. erst, wenn es zu spät ist).
Alle Beteiligten wollen verdienen - aber einer muss es bezahlen. Damit
aus Sicht des Endkunden ein sichtbar geringerer Preis rauskommt (mehr
sieht der ja nicht - dem kann man ja alles verkaufen - das
Kleingedruckte liest ja so gut wie keiner), muss an anderer Stelle
gespart werden: Paketinhalte, Service, Technik und sobald es drauf
ankommt wird das goldene A-Karten-Spiel gespielt.
> Also fall' bitte nicht auf das "Schmarotzer"-Gejammer der Telekom
> herein. Die ist mit der aktuellen Situation - bis auf ihren Neid auf die
> Kabelnetze - nicht so unzufrieden, wie sie immer tut, sondern hat eine
> bequeme Position.
Vielleicht hat sie eine bequeme Position (ich kann das nicht beurteilen
- ist aus meiner Sicht auch wieder eine Unterstellung). Zu so einer
angeblichen Position gehören aber immer mindestens 2. Warum ist denn die
Netzversorgung in D so schlecht, wie sie ist (zumindest relativ
betrachtet)? Doch nur deshalb, weil sich seit Jahrzehnten alle hinter
der Telekom verstecken und diese zum bösen Buben machen, der sie nicht
mitspielen lassen will. Selber anpacken und ins Risiko gehen ist halt
nicht so spaßig wie als Mieter / Durchlauferhitzer aufzutreten /
abzukassieren ohne fast jedes Risiko.
> Die Telekom hat in der Vergangenheit, als die Vorleistung "TAL" noch
> eine größere Rolle gespielt hat, genau drauf geachtet, dass die TAL
> nicht zu billig und die Vorleistung "xDSL" nicht zu teuer wird. Warum?
> Damit sich der Aufbau eigener Zugangstechnik für die Mitbewerber
> möglichst nicht lohnt.
> -> Sie hat das Preisniveau, über dass sie heute so gerne jammert,
> bewusst selbst herbeigeführt (mit dem ersten Kontingentvertrag mit 1&1).
Das hat nur funktioniert, weil 1&1 in diesem von Dir genannten Fall
scheinbar kein Interesse hatte, (unter weiteren gegebenen Bedingungen
natürlich) selbst zu bauen. Genau daran krankt das System und hat zu der
Situation geführt, die wir heute haben: auf den bösen (regulierten)
Vermieter schimpfen, anstatt selbst die Schaufel in die Hand zu nehmen.
Hätten doch damals schon GF legen können. Haben sie aber nicht gemacht.
(Mir geht es übrigens nicht darum, die Telekom als das non plus ultra
darzustellen bzw. ihr Treiben als das Bestmögliche darzustellen - das
ist es nämlich auch für mich nicht - trotzdem gehören immer mindestens 2
zur vorhandenen Situation und es passt nicht, nur auf einen einzudreschen).
>> Zum Thema Peering / Internet: Ich bin mir sicher, dass bei jedem
>> anderen es genauso vereinzelt Probleme gibt, die man mit Umgehungs-
>> lösungen umschiffen muss. Auch die machen nur das Nötigste.
>
> Da gibt es einen großen Unterschied, weswegen alle anderen
> Endkunden-Provider in Deutschland motiviert sind, zu peeren, aber die
> Telekom nicht:
>
> Die Telekom ist mit AS3320 ein "Tier-1", d.h. sie hat kostenneutrale
> Peerings mit allen anderen "Tier-1" und kann darüber das ganze Internet
> kostenneutral erreichen. D.h. die Telekom hat _keine_ Transitkosten für
> Traffic.
>
> Kein anderer deutscher Endkunden-(Eyeball)-Provider ist Tier-1, d.h.
> diese müssen immer bei irgendwem Transit einkaufen.
Ist das jetzt ein Problem der Telekom oder der anderen? Niemand hindert
sie daran, auf das gleiche Niveau zu kommen. Irgendwie wie im Fußball
oder ganz D: Erfolgreiche sind grundsätzlich böse und müssen so lange
geschwächt werden, bis irgendwann alle auf dem gleich niedrigen /
schlechten Niveau angekommen sind. Nicht das bessere Niveau ist das
Ziel, sondern das schlechtere (damit sich ja keiner anstrengen muss bzw.
keiner zurückbleibt)!
> D.h. diese Provider
> haben Transitkosten für Traffic. Diese Kosten können sie reduzieren,
> indem sie kostenneutrale Peerings eingehen. Je mehr Traffic sie über
> kostenneutrale Peerings austauschen, umso niedriger sind ihre Transitkosten.
Schön.
> Vergleiche wir mal die Peeringkapazitäten an öffentlichen Austauschkonten:
> Telekom: 51 GBit/s (davon 20 GBit/s in Deutschland)
> 1&1: 1900 GBit/s (davon 1300 GBit/s in Deutschland)
> O2: 2300 GBit/s (alles in Deutschland)
> Vodafone: 1720 GBit/s (davon 1420 GIbt/s in Deutschland)
Du hast die nichtöffentlichen Kapazitäten der Telekom vergessen - ist
doch logisch, dass die auf der öffentlichen Seite nicht mehr benötigt
werden.
> Diese Zahlen sehen eher nach "die Telekom macht nur das nötigste" aus. ;-)
Diese Zahlen sind unvollständig und daher tendenziös.
Wenn ich Dich wäre, würde ich ganz anders argumentieren: Die
Vorgehensweise, sich Traffic bezahlen zu lassen, ist für mich primär ein
Netzneutralitätsthema. Das wäre für mich der Hebel, um anzugreifen. Ich
verstehe auch nicht, warum das noch keiner gemacht hat (zumindest ich
noch nichts davon mitbekommen habe).
>> Ich bin mir auch todsicher, dass die dieselbe Peeringpolicy fahren
>> würden - wenn sie denn könnten.
> Unwahrscheinlich, Punkte die dagegen sprechen:
>
> 1. Wie schonmal geschrieben: Kein anderer europäischer Eyeball-Provider,
> der Tier-1-Status hat, treibt das Spiel so extrem wie es die Telekom
> macht. Weder Orange (France Telecom) noch Telecom Italia noch Telefonica
> ES noch Telia (gerade letztere sind sogar das krasse Gegenbeispiel).
Kann ich nicht beurteilen. Ich gehe jedoch davon aus, dass das ebenfalls
keine sozialcaritiativen Vereinigungen sind und sie nur deshalb diesen
Weg gehen, weil es für sie so günstiger ist - sonst würden sie es ja
kaum so machen, wie Du meinst, dass sie es tun. Gerade Telia ist ja
winzig im Vergleich zum Rest (die können sich ein entsprechendes
Auftreten gar nicht erlauben). Die Telekom hat eben auch die größte
Anzahl an User zu bedienen (in Europa) und hat daher auch mit Abstand
die größten Ressourcen bereitzustellen - die fallen nicht einfach so vom
Baum. Warum sollen Contentlieferanten nicht für den Weg zum Ziel
bezahlen? Wenn ich materielle Güter über die Straße transportiere (oder
sonst wie), geht das ja auch nicht für umme.
> 2. Die diversen Telekom-Töchter in anderen europäischen Ländern könnten
> versuchen dieses Spiel zu spielen, versuchen sie aber nicht.
So ist das eben, wenn man zu klein ist.
[...]
> 3. Die Provider sind vorgewarnt, dass solche Praktiken mittlerweile
> genauer regulatorisch beobachtet werden und wollen Peering-Regulierung
> vermeiden. Wodurch sind sie vorgewarnt? Eine Auflage der EU-Kommission
> für die Unitymedia-Übernahme durch Vodafone war, dass Vodafone auferlegt
> wurde, solche Interkonnektionsspielchen nicht zu spielen.
Sollte das stimmen: schon verwunderlich, dass für unterschiedliche
Unternehmen unterschiedliche Regeln gelten sollen. Auf dieser Basis
halte ich die Vorgabe nicht gerichtsfest (entweder sie gilt für alle
oder für keinen).
Was trotzdem auch zeigt, dass das v.a. ein Thema der Größe ist und es am
Ende jeder macht, der es sich leisten kann. Daher ist es fadenscheinig,
die als die "Guten" darzustellen, die es derzeit nicht machen - die
machen es nämlich nur deshalb nicht, weil sie schlicht zu klein sind, um
sich die Nummer erlauben zu können.
Gruß
Andreas