Jürgen Schick schrieb:
>> Es war noch nicht mal "Der blaue Engel" gedreht, und M. Dietrich
>> war noch ein B-Star in Deutschland und international unbekannt.
>
>Einige Fotos der damaligen Serie findet man z.B. auch in:
>
https://halfcastewoman.substack.com/p/three-women-walk-into-a-berlin-ball
>
>Darin wird spekuliert, könnten evtl. auch erst Ende 1929/Anfang
>1930 aufgenommen worden sein, da auf einem Marlene Dietrich mit
>"Blauer Engel"-Regisseur Josef von Sternberg abgebildet ist und
>beide sich 1928 evtl. noch nicht kannten?
In der Tat. Dass für das Foto 1928 bis 1930 genannt wurden und auch für
den genauen Ort in Berlin verschiedene Versionen kursierten, wusste ich
schon. Aber die meisten Quellen waren für 1928, darunter auch die
Riefenstahl-Biografie von Lutz Kinkel, wo das Foto auch abgedruckt ist,
deshalb hab ich das bis jetzt geglaubt.
Aber das Foto mit Sternberg hat mich vom Gegenteil überzeugt. Das
kannte ich auch schon, aber unabhängig von den anderen mit Riefenstahl
und Wong. Und so genau angesehen hatte ich es nie. Es hätte auch in
Hollywood entstanden sein können, so wie dieses Publicity-Foto von
Paramount (wo damals nicht nur Sternberg und Dietrich, sondern auch
Eisenstein unter Vertrag waren):
https://3.bp.blogspot.com/-y1MbpYrkeY4/VdfaJShtTMI/AAAAAAAAFXg/RfRiwKgKY34/s1600/eisenstein-dietrich-von%2Bsternberg-1930.jpg
Aber wenn man alle Fotos zusammen hat wie in dem Artikel, und genau
hinsieht, dann sieht man natürlich, dass Dietrich immer dasselbe
Kostüm anhat, denselben Hut und sogar dieselbe neckische Pfeife.
Die Fotos sind also alle bei derselben Gelegenheit entstanden, und
deshalb taugt das mit Sternberg zur groben Datierung der anderen.
Der Ball muss also Ende 1929 (vielleicht Silvester) oder Anfang 1930
stattgefunden haben.
Mit den anderen Ausführungen der Autorin bin ich nicht immer einver-
standen. Beispielsweise waren Dietrich und Riefenstahl damals keines-
wegs die Nobodys, als die sie hier dargestellt werden - gerade auch,
wenn man das von 1928 nach 1929/30 verlegt. Dietrich war nicht nur eine
mittelmäßig erfolgreiche Theaterdarstellerin, sondern hatte schon einige
Hauptrollen in Filmen gespielt, z.B. in "Die Frau, nach der man sich
sehnt" (der lief schon mal auf arte und ist recht ordentlich) und "Das
Schiff der verlorenen Menschen", beide mit keinem Geringeren als Kortner
als Partner. Und Riefenstahl hat natürlich in mehreren Bergfilmen von
Arnold Fanck die weiblichen Hauptrollen gespielt und dadurch Bekanntheit
erlangt. Auf diesem Gebiet war sie nicht nur in Deutschland konkurrenz-
los. Aber schauspielerisch war sie doch recht limitiert. Ihr einziger
nicht-Fanck-Film als Schauspielerin, "Das Schicksal derer von Habsburg",
war ein Flop und wurde von der Kritik weitgehend ignoriert. Und Wong war
mit ihren europäischen Filmen nun auch nicht so erfolgreich wie etwa
Louise Brooks.
Ob Wong ein Verhältnis mit Dietrich hatte, weiß ich nicht, aber mit
Riefenstahl sicher nicht. Das ist einfach Blödsinn, genauso wie das
Riefenstahl angedichtete Verhältnis mit Hitler. Riefenstahl stand
auf sportliche junge Männer. Wie dieser Tennisspieler, dessen Namen
ich jetzt vergessen habe, und wie eine ganze Reihe ihrer Partner und
Mitarbeiter bei den Fanck-Filmen (Luis Trenker, Hans Ertl, Hans
Schneeberger und weitere), die alle nebenbei auch Bergsteiger und/oder
gute Skifahrer waren. Das ist alles gut belegt. Von einem Verhältnis
Riefenstahls mit irgendeiner Frau hat man dagegen nie irgendetwas
halbwegs Belastbares gehört.
Manfred