Marco Moock <
mm+s...@dorfdsl.de> wrote:
>> Wie gesagt, das ist örtlich unterschiedlich. Hier in Berlin
>> gelten keineswegs überall die gleichen Trinkgeld-Erwartungen,
>> und mit einem zu hohen Trinkgeld oder teilweise überhaupt
>> einem Trinkgeld kann man es sich sogar nachhaltig verscherzen.
>
> Was bedeutet verscherzen in diesem Fall?
Was aufs Maul bekommen? Es gibt Menschen, hierbei spielt Alter
keine Rolle, die Trinkgeld als Beleidigung der Ehre empfinden,
nämlich ob der Kunde womöglich glaube, der Dienstleister habe
Trinkgeld nötig oder führe eine niedere Tätigkeit aus.
Anders betrachtet kann ein zwar erwünschtes, aber zu großzügiges
Trinkgeld auch so gemeint bzw. aufgefasst werden, dass man weiteren
Dienstleistungen nicht abgeneigt sei. Das kann in der Praxis zu
interessanten Konstellationen führen, weil beide Seiten beide
Denkmöglichkeiten haben.
In den USA mögen 30% Bonus ohne weiteres Überlegen als völlig
normales Trinkgeld aufgefasst werden, in Berlin jenseits der
typischen Touristengebiete bekommt man entweder eins aufs Maul
oder hat eine aktive Nacht - das ist vorher nicht so klar.
>> In manchen Jobs ist Trinkgeld rechtlich sogar schwierig, obwohl
>> es dort ebenfalls um individuellen Services gegenüber Menschen geht.
>> Insofern etwas unfair, wenn andere Branchen Trinkgeld regelrecht
>> einfordern, egal wie gut oder schlecht der Service gewesen ist.
>
> Einfordern geht ja nicht. Die haben Preise, die musst du zahlen, mehr
> nicht.
Einfordern tun sie es schon, wenn das Bezahlterminal mir in
Berlin immer öfter 10% Default-Trinkgeld vorgibt, und wenn ich
das nicht möchte, muss ich aktiv werden, und ich muss sogar zum
Semi-IT-Profi werden, wenn ich gar kein Trinkgeld geben möchte,
denn diese Option ist im Bezahlterminal gut versteckt.
Natürlich muss ich das rechtlich nicht zahlen, ich kann diese
Forderung also ablehnen, aber wie gesagt, die Forderung steht
erst mal im Raum und ich muss aktiv dagegen vorgehen.
Das ist ein klarer Unterschied dazu, wenn Trinkgeld zwar "erwartet"
wird, aber nichts Konkretes vorgegeben ist, sondern zunächst nur
die echte Rechnungssumme im Raum steht. Alles weitere liegt dann
beim Kunden.
Hierbei ist auch bemerkenswert, dass inzwischen Trinkgeld in Läden
eingefordert wird, wo es gar nicht üblich gewesen ist bisher.
Beispielsweise beim Bäcker gibt man kein Trinkgeld, sondern manche
(reiche/eilige) Leute runden auf, weil sie kein Bock auf Kleingeld
haben und Bäcker in Deutschland sich jahrelang der Kartenzahlung
verweigert haben, vor allem mit Kreditkarte. Die Bäcker haben also
selbst den Druck erzeugt, dass einige Leute aufrunden, und nun
solle jeder Kunde gefälligst selbstverständlich Trinkgeld zahlen.
Anspruch auf Trinkgeld schmeckt mir nicht ... Andreas