Andreas Kohlbach wrote:
>> Falls das Pro-Kopf-Produkt gemeint ist, könnte es stimmen. Beide
>> deutsche Staaten wurden von ihrer jeweiligen Besatzungsmacht zu
>> "Aushängeschildern" hochgepäppelt.
> Es stimmte aber sowohl für die DDR, als auch für die BRD. Die BRD konnte
> über Jahre von "Wirtschaftswunder" profitieren. "Made in Germany" galt
> lange als Kaufanreiz.
So schrieb ich. Marshal-Plan vs. das wenige, womit ein kriegszerstörtes
und von einer Politbürokratie beherrschtes Land die DDR unterstützen konnte.
> Vielleicht noch bis heute, auch wenn mir das nur noch ein Relikt aus der
> Vergangenheit zu sein scheint, weil Produkte aus Asien qualitativ vielen
> deutschen Produkten ebenbürtig oder gar überlegen sind.
Eher ist es so, dass es kaum noch deutsche Produkte gibt, sondern fast
nur noch abgrundtiefen Schrott aus asiatischen Hinterhof-Garagen.
> Aber wie viele wollten auch nach 1961 weg?
Schwer zu sagen. Es waren schon noch etliche und auch wir bekamen als
Jugendliche allerhand Motivation dazu, allem voran der "Ehrendienst" in
der NVA, ohne den es eher keinen Studienplatz gab.
> Die große Mehrheit der DDR-Bürger fand sich aber wohl damit ab, dass man
> eingesperrt war, auch wenn man lieber raus wäre. Vielleicht kann das
> damit begründet werden, dass 1989 viele mal in den Westen wollten, wenn
> sie konnten (ein Auto hatten).
Och, das ging auch mit Bahn. ;-)
Aber mir haben schon Jahre vor 1989 etliche Leuten gesagt, sie würden
zwar gern mal rüber zum Einkaufen und sich ein wenig umschauen, mehr
aber auch nicht.
> Aufgrund der nun offenen Grenzen, und den
> erwarteten Vorteilen, die sich auch über den Osten ausdehnen sollten,
> wieder zurückkehrten. Und sie hatten Recht.
Ab 1986/87 haben die DDR-Behörden eine größere Zahl Westreisen zu
Verwandten genehmigt. Die meisten, die reisen durften, kamen zurück.
Drüben geblieben sind vor allem Leute, die illegal via Ungarn bzw.
Botschaften ausgereist sind. Illegal vom DDR-Recht her, versteht sich.
Unter den o.g. Reisenden waren es wahrscheinlich kaum mehr als unter
Sportlern, Künstlern und sonstigen "NSW-Kadern".
>> Jedes Gesellschaftssystem ist irgendwann nicht mehr zeitgemäß. Aktuell
>> sieht es so aus, als würde der Kapitalismus die diversen Umweltprobleme
>> vergrößern statt sie zu lösen. Einiges wurde zwar in Angriff genommen,
>> z.B. Luft- und Wasserverschmutzung in Industrieländern, dank
>> Abhängigkeit von stetigem Wirtschaftswachstum werden die irdischen
>> Ressourcen dennoch und zunehmend übernutzt.
>> Und täusche Dich nicht, Kapitalismus und Demokratie können zusammen
>> gehen, müssen es aber nicht.
> Kapitalismus und Demokratie haben aber das letzte Jahrhundert überdauert,
> während der Kommunismus (zumindest in der Sowjet-Union und ihren
> Satelliten) scheiterten.
Kapitalismus hat zwar länger existiert als die nichtkapitalistische
Entwicklung zur Industriegesellschaft, 250 Jahre sind historisch gesehen
aber auch nur ein Witz. Uns wurde dereinst erzählt, der Sieg des
Sozialismus/Kommunismus sei eine historische Gesetzmäßigkeit. Dass über
solche "Gesetzmäßigkeiten nicht diskutiert werden durfte, weil ja
angeblich wissenschaftlich erwiesen, war u.a. ein Grund, über das
Verlassen der DDR ernsthaft nachzudenken. Die Wachstums-Ideologen von
heute sind kein Deut besser, leider gibt es kein Land mehr, wohin wir
abhauen könnten. ;-)
> Das muss nicht heißen, dass der Kapitalismus und die Demokratie alle Zeit
> als das "beste" System überdauern werden.
Eben. Das System ist erstaunlich anpassungsfähig, einige seiner
Eigenschaften sind jedoch nur bei Strafe seines Untergangs wandlungsfähig.
> Mir bleibt aber zu hoffen, das ein System die Zeit überdauern wird, wo
> Bürger eines Landes an der Zukunft dieses mitarbeiten können. Also keine
> Diktatur, wie wir sie heute in Russland, Nordkorea, Iran und anderen
> Staaten vorfinden, wo der Entfaltungswille des Volkes niedergeschlagen wird.
Dazu haben R. Bahro u.a. sehr richtig angemerkt, die globalen Probleme
lassen sich friedlich und demokratisch lösen, wenn sie *rechtzeitig*
angegangen werden. Inzwischen bin ich längst nicht mehr der Einzige, der
den Eindruck gewonnen hat, dass Jahrzehnte vertan wurden, *ohne* das
entscheidende Richtungsänderungen passiert sind. Und heute, wo z.B.
Dinge wie die Umstellung auf Erneuerbare endlich breite Zustimmung
finden, brechen Kriege aus, die nur scheinbar nichts damit zu tun haben,
aber die Entwicklung weiter verzögern. Nur *ein* Indiz, dass die Zeit so
gut wie abgelaufen ist.
--
CU Chr. Maercker.