Kay Martinen <
use...@martinen.de> wrote:
> Am 15.04.23 um 12:53 schrieb Alexander Schreiber:
>> Kay Martinen <
use...@martinen.de> wrote:
>>> Am 14.04.23 um 22:54 schrieb Dennis Grevenstein:
>
>>>> Ich frage mich tatsaechlich, welches Geschaeftsmodell dahintersteckt.
>>>> Das kann ja eigentlich nur noch durch irgendeine Drei-Buchstaben-
>>>> Organisation finanziert werden.
>>>
>>> Also... IBM?
>>
>> Eher Firmen die seit VAX/Alpha Zeiten Wichtige Dinge (TM) auf VMS laufen
>> haben und wo der letzte Mitarbeiter, der das System detailliert genug
>> verstand um eine Portierung auf eine aktuelle Plattform zu ermöglichen
>> schon seit Jahren in Rente ist ;-)
>
> Also wie üblich jene die
>
> - den Trend verschlafen haben.
> - den Schuß nicht hörten.
> - Geld sparen wollten um des Geld Verdienens wegen.
>
> Insgesamt also welche bei denen sich das Mitleid in Grenzen hielte oder?
Sagen wir mal so: Ich bin froh, das dies ein Problem Anderer Leute(TM)
ist.
>> Da heisst es dann: Entweder die Zähne zusammenbeissen und komplett neu
>> entwickeln auf aktueller Plattform (und hoffen, dass das auch funktioniert
>> und man nicht drei Dutzend kritische Sonderfälle die nur 1x/Jahr auftreten
>> vergessen hat) oder halt bei VMS bleiben, das ganze auf neue Hardware
>> heben und hoffen, dass man so das Problem bis zur eigenen Pensionierung
>> (oder Firmenwechsel) weiter ignorieren kann. ;-)
>
> Ja aber macht man da nicht auch ein Riesen Faß auf wenn man versucht
> "Hochsprachen" Quellkode von VAX/VMS auf x86/VMS zu portieren? Gut, man
> muß den altbewährten Compiler (Fortran? Algol?) sowieso zuerst auf die
Eh, da erwarte eher keine bis minimale Probleme, sobald die Compiler
auf der neuen Architektur stabil sind (und dafür ist VSI zuständig).
Ich habe hier z.B. NetBSD auf 4 Systemarchitekturen am laufen:
- i386
- amd64
- sparc64
- aarch64
und die Platform macht fast keinen Unterschied (ok, sparc64 mag unaligned
loads/stores nicht und mault, wo es bei x86 "nur" Performance kostet)
und es läuft (je nach Einsatzzweck der Maschine) auch überall mehr oder
weniger die gleiche Software, ohne platform specific hacks.
> neue Maschine jagen und hoffen das er 1:1 das funktionsgleiche Ergebnis
> liefern würde. Und dann muß man halt seine eigentlichen Mission-critical
> Apps da durch jagen. Und dann erneut hoffen das nun das x86 Compilat
> genau das gleiche auf die gleiche Weise tut wie das auf der alten VAX
> die man ersetzen will.
>
> Und wo genau ist da dann der unterschied dazu den alten Compiler z.b.
> nativ auf einem x64-Linux zu übersetzen und den dann dort die programme
> neu übersetzen zu lassen?
VMS != Linux und die VMS APIs schlagen teilweise recht sichtbar im
Quellcode auf. Und das ist nicht nur "ein paar API Details sind anders"
wie z.B. zwischen NetBSD und Linux, sondern: da gibt es ganze APIs, die
es nur auf einer Seite gibt und es gibt _erhebliche_ Unterschiede in
den Systemkonzepten. File-I/O ist so ein Beispiel: Die ganzen Unixe
machen da nur "Dateien sind eine unstrukturierte Reihenfolge von Bytes,
allfällige Strukturen sind Applikationsproblem" - VMS hat datensatz-
basierten I/O in den Systembibliotheken als Standard. Prozesse sind
unter VMS eher teuer, also hat man typischerweise schwergewichtige
Prozesse die vieles machen - Prozesse (und fork() insbesondere) sind
unter Unix im Allgemeinen und gerade unter Linux im Besonderen
super billig, das beeinflusst Designentscheidungen. Alleine die
Kombination aus fork(2) und pipe(2) macht Dinge möglich, die auf
anderen Plattformen so nicht üblich oder gar machbar sind.
> Vermutung: Es kann dann mehr um die interaktion mit dem OS gehen also
> SysCalls o.ä. die anders reagieren als VMS. Ist dies dann nicht eine
> einmalige Anpassung die man ggf. auch nur ein mal als
> "Übersetzungshilfe" im Compiler einbauen könnte?
Egal was die neue Zielplattform ist, ob Linux oder meinetwegen Windows
(damit cryptolocker Kram endlich eine Chance hat), ein ganz wichtiges
Hindernis sind die ganz anderen System APIs. Ja, das kann man im Prinzip
mit einer Abstraktionsschicht mit entsprechend geschrieben Bibliotheken
bis zu einem gewissen Grad lösen, aber: das bedingt ein Entwicklerteam
das _sowohl_ die Zielplattform als auch VMS auf der Ebene der System
APIs (und der Systemkonzepte, die unterscheiden sich zwischen VMS
und Linux/Windows durchaus (ok, etwas weniger zu Windows aus historischen
Gründen)) so gut kennen, dass die sowas in "funktioniert gut" bauen kann.
Viel Spass.
Bedingt natürlich, dass
- man den _kompletten_ Quellcode für alle zu portierenden Softwaresysteme
hat (da hakt es gerne schon mal, Stichwort eingekaufte Bibliotheken)
- der vorhandene Quellcode auch wirklich mit den aktuell laufenden
Binaries korrelliert
Und selbst dann wird es noch genug Knackpunkte geben, die man zum Teil
halt leider auf die harte Tour finden wird.
Und eine Tretmine der ganz besonderen Art sind, falls vorhanden,
spezielle Hardwarekomponenten wie zum Beispiel I/O-Karten zur
Kommunikation mit externen Systemen (Messtechnik, Maschinensteuerung
und so weiter). Das kann man solange weiterschleppen wie man Ersatz-
teile für ersetzbare Systemkomponenten (den VAX/Alpha/Itanium Host)
bekommt und die nichtersetzbaren Komponenten nicht aussteigen, aber
irgendwann hilft halt nur noch "niederbrennen und neu aufbauen".
>>> Oder kann es sein das den Drei-Buchstaben Jungs die Alte HW mit dem
>>> Original langsam unterm Hintern verrottet?
>>
>> _Das_. Es gibt mittlerweile das Problem, das manche Organisationen sich
>> Ersatzteile und Reservehardware auf EBay erjagen müssen weil diese
>> seit 20+ Jahren nicht mehr hergestellt werden und auch die Lager der
>> "üblichen Verdächtigen" (schwer vergoldete Preise wegen 'Enterprise
>> Support', 'business continuity' usw.) zunehmend weniger hergeben.
> Hmm. Du meinst also das alle die noch so alte Geräte im Keller, Lager,
> Museum hätten damit rechnen müßten das ihnen eine ungenannte
> Organisation "Ein Angebot macht das sie nicht ablehnen könnten"?
>
> Kann schon Mist sein wenn man "den Schuß nicht gehört hat" oder? ;-)
Jo, es geht halt solange gut, bis es nicht mehr gut geht. *schulterzuck*
> Es gibt doch auch vermehrt Bestrebungen sich vordergründig von
> China-Exporten unabhängiger zu machen durch Rückverlagerung der
> Produktion im eigenen Lande (Speziell USA). Natürlich zu höheren Preisen
> aber bedenkt man das die Exporte wohl vor allem darum billiger sind weil
> A: Billige Arbeitskräfte und B: Günstiger Massentransport per Container
> dafür sorgen.
Du vergisst: C) wesentlich, ahem, "geschäftsfreundlichere" Regeln was
Umwelt- und Arbeitsschutz angeht und D) Subventionen durch den Staat um
gezielt die Konkurrenz finanziell trockenzulegen (siehe seltene Erden).
> Ändert nix an A & B könnte in großem Volumen aber
> Seiteneffekte haben wenn es viele (Natürlich Staatlich alimentiert)
> Durchführten.
>
> Endpunkt könnte der Niedergang der Exporte sein, Massenarbeitslosigkeit
> in China, und zu was der führen mag weiß keiner...
China ist ein Land, dass einen sehr reichen Speckgürtel an den Küsten hat,
gefüttert von Exporten, und ein riesengrossen sehr armes Hinterland. Chinas
Wirtschaft ist auf geradezu brutale Weise von Exporten (und Importen. sowohl
für Eigenbedarf als auch Exportproduktion) abhängig. Es gibt den Spruch
"Wenn Europa niest, kriegt China eine Lungenentzündung" - und der hat
seinen Grund. Die Versuche, den internen Markt zu stimulieren sind so
weit nicht sehr erfolgreich und haben u.a. zu einer _beeindruckenden_
und mittlerweile implodierenden Baublase geführt (Stichwort:
"china ghost cities").
> O-FeFe-J: "Hat bestimmt die CIA raus gefunden. Die finden alles raus..." :-)
Sind halt Blitzmerker ;-)