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Russland will Handel mit heisser Luft

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Sabine Ellersick

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May 31, 1999, 3:00:00 AM5/31/99
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## Nachricht vom 31.05.99 weitergeleitet
## Ursprung : /NM/OTS/UMWELT+NATUR
## Betreff : Russland will Handel mit heisser Luft
## Ersteller: ots.emai...@newsaktuell.de
## Msg-ID : 1999053111...@mva.newsaktuell.de


Russland will Handel mit heißer Luft / WWF fordert: "Gelder müssen für
sinnvolle Klimaschutzprojekte in Russland eingesetzt werden"

Frankfurt am Main / Bonn (ots) - Vor Rückschritten im Klimaschutz
warnt die Umweltstiftung WWF Deutschland zu Beginn einer zweiwöchigen
UN-Verhandlungsrunde, die heute in Bonn begonnen hat. Auf der
Tagesordnung stehen u.a. die sogenannten "Flexiblen
Kiotomechanismen", wie z.B. den Handel mit
Verschmutzungszertifikaten. Ein neuer russischer Vorschlag (1) sieht
den Verkauf überschüssiger Kohlendioxidemissionen im Rahmen von
börsenähnlichen "Futures" vor. Der WWF kritisiert vor diesem Handel
mit heißer Luft. Der Plan führe zu einem weltweiten Anstieg der
Treibhausgase in den Industriestaaten und wirke dem Sinn und Geiste
des Kiotoprotokolls, das die Regierungen 1997 vereinbarten, entgegen.
Statt dessen solle man via Technologietransfer gemeinsame
Energiesparprojekte in Osteuropa umsetzen.

Der WWF weist darauf hin, daß die UN-Verhandlungen von neuen und
bedrohlichen Forschungsergebnissen begleitet werden. "Während das
arktische Seewasser bis heute um nur ein Grad seit zehn Jahren wärmer
geworden ist, verlor das arktische Packeis im selben Zeitraum bereits
20 Prozent seiner Masse", berichtet Dr. Stephan Singer,
WWF-Referatsleiter Klimaschutz. Der WWF geht davon aus, daß die
ersten bedrohlichen Anzeichen einer menschengemachten Klimaänderung
durch Treibhausgase bereits sichtbar seien.
Die UN-Klimaverhandlungen widmen sich der strittigen Frage,
inwieweit die Industriestaaten ihren Klimaschutzverpflichtungen mit
sogenannten "Flexiblen Kiotomechanismen" nachkommen dürfen. Die
Gründe der USA, Japans und Kanadas, einen unbegrenzten Emissonshandel
zu fordern, sind offensichtlich. Seit 1990 haben diese Länder ihre
klimaschädigenden CO2-Emissionen um zehn Prozent gesteigert. Aber
auch in der Europäischen Union wuchsen die Emissionen seitdem um zwei
Prozent. Laut Kyoto-Protokoll müssen diese reichen Länder den Ausstoß
der Klimagase hingegen um sechs bis acht Prozent bis zu den Jahren
zwischen 2008 und 2012 verringern. Jüngste Prognosen der
Internationalen Energieagentur in Paris sagen ein Wachstum der
CO2-Emissionen um ca. 25 Prozent in diesen westlichen Ländern voraus.

"Der WWF ist überzeugt, daß den Industrieländern nur maximal 30
Prozent Flexibilität zugestanden werden darf, um ihr Reduktionsziel
im Ausland zu erledigen. Hausaufgaben haben Priorität", kommentierte
WWF-Klimaexperte Dr. Stephan Singer. Ein noch nicht öffentlicher
Vorschlag Rußlands setzt hingegen auf einen frühen Handel mit
Kohlendioxid. Das Dokument beinhaltet das erste offizielle
Eingeständnis, daß Rußland besonders am Verkauf "Heißer Luft"(2)
interessiert ist. Es zeigt, daß Rußland bis zu 500 Millionen Tonnen
jährlich an nicht-existenten überschüssigen CO2-Emissionen für den
Verkauf an ausländische Firmen und Regierungen in den Jahren
2008-2012 bereitstellen will. Die Menge entspricht mehr der Hälfte
als des bundesdeutschen Ausstoßes des vergangenen Jahres.

"Der WWF ist vehement gegen den Emissionshandel - weil die
Käuferländer auf dem Papier als `Reduzierer dastehen, aber in
Wirklichkeit weiter die Luft verschmutzen", so Singer. Zudem wissen
die Russen selbst nicht, wieviel Treibhausgase sie genau ausstoßen
und können nur 25 Prozent der Quellen der Kohlendioxidemissionen
genau beziffern. Der WWF fordert, daß nur Länder am Emissionshandel
teilnehmen dürfen, die eine zuverlässige Datenbasis öffentlich zur
Verfügung stellen und eine unabhängige Überwachung der noch zu
vereinbarenden Spielregeln zu lassen. Die Umweltstiftung wird ab
Sommer den Russen helfen, ein übersichtliches Inventar der Quellen
und Senken aller Treibhausgase zu entwickeln. Der WWF appelliert
deshalb an die russische Regierung, auf die "heiße Luft" und den
Emissionshandel prinzipiell zu verzichten und sich auf
Energiesparprojekte zu konzentrieren. Solche Projekte werden im
Kiotoprotokoll als "Gemeinsame Umsetzung" definiert. Idealerweise
werden dabei im Gegensatz zum Emissionshandel zusätzliche
Verringerungen der klimaschädlichen Emissionen erzielt. Hier gibt es
ein riesiges Potential in einer desolaten und ineffizienten
Wirtschaft. Sollten die westlichen Staaten sich für wirklichen
Technologietransfer zum Klimaschutz einsetzen, könnten russische und
ausländische Unternehmen profitieren.

"Das ist für Rußland und alle anderen Beteiligten weitaus
attraktiver als "Money for Nothing" zu kassieren. Ansonsten
sanktioniert die Staatengemeinschaft die CO2-Wäsche. Der schnelle
Dollar für den bankrotten Staat hilft kaum weiter bei
flächendeckender technologischer Unterversorgung in Rußland", so
Singer.


Anmerkungen:
(1) Berdin, V., Kokorin, A.; Ploujnikov, O.: Approach to
Flexibility Mechanisms. A view of
Russian Experts 1999. Erhältlich beim WWF
(2) Mit "Heißer Luft" ist der Unterschied zwischen Rußlands
erlaubten Emissionen an Treibhausgasen gemäß Kioto-Protokoll
(Stabilisierung der Emissionen bis 2008/2012) und seiner wegen des
ökonomischen Zusammenbruches viel geringeren aktuellen Emissionen
gemeint. So wurden die russischen CO2-Emission um fast 40% im
Vergleich zu 1990 gesenkt und werden auf diesem Niveau die nächsten
Jahre bleiben

ots Originaltext: Umweltstiftung WWF-Deutschland
Im Internet recherchierbar: http://www.newsaktuell.de


Weitere Informationen:
Umweltstiftung WWF-Deutschland,
Dr. Stephan Singer : 069 / 297 24 -177.

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