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Gerechtigkeit

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Marco Schulz

unread,
Jul 5, 2000, 3:00:00 AM7/5/00
to
Vor langer, langer Zeit gab es eine Bank mit 7 Filialen. In 6
von ihnen wurde an die Arbeitnehmer Weihnachtsgeld gezahlt. Da
meinte die zustaendige Gewerkschaft, fuer die 7. Filiale muesse
sie auch noch Weihnachtsgeld erkaempfen.

"Wir wollen nur Gerechtigkeit!" sagten sie jedoch statt:
"Wir wollen Weihnachtsgeld fuer Filiale Nr.7"

Und sie bekamen ihre Gerechtigkeit.
In Filiale 1-6 wurde das Weihnachtsgeld gestrichen.


Was lernen wir daraus?

1) Es ist eine beliebte Uebung sein Interesse unter dem
Deckmantel des Allgemeininteresses oder hoeherer Werte zu
verstecken:
"Gerechtigkeit!"
statt:
"Kohle her!"

Wenn man sich schon der Heuchelei bedient -und nix anderes ist
das-, dann sollte man es etwas cleverer anstellen und sich dessen
bewusst sein, dass die Gegenseite diese durchschaut und immer
kontern kann.
Von wegen:
"Wir gaben euch nur Gerechtigkeit - wie ihr verlangt habt!"
statt:
"Wir haben mit eurer Hilfe Kosten gesenkt!"

2) Es ist ein Fehler, fuer Gerechtigkeit einzutreten.
2a) Das, was einem zusteht, bemisst sich daran, was anderen
zusteht. Und was anderen zusteht bemisst sich daran, was
wiederanderen zusteht. Usw.
Selbst das rumdoktern an Kriterien wie "Der arbeitet doppelt so
schwer, jener hat mehr Verantwortung und diese hat laenger
studiert, also steht dem das Doppelte jenem das Anderthalbfache
und dieser das Xfache zu" aendert nix an der Unsinnigkeit des
Masses: die anderen, die sich an anderen messen.

2b) Das, was einem zusteht, bemisst sich folglich nicht daran,
was es so fuer Beduerfnisse, Notwendigkeiten oder Moeglichkeiten
gibt. Somit ist das Streben nach Gerechtigkeit nicht zu verwexeln
mit dem Streben nach besserer Versorgung, Reichtum und
Glueckseligkeit.

2c) Die Vergleicherei, den steht soundsoviel zu und dem
soundsoviel, ist nur moeglich, wenn man sich der Masseinheit Geld
bedient. Wenn man sich die Gebrauchswertseite anschaut kommt man
auf solch einen Unfug sicher nicht:

Prolet A hat einen Computer fuer seine Arbeit erhalten und Prolet
B ein Klavier, weil er mit einem Computer nix anfangen kann. Tja,
ist das nun gerecht oder nicht? Niemand, der noch bei Trost ist,
wuerde hier auf den Gedanken kommen, gerechterweise muessten
beide einen Computer kriegen. Da wuerde Prolet B ganz dumm aus
der Waesche gucken und Prolet A froh sein, dass man ihm kein
Klavier aufgezwungen hat.

Noch einmal: der eine hat ein Klavier, der andere einen Computer.
Ist das gerecht? Wenn das Klavier genausoviel kostet, wie der
Computer dann ja, so meint man.

Aber wie wir -hoffentlich- alle wissen, sind die Preise keine
natuerlichen Eigenschaften der Dinge. Auf einmal kostet das
Klavier das Doppelte und Prolet B muesste sich, weil ihm ja
derselbe Wert zusteht wie Prolet A, mit nem halben Klavier
abfinden. Oder Prolet A haette einen Computer zuviel. Auf einmal
aendert sich die Produktivitaet in der Musikgeraetebranche, so
dass der Preis des Klavieres unter den eines Computer faellt...
Was nun?

Das Beispiel zeigt, dass Gerechtigkeit eine recht zufaellige
Angelegenheit ist. Gerecht behandelt oder entlohnt zu werden
sagt ueberhaupt nix ueber die Behandlung oder den Lohn aus.

Fazit:
Ein vernuenftiger Mensch sollte den Gerechtigkeitsgedanken aus
seinem Hirn verbannen.

Ciau Marco

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Tec Dian

unread,
Jul 5, 2000, 3:00:00 AM7/5/00
to
> Vor langer, langer Zeit gab es eine Bank mit 7 Filialen. In 6
> von ihnen wurde an die Arbeitnehmer Weihnachtsgeld gezahlt. Da
> meinte die zustaendige Gewerkschaft, fuer die 7. Filiale muesse
> sie auch noch Weihnachtsgeld erkaempfen.
>
> "Wir wollen nur Gerechtigkeit!" sagten sie jedoch statt:
> "Wir wollen Weihnachtsgeld fuer Filiale Nr.7"
>
> Und sie bekamen ihre Gerechtigkeit.
> In Filiale 1-6 wurde das Weihnachtsgeld gestrichen.
>
>
> Was lernen wir daraus?

Daraus lernen wir, wie gemein und hinterhältig Ausbeuter sein
können. Daraus lernen wir, dass sie uns betrügen, wo immer sie
können. Daraus lernen wir, dass Forderungen gar nichts nützen,
wenn man nicht bereit ist, dafür zu kämpfen. Daraus lernen wir
ferner, dass sich die Arbeitenden einig sein müssen. Diejenigen,
denen es besser geht, müssen mit den Benachteiligten Solidarität
üben, müssen gemeinsam mit ihnen um ihre gemeinsamen Rechte
kämpfen, sonst sind sie bald auch ihre eigenen Vorteile los.

> 1) Es ist eine beliebte Uebung sein Interesse unter dem
> Deckmantel des Allgemeininteresses oder hoeherer Werte zu
> verstecken:
> "Gerechtigkeit!"
> statt:
> "Kohle her!"
>
> Wenn man sich schon der Heuchelei bedient -und nix anderes ist
> das-, dann sollte man es etwas cleverer anstellen und sich
dessen
> bewusst sein, dass die Gegenseite diese durchschaut und immer
> kontern kann.
> Von wegen:
> "Wir gaben euch nur Gerechtigkeit - wie ihr verlangt habt!"
> statt:
> "Wir haben mit eurer Hilfe Kosten gesenkt!"

Du zeigst hier sehr eindrucksvoll den Zynismus der Ausbeuter,
und demonstrierst damit, wie sie durch Wort- und
Tatsachenverdrehungen die Arbeiter spalten und gegeneinander
aufhetzen. Ein wirklich gutes Beispiel.

> 2) Es ist ein Fehler, fuer Gerechtigkeit einzutreten.

> ....


> Fazit:
> Ein vernuenftiger Mensch sollte den Gerechtigkeitsgedanken aus
> seinem Hirn verbannen.

Und sich gefälligst mit dem Knochen begnügen, der ihm von den
Mächtigen hingeworfen wird. Das hättest du wohl gerne?

Oder sich dadurch schwächen lassen, dass jeder nur für seinen
eigenen Vorteil kämpft? Wie, glaubst du, würde unser Lohnniveau
heute aussehen, wenn sich die Arbeiter nicht in Gewerkschaften
zusammengeschlossen hätten, um gemeinsam für ihre Sache zu
kämpfen? Egoismus statt Solidarität hätte hier letztlich nur
bedeutet, dass es noch so trostlos aussehen würde, wie vor
hundertfünfzig Jahren. Und Solidarität ist nichts anderes als
die Forderung nach Gerechtigkeit für alle.

Man kann nur gegen Gerechtigkeit sein, wenn man mehr hat als
andere, und nicht bereit ist, anderen etwas abzugeben. Man kann
nur gegen Gerechtigkeit sein, wenn man nicht bereit ist, anderen
zu helfen, solange es einem selbst gut geht.

Salut!
Tec

Marco Schulz

unread,
Jul 5, 2000, 3:00:00 AM7/5/00
to

+++++++++ +++++++++ +++++++++ +++++++++ +++++++++ +++++++++ ++++|

>> 2) Es ist ein Fehler, fuer Gerechtigkeit einzutreten.
>> ....
>> Fazit:
>> Ein vernuenftiger Mensch sollte den Gerechtigkeitsgedanken
>> aus seinem Hirn verbannen.

>Und sich gefälligst mit dem Knochen begnügen, der ihm von den
>Mächtigen hingeworfen wird. Das hättest du wohl gerne?

>Oder sich dadurch schwächen lassen, dass jeder nur für seinen
>eigenen Vorteil kämpft?

>Man kann nur gegen Gerechtigkeit sein, wenn man mehr hat als


>andere, und nicht bereit ist, anderen etwas abzugeben.

>Man kann nur gegen Gerechtigkeit sein, wenn man nicht bereit
>ist, anderen zu helfen, solange es einem selbst gut geht.

Eine Antwort! Na endlich; Ich hab schon gedacht,
ich muesste fuer heute schon Feierabend machen! ;-)

Tec, Du hast meine Gedanken nicht verstanden.
Dann drueck ich sie ein bisschen anderser aus.

1) Ich halte "Gerechtigkeit" fuer ein dummes Argument, wenn man
etwas erreichen will, wie beispielsweise die Beseitigung der
Abhaengigkeit der Leute vom Geschaeftserfolg des Kapitals.

2) Dem Standpunkt Gerechtigkeit ist es egal ist, ob der Lohn
nach oben oder nach unten angeglichen wird. Mir allerdings
nicht, weswegen ich mich schon allein deshalb nicht auf den
Standpunkt "Gerechtigkeit soll gelten!" stellen kann.
Ausserdem: Wer sagt denn, dass man selbst mit dem oberen
Lohnlevel soviel anfangen kann, dass man damit zufrieden sein
sollte?! - bloss weil Lohngerechtigkeit hergestellt wurde!

3) Die Erfuellung der *individuellen* Beduerfnisse der Einzelnen
davon abhaengig zu machen, wie *andere* Leben bedeutet u.a.
das die Leute das Glueck haben zu muessen,

a) mit Leuten verglichen zu werden, denen es gut geht. Sind
die anderen Bettler, dann steht jedem -gerechterweise-
eine Bruecke und ne Pulle Schnaps zu.

b) mit Leuten verglichen zu werden, die gleichen Beduerfnisse
haben. Ein Nomade will ein praechtiges Zelt. Wenn meine
Beduerfnisse von der Erfuellung der Beduerfnisse des
Nomaden abhaengig gemacht werden, dann muss ich wohl mit
ihm durch die Wueste ziehen?

4) Gerechtigkeit richtet sich *nicht* nach den Beduerfnissen der
Leute. Lass Dir diese Behauptung mal auf der Zunge zergehen,
bevor Du meinst, wer etwas gegen Gerechtigkeit haette, der
haette etwas gegen ein gutes Leben. (Und zwar unabhaengig
davon obs das eigene ist oder das von anderen.) Diese
Behauptung ist naemlich eine Kritik an "Gerechtigkeit" und
explizit *keine* Kritik an Beduerfnis.

5) Dass "Gerechtigkeit!" ein dummes Argument ist heisst nicht
umgekehrt, dass man fuer "Ungerechtigkeit" eintreten soll.
Die Umkehrung eines Fehlers ist in den seltensten Faellen
kein Fehler. Man sollte dafuer Eintreten, dass es den Leuten
besser geht und deren Beduerfnisse zaehlen. Auch wenn das -je
nach Fall, je nach Geschmack und je nach Standpunkt- einmal
unter "gerecht" und ein andermal unter "ungerecht" subsumiert
werden kann.

6) "Klaus will dies und Heinz braucht jenes" sollten die
Argumente dafuer sein, Klaus und Heinz dieses und jenes zu
beschaffen. Und nicht: "Klaus darf das kriegen, weils Heinz
auch hat", da dies umgekehrt bedeuten kann: "Heinz muss
verzichten, weils Klaus nicht hat."

7) Die Erfuellung der unterschiedlichen Beduerfnisse erlaubt gar
keinen Vergleich, wer jetzt gut bedient ist und wer schlecht
dasteht! Weder die Beduerfnisse, noch die dafuer noetigen
Gebrauchswerte lassen sich naemlich in ein quantitatives
Verhaeltnis setzen. Das geht bloss, wenn man die fuers
Beduerfnis wichtigen Gebrauchswerteigenschaften der Dinge
*durchstreicht* und sich auf das -fuers Beduerfnis voellig
uninteressante- temporaere Werteverhaeltnis bezieht.
Dafuer stand das Beispiel mit Computer und Klavier.
Ich spiele hier an auf Kapital 1, Kapitel 1 -> Unterschied
zwischen Wert und Gebrauchswert.

Also nochemal: "Gerechtigkeit!" ist ein voellig anderer
Standpunkt als z.B. "Versorgung!". Ersterer ist eher ein ideeller
Wert und letzterer ein materialistisches Anliegen.

Ciau Marco

PS: Wenn auch nur die Haelfte der genannten Punkte stimmt, dann
ist das Denken in den Kategorien "Gerecht" und "Ungerecht"
mindestens unzweckmaessig bis maximal kontraproduktiv, wenn der
Zweck "Beduerfnisse" gelten soll.

Martin Göbler

unread,
Jul 5, 2000, 3:00:00 AM7/5/00
to

"Marco Schulz" <zseidos1...@web.de.invalid> schrieb im Newsbeitrag
news:3377b46e...@usw-ex0101-008.remarq.com...

>
Wer sagt denn, dass man selbst mit dem oberen
> Lohnlevel soviel anfangen kann, dass man damit zufrieden sein
> sollte?! - bloss weil Lohngerechtigkeit hergestellt wurde!
>
> Tschuldigung das ich mich hier einmische aber die Sache mit der
LOHNGERECHTIGKEIT.....
Jeder Beschäftigte erzeugte 1997 in der BRD einen durchschnittlichen
Warenwert von
346321,- DM. Dem stand ein durchschnittlicher Bruttolohn von 64118,- DM
gegenüber.
Umgerechnet auf die Arbeitsstunde benötigte ein Beschäftigter nur 11 Minuten
pro Stunde,
um den seinen Lohn entsprechenden Warenwert zu produzieren.

Das zeigt: ein Arbeiter bekommt den Lohn nicht Gegenwert für seine
tatsächlich geleistete
Arbeit ausgezahlt, sondern nur für einen Bruchteil davon:

Den Wert, den er braucht um seine Arbeitskraft zu erhalten und wieder
herzustellen (Reproduktion).

Im Unterschied zu allen andern Waren hat die Ware Arbeitskraft die für den
Kapitalisten wunderbare
Eigenschaft, dass sie mehr Wert erzeugt, als sie für die eigene Reproduktion
erfordert: Den MEHRWERT,
den sich die Kapitalisten unentgeltlich aneignen.
Das ist das Wesen der Ausbeutung, die Quelle des Profits.

Alles Gerede von einem "gerechten Lohn" verschleiert nur das Wesen der
Ausbeutung.

Die Arbeiter müssen um ihren Lohn kämpfen. Sie können damit aber lediglich
die Folgen der Ausbeutung
mildern, sie aber unter kapitalistischen Bedingungen niemals abschaffen!

Die Arbeiterklasse muss im Kampf gegen die bürgeliche Ökonomie ihre eigene,
proletarische Ökonomie
durchsetzen. Dazu muss sie jede Form der Ausbeutung ablehnen und

jede Denkweise bekämpfen, die die Ausbeutung leugnet oder sich mit ihr
aussöhnt!!!

"Statt des konservativen Mottos: Ein gerechter Tagelohn für ein gerechtes
Tagewerk sollte sie auf ihr Banner die
revolutionäre Losung schreiben: Nieder mit dem Lohnsystem!" (Marx/Engels
Werke Bd. 16, Seite 152).


So... jetzt geht´s mir wieder besser

Nix für ungut

Martin

Tec Dian

unread,
Jul 6, 2000, 3:00:00 AM7/6/00
to
"Martin Göbler" <martin....@myokay.net> schrieb im Newsbeitrag
news:8jvinl$cta$1...@news.okay.net...

Ja, dem stimme ich voll zu. "Lohngerechtigkeit", wie sie die reformistischen
Gewerkschaften heute verstehen, ist letzten Endes auch nichts anderes als
eingeebnete Ausbeutung.

Aber Marco hat den Begriff der Gerechtigkeit auf den bloßen Vergleich
zwischen Einkommen reduziert, was nur eine einzelne Seite der Gerechtigkeit
darstellt. Denn trotz dem, was du hier geschrieben hast (oder gerade
deswegen), bleibt der Begriff der Gerechtigkeit aktuell, weil es tatsächlich
ungerecht ist, dass sich die Kapitalisten den von den Arbeitern produzierten
Mehrwert aneignen. Diese Ungerechtigkeit hat nichts mit dem Vergleich mit
dem Lebensniveau anderer Leute zu tun, sondern betrifft einzig das
Verhältnis Arbeiter - Ausbeuter.

Allerdings versuchen die Ausbeuter, die Ausbeutung der Arbeiter ständig zu
verstärken. Dabei ist es ein probates Mittel, bestimmten Gruppen mehr zu
zahlen, als anderen. So schaffen sie subjektiv unterschiedliche Interessen
innerhalb der Arbeiterschaft und können sie besser spalten. Die so erreichte
Entsolidarisierung führ zu einer Schwächung der Arbeiterbewegung und somit
zur Möglichkeit, die Ausbeutung zu verstärken. Deshalb hat auch die Losung
"Gleicher Lohn für gleiche Arbeit" ihren Sinn. Nur wenn wir hier Solidarität
üben und zusammen stehn, sind wir auch fähig, die Ungerechtigkeit der
Ausbeutung überhaupt zu bekämpfen.

Salut!
Tec

Tec Dian

unread,
Jul 6, 2000, 3:00:00 AM7/6/00
to
Das Problem der Vergleichbarkeit der Gebrauchswerte existiert natürlich, und
ebenso das daraus folgende Problem der Gerechtigkeit der Verteilung von
Gebrauchswerten. Das liegt einfach daran, dass Gebrauchswerte, wie Marx auch
schon im Kapital geschrieben hat, nicht unmittelbar vergleichbar sind.
Allerdings leben wir nun mal in einer Gesellschaft, die auf dem Tauschwert
basiert, auch auf dem Tauschwert von Arbeitskraft. Deshalb ist es notwendig
und gerechtfertigt - wenn auch nicht perfekt, solange wir in einer solchen
Gesellschaft leben, die Gerechtigkeit der Verteilung am Tauschwert zu
messen.

Dabei gibt es im Wesentlichen zwei Ungerechtigkeiten. Die grundlegende ist
die Tatsache der Ausbeutung selbst, also die Aneignung, der Diebstahl der
Arbeitsergebnisse der Arbeiter durch die Ausbeuter. Die daraus folgende ist
die Ungelichbehandlung der Arbeiter zwecks Maximierung der Ausbeutung. Beide
Ungerechtigkeiten existieren, beide sind real, und beide müssen bekämpft
werden.

Siehe auch Martins Antwort und meine Reaktion darauf.

Salut!
Tec


Heike Beyer

unread,
Jul 6, 2000, 3:00:00 AM7/6/00
to
Ich glaube nicht, dass man Gerechtigkeit mit Gleichmacherei gleichsetzen
sollte. Und mit partieller Gleichmacherei (die nur die Arbeitenden betrifft)
schon gar nicht. Ich weiß, es wurde den Kommunisten schon immer vorgeworfen,
sie wöllten :-) alle über einen Kamm scheren. Doch inzwischen sind wir davon
doch wohl weit genug entfernt.
Natürlich bedeutet Gerechtigkeit, dass jeder im selben Umfang seine
Bedürfnisse befriedigen können muss.

Also (1) seine Bedürfnisse, die sich natürlich von denen der anderen
unterscheiden,
und (2) aber Befriedigung genauso gut (oder auch schlecht) wie alle anderen.
Jeder bekommt ein gleichgroßes (-kleines) Stück vom Kuchen, aber natürlich
kann der eine es mit Erdbeeren und der andere mit Äpfeln erhalten.

Dabei spielt es auch eine untergeordnete Rolle, dass die Befriedigung der
Bedürfnisse von A nur durch einen höheren "Geldwert" möglich ist als bei B.
Sollte es zumindest nicht, denke ich. Allerdings weiß ich auch nicht, was
man machen kann, wenn es zu Eifersüchteleien/Neid kommt. Geld abschaffen,
höchstens! Doch dann bliebe immer noch der "Wert", der sich aus dem
unterschiedlichen Arbeitsaufwand ergibt. Aber eigentlich kann es mir doch
auch egal sein, wenn der andere mehr Wert zur Bedürfnisbefriedigung
einheimst, solange meine Bedürfnisse (ich bin genügsam) voll und ganz
befriedigt werden.

In "Planet der Habenichtse" wird eine Gesellschaft beschrieben, die wirklich
nur das Nötigste hat (unwirtlicher Planet) und es trotzdem schafft, dieses
Wenige gerecht zu verteilen. Vor allem wohl deshalb, weil nichts zugewiesen
wird sondern es sich die Menschen selber nach ihren Bedürfnissen nehmen.
Natürlich kommt dann eine besondere Rolle der Bewußtheit der Menschen zu. -
Aber wer will schon Dummköpfe im Kommunismus ;-)

Ki-Heij


Marco Schulz schrieb in Nachricht
<0e50f480...@usw-ex0101-006.remarq.com>...


>Vor langer, langer Zeit gab es eine Bank mit 7 Filialen. In 6
>von ihnen wurde an die Arbeitnehmer Weihnachtsgeld gezahlt. Da
>meinte die zustaendige Gewerkschaft, fuer die 7. Filiale muesse
>sie auch noch Weihnachtsgeld erkaempfen.
>
>"Wir wollen nur Gerechtigkeit!" sagten sie jedoch statt:
>"Wir wollen Weihnachtsgeld fuer Filiale Nr.7"
>
>Und sie bekamen ihre Gerechtigkeit.
>In Filiale 1-6 wurde das Weihnachtsgeld gestrichen.
>
>
>Was lernen wir daraus?
>

<snip>

>2) Es ist ein Fehler, fuer Gerechtigkeit einzutreten.

>2a) Das, was einem zusteht, bemisst sich daran, was anderen
>zusteht. Und was anderen zusteht bemisst sich daran, was
>wiederanderen zusteht. Usw.
>Selbst das rumdoktern an Kriterien wie "Der arbeitet doppelt so
>schwer, jener hat mehr Verantwortung und diese hat laenger
>studiert, also steht dem das Doppelte jenem das Anderthalbfache
>und dieser das Xfache zu" aendert nix an der Unsinnigkeit des
>Masses: die anderen, die sich an anderen messen.
>
>2b) Das, was einem zusteht, bemisst sich folglich nicht daran,
>was es so fuer Beduerfnisse, Notwendigkeiten oder Moeglichkeiten
>gibt. Somit ist das Streben nach Gerechtigkeit nicht zu verwexeln
>mit dem Streben nach besserer Versorgung, Reichtum und
>Glueckseligkeit.


<snip>


>Das Beispiel zeigt, dass Gerechtigkeit eine recht zufaellige
>Angelegenheit ist. Gerecht behandelt oder entlohnt zu werden
>sagt ueberhaupt nix ueber die Behandlung oder den Lohn aus.
>

>Fazit:
>Ein vernuenftiger Mensch sollte den Gerechtigkeitsgedanken aus
>seinem Hirn verbannen.
>

>Ciau Marco
>


Marco Schulz

unread,
Jul 6, 2000, 3:00:00 AM7/6/00
to
+++++++++ +++++++++ +++++++++ +++++++++ +++++++++ +++++++++ ++++|

>Das Problem der Vergleichbarkeit der Gebrauchswerte existiert


>natürlich, und ebenso das daraus folgende Problem der
>Gerechtigkeit der Verteilung von Gebrauchswerten. Das liegt
>einfach daran, dass Gebrauchswerte, wie Marx auch schon im
>Kapital geschrieben hat, nicht unmittelbar vergleichbar sind.

So, das "Problem" existiert? Wer hat es denn?

Gebrauchswerte und Beduerfnisse sind *ueberhaupt nicht*
vergleichbar, dh. nicht in ein Mengenverhaeltnis zueinander
setzbar. Und zwar weder mittelbar noch unmittelbar.

Beweis 1: "Wieviel Kaffeemaschinen sind in einem Sportwagen
enthalten?" NIX.
Beweis 2: "Wievielmal Kafeegenuss ist ein Transport von Ort zu
Ort?" NIX.

Man kann das Gewicht, das Volumen, die verausgabte konkrete
Arbeitszeit oder den Wert von Gebrauchsgegenstaenden
vergleichen und somit messen, aber die verschiednen
Gebrauchswerte sind keine Groessen, die man ineinander umrechnen
koennte. Es ist nicht sehr sinnvoll, dies versuchen zu wollen.

Es gibt Leute aus dem eher linken Spektum, die dem Irrtum
unterliegen, die Hoehe des Wertes berechne sich irgendwie aus
der Hoehe Gebrauschswertes. GW hat keine aber Hoehe...

+++++++++ +++++++++ +++++++++ +++++++++ +++++++++ +++++++++ ++++|

>Allerdings leben wir nun mal in einer Gesellschaft, die auf dem


>Tauschwert basiert, auch auf dem Tauschwert von Arbeitskraft.
>Deshalb ist es notwendig und gerechtfertigt - wenn auch nicht
>perfekt, solange wir in einer solchen Gesellschaft leben, die
>Gerechtigkeit der Verteilung am Tauschwert zu messen.

Das geht allerdings.
Im Uebrigen, beim Tausch braucht man sich gar keine Gedanken um
"Gerechtigkeit" zu machen. Es tauscht sich immer Gleiches gegen
Gleiches: gleicher Wert gegen gleichen Wert. Obgleich eine
"Tauschwirtschaft" vor derartiger Gerechtigkeit nur so strotzt,
sollte man sie abzulehnen, weil in einer Tauschwirtschaft das
Beduerfnis der Leute hinten runter fallen muss. (Argumente gibts
auf Nachfrage :-)

Gerechtigkeit beim Lohn will sicherlich keiner von uns. ;-)
Zur Lohngerechtigkeit hat der Martin eigentlich alles Notwendige
gesagt und mich davon ueberzeugt, mir auch noch Band 16 zu
besorgen...

Niemand will die Gerechtigkeit von ans untere Level angeglichener
Loehne: Westloehne, die auf Ostniveau heruntergebracht werden.
Wenn, dann sollen die gefaelligst nach oben angeglichen werden.

Wenn man also die eine Gerechtigkeit ablehnt und *nur* eine ganz
bestimmte Gerechtigkeit will, kann man nicht sagen, dass man
Gerechtigkeit will. Und selbst diese ganz bestimmte
Gerechtigkeit: Loehne alle gleich HOCH ist nicht unser
eigentliches Ziel. (Das will ich jedenfalls hoffen!)

Sinnvollerweise sollte man das, was man von dem einen
Unternehmer an Zugestaendnissen zu erpressen versucht, nicht
davon abhaengig machen, was man den anderen abknoepft.
Nach dem Motto: der Kleine kann bloss 3000 DM zahlen, dann
"schroepfen" wir den Grossen auch bloss um 3000 DM, auch wenn
viel mehr drinne sind - der Gerechtigkeit wegen...

Soll heissen, eine Lohn*un*gerechtigkeit auf hohem Level ist
besser als eine Lohngerechtigkeit auf niedrigem Level.

+++++++++ +++++++++ +++++++++ +++++++++ +++++++++ +++++++++ ++++|

>Dabei gibt es im Wesentlichen zwei Ungerechtigkeiten. Die


>grundlegende ist die Tatsache der Ausbeutung selbst, also die
>Aneignung, der Diebstahl der Arbeitsergebnisse der Arbeiter
>durch die Ausbeuter. Die daraus folgende ist die
>Ungelichbehandlung der Arbeiter zwecks Maximierung der
>Ausbeutung. Beide Ungerechtigkeiten existieren, beide sind real,
>und beide müssen bekämpft werden.

Ich wuerde das Geld und (nur) die Ausbeutung abschaffen wollen.
Und zwar voellig unabhaegig davon, ob letztere als Gerecht oder
Ungerecht eingeschaetzt wird. Damit eruebrigt sich das Problem,
wem *wieviel* zusteht. X Computer sind nun mal nicht Y Klavier.

Ciau Marco

PS: Tec, willst Dich wirklich mit "Gerecht" und "Ungerecht"
argumentieren, wenn Du Dich mit dem Normalbuerger ueber das
Wesen der Ausbeutung unterhaelst? Die halten das, was wir unter
Ausbeutung verstehen naemlich fuer objektiv notwendig und
Gerecht. Und ich kenne gar kein *objektives* Kriterium, woran
sich entscheiden/beweisen liesse, wer recht haette.

Die Fragen, "Wieviel Profit steht dem Unternehmer zu, als
Entschaedigung fuer sein Geschaeftsrisiko, fuer seine
Verantwortung, seine sozialen Grosstaten, blablabla?" und
"Inwieweit sind Null Prozent Profit realisierbar, wuenschenswert
und gerecht?" mag ich gar nicht beantworten.

Sie gehen Kilometerweit an der Sache vorbei:
Bei dieser Wirtschaftsweise ist der Schaden der Leute
inbegriffen - unabhaengig von der Ausbeutungsrate. DAS muss man
beweisen und nicht, ob etwas als gerecht oder ungerecht
einzuschaetzen ist. Da schaetzt naemlich jeder anders.

"Ungerecht!" gibt nur einen Standpunkt zu der Sache Preis, ohne
etwas zum Nachweis der Schaedlichkeit der Sache beizutragen.
Eine objektive Beurteilung/Analyse/Kritik ist
Standpunktunabhaengig.

Marco Schulz

unread,
Jul 6, 2000, 3:00:00 AM7/6/00
to
+++++++++ +++++++++ +++++++++ +++++++++ +++++++++ +++++++++ ++++|

Hi Heike et al!


>Natürlich bedeutet Gerechtigkeit, dass jeder im selben Umfang
>seine Bedürfnisse befriedigen können muss.

>Also
>(1) seine Bedürfnisse, die sich natürlich von denen der anderen
> unterscheiden, und
>(2) aber Befriedigung genauso gut (oder auch schlecht) wie alle
> anderen. Jeder bekommt ein gleichgroßes (-kleines) Stück vom
> Kuchen, aber natürlich kann der eine es mit Erdbeeren und
> der andere mit Äpfeln erhalten.


Herr A bekommt eine beliebige Menge Erdbeeren.
Frau B bekommt eine beliebige Menge Aepfel.

Behauptung 1: Herr A hat nicht mehr als Frau B.
Behauptung 2: Frau B hat nicht mehr als Herr A.
Behauptung 3: Harr A und Frau B haben nicht gleichviel.

Es faellt euch unglaublich schwer, zu verstehen,
dass alle drei Behauptungen richtig sind stimmts? :o)

Nun das liegt wohl daran, dass in der Tauschwirtschaft eine
Luege wahr gemacht wird: naemlich X Ware A sind Y Ware B.
Damit diese Gleichsetzung ungleicher Dinge ueberhaupt geht,
muss der Ware durch den kapitalistischen Markt eine Eigenschaft
hinzugefuegt werde, die sie von Natur aus NICHT hat: den Wert.
Und selbst dann ist die Behauptung X*A = Y*B nur relativ wahr:
X und Y sind abhaengig von Zeit und Ort.

Im Bewusstsein der Leute existiert der Wert jedoch als
natuerliche Eigenschaft der Ware, die selbst dann noch in der
Ware stecken wuerde, wenn man den Markt laengst abgeschafft hat.

Ich behaupte, dem ist NICHT so.

An dieser Stelle mach ich erst mal einen Break, um zu schauen,
was euch dazu einfaellt!

Ciau Marco

PS: Die Sache mit der Lohngerechtigkeit halte ich fuer abgehakt.
Ich denke, wir koennen uns drauf verstaendigen, dass das, was
einer kriegen kann, von dessen Beduerfnissen und den produktiven
Moeglichkeiten der Gesellschaft abhaengen sollte, statt von
solchen Zufaellen, wie:
-was andere kriegen,
-was der aktuelle Durchschnitt der kapitalistischen Armut ist,
-wie hoch die momentane Ausbeutungsrate ist,
-was andere wollen,
-usw.

Tec Dian

unread,
Jul 10, 2000, 3:00:00 AM7/10/00
to
> Gebrauchswerte und Beduerfnisse sind *ueberhaupt nicht*
> vergleichbar, dh. nicht in ein Mengenverhaeltnis zueinander
> setzbar. Und zwar weder mittelbar noch unmittelbar.

Selbstverständlich gibt es vergleichbare Gebrauchswerte. Beispielsweise kann
man den Nährwert und den Sättigungswert von Lebensmitteln vergleichen und
damit Reis mit Kartoffeln. Sicher kann man nicht Schnürsenkel mit Maiskuchen
vergleichen, aber man Gebrauchswerte in Kategorien einordnen und dann eine
gerechte Verteilung innerhalb dieser Kategorien vornehmen. Man kann
Gebrauchswerte von Dingen vergleichen, die zum selben Zweck verwendet
werden - und man kann folglich feststellen, was jedem von dem Vorhandenen
gerechtermaßen zusteht bzw. zustehen sollte.

Allerdings, viele Gebrauchswerte sind perönliche Gebrauchswerte, die so
speziell für einen konkreten Menschen als Gebrauchswerte existieren. Auch
hier ist Gerechtigkeit einfach zu erreichen. Jeder sollte das Recht haben,
mit seiner (Arbeits-)Zeit anzufangen, was er will. Er gibt also der
Gesellschaft einen Teil seiner Arbeitszeit und kann sich dafür aussuchen,
was für ihn von (Gebrauchs-)Wert ist. Da gibt es kein Problem mit der
Vergleichbarkeit der Gebrauchswerte. Die Tatsache, dass der Kapitalist den
Tausch zum Erzielen von Profit nutzt, heißt ja nicht, dass Tausch an sich
unsinnig oder verbrecherisch ist, oder dass der Begriff des Tauschwertes
unnütz oder unbrauchbar ist.

> PS: Tec, willst Dich wirklich mit "Gerecht" und "Ungerecht"
> argumentieren, wenn Du Dich mit dem Normalbuerger ueber das
> Wesen der Ausbeutung unterhaelst? Die halten das, was wir unter
> Ausbeutung verstehen naemlich fuer objektiv notwendig und
> Gerecht. Und ich kenne gar kein *objektives* Kriterium, woran
> sich entscheiden/beweisen liesse, wer recht haette.

Jeder Mensch hat das Recht... nein, hat er nicht. Rechte nimmt man sich,
oder man bekommt sie. Insofern ist es tatsächlich nicht objektiv, von
Gerechtigkeit zu reden. Wenn man aber als Recht betrachtet, dass man
niemandem sein Eigentum wegnehmen darf - und dem stimmen die Meisten in
dieser allgemeinen Form zu, wenn sie nicht offen zugeben, Kriminelle zu
sein, dann kann man auf dieser subjektiven Definition von Gerechtigkeit
objektive Argumente aufbauen. Dann kann man die Frage stellen: Was ist
Eigentum? Woher kommt es eigentlich? Wer nimmt hier wem etwas weg?

> Die Fragen, "Wieviel Profit steht dem Unternehmer zu, als
> Entschaedigung fuer sein Geschaeftsrisiko, fuer seine
> Verantwortung, seine sozialen Grosstaten, blablabla?" und
> "Inwieweit sind Null Prozent Profit realisierbar, wuenschenswert
> und gerecht?" mag ich gar nicht beantworten.

Ich auch nicht. Schätzungsweise aus den gleichen Gründen wie du.

Salut!
Tec

Tec Dian

unread,
Jul 10, 2000, 3:00:00 AM7/10/00
to
> Nun das liegt wohl daran, dass in der Tauschwirtschaft eine
> Luege wahr gemacht wird: naemlich X Ware A sind Y Ware B.
> Damit diese Gleichsetzung ungleicher Dinge ueberhaupt geht,
> muss der Ware durch den kapitalistischen Markt eine Eigenschaft
> hinzugefuegt werde, die sie von Natur aus NICHT hat: den Wert.

Natürlich hat sie diesen Wert nicht von NATUR aus - weil ein Arbeitsprodukt
gar nicht von Natur aus existiert, sondern erst geschaffen werden muss
(Klaviere wachsen nicht auf Bäumen). Aber sie hat diese Eigenschaft SOZIAL,
einfach deswegen, weil sie ohne Arbeit nicht existiert, durch Arbeit aber
geschaffen werden kann - also ist Arbeitszeit/-aufwand das "natürliche"
(soziale) Maß für Arbeitsprodukte. Das ist absolut vernünftig, und das ist
der soziale Fortschritt, den der Kapitalismus gebracht hat (und den er
sogleich pervertiert hat). Die Lüge besteht nicht in der Kategorie des
Wertes, sondern darin zu behaupten, der tatsächlich durch Arbeit produzierte
Mehrwert würde aus dem Kapital entstehen und daher dem Kapitalisten
zustehen.

> Und selbst dann ist die Behauptung X*A = Y*B nur relativ wahr:
> X und Y sind abhaengig von Zeit und Ort.

Genau. X(x,t)*A=Y(x,t)*B. Aber indem du X(x,t)*A=G und G=Y(x,t)*B machst,
hast du Vergleichbarkeit über Raum und Zeit hinweg.

> Im Bewusstsein der Leute existiert der Wert jedoch als
> natuerliche Eigenschaft der Ware, die selbst dann noch in der
> Ware stecken wuerde, wenn man den Markt laengst abgeschafft hat.
>
> Ich behaupte, dem ist NICHT so.

Die Tatsache, dass Arbeitsprodukte eben das sind, Produkte menschlicher
Arbeit, behalten sie auch ohne kapitalistischen Markt. Deshalb behalten sie
auch im Kommunismus die Eigenschaft des (Arbeits-)Wertes - der dann aber
nicht mehr unbedingt Tauschwert ist, wohl aber Vergleichswert für Dinge, die
nicht im Überfluss bereitgestellt werden können. Dieser Wertbegriff hat dann
zwar keine Bedeutung im wirtschaftlichen Bereich mehr, da die Wirtschaft
nicht mehr auf Werttausch basiert (Planung und Organisation nach
Gebrauchswert), wohl aber bei der Verteilung individueller Konsumgüter, die
jedem in dem Maße zustehen, in dem er arbeitet.

Salut!
Tec

Marco Schulz

unread,
Jul 11, 2000, 3:00:00 AM7/11/00
to
"Tec Dian" <tec....@akilet.de> wrote:

+++++++++ +++++++++ +++++++++ +++++++++ +++++++++ +++++++++ +++++

>> Nun das liegt wohl daran, dass in der Tauschwirtschaft eine
>> Luege wahr gemacht wird: naemlich X Ware A sind Y Ware B.
>> Damit diese Gleichsetzung ungleicher Dinge ueberhaupt geht,
>> muss der Ware durch den kapitalistischen Markt eine
>> Eigenschaft hinzugefuegt werde, die sie von Natur aus NICHT
>> hat: den Wert.

>Natürlich hat sie diesen Wert nicht von NATUR aus - weil ein
>Arbeitsprodukt gar nicht von Natur aus existiert, sondern erst
>geschaffen werden muss (Klaviere wachsen nicht auf Bäumen).

Nein ich behaupte, dass ein Arbeitsprodukt, nur weil es Arbeits-
produkt ist, nicht schon deshalb Wertgegenstand ist. s.u.

(snip)

>> Im Bewusstsein der Leute existiert der Wert jedoch als
>> natuerliche Eigenschaft der Ware, die selbst dann noch in der
>> Ware stecken wuerde, wenn man den Markt laengst abgeschafft
>> hat.

>> Ich behaupte, dem ist NICHT so.

>Die Tatsache, dass Arbeitsprodukte eben das sind, Produkte
>menschlicher Arbeit, behalten sie auch ohne kapitalistischen
>Markt. Deshalb behalten sie auch im Kommunismus die Eigenschaft
>des (Arbeits-)Wertes - der dann aber nicht mehr unbedingt
>Tauschwert ist, wohl aber Vergleichswert für Dinge, die nicht
>im Überfluss bereitgestellt werden können. Dieser Wertbegriff
>hat dann zwar keine Bedeutung im wirtschaftlichen Bereich mehr,
>da die Wirtschaft nicht mehr auf Werttausch basiert (Planung und
>Organisation nach Gebrauchswert), wohl aber bei der Verteilung
>individueller Konsumgüter, die jedem in dem Maße zustehen, in
>dem er arbeitet.

+++++++++ +++++++++ +++++++++ +++++++++ +++++++++ +++++++++ +++++

Hier kommt ein verstaubter Textbaustein.
Tja, manche Argumente wiederholen sich eben...
Zunext mal paar Kuerzel:
kAZ = konkrete Arbeitszeit
dnAZ= durchschnittlich notwendige AZ

Die zweifellos in jedem Produkt steckende kAZ macht den Wert
einer Ware gar nicht aus, sondern eine abstrakte
Durchschnittsarbeit, die nicht einfach qua Natur (qua Hertellung)
in einem Produkt "drinsteckt".

Wie auch - man kann nur konkrete Arbeit leisten.

Diese konkrete Arbeit muss -damit sie wertbildend wird-
schon irgendwie als etwas behandelt werden, *was sie gar nicht
ist*: als abstrakte, durchschnittliche notwendige Arbeit eben.

Das ist jedoch nicht die Tat eines schlauen Mathematikers, der
den mittleren Arbeitsaufwand berechnen koennte, sondern des
Marktes. (Sonst wuerde der Wert des Produkts ja auch bloss in der
Phantasie dieses Menschen existieren - nicht jedoch in der
Realitaet...)

Stell Dir vor, Du hast ein Produkt hergestellt, welches Dich 10 h
kAZ gekostet hat. Weil alle anderen fixer sind als Du, hat das
Ding vielleicht einen Wert, der 5 h dnAZ entspricht. Du hast aber
nicht 5, sondern 10 h gearbeitet!

Dass diese jedoch nur zur Haelfte zaehlen; dass nur 5 h *gueltig*
sind, setzt voraus, dass der Vergleich (per Tausch-nicht per
Phantasie) mit anderen Waren stattgefunden hat.

Nun wartest Du noch eine Weile und die anderen werden noch fixer.
Auf einmal sind Deine geleisteten 10 h nur noch 3 h dnAZ wert.

Ja was nun? Stecken in Deinem Produkt nun 5 oder 3 dnAZ?
Entspricht sein ihm (per Arbeit) "innewohnender" Wert nun 5h oder
3h?

Du merkst, dass der Wert des konkreten Produktes von seiner
verausgabten AZ gar nicht abhaengt; dass der Wert eines
Produkts NICHT einfach so per Herstellung gegeben ist.

Eine Haerte am Wert ist die Be- und Entwertung eines Produktes
und der eingenen Arbeitszeit auf der Grundlage des Durchschnittes
der Arbeit Fremder. Bloss weil andere schneller sind, wird/ist
meine Arbeit weniger wert - meine verausgabte kAZ zaehlt nur
soviel, wie sie sich auf dem Markt und in der Konkurrenz als
abstrakte dnAZ bewaehrt. Egal, wieviel Schweiss es mich gekostet
hat.

+++++++++ +++++++++ +++++++++ +++++++++ +++++++++ +++++++++

+++++|

Der Alte hat in Kapital 1, Kapitel 1 und 2 ein paar
bemerkenswerte Sprueche zu diesem Thema getan...

a) Der Wert *realisiert* sich nur im Tausch bedeutet:
nur der Tausch macht den Wert WAHR.

b) Der Unterschied zwischen Ware und Gebrauchsgegenstand [GG]:
GG hat einen Gebrauchswert [GW]. Ware ist ein GG, der zum
TAUSCHEN da ist -> Ware hat GW und Wert. (Der ultimative Wink mit
dem Zaunpfahl, dass Tausch und Wert zusammengehoeren. ;-)

Na daemmerts?

+++++++++ +++++++++ +++++++++ +++++++++ +++++++++ +++++++++

+++++|

Vielleicht macht ein kompliziertes Rechenbeispiel die Sache
anschaulicher:

Firma A produziert 10 Waren-Einheiten [WE] in 10 Stunden,
Firma B produziert 20 WE (bzw. Stueck) in 10 Stunden;

kAZ von A je WE: 1 Stunde; kAZ von B je Stueck: 30 min.
B kann billiger anbieten, verkauft also wesentlich mehr:
sagen wir mal 16 Stueck. Firma A schlaegt beispielsweise 4 WE
los.
Jetzt sind also 20 WE verkauft worden und die notwendige
Arbeitszeit zur Herstellung dieser 20 WE betragen:
16 * 0,5 h + 4 * 1 h = 12 h.
Da bedeutet, dass die dnAZ je Stueck = 0,6 h betraegt.

Die nicht verkauften Einheiten sind vom kapitalistischen
Produktionszweck aus ueberfluessig und *nicht notwendig*. Sie
tragen somit nicht zur Bestimmung des Wertes bei; (denn) ihre
Produktion wird eingestellt.

Firma A produziert also nur noch 4 WE in 4 h und verkauft jedes
Stueck zu irgendeinem Preis, der sich dem Wert von ca. 0,6 h
von oben her annaehert, obwohl A eine ganze Stunde kAZ
aufgewendet hat.

Der Preis entspricht deshalb einem Wert zwischen 0.6 h und 1.0 h,
weil A einerseits nicht viel teurer werden kann als B, wenn sie
ueberhaupt noch Zeug loswerden will, andererseits nicht viel
billiger werden kann als 1.0 h. Einen Verkauf stark unter Wert
haelt ein Unternehmen nicht lange durch...

Firma B verkauft 16 Stueck (Solange bis A aufgibt und sie deren
4 Stueck Marktanteil uebernehmen kann.) B verkauft zu irgendeinem
Preis, der sich dem Wert von ca. 0,6 h von unten her annaehert
(er kann ja etwas billiger anbieten als A!) obwohl B nur 0,5 h
kAZ aufgewendet hat. (Die Differenz zwischen 0,5 h und 0,6 h
macht den *Extra*profit aus, nicht den Profit. Der ist bei einem
Verkauf zum Wert schon inbegriffen.)

Diese Wertbildung KANN ueberhaupt nur in der kapitalistischen
Konkurrenz zustandekommen, indem man die Produkte miteinander
tauscht; die Besonderheit ihrer Arbeiten durchstreicht und sie
als abstrakte Durchschnittsarbeit behandelt.

Anders als so existiert der Wert = dnAZ ueberhaupt nicht.
Man kann zwar die kAZ der verschiedenen Produkte messen und
diese dann auf dieser Grundlage tauschen.
Aber:
-erstens hat das mit dem Wert nix mehr zu tun.
-zweitens bekommt man dann hier ein Bier fuer 20 Zigaretten
und dort eine Zigarette fuer 20 Biere. Was soll das?

andernfalls faengt man wieder an, eine dnAZ zu bestimmen-
ja aber bitteschoen, das ist dann wieder eine gesellschaftliche
Tat, an der das Produkt voellig unschuldig ist:
das Produkt bekommt einen gueltigen Wert also ein gueltiges
Austauschverhaeltnis bzw. Preis *verpasst* ob nun durch Markt
oder (realsozialistische) Berechnungen.

Ciau Marco

Marco Schulz

unread,
Jul 11, 2000, 3:00:00 AM7/11/00
to
"Tec Dian" <tec....@akilet.de> wrote:
>> Gebrauchswerte und Beduerfnisse sind *ueberhaupt nicht*
>> vergleichbar, dh. nicht in ein Mengenverhaeltnis zueinander
>> setzbar. Und zwar weder mittelbar noch unmittelbar.

+++++++++ +++++++++ +++++++++ +++++++++ +++++++++ +++++++++ ++++|

>Selbstverständlich gibt es vergleichbare Gebrauchswerte.


>Beispielsweise kann man den Nährwert und den Sättigungswert von
>Lebensmitteln vergleichen und damit Reis mit Kartoffeln. Sicher
>kann man nicht Schnürsenkel mit Maiskuchen vergleichen, aber
>man Gebrauchswerte in Kategorien einordnen und dann eine
>gerechte Verteilung innerhalb dieser Kategorien vornehmen. Man
>kann Gebrauchswerte von Dingen vergleichen, die zum selben
>Zweck verwendet werden - und man kann folglich feststellen, was
>jedem von dem Vorhandenen gerechtermaßen zusteht bzw. zustehen
>sollte.

Tec, Du alter Streithammel, glaube dem grossen Meister endlich!
;-)
Is bloss Spass, Widerspruch gibt mir was zu denken und behindert
die fortschreitende Verbloedung durch stupide Arbeit ein wenig.

Das, was Du hier als Vergleich von Gebrauchswerten vorstellst,
ist in Real ein Vergleich von bestimmten
Gebrauchswert*eigenschaften*, auf die Du das Gut *reduzierst*.
Soll heissen: Du abstahierst bzw. siehst ab von den anderen
Gebrauchswerteigenschaften, die das Gut ausmachen. Eine
Kartoffel ist nicht ein bestimmtes Quantum Naehr- oder
Saettigungswert, sondern eine Kartoffel!

Das ist, als ob ich die Gewichte verschiedener Dinge vergleiche,
aufgrund des Gewichtsverhaeltnisses tausche und meine, hier
faende ein Vergleich/eine Quantisierung von Gebrauchswerten
statt.

Warum nicht das Volumen, die Dichte, die Farbintensitaet nehmen?
Oder eine Kombination von alledem?

However, was man sich nun herauspickt, man behandelt den
Gebrauchswert nicht mehr als solchen, sondern als abstrakten
Traeger einer Vergleichsgrundlage: Gewicht, Volumen,
Vitamingehalt oder Kalorien ...

Vergleichen heisst *Gleich* machen. Du hast der einen Seite der
Tauschgleichung nicht X Kartoffeln und auf der anderen Seite
Y Reis stehen, sondern auf beiden Seiten: Naehrwert=Naehrwert.
Das nix ist Gebrauchswert.

Klaro, wenn die Kartoffeln alle sind und den Verbraucher nicht
die Kartoffel als solches interessiert, sondern nur der
Naehrwert, weil er sie eh bloss zum Zwecke des verfressens will,
da hast Du recht, dann ist es schon vernuenftig, ihm Reis als
Ersatz dafuer anzubieten.

Auch ist es sinnvoll, wenn Knappheit herrscht, nicht dem einen
10 Sack und dem anderen 3 Stueck vorzusetzen, solln sich ja
moeglichst alle von ernaehren koennen.

Andererseits braucht der Dicke mehr als der Duenne. Das also
jeder dieselbe Menge kriegt, bloss weils alle anderen auch
kriegen halte ich ebenfalls nicht fuer vernuenftig. Da sollte
man schon auf die Beduerftigkeit schauen -soweit es ueberhaupt
geht- und nicht auf die Rechnung: 1000 Kilo Reis pro 1000 Leute
sind 1 Kilo fuer jeden.

Ich denke, wir widersprechen uns da nicht wirklich. ;-)

+++++++++ +++++++++ +++++++++ +++++++++ +++++++++ +++++++++ ++++|

>Allerdings, viele Gebrauchswerte sind perönliche Gebrauchswerte,


>die so speziell für einen konkreten Menschen als Gebrauchswerte
>existieren.

Aehem. Kaffee ist Kaffee, ob ich ihn eklig finde oder suechtig
danach bin. Ob ich etwas gebrauchen kann oder nicht, interessiert
den Gebrauchswert nicht. (Ein Ding verliert seine Eigenschaften
nicht dadurch, das man nix mit ihnen anzufangen weiss.)

Nicht so wichtig, ich weiss ja, was Du meinst:
Der Eine benoetigt ABC fuer seine Zwecke, ein Anderer brauchts
nicht. Der Eine verwendet DEF fuer dieses, der Andere verwendets
fuer jenes.

>Auch hier ist Gerechtigkeit einfach zu erreichen.
>Jeder sollte das Recht haben, mit seiner (Arbeits-)Zeit
>anzufangen, was er will. Er gibt also der Gesellschaft einen
>Teil seiner Arbeitszeit und kann sich dafür aussuchen, was für
>ihn von (Gebrauchs-)Wert ist. Da gibt es kein Problem mit der
>Vergleichbarkeit der Gebrauchswerte. Die Tatsache, dass der
>Kapitalist den Tausch zum Erzielen von Profit nutzt, heißt ja
>nicht, dass Tausch an sich unsinnig oder verbrecherisch ist,

>oder dass der Begriff des Tauschwertes unnütz oder unbrauchbar
>ist.

Es gibt ein paar prinzipielle Kritiken am Tausch.
-Es handelt es sich um ein gegenseitiges Erpressungsverhaeltnis.
-Man ist vom Objekt seiner Begierde getrennt/Ausgeschlossen,
wie das nun mal bei Eigentum so ist...
-Es wird eine Bedingung gestellt, die man zu erfuellen hat,
um ranzukommen - egal, ob man sie erfuellen kann und egal, ob
genug da ist.
-Das es sich hierbei um ein Gewaltverhaeltnis handeln muss,
duerfte spaetestens hier klar sein.
-Der, der ein Ding nicht braucht besitzt es und der es nicht
besitzt braucht es.
-Das Mittel, um an etwas ranzukommen ist: etwas wegzugeben -
also gar kein wirkliches Mittel.
-faellt mir auf die Schnelle nicht ein...

(Ein "gegenseitiges" Verschenken ist nicht dasselbe wie Tausch,
wenn das Nehmen nicht ans Geben gebunden ist. So in der Art:
Kannste nix bieten - darfstes trotzdem nehmen. Jedenfalls
solange was da ist - dannach gehts ja nicht mehr.)

Naja, man muss ja auch nicht jeden zur Arbeit zwingen als
Bedingung dafuer, dass er was abkriegt. Oder wie siehst Du das?

+++++++++ +++++++++ +++++++++ +++++++++ +++++++++ +++++++++ ++++|

>Jeder Mensch hat das Recht... nein, hat er nicht. Rechte nimmt


>man sich, oder man bekommt sie. Insofern ist es tatsächlich
>nicht objektiv, von Gerechtigkeit zu reden. Wenn man aber als
>Recht betrachtet, dass man niemandem sein Eigentum wegnehmen
>darf - und dem stimmen die Meisten in dieser allgemeinen Form

>zu...

1. Ich will aber jemandem sein Eigentum wegnehmen: dem Kapital.
Na gut, ich will es abschaffen, das ist etwas anderes, als den
Besitzer zu wexeln.

Von Gesetzes wegen ist es ja Eigentum des Kapitalisten und die
Debatte, obs auch rechtens ist ... sollte man meiden. Da hat man
wieder dasselbe Problem mit der standpunktabhaengigen
"Objektivitaet".

2. Die Arbeiter nehmen den Kapitalisten ihr Eigentum weg, beuten
sie aus, weil sie einen Teil ihrer Arbeitszeit fuer sich
verwenden. Wenn Du es nicht glaubst: dann schau nach DSPAM die
Antwort von Max Hofer an mich zum Thema Ausbeutung in "Geld, um
Arbeit zu messen" Aber nimm vorher blutdrucksenkende Medikamente.

Ja, so wie Du hab ich da auch geschaut... :-)

>Dann kann man die Frage stellen: Was ist Eigentum?
>Woher kommt es eigentlich?

Diese Fragen sind auf jeden Fall angebracht.

>Wer nimmt hier wem etwas weg?

Den Charakter des Eigentums zu klaeren: Ausschluss vom Gebrauch;
Verhaeltnis gegensaetzlicher Willen; Gewaltverhaeltnis, ist
wichtiger. Dann besteht die mit der Frage implizierte Verlockung,
klaeren zu wollen, wer wem was wegnehmen darf, nicht mehr. :-)


Ciau Marco

Tec Dian

unread,
Aug 1, 2000, 3:00:00 AM8/1/00
to
> Nein ich behaupte, dass ein Arbeitsprodukt, nur weil es Arbeits-
> produkt ist, nicht schon deshalb Wertgegenstand ist. s.u.
>
> Hier kommt ein verstaubter Textbaustein.
> Tja, manche Argumente wiederholen sich eben...
> Zunext mal paar Kuerzel:
> kAZ = konkrete Arbeitszeit
> dnAZ= durchschnittlich notwendige AZ
>
> Die zweifellos in jedem Produkt steckende kAZ macht den Wert
> einer Ware gar nicht aus, sondern eine abstrakte
> Durchschnittsarbeit, die nicht einfach qua Natur (qua Hertellung)
> in einem Produkt "drinsteckt".

Die macht den Tauschwert aus, richtig. Und der ist sozial bedingt - auch
richtig.

>
> Wie auch - man kann nur konkrete Arbeit leisten.
>
> Diese konkrete Arbeit muss -damit sie wertbildend wird-
> schon irgendwie als etwas behandelt werden, *was sie gar nicht
> ist*: als abstrakte, durchschnittliche notwendige Arbeit eben.

Nicht die Arbeit, sondern das Arbeitsprodukt wird hier behandelt - und zwar
gemessen. So wie jede physikalische Größe auch gemessen wird. Insofern
unterscheidet sich der Wert nicht von physikalischen Größen. Lediglich die
Maßeinheit ist variabel und bestimmt sich durch Durschschnittsbildung.

> Das ist jedoch nicht die Tat eines schlauen Mathematikers, der
> den mittleren Arbeitsaufwand berechnen koennte, sondern des
> Marktes. (Sonst wuerde der Wert des Produkts ja auch bloss in der
> Phantasie dieses Menschen existieren - nicht jedoch in der
> Realitaet...)

Ja, aber nicht genau. Der Markt "eiert" darum herum. Das ist Gegenstand des
3. Bandes des Kapitals. Dort wird übrigens auch der Begriff des Einzelwertes
(gemessen an der konkreten Arbeitszeit) im Vergleich zum Tauschwert
eingeführt. Außerdem heißt das nicht, dass nicht ein cleverer Mathematiker
dieses Wertgesetz bewusst ausnutzen kann - vor allem dann, wenn es keinen
Markt mehr gibt, und damit kein Tauschwert mehr existiert.

> Stell Dir vor, Du hast ein Produkt hergestellt, welches Dich 10 h
> kAZ gekostet hat. Weil alle anderen fixer sind als Du, hat das
> Ding vielleicht einen Wert, der 5 h dnAZ entspricht. Du hast aber
> nicht 5, sondern 10 h gearbeitet!
>
> Dass diese jedoch nur zur Haelfte zaehlen; dass nur 5 h *gueltig*
> sind, setzt voraus, dass der Vergleich (per Tausch-nicht per
> Phantasie) mit anderen Waren stattgefunden hat.

Wieso sollte es? Die Möglichkeit des Tausches/Vergleiches bestimmt den Wert.
Der Tausch selbst realisiert ihn höchstens.

> Nun wartest Du noch eine Weile und die anderen werden noch fixer.
> Auf einmal sind Deine geleisteten 10 h nur noch 3 h dnAZ wert.
>
> Ja was nun? Stecken in Deinem Produkt nun 5 oder 3 dnAZ?
> Entspricht sein ihm (per Arbeit) "innewohnender" Wert nun 5h oder
> 3h?

Die stecken nicht drin, sondern das Maß ändert sich. Auch das ist in der
Physik genauso möglich. Wie du selbst gesagt hast, steckt nur konkrete
Arbeitszeit drin.

> Du merkst, dass der Wert des konkreten Produktes von seiner
> verausgabten AZ gar nicht abhaengt; dass der Wert eines
> Produkts NICHT einfach so per Herstellung gegeben ist.

Er ist per Herstellbarkeit gegeben, nicht per Herstellung - genauso wie er
sich per Tauschbarkeit/Vergleichbarkeit bestimmt, nicht per Tausch.

> Eine Haerte am Wert ist die Be- und Entwertung eines Produktes
> und der eingenen Arbeitszeit auf der Grundlage des Durchschnittes
> der Arbeit Fremder. Bloss weil andere schneller sind, wird/ist
> meine Arbeit weniger wert - meine verausgabte kAZ zaehlt nur
> soviel, wie sie sich auf dem Markt und in der Konkurrenz als
> abstrakte dnAZ bewaehrt. Egal, wieviel Schweiss es mich gekostet
> hat.

Und umgekehrt gilt das Gleiche für die Produkte der anderen, mit denen du
tauschen möchtest.

Salut!
Tec


Tec Dian

unread,
Aug 9, 2000, 3:00:00 AM8/9/00
to
> Das, was Du hier als Vergleich von Gebrauchswerten vorstellst,
> ist in Real ein Vergleich von bestimmten
> Gebrauchswert*eigenschaften*, auf die Du das Gut *reduzierst*.
> Soll heissen: Du abstahierst bzw. siehst ab von den anderen
> Gebrauchswerteigenschaften, die das Gut ausmachen. Eine
> Kartoffel ist nicht ein bestimmtes Quantum Naehr- oder
> Saettigungswert, sondern eine Kartoffel!

Die Gebrauchseigenschaften machen den Gebrauchswert aus.
Gebrauchseigenschaften beziehen sich auf eine bestimmte Art des Gebrauchs.
Insofern eine Kartoffel und ein Reiskorn zum Essen da sind, kann man
folglich ihren Nährwert vergleichen - und vergleicht damit ihren
Gebrauchswert als Nahrungsmittel. Natürlich kannst du eine Kartoffel auch
als Stempel verwenden...

> Das ist, als ob ich die Gewichte verschiedener Dinge vergleiche,
> aufgrund des Gewichtsverhaeltnisses tausche und meine, hier
> faende ein Vergleich/eine Quantisierung von Gebrauchswerten
> statt.

> ...

Nur, wenn die Gewichte gebraucht werden, bei Materialien zur Herstellung von
Gegengewichten von Fahrstühlen beispielsweise. Siehe oben.

> Vergleichen heisst *Gleich* machen. Du hast der einen Seite der
> Tauschgleichung nicht X Kartoffeln und auf der anderen Seite
> Y Reis stehen, sondern auf beiden Seiten: Naehrwert=Naehrwert.
> Das nix ist Gebrauchswert.

Der Gebrauchswert ist hier = Nährwert, da es sich um Nahrungsmittel handelt
(OK, dazu kommen auch noch Sättigungswert und Geschmack).

> Klaro, wenn die Kartoffeln alle sind und den Verbraucher nicht
> die Kartoffel als solches interessiert, sondern nur der
> Naehrwert, weil er sie eh bloss zum Zwecke des verfressens will,
> da hast Du recht, dann ist es schon vernuenftig, ihm Reis als
> Ersatz dafuer anzubieten.
>
> Auch ist es sinnvoll, wenn Knappheit herrscht, nicht dem einen
> 10 Sack und dem anderen 3 Stueck vorzusetzen, solln sich ja
> moeglichst alle von ernaehren koennen.
>
> Andererseits braucht der Dicke mehr als der Duenne. Das also
> jeder dieselbe Menge kriegt, bloss weils alle anderen auch
> kriegen halte ich ebenfalls nicht fuer vernuenftig. Da sollte
> man schon auf die Beduerftigkeit schauen -soweit es ueberhaupt
> geht- und nicht auf die Rechnung: 1000 Kilo Reis pro 1000 Leute
> sind 1 Kilo fuer jeden.

Das ist richtig.

> Ich denke, wir widersprechen uns da nicht wirklich. ;-)

> >Allerdings, viele Gebrauchswerte sind perönliche Gebrauchswerte,


> >die so speziell für einen konkreten Menschen als Gebrauchswerte
> >existieren.
>
> Aehem. Kaffee ist Kaffee, ob ich ihn eklig finde oder suechtig
> danach bin. Ob ich etwas gebrauchen kann oder nicht, interessiert
> den Gebrauchswert nicht. (Ein Ding verliert seine Eigenschaften
> nicht dadurch, das man nix mit ihnen anzufangen weiss.)

Falsch - siehst du ja an dem Wort "gebrauchen" - daher kommt ja
"Gebrauchswert".

> Nicht so wichtig, ich weiss ja, was Du meinst:
> Der Eine benoetigt ABC fuer seine Zwecke, ein Anderer brauchts
> nicht. Der Eine verwendet DEF fuer dieses, der Andere verwendets
> fuer jenes.
>
> >Auch hier ist Gerechtigkeit einfach zu erreichen.
> >Jeder sollte das Recht haben, mit seiner (Arbeits-)Zeit
> >anzufangen, was er will. Er gibt also der Gesellschaft einen
> >Teil seiner Arbeitszeit und kann sich dafür aussuchen, was für
> >ihn von (Gebrauchs-)Wert ist. Da gibt es kein Problem mit der
> >Vergleichbarkeit der Gebrauchswerte. Die Tatsache, dass der
> >Kapitalist den Tausch zum Erzielen von Profit nutzt, heißt ja
> >nicht, dass Tausch an sich unsinnig oder verbrecherisch ist,
> >oder dass der Begriff des Tauschwertes unnütz oder unbrauchbar
> >ist.
>
> Es gibt ein paar prinzipielle Kritiken am Tausch.
> -Es handelt es sich um ein gegenseitiges Erpressungsverhaeltnis.

Nicht notwendig - im Kommunismus kannst du es auch sein lassen und deinen
eigenen Kram machen. Im übrigen ist dort der Tausch nur Hilfsfunktion der
Verteilung. Er spielt keine Rolle bei der Produktion. Es wird kein Eigentum
getauscht, sondern nur die individuelle Verteilung des gesellschaftlichen
Eigentums organisiert.

> -Man ist vom Objekt seiner Begierde getrennt/Ausgeschlossen,
> wie das nun mal bei Eigentum so ist...

Nicht notwendig - im Kommunismus wird durch Tausch gesellschaftliches
Eigentum verteilt, es wird nicht gegen persönliches Eigentum getauscht.

> -Es wird eine Bedingung gestellt, die man zu erfuellen hat,
> um ranzukommen - egal, ob man sie erfuellen kann und egal, ob
> genug da ist.

Nicht notwendig - im Kommunismus wären genau das ebensolche Kriterien, wie
die Arbeitszeit selbst.

> -Das es sich hierbei um ein Gewaltverhaeltnis handeln muss,
> duerfte spaetestens hier klar sein.

Siehe oben. Schau mal in
http://www.aksios.de/kpp/dokument/pro04.htm#21c - Distribution, und
http://www.aksios.de/kpp/dokument/pro04.htm#21d - Zirkulation.

> -Der, der ein Ding nicht braucht besitzt es und der es nicht
> besitzt braucht es.

Nicht notwendig - im Kommunismus herrscht gesellschaftliches Eigentum, and
dem man von vorn herein Anteil hat.

> -Das Mittel, um an etwas ranzukommen ist: etwas wegzugeben -
> also gar kein wirkliches Mittel.

Das Mittel, um an das Produkt zu kommen, ist Arbeit. Das ist ein Fakt, der
völlig unabhängig von Tausch oder nicht Tausch ist.

> -faellt mir auf die Schnelle nicht ein...

:-)

> (Ein "gegenseitiges" Verschenken ist nicht dasselbe wie Tausch,
> wenn das Nehmen nicht ans Geben gebunden ist. So in der Art:
> Kannste nix bieten - darfstes trotzdem nehmen. Jedenfalls
> solange was da ist - dannach gehts ja nicht mehr.)
>
> Naja, man muss ja auch nicht jeden zur Arbeit zwingen als
> Bedingung dafuer, dass er was abkriegt. Oder wie siehst Du das?

Nicht, solange genug da ist. Sonst aber schon. Das ist aber ein Sachzwang:
Ohne Arbeit kein Produkt. Wie jedoch die Arbeit aussieht, und wie sie
bewertet wird, steht auf einem anderen Blatt.

> >Jeder Mensch hat das Recht... nein, hat er nicht. Rechte nimmt
> >man sich, oder man bekommt sie. Insofern ist es tatsächlich
> >nicht objektiv, von Gerechtigkeit zu reden. Wenn man aber als
> >Recht betrachtet, dass man niemandem sein Eigentum wegnehmen
> >darf - und dem stimmen die Meisten in dieser allgemeinen Form
> >zu...
>
> 1. Ich will aber jemandem sein Eigentum wegnehmen: dem Kapital.
> Na gut, ich will es abschaffen, das ist etwas anderes, als den
> Besitzer zu wexeln.

OK. Aber man kann sogar nach bürgerlichem Recht kein Eigentum durch
Diebstahl erwerben. Da Ausbeutung Diebstahl (oder auch Erpressung) ist, ist
Kapital folglich bereits etwas Gestohlenes. Und da es im Prozess der
gesellschaftlichen Arbeitsteilung geschaffen wurde - ist es rechtmäßig
gesellschaftliches Eigentum, muss also insofern nur seinem rechtmäßigen
Besitzer wieder zugeführt werden. Ja und dann wird die Kapitalfunktion
sinnlos und kann (muss) abgeschafft werden.

> Von Gesetzes wegen ist es ja Eigentum des Kapitalisten und die
> Debatte, obs auch rechtens ist ... sollte man meiden. Da hat man
> wieder dasselbe Problem mit der standpunktabhaengigen
> "Objektivitaet".

Aber genau darum geht es ja. Wenn es nämlich als rechtens angesehen wird,
darf ich mich diesem System (dem Kapitalismus) zwar zu entziehen versuchen,
aber ich darf es nicht stürtzen - oder ich bin ein Dieb.

> 2. Die Arbeiter nehmen den Kapitalisten ihr Eigentum weg, beuten
> sie aus, weil sie einen Teil ihrer Arbeitszeit fuer sich
> verwenden. Wenn Du es nicht glaubst: dann schau nach DSPAM die
> Antwort von Max Hofer an mich zum Thema Ausbeutung in "Geld, um
> Arbeit zu messen" Aber nimm vorher blutdrucksenkende Medikamente.

Uff...

> Ja, so wie Du hab ich da auch geschaut... :-)
>
> >Dann kann man die Frage stellen: Was ist Eigentum?
> >Woher kommt es eigentlich?
>
> Diese Fragen sind auf jeden Fall angebracht.
>
> >Wer nimmt hier wem etwas weg?
>
> Den Charakter des Eigentums zu klaeren: Ausschluss vom Gebrauch;
> Verhaeltnis gegensaetzlicher Willen; Gewaltverhaeltnis, ist
> wichtiger. Dann besteht die mit der Frage implizierte Verlockung,
> klaeren zu wollen, wer wem was wegnehmen darf, nicht mehr. :-)

Das ist wohl mehr eine Formulierungsfrage, die wir uns tatsächlich sparen
können.

Salut!
Tec

Marco Schulz

unread,
Aug 9, 2000, 3:00:00 AM8/9/00
to
Hi Tec!

Ich bemaengele erstmal nur folgende Ungenauigkeit:

Einmal taucht Gebrauchswert als die "Summe" aller
Gebrauschwerteigenschaften auf und einandermal soll eine
Gebrauchswert*eigenschaft* schon der Gebrauchswert sein!

Also, wenn von GW die Rede ist, dann geht es um das Ding als
*Ganzes* - mit all seinen Eigenschaften, ob man sie bereits
entdeckt hat oder nicht, ob man sie nutzt oder nicht.

Wenn man GWe (durch Tausch) miteinander ins Verhaeltnis setzt,
dann gelten einzelne, gemeinsame Eigenschaften als Grundlage des
Tausches: als Grund, wieso sich verschiedene GWe in einem
bestimmten Mengenverhaeltnis austauschen. D.h, die anderen
Eigenschaften, die den GW zum GW machen spielen keine Rolle mehr.

Somit realisiert der Tausch eine Abstraktion: Durchstreichen der
(anderen) GW-Eigenschaften und somit Durchstreichen des GW als
solchen. Die Tauschdinge werden reduziert auf eine einzelne
Eigenschaft, fuer die der konkrete GW nur noch ein beliebiger,
auswexelbarer Traeger ist.

Nun ist das beim kapitalistischen Tausch ja noch verrueckter, als
wenn man -weil man abwexlungsreiche Kost haben will- mal schnell
aufgrund des mittleren Naehrwertes tauscht, ein andermal aufgrund
des Gewichtes, weil man den Briefbeschwerer wexeln will und sich
beim drittenmal wieder ein anderes, subjektives Kriterium fuer
die den Besitzer wexelnden Mengen verschiedner Dinge heranzieht.

Wenn alles gegen alles getauscht wird und vom Tausch die Existenz
der beteiligten Agenten abhaengt, wenn sich also alles mit allem
vergleichen lassen muss und verallgemeinerte Konkurrenz herrscht,
dann kann keine der subjektiven Tauschgrundlagen mehr gelten:
Naehrwert, Gewicht, Anzahl der damit erlegbaren Bueffel.

(Das muss so sein, da eine Tauscherei dergestalt:
1 A gegen 10 B wegen Nahrwert,
1 B gegen 10 C wegen Gewicht und
1 C gegen 10 A wegen Anzahl der killbaren Viecher
wegen des Riesengeschaeftes: aus 1 A mach 1000 A durch den
Gemeindeuebergreifenden Handels zunichte bzw. transitiv gemacht
wuerde: aus 1 A = 10 B und 1 B = 10 C folgt dann zwangslaeufig:
1 A = 100 C plusminus ein gewisses oertliches, zeitliches und
individuelles Moment)

Da zaehlt an den GWen nur noch eine Gemeinsamkeit, die sie ALLE
haben: dass sie Arbeitsprodukte sind und die einzige
Gemeinsamkeit von Arbeitsprodukten- die Zeitdauer der
Herstellungszeit. D.h. es bleibt bei diesem Tausch keine einzige
Eigenschaft des Gebrauchswertes mehr uebrig, die fuer irgendein
Beduerfnis relevant waere.

Ein Hinweis darauf, dass es beim (kapitalistischen) (Waren)tausch
nicht auf die Beduerfnisse ankommen kann - im Gegenteil, sie
"hintenrunterfallen" muessen und so etwas wie der Anfang von der
Kritik des Wertes. (And so etwas, wie der Anfang einer
sachlichen, nichtmoralischen Kritik des Kapitalismus!)

So, genug fuer heute
Ciaui Marco

Tec Dian

unread,
Aug 10, 2000, 3:00:00 AM8/10/00
to
Ähem - ich glaube, du argumentierst an mir vorbei (oder ich an dir). Ich
habe gar nicht behauptet, dass kapitalistischer Tausch irgendetwas mit
Gebrauchswert zu tun hat, oder auch nur haben könnte.

Ich rede davon, dass es in der kommunistischen Gesellschaft möglich ist, die
Verteilung (nicht den Tausch) so zu gestalten, dass jeder Mensch eine
vergleichbare Menge eines bestimmten Grundgebrauchswertes (oder von mir aus
einer bestimmten Gebrauchswerteigenschaft - darüber will ich mich nicht
streiten) bekommt (korrigiert um die natürlichen Bedürfnisunterschiede und
die Arbeitsleistung (wiederum korrigiert um die Leistungsfähigkeit)).

Tausch - von "Geld" gegen "Ware" - ist dabei nur eine Hilfsfunktion, damit
sich jeder aussuchen kann, welche konkreten Dinge er eigentlich haben will -
also z.B. Kartoffel oder Reis. Wenn das Verhältnis der beiden nicht dem
Wunsch der Menschen im Kommunismus entspricht, dann werden sie es ändern.
Ansonsten kann sich jeder aus der Gesamtmenge der als Nahrungsmittel
vergleichbaren Dinge aussuchen, was ihm persönlich besser schmeckt.

Salut!
Tec

Marco Schulz

unread,
Aug 11, 2000, 3:00:00 AM8/11/00
to

+++++++++ +++++++++ +++++++++ +++++++++ +++++++++ +++++++++ ++++|

"Tec Dian" <tec....@akilet.de> wrote:
>Ähem - ich glaube, du argumentierst an mir vorbei (oder ich an
>dir). Ich habe gar nicht behauptet, dass kapitalistischer Tausch
>irgendetwas mit Gebrauchswert zu tun hat, oder auch nur haben
>könnte.

High Tec!

Mag sein, dass wir teilweise aneinander vorbeiquatschen,
mag aber auch sein nicht...

Ich will Dir widersprechen, falls Du meinst, Tausch/Geld, etc
seien Mittel fuer die Verteilung - und den Eindruck machst Du.

Dass Tausch Geld gegen Ware eine Hilfsfunktion dafuer sei, ein
Mittel dass man ... irgendiwe an Zeug rankommt, es verteilt,
auf diese Aussage kaemest Du naemlich nicht, wenn Du mein
Geschreibsel fuer richtig halten wuerdest!

Diese Aussage stimmt weder fuer diese, noch fuer eine andere
Gesellschaftsordnung und das folgt aus dem *Charakter* des
Geldes/Wertes, NICHT aus seiner "richtigen" oder "falschen"
Benutzung/Anwendung.

Solche Dinge zu beweisen war der Grund meines letzten Beitrages.
Wenn ich mich irre und wir darin uebereinstimmen, dass
Tausch/Geld/Wert nichts mit dem Zweck Verteilung, sondern dem
*Gegenteil*: Ausschluss zu tun hat, und wir weiterhin darin
uebereinstimmen, dass es fuer kommunistische Produktion und
Verteilung ja wohl kaum in Frage kommen kann, dann hab ich nix
gesagt.

Das haben schon die realen Sozies immer nicht begreifen wollen
und gemeint, das Wertgesetz koenne man (bewusst) zum Wohle des
Volkes anwenden. Und von den wenigsten Kommunisten, die mir so
ueber den Weg gelaufen sind, hab ich den Eindruck, sie haetten
Marxens Kritik am Wert kapiert und gemerkt, was fuer ein
revisionistisches Missverstaendnis sein Face auf nem DDR-
Hundertmarkschein eigentlich darstellte.

+++++++++

>Ich rede davon, dass es in der kommunistischen Gesellschaft
>möglich ist, die Verteilung (nicht den Tausch) so zu gestalten,
>dass jeder Mensch eine vergleichbare Menge eines bestimmten
>Grundgebrauchswertes (oder von mir aus einer bestimmten
>Gebrauchswerteigenschaft - darüber will ich mich nicht
>streiten) bekommt (korrigiert um die natürlichen
>Bedürfnisunterschiede und die Arbeitsleistung (wiederum
>korrigiert um die Leistungsfähigkeit)).

Damit koennte ich mich im Wesentlichen zufriedengeben.

Allerdings:
Was ist, wenn einer mehr will?
Angenommen, es ist mehr da - kriegt ers dann? Oder richtet sich
das, was er haben darf nicht nach dem, was er haben kann (weils
existiert), sondern nach einer Latte von Bedingungen, die er
erfuellen muss wie: Beduerftigkeit, Leistungsfaehigkeit,
geleistete Arbeit, Bibabo ...?!

Angenommen, es ist nicht mehr da - wird dann ueber eine
Erhoehung der Produktion nachgedacht und diese ggf. organisiert?

+++++++++

>Tausch - von "Geld" gegen "Ware" - ist dabei nur eine
>Hilfsfunktion, damit sich jeder aussuchen kann, welche
>konkreten Dinge er eigentlich haben will -

Dass man ohne Geld nicht weiss, was man will, moechtest Du doch
hoffentlich nicht im Ernst hier vertreten?!

Und umgekehrt, dass man erstemal in seinen Geldbeutel schauen
muss, um rauszufinden, was man so fuer Beduerfnisse hat, wohl
auch nicht.

Man ist ja wohl kaum nach einem Blick in die Speisekarte satt,
weil man festgestellt hat, dass Preise und Einkommen in
einem dem Vergnuegen recht abtraeglichem Verhaeltnis stehen.

Da Du psychologisch vorbelastet bist: Ja, so etwas machen die
Leute tatsaechlich: sie reden sich ein, nicht zu wollen, was sie
sich nicht leisten koennen. Sie beschraenken ihre Beduerfnisse
selber nach dem, was sie im Geldbeutel haben. Aber das ist
erstens kein natuerlicher Zustand, den es ohne Kapitalismus
gaebe und zweitens sollte man solch eine Anpassung des Verstandes
kritisieren.

Es ist der Selbstbetrug einer Knechtseele, eines demokratischen
Untertans, der seinen Frieden machen will mit den herrschenden
Verhaeltnissen und dem Verhaeltnis zu seiner Herrschaft.

+++++++++

>also z.B. Kartoffel oder Reis. Wenn das Verhältnis der beiden
>nicht dem Wunsch der Menschen im Kommunismus entspricht, dann
>werden sie es ändern.

Also was nun? Oben schreibst Du was von Verteilung statt Tausch
und hier mogelst Du mir wieder Tauschverhaeltnisse (X Kartoffeln
gegen Y Reis) unter oder wie soll ich das anders missverstehen?

>Ansonsten kann sich jeder aus der Gesamtmenge der als
>Nahrungsmittel vergleichbaren Dinge aussuchen, was ihm
>persönlich besser schmeckt.

Was nun wiederum mit der Erpressung: "Erst geben, dann darfste
Nehmen." nix zu tun hat.

Du siehst mich ein wenig verwirrt.

Hoffe um Aufklaerung. ;-)

Ciaui Marco

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