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V. Hildebrandt bei AK Krit. MarxistInnen

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TR...@tbx.berlinet.de

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Sep 3, 1997, 3:00:00 AM9/3/97
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## Nachricht vom 03.09.97 weitergeleitet
## Ursprung : /CL/GRUPPEN/KRISIS
## Ersteller: TR...@TBX.berlinet.de

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trend onlinezeitung für die alltägliche wut
http://www.berlinet.de/trend/
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WIR LEITEN WEITER:

Notwendige Richtigstellungen
zu Manfred Behrends "Bericht von der 10. Konferenz
des Arbeitskreises Kritischer MarxistInnen"

Soweit Manfred Behrend in trend 9/97 (bzw. Inprekorr 311)
einen Stimmungsbericht von der 10. Konferenz des
"Arbeitskreises Kritischer MarxistenInnen" liefert, gibt er
etwas anderes wieder, als wir dort als erstmalig (und gleich
auch letztmalig) Teilnehmende erlebt haben.

Die Stimmung am ersten Konferenztag (noch bis in Manfred
Behrends Bericht hinein nachklingend in dessen feinsinniger
Unterscheidung zwischen "Diskussionspartnern" und
"Teilnehmern") war bereits mit Beginn der Debatte um das
Referat von Markus Dahms (Gruppe Arbeitermacht) von Seiten
der Veranstalter äußerst gereizt.

Insbesondere "Hartmut Krauss (Osnabrück)" (abgesehen von den
Referenten offenbar der einzige Beteiligte, der einen Namen
hat) gefiel sich darin, statt das Referat sachlich
zu diskutieren, ziemlich lautstark dem Referenten nach
seinem privaten Geschmack Zensuren zu erteilen. Und Hartmut
Krauss war es auch, der einen letzten Versuch, die
Diskussion in Richtung Sachlichkeit zu wenden, mit dem
theatralischen Gefühlsausbruch erledigte, es sei ihm nicht
zuzumuten, sich solches "Klippschul"- Niveau länger
anzuhören.

"Teilnehmer" Daniel Dockerill, dem Krauss mit diesem Ausfall
das Wort abschnitt, ist entgegen Manfred Behrends
Spekulation weder Anghöriger der "Gruppe
Arbeitermacht" noch ihr "nahestehend", sondern
Mitherausgeber der Zeitschrift ÜBERGÄNGE, die sich durch
eine Kritik der theoretischen Grundlagen der von "der Gruppe
um Robert Kurz und die Zeitschrift 'Krisis'" vertretenen
Wertkritik ausweist, die ihres Gleichen sucht. Was die
Gefühlsaufwallung gegen die "Klippschule" angeht, legt
Manfred Behrends Bericht die Vermutung nahe, daß Herr Krauss
und ihm "nahestehende" "Diskussionspartner" sie der
bekanntlich oftmals traumatisierenden Erfahrung mehrfachen
Klebenbleibens darin verdanken, denn das
"diskussionswürdige" Gefasel beispielsweise von
"Brachlegung variablen Kapitals" und "via Kapitalexport"
sich ausbreitender Lohnarbeit, die "aber offenbar nicht mehr
mit zivilisatorischem Fortschritt verknüpft" sei, schreit
an sich geradezu nach Aufklärung durch einige
"allgemein bekannte" Essentials aus der Klippschule der
Kritik der politischen Ökonomie.

Trauma hin oder her, Hartmut Krauss hatte jedenfalls mit
seiner effektvoll ange-
brachten Regieanweisung die Rangordnung der
Diskussionswürdigkeiten klargestellt
("mehrheitlich" dankbar akzeptiert, wie Manfred Behrend in
seinem Bericht durchblicken läßt), die Grenzen des Erlaubten
damit für alle weiteren Wortmeldungen unmißverständlich
abgesteckt und so sich um den stimmungsvollen Fortgang der
Vorstellung ohne Frage verdient gemacht. Die Genossen der
Gruppe Arbeitermacht hatten verständlicherweise keine Lust,
Herrn Krauss und Co. weiterhin den "traditionsmarxistischen"
Watschenmann zu spielen, und erklärten daher ihren Verzicht
auf eine Mitwirkung am für den nächsten Vormittag
angesetzten zweiten Teil der Konferenz, und auch andere
"Teilnehmer", die jene "Argumentationsfiguren" gerne
hinterfragt hätten, an denen Krauss und Co. sich bloß
abreagierten, hielten auf ihre guten Manieren und also
fortan die meiste Zeit lieber den Mund, statt den vom
Regisseur gewünschten Fortgang der Vorstellung durch
unliebsame Nachfragen zu stören.
Dem Berichterstatter Manfred Behrend scheint dieser Ablauf
des ersten Abends sehr peinlich gewesen sein, anders läßt
sich kaum erklären (wenn wir einmal ausschließen,
daß er ihn einfach verschlafen hat), warum sein Bericht
charakteristische Einzelheiten glatt verschweigt (die
Verdienste des Herrn Krauss darum, den er ansonsten als
einzigen und sehr ausführlich höchst persönlich zu Wort
kommen läßt, ebenso wie die Demission
der Gruppe Arbeitermacht) und den Eindruck erweckt, als
hätten die "Teilnehmer" und nicht seine "Diskussionspartner"
für die Bombenstimmung gesorgt.

Daß "die Stimmung am zweiten Konferenztag" (M.Behrend), wie
wir bestätigen können, harmonischer war, hatte dann
allerdings nicht nur mit der am Vorabend erfolgten
Bereinigung des Terrains, sondern auch damit zu tun, daß das
Thema peacig genug war, wie sich ja auch der köstlichen, von
Manfred Behrend offensichtlich ernstgemeinten
Wiedergabe des Referats von Volker Hildebrandt entnehmen
läßt. Danach geht's jetzt also "nicht mehr um die Staats-
und Machtübernahme", sondern um das Einrichten in
"Hohlräumen", die der angeblich zusammenbrechende
Kapitalismus angeblich entstehen läßt. Hier können wir
"Klubs für Entkoppelungsökonomie" bilden und uns
vernetzen. Dank der Entwicklung "mikroelektronisch-solarer
polytechnischer Bildung" (V. Hildebrandt) können wir dort
auch "kleine elektrische Autos bauen" (V.H.), "kleine
Serien von Schuhen herstellen" (V.H.), aber auch von dort
aus sogar Häuser, Betriebe und Ländereien besetzen, "wenn
sie brachliegen" (V.H.). Das ist doch alles richtig lieb,
und da kommt jedenfalls nicht mehr der
traditionsmarxistische Gedanke an Enteignung der Enteigner
auf, auch wenn im Dunkel bleibt, wessen Eigentum
beispielsweise der Strom sein wird, der unsere kleinen
elektrischen Autos bewegt, falls wir jemals die
Schreberwelt unseres selbstgebastelten Solardaches verlassen
möchten. Immerhin hat Volker Hildebrandt zugestanden, daß
"das große Ziel" (was immer er genau damit meinen mag) auf
dem von ihm skizzierten Weg nicht zu erreichen sein wird,
dennoch solle man es "bei Verwirklichung der Nahziele immer
im Kopf behalten".

Nun bin ich auf den Bericht von der nächsten, der 11.
Konferenz des "Arbeitskreises Kritischer MarxistInnen"
gespannt. Sie wird sich, wie Manfred Behrend ankündigt, mit
den Grundkategorien der marxistischen Theorie befassen. Wie
wird ein Hartmut Krauss diese Grundkategorien fassen, ohne
die Runde mit klippschulgemäßen marxistischen Grundbegriffen
zu traktieren? Wahrscheinlich indem er sie zunächst mal in
sein "subjektwissenschaftliches" (Manfred Behrend) Vokabular
übersetzt, wie anläßlich der 10. Konferenz: Der Begriff der
Revolution wird durch die Rede von der "Strategie der
Systemtransformation" weichgespült, der Klassencharakter
kapitalistischer Verhältnisse in Klügeleien über die
"sozialstrukturellen und soziokulturellen
Differenzierungsprozessen in der westeuropäischen
Gesellschaft" ersäuft usw. Von besonderem Interesse wäre für
mich dann auch noch sein Begriff vom Proletariat. In
dem Bericht kommt zum Ausdruck, was auch auf dem Seminar
anklang, daß Hartmut Krauss große Schwierigkeiten mit einem
Proletariat hat, das nicht nur mit dem Rücken
zur Wand um seine blanke Existenz kämpft, sondern sich
erlaubt, den erreichten "Besitzstand wahren" (H.K.) zu
wollen. Laut Manfred Behrend ist Krauss "die
Ausrichtung Lohnabhängiger auf die spätkapitalistische
'Massenkultur des Habens'" ein Dorn im Auge. Für solche
Geständnisse muß man schon wieder echt dankbar sein. In
einer Zeit, da die regierungs- wie oppositionsamtliche
Dauerpropaganda den "Lohnabhängigen" täglich einhämmert, daß
sie ihre Ansprüche herunterzuschrauben hätten und jetzt
Schluß sein müsse mit "Massenkultur des Habens" und
dergleichen sozialem Schnickschnack, wissen eben auch jene
Enttäuschten, die einst "das ... als homogen verstandene
Proletariat heroisiert[en]", endlich genau, wo sie zu stehen
haben, und da bringen sie nun auch keine "allgemein
bekannten marxistischen Grundbegriffe" mehr weg.

Eva Abendroth und Daniel Dockerill für die Zeitschrift
ÜBERGÄNGE zum Kommunismus

http://www.berlinet.de/trend/uebergaenge/

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