Google Groups no longer supports new Usenet posts or subscriptions. Historical content remains viewable.
Dismiss

[abc] Philippsburger wollen kein Atomlager / Heute Abend!

0 views
Skip to first unread message

Rainer Schuldt

unread,
Jan 31, 2000, 3:00:00 AM1/31/00
to
## Nachricht vom 31.01.00 weitergeleitet
## Ursprung : r.sc...@term-07.link-cr.bawue.cl.sub.de
## Ersteller: anti-akw.ne...@s.netic.de

RHEINPFALZ ONLINE, Montag, 31. Jan

> Philippsburger wollen kein Atomlager
> Atomkraftwerkbetreiber EnBW bringt Bevölkerung gegen sich auf -
Nerven liegen blank

Jahrelang waren die Philippsburger treue Verteidiger "ihres"
Atomkraftwerks. Nie schreckte ein Störfall die Bevölkerung auf.
Stattdessen gab es 800 (gut bezahlte) Arbeitsplätze. Doch diese
Zeiten der Harmonie neigen sich ihrem Ende zu: Seit im Dezember
bekannt wurde, dass der Kraftwerkbetreiber, die Energie Baden-
Württemberg (EnBW), ein Lager für Atommüll in Philippsburg errichten
will, liegen die Nerven blank.

Eine Bürgerinitiative wurde am Donnerstag ins Vereinsregister
eingetragen, Unterschriftenlisten machen die Runde und die SPD-
Fraktion im Stadtrat beschwert sich beim Landratsamt in Karlsruhe, um
ihren Bürgermeister unter Druck zu setzen.
"Semi-absolutistisch" verhalte sich Bürgermeister Jürgen Schmidt
(SPD) in Sachen Bürgerinformation, sagt der SPD-Fraktionsvorsitzende
Joachim Pöschel. Von einer "Landposse" sprechen andere. Was war
geschehen? Stein des Anstoßes ist eine Informationsveranstaltung am
heutigem Montag, zu der Bürgermeister Schmidt eingeladen hat. Dorthin
hätte aber nur kommen dürfen, wer sich bei der Stadt fristgerecht mit
einem Coupon Eintrittskarten bestellt hatte. Als Grund gab Schmidt
organisatorische Notwendigkeiten an. In der aufgebrachten Bevölkerung
ist hingegen von einem Zauderkurs gegenüber der EnBW die Rede.
Unterschriftenlisten in denBäckereien und Kneipen
Die Sache mit den Eintrittskarten ist unzulässig, befand dann
vergangene Woche die Kommunalaufsicht, die von der SPD eingeschaltet
wurde. Weil jedem interessierten Bürger in Philippsburg Zugang zu
gewähren sei, dürfe es eine solche Beschränkung nicht geben.

Und das Interesse ist riesig. Die Nachricht vom Plan eines
Zwischenlagers, das einmal 152 Castorbehälter aufnehmen soll, hat
Philippsburg mit seinen Stadtteilen Huttenheim und Rheinsheim
erschüttert. Schon formiert sich breiter Widerstand: Aus bisher
unpolitischen Hausfrauen werden kämpferische Aktivistinnen, der
Gemeinderat verlangt einstimmig, dass Kanzler Schröder die
Castortransporte wieder zulässt. Kaum eine Bäckerei oder Kneipe, in
der nicht Unterschriften gesammelt werden. Stramme Atomgegner aus der
linken Szene - die sich bisher vor allem aus dem Umland und den
großen Städten rekrutierten - spüren neuen Auftrieb.
Angefeuert wurde der Widerstand am vergangen Mittwoch bei einer
Pressekonferenz der EnBW. An diesem Tag erlaubte das Bundesamt für
Strahlenschutz den Abtransport dreier Castoren aus Philippsburg zum
Zwischenlager Ahaus (Nordrhein-Westfalen). Aus Philippsburger Sicht
eine begrüßenswerte Entscheidung. Doch diese Zusage geht den EnBW-
Managern nicht weit genug: "Trotz der erteilten Transportgenehmigung
müssen wir an dem Zwischenlager festhalten", sagte Vorstand
Ulrich Gräber. Das Misstrauen gegenüber der rot-grünen Regierung
sitzt tief.
Die drei genehmigten Transporte sind sowieso nur ein Tropfen auf den
heißen Stein: Falls keine weiteren Züge erlaubt werden, müsste das
Kraftwerk in zwei Jahren mangels Lagerkapazitäten dicht machen. Als
"Verstopfungsstrategie" wird dies von den Kraftwerksbetreibern
verurteilt. Zur Erinnerung: Nachdem 1998 bekannt wurde, dass aus
Atommüll-Transportbehältern mehrfach Radioaktivität ausgetreten war,
setzte die damalige CDU/FDP-Regierung alle Transporte aus.

Bürgermeister treibt Angst ums Image um

Wenn diese nicht systematisch wiederaufgenommen werden und alle
"bestehenden Entsorgungsverträge ausgeschöpft sind" (Bürgermeister
Schmidt in seinem Brief an Kanzler Schröder), fürchten die
Philippsburger einen Imageverlust ihrer Stadt. "Unsere Grundstücke
und unsere Häuser sind nichts mehr wert, wenn das Zwischenlager
kommt", prophezeit die Vorsitzende der Bürgerinitiative, Ingrid
Klumpp. Sie und ihre Mitstreiter können sich nicht vorstellen, dass
ein oberirdisches Zwischenlager genug Sicherheit vor Strahlung,
Unfällen oder Terroranschlägen bietet. Klumpp: "Der Atommüll muss
weg."


CDU: Gegen Endlager vor Ort, aber für die Atomkraft

Diesen Satz könnte auch der CDU-Fraktionsvorsitzende im Stadtrat,
Karl Heinz Körner, unterschreiben: "Wir befürchten, dass junge
Familien aus Philippsburg fortziehen. Auch Gewerbe, das wir dringend
brauchen, könnte abwandern oder sich erst gar nicht mehr ansiedeln.
Wenn es keine Transporte mehr gibt, dann haben wir hier sogar ein
Endlager - das muss man sich mal vorstellen!" Die Kernenergie im
Allgemeinen hält Körner dagegen aus wissenschaftlicher Sicht für
beherrschbar.
Zwei Milliarden Mark seien in Gorleben und Ahaus investiert worden,
also müssten die abgebrannten Brennstäbe aus Philippsburg schon aus
volkswirtschaftlichen Gründen dort hingebracht werden. "Die Castoren
müssen rollen", bringt Körner die derzeitige Stimmung in Philippsburg
auf den Punkt.

Die SPD treibt zusätzlich die Sorge um, dass durch den Einstieg des
Französischen Energieerzeugers EdF bei der EnBW die spezifischen
Philippsburger Interessen gänzlich aus dem Blickfeld geraten. Die
Franzosen, so wird beklagt, seien mit ihrer Sicherheitsphilosophie
nicht so weit wie die Deutschen. Und die Arbeitsplätze im
Kraftwerk seien in Gefahr. Im Philippsburger Amtsblatt, das sich in
diesen Tagen zu einem viel gelesenen Forum im Zwischenlagerstreit
mausert, packt die SPD ihre Gedanken in die bedeutungsschwere Parole
"Leben - Arbeit - Zukunft sichern".
Eine Schlüsselrolle in der Konfrontation mit der Energie Baden-
Württemberg AG dürfte Bürgermeister Schmidt spielen. Als er den vom
Gemeinderat in Auftrag gegebenen Brief an Kanzler Schröder zu schwach
formulierte, hagelte es Proteste aus den Parteien. Böse Zungen
behaupten, er habe sich beim Formulieren die Hand von den EnBW-
Managern führen lassen. "Schmidt muss bei der Infoveranstaltung
endlich Farbe bekennen", fordert die Bürgerinitiative. Auf ihm, der
sich bedeckt gibt, ruhen alle Hoffnungen.
> Bei der Bürgerversammlung heute Abend hat Schmidt, der für die
Presse in den letzten Tagen nicht zu sprechen war, reichlich
Gelegenheit zur Klärung. Dabei will er sich nicht von lauten
Atomkraftgegnern stören lassen. Den "Arbeitskreis gegen das AKW
Philippsburg" hat er vorsorglich ausgeladen.
Der Sprecher des Arbeitskreises, Matthias Mauser, will sich damit
nicht abspeisen lassen: "Wir kommen trotzdem. Und wenn wir nicht in
die Halle dürfen, machen wir am Eingang Aktionen." Die Sympathien der
erwarteten 600 bis 1000 Besucher dürften der Gruppe sicher sein.

Von unserem Redakteur: Dirk Sattelberger


x ------------ X -----------
x mailinglist des
x Aktionsbuendnis CASTOR-Widerstand Neckarwestheim
x mail: anti-akw.ne...@s.netic.de
x www: http://www.i-st.net/~buendnis/
x aus-/eintragen: Mail an: majo...@abc.bawue.com
x ohne Subject, im Text: un-/subscribe abc

0 new messages