Google Groups no longer supports new Usenet posts or subscriptions. Historical content remains viewable.
Dismiss

[JW] Haiders willige Vollstrecker

2 views
Skip to first unread message

Walter Fruth

unread,
Feb 4, 2000, 3:00:00 AM2/4/00
to
Claudius Tiefendoerfer, Wien / Maik Soehler

Haiders willige Vollstrecker

OeVP-FPOe-Koalitionsgesprache


Da sitzen sie nun seit Tagen an einem Tisch, lachen, scherzen, klopfen
einander gegenseitig auf die Schulter und demonstrieren Einigkeit: Die
"inoffiziellen Regierungsgespraeche" zwischen OeVP und FPOe unter-
scheiden sich deutlich von jener rotschwarzen Massenpruegelei, die
kurz zuvor mit dem endgueltigen Scheitern der Verhandlungen um eine
Weiterfuehrung der Koalition zwischen Sozialdemokraten und Volkspartei
geendet hatte.
Seit dem 50. Geburtstag von Joerg Haider wird zwischen den blauschwar-
zen Partnern alles verhandelt, was man fuer einen kuenftigen und zu-
enftigen Staendestaat braucht. Die Kernpunkte des angekuendigten "mu-
tigen Reformprogramms" sind eine "ordentliche" Familienpolitik, die
Senkung der Lohnnebenkosten, der Abbau der Sozialleistungen und ein
genereller Einwanderungsstopp. Auslaender sollen nur noch als "Saison-
arbeiter" nach Oesterreich kommen.
Dies alles geschieht in rekordverdaechtigem Tempo - und das, obwohl es
keine Geheimverhandlungen im Vorfeld der Gespraeche gegeben habe, wie
die OeVP nicht muede wird zu versichern. Bis zum Redaktionsschiuss
dieser Ausgabe zoegerte Bundespraesident Thomas Klestil noch, der OeVP
den Regierungsauftrag zu erteilen. Eine Alternative waere, Neuwahlen
anzuordnen - und somit gleichzeitig den Absturz der Konservativen und
den Aufstieg der FPOe zu beschleunigen. Deutlich unter 20 Prozent der
Stimmen koennten die konservativen Haidermacher fallen, waehrend die
Blauen zur staerksten Partei wuerden: Nach einer Umfrage des Nachrich-
tenmagazins Profil koennte Haider bei Neuwahlen mit bis zu 43 Pnozent
der Waehlerstimmen rechnen. Tendenz steigend.
Nur mahnen und warnen kann Klestil noch: "Bestuerzt" sei er "ueber die
verbale Entgleisung" Haiders, der jede Kritik aus dem Ausland auf sei-
ne Art kontert. Er sieht nur eine "sozialistische Weltverschwoerung"
gegen seine Person, vorgetragen von "korrupten Belgiern" und Verlie-
rern aus Frankreich. Und Haiders willigster Vollstrecker, OeVP-Chef
Wolfgang Schuessel, uebt sich schon einmmal einmal in der Rolle des
Bundeskanzlers: Im Ton maessigend, stimmt er seinem Kompagnon inhalt-
lich weitgehend zu.
Auch Funktionaere der FPOe versuchen immer wieder, Kritiker im Aus-
und Inland zu besaenftigen. Der Parteisprecher fuer Kultur, Michael
Krueger, konnte sich gar zu einer Entschuldigung bei Elfriede Jelinek
aufraffen, die zuvor angekuendigt hatte, im Fall einer Regierungsbe-
teiligung der Blauen Oesterreich zu verlassen. Man will oeffentliches
Aufsehen vorerst vermeiden und lieber zusammen mit der OeVP den Kul-
turkampf schleichend gewinnen.
Wie das geht, machen die Konservativen schon laenger vor. Zum Beispiel
im Burgenland. Nach Recherchen der Tageszeitung Der Standard, die sich
auf Hinweise der Organisation SOS Mitmensch stuetzt, geht die Benen-
nung einer Strasse in Oberwart nach dem frueheren NSDAP-Kreis-
amtsleiter fuer Volksgesundheit und Gauaerztefuehrer Wilhelm Smital
auf das Konto der OeVP.
1995 waren bei einem Attentat in Oberwart, fuer das der rechtsextreme
Bombenbauer Franz Fuchs verantwortlich gemacht wird, vier Roma getoe-
tet worden. Die Wilhelm-Smital-Gasse ist nur knapp 500 Meter von dem
Ort des Anschlags entfernt.

in: Jungle World, 2.2.00


## CrossPoint v3.12d ##

0 new messages